Titel: Füllungs-Rohr und Trichter neuer Construction für gas- und eisenhaltige Mineralwässer, nebst Bemerkungen über deren Füllung und Versendung; von Dr. Pfriem, königlicher Badinspector in Kissingen.
Autor: Pfriem
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XLIII., S. 177
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XLIII. Füllungs-Rohr und Trichter neuer Construction für gas- und eisenhaltige Mineralwässer, nebst Bemerkungen über deren Füllung und Versendung; von Dr. Pfriem, königlicher Badinspector in Kissingen. Mit Abbildungen auf Tab. III. Pfriem's Füllungsrohr und Trichter für gas- und eisenhaltige Mineralwässer. Bei der Versendung von Mineralwässern werden oft Klagen über das Verderben, über Trübung und schlechten Geruch derselben erhoben, obgleich solche mit größter Vorsicht gefüllt wurden. „Das Verderben eines Mineralwassers, findet, wie Dr. Fresenius Chemische Untersuchung der Mineralquellen zu Bad Wildungen, von Dr. B. Fresenius, herzogl. nassauischem geheimen Hofrath; mit einem Vorworte von Dr. F. W. Kreusler. Arolsen, 1860. ganz richtig bemerkt, bei vollkommenem Verschlusse der Versendungsgefäße auf zweifache Art statt: entweder durch einen Oxydations- oder durch einen Reductionsact. Ersterer wird durch die Einwirkung der miteingeschlossenen atmosphärischen Luft auf oxydable Körper, namentlich auf Eisenoxydulverbindungen hervorgerufen, letzterer durch Einwirkung im Wasser befindlicher oder damit in Berührung stehender organischer Körper (z.B. des Korkstopfens) auf schwefelsaure Salze, wodurch zunächst Schwefelmetall, und dann durch Einwirkung der fast in keinem Mineralwasser fehlenden freien Kohlensäure, Schwefelwasserstoff entsteht, welcher das Wasser übelriechend macht. Die erstere Art des Verderbens findet bei jedem Eisenoxydul enthaltenden Wasser statt, sofern man die Ursache der Oxydation, die atmosphärische Luft, nicht ausschließt; zu der Schwefelwasserstoff-Bildung durch Reduction haben verschiedene Wässer eine sehr ungleiche Neigung, wie sich dieß aus der ungleichen Art und Menge der vorhandenen organischen Materien und schwefelsauren Salze leicht erklären läßt.“ Vorstehenden Angaben dieses ausgezeichneten Chemikers kann ich nach vieljährigen Beobachtungen nachstehende Bemerkungen über die das Verderben der Mineralwässer veranlassenden Umstände beifügen. Ich setze dabei einen vollständigen Verschluß der Gefäße durch ganz gute Korke voraus, wobei ich bemerken muß, daß nach vielseitigen Beobachtungen dieser Verschluß durch Eintauchen in Pech nicht verbessert oder haltbarer wird, sobald die Korke schlecht sind; überdieß wird durch dieses Verfahren eine Verunreinigung des Flaschenhalses veranlaßt, weßhalb man jetzt nur noch die reinlichen Metallkapseln, mit den nöthigen Stempeln versehen, ohne Klebmittel als äußere Verkleidung der Korke anwendet. Bekanntlich geschieht die Versendung der Mineralwässer meistens in steinernen Krügen, weniger in Glasflaschen (sog. Hyalithflaschen). Es ist aber erwiesen, daß das Verderben der Mineralwässer trotz des besten Verschlusses weit häufiger in steinernen Krügen als in Glasflaschen stattfindet; die Gründe hiefür sind zweifacher Art. Gewöhnlich geschieht die Verpackung der leeren Krüge in Heu oder Stroh, wobei nicht zu vermeiden ist, daß einzelne Halme in das Innere der Krüge gelangen, welche bei der durch die Fabrication bedingten sehr unebenen, mit zahlreichen ringförmigen Riefen versehenen inneren Fläche durch die sorgfältigste Wässerung oft nur sehr schwer oder gar nicht zu entfernen sind; obgleich übrigens hiebei eine in Selters eingeführte Reinigungsmethode, nämlich das Ausspülen der Krüge mittelst eines kräftig aufsteigenden Wasserstrahls bei nach Unten gerichteter Krugmündung, sehr ersprießliche Dienste leisten mag. Solche zurückbleibende Strohhalme bewirken alsdann als organische Körper die oben angegebene Reduction der schwefelsauren Salze. Ein zweiter, durch vieljährige Beobachtungen erwiesener, weit häufigerer Grund der Trübung eines Mineralwassers ist die in steinernen Krügen ziemlich häufig vorkommende Salzablagerung, welche einen kleineren oder größeren Theil des Krugbodens, ja selbst den ganzen Boden manchmal in 1/4 bis 3/4 Zoll Dicke einnimmt. Diese Salzablagerung entsteht durch eine Manipulation bei dem Brennen der Krüge, indem zur Erzeugung der Glasur während gewisser Zeitperioden Kochsalz durch verschiedene Oeffnungen in den in voller Gluth befindlichen Brennofen über die Krüge geworfen wird, wobei, da eine ganz gleiche Zertheilung des Salzes unmöglich ist, in das Innere vieler Krüge größere oder kleinere Portionen desselben gelangen und sich am Boden festsetzen, resp. anbrennen. Solche Salzablagerungen sind aber, wie die Erfahrung zeigt, sehr schwer, größere selbst durch eine länger fortgesetzte Wässerung der Krüge mit süßem Wasser nicht zu entfernen, dagegen aber löst das in dieselben gefüllte Mineralwasser diese Salze leichter, jedenfalls nach und nach bei längerem Liegen der Krüge, und in solchen zeigt sich stets das Wasser getrübt und von ekelhaftem Geschmack; als sicherer Beweis, daß sich in solchen Krügen eine Salzablagerung befand, dient ein beim Zerschlagen derselben auf dem Boden sichtbarer schwarzer glänzender Anflug. Solche Salzablagerungen sind aber sehr schwer zu entdecken und vor Anwendung der Krüge auszuscheiden, obgleich man an einigen Orten vor der Wässerung derselben sich unter Anwendung des Sonnenlichts von der Gegenwart einer Salzablagerung zu überzeugen sucht; man hat auch die Wässerung der Krüge mit Mineralwasser vorgeschlagen, wobei sich zwar kleinere Salzablagerungen, aber nicht die größeren lösen werden, weil eine solche Wässerung der Krüge nicht lange fortgesetzt werden kann, in kurzer Zeit aber der Zweck nicht vollständig zu erreichen ist. Gegen die erwähnten schwer zu beseitigenden Unvollkommenheiten der steinernen Krüge gewährt nur die Ersetzung derselben durch gläserne Flaschen eine sichere Abhülfe. Diese stehen zwar im Ankaufspreise höher als steinerne Flaschen, aber dieser Umstand wird durch andere Vortheile, welche sie gewähren, mehr als ausgeglichen; bei den Glasstaschen kommt nämlich nach vieljährigen Beobachtungen weit weniger Bruch vor; sie sind beinahe um die Hälfte leichter im Gewichte, was beim Transport von großem Vortheile ist; ihre Porosität ist im Vergleiche steinerner Flaschen beinahe Null; der Mangel von Unebenheiten im Innern ermöglicht eine vollständige Reinigung derselben; Salzablagerungen fehlen ganz; endlich gestatten sie eine ausgedehntere Verwendung im praktischen Leben und können noch als Bruch eine abermalige Verwerthung finden. Als Grund des Verderbens eines Mineralwassers durch den Oxydationsact wurde oben die bei der Füllung des Wassers mit eingeschlossene atmosphärische Luft bezeichnet, welche auf die in dem Wasser befindlichen oxydabeln Körper, namentlich Eisenoxydulverbindungen, zersetzend einwirkt. Um nun diese Einwirkung der atmosphärischen Luft bei der Füllung namentlich der eisenhaltigen Mineralwässer auszuschließen, gibt Fresenius, gestützt auf seine Erfahrungen bei dem Langenschwalbacher und anderen eisenhaltigen Wässern, folgende zwei Methoden an: a) Füllung der Flaschen mit Kohlensäure, bevor sie mit dem Mineralwasser gefüllt werden, dann Auffüllen des leeren Raumes mit Kohlensäure, bevor der Kork eingetrieben wird; b) man füllt die Flasche zuerst mit dem Wasser der Quelle, senkt dann, während sie sich noch unter dem Wasserspiegel befindet, eine mit einer kleinen Pumpe in Verbindung stehende Röhre ein und pumpt bis ein dem Inhalt der Flasche etwa gleiches Volumen Wasser ausgeflossen ist; die nunmehr mit luftfreiem Wasser gefüllte Flasche wird herausgenommen, der oberste Theil von Wasser entleert, und mit Kohlensäure aufgefüllt, bevor man den Stopfen eintreibt. Da bei unserer bisherigen Füllungsmethode unter Anwendung gewöhnlicher Füllröhrchen die Luft aus den unter den Wasserspiegel eingehängten Flaschen, bei gleichzeitigem Einfließen des Wassers durch den Flaschenhals, mit Gewalt ausströmt und so atmosphärische Luft sich mit dem Wasser mischen kann, so empfahl der hierüber bei seiner hiesigen Anwesenheit consultirte Hr. Prof. Dr. Scherer in Würzburg eine andere Art Füllungsröhrchen anzuwenden, durch die das Wasser ein- und die Luft frei ausströmen kann, wie man solche in den chemischen Laboratorien längst anwendet, indem in einen doppelt durchbohrten Kork zwei Röhrchen eingesetzt werden, von denen das eine, für den Wassereinfluß bestimmte, bis auf den Boden der Flasche reicht, diese also von Unten herauf sich füllt, während die Luft durch das zweite kurze Röhrchen, welches sich über den Kork aus dem Wasserspiegel erhebt, frei ausströmt. Auf diesen Vorschlag hin und mit Berücksichtigung der von Fresenius sub a angegebenen, jedenfalls sichersten Methode zur Abhaltung der atmosphärischen Luft bei den Füllungen (während die sub b angegebene Methode sich bei großen Füllungen nicht anwenden lassen dürfte), stellte ich bezüglich der Construction von Füllröhren viele Versuche an, um solche für große Füllungen, wie sie bei uns nöthig sind, so praktisch als möglich herzustellen, und glaube dieselben in nachstehend beschriebenen beiden Formen allen Zwecken entsprechend construirt zu haben, nämlich als Füllungs-Trichter und Füllungs-Rohr, beide von Weißblech angefertigt, welche in Figur 8, 9 und 10 in natürlicher Größe abgebildet sind. Füllungs-Trichter. Fig. 8. Dieser findet seine Anwendung, wenn die Flaschen vor der Füllung mit Mineralwasser, mit Kohlensäure gefüllt wurden. Beschreibung. A Trichter mit verlängertem Rohr B, B; an demselben ist mittelst drei Drähten a, a, a ein conisches Rohrstück C concentrisch befestigt; dieses ist, wie auch bei Fig. 9, mit einem Stückchen Kautschukrohr b, b, b, b fest umspannt und bei d, d zwischen zwei Drahtringen festgebunden; in dem Zwischenraum c, c strömt das Wasser ein. Anwendung. Vorausgesetzt, eine Flasche sey auf irgend eine Art mit Kohlensäure gefüllt und dann provisorisch verkorkt worden, so wird nach Abnahme des Korkes der Trichter in den Hals der Flasche (mittelst des Kautschuks) luftdicht durch leichten Druck eingesetzt und hierauf die Flasche mittelst der Füllzange unter den Wasserspiegel der Mineralquelle gehängt, so daß der Trichter A bis etwa an die Punkte a, a, a eintaucht; es strömt dann in dem Zwischenraum c, c das Mineralwasser in die Flasche und verdrängt die Kohlensäure, welche durch B, B in den Trichter steigt, wo das Quantum, welches der Trichter nicht fassen kann, überfließt; während dessen hat sich die Flasche bis an das Ende des Rohres B und zwar ziemlich rasch mit Wasser gefüllt; es steht aber auch noch das Rohrstück C bis c, c voll Wasser, während der Trichter voll Kohlensäure steht; wird nun der Trichter langsam aus dem Halse der Flasche entfernt, so fällt das kleine Wasserquantum in C nebst Kohlensäure aus dem Trichter zurück und der vom Wasser freie Raum der Flasche ist ganz sicher bis an den Rand mit Kohlensäure aufgefüllt; treibt man nun den Kork ein, was bei dieser Methode mittelst der jetzt überall gebräuchlichen hölzernen Handmaschinen geschehen kann, so wird die Kohlensäure noch um so viel comprimirt als der Kork im Halse der Flasche Raum einnimmt. Vortheile dieser Vorrichtung: a) das conische, mit Kautschuk umspannte Rohrstück schließt genau in allen Flaschen, wenn sie auch Oeffnungen von verschiedener Größe haben; b) die Vorrichtung bildet selbstthätig den in jeder Flasche nöthigen leeren Raum; c) sie füllt selbstthätig denselben sicher mit Kohlensäure auf; d) es kann die Eintreibung des Korkes mit jeder auch der einfachsten Maschine, selbst mittelst eines hölzernen Hammers geschehen; e) es kann unter keinen Umständen die geringste Spur atmosphärischer Luft mit eingeschlossen werden; f) durch Verlängerung oder Verkürzung des Rohres B kann jeder beliebige leere Raum für Flaschen von verschiedener Größe oder Form hergestellt werden. Füllungs-Rohr. Fig. 9. Dieses findet bei gewöhnlichen Füllungen aller Sorten von Flaschen mit Mineralwasser Anwendung, auch dann, wenn der zuletzt zu bildende leere Raum mit Kohlensäure aufgefüllt werden soll. Beschreibung. Das oben erwähnte conische Rohrstück C bildet hier, nur etwas länger und weiter, das Hauptstück; es ist ebenso mit Kautschuk überspannt, verlängert sich als Rohr B, B, je nach der Höhe der Flaschen und ist am untern Ende etwas schief abgeschnitten. (Besser wäre es das Rohr B etwa bei f abzuschneiden und dasselbe, wie in Fig. 10, durch ein anderes über B leicht verschiebbares Stückchen mittelst Kautschukröhrchen zu verbinden um bei kleiner Höhedifferenz der Flaschen durch Aufstellen des Rohres auf den Boden derselben den luftdichten Verschluß im Flaschenhals nicht zu stören.) D, D ist als Luftrohr in C fest eingelöthet; seine Länge, vom Conus an 8–10 Zoll, bleibt sich bei ganzen und halben Flaschen gleich, nur das Wassereinströmungs-Rohr wird bei ganzen Flaschen länger, bei halben kürzer gemacht. Anwendung. Das Füllungsrohr wird wie der Trichter durch leichten Druck in den Flaschenhals luftdicht eingesetzt, und dann die Flasche mittelst der Füllzange so weit unter den Wasserspiegel der Quelle eingehängt, daß die Ausmündung des Rohres D, D hervorsteht; das Wasser wird nun bei a, a durch B, B in die Flasche ziemlich rasch einstießen und von Unten herauf die Flasche füllen, während durch das Rohr D, D bei c die Luft entweicht, ohne mit dem einströmenden Wasser in Berührung zu kommen. Das Wasser erfüllt die Flasche und den Conus C bis an dessen Rand a; nimmt man nun das Füllungsrohr aus der Flasche, so fließt das im Conus befindliche Wasser in die Flasche zurück und sie ist zum Ueberlaufen voll; so kommt die Flasche als strichvoll unter die Verkorkungsmaschine – hier erst wird vor der Verkorkung mittelst des Stempels der Maschine der nöthige leere Raum gebildet, gleichzeitig mit Kohlensäure ausgefüllt und der Kork eingetrieben. Vortheile dieses Füllrohres: 1) das conische, mit Kautschuk umspannte Rohr schließt genau in allen Flaschen; 2) das Wasser kommt beim Einfließen nicht mit der atmosphärischen Luft in Berührung; 3) die Flasche wird durch das im Conus stehenbleibende Wasser (woran man die vollständige Füllung erkennt) nach Herausnahme des Rohres übervoll;Dieß ist ein großer Vortheil im Vergleich mit der oben erwähnten Füllungsvorrichtung, welche aus zwei in einem doppelt durchbohrten Kork zwischen zwei Platten eingelötheten Röhrchen besteht, indem diese Vorrichtung aus der Flasche schon unter Wasser herausgenommen werden muß, um die Flasche strichvoll zu erhalten. 4) der leere Raum wird erst unter der Verkorkungsmaschine gebildet, sogleich aber wieder mit Kohlensäure aufgefüllt – sonach wird keine atmosphärische Luft mit eingeschlossen; 5) der Kautschuküberzug des Conus, sowohl hier als beim Füllungstrichter, gewährt den sichersten Anschluß an die Flaschenmündungen und ist sehr leicht nach seiner Abnützung durch ein neues Stückchen zu ersetzen. Ich glaube durch diese zwei neuen, einfachen Vorrichtungen zum schnellen und größeren Füllungsbetriebe von Mineralwässern den Brunnenverwaltungen einen Dienst zu erweisen, und erbiete mich, Muster derselben auf Verlangen verabfolgen zu lassen.

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