Titel: Ziegel-Preß-Form von C. Schlickeysen.
Autor: C. Schlickeysen
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XCIV., S. 335
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XCIV. Ziegel-Preß-Form von C. Schlickeysen. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Schlickeysen's Ziegel-Preß-Form. Der Herstellung meiner glatten Ziegelpreßformen ging eine Reihe von Versuchen voraus, die sich wie folgt zusammenfassen lassen. Bei winkelrechtem Durchpressen präparirten steifen Thones durch eine quadratische Oeffnung in Blech ergibt sich ein unzusammenhängender Thonstrang, aus der Mitte nach allen vier Ecken hin beim Verlassen der Schablone aufreißend, wie Fig. 30 zeigt; durch allmähliche Verstärkung der Platte, und dadurch Verwandlung der aus Blechkanten begrenzten Oeffnung in eine cylindrische Röhre desselben Querschnittes, gewinnt der Strang ähnlich Fig. 31 an Zusammenhang, bricht aber oft senkrecht auf die Erzeugungslinie. Mit Erweiterung der cylindrischen Oeffnung nach Innen dem Thonzufluß zu, zu einer conischen Röhre, nimmt der Strang an Festigkeit zu und gibt hauptsächlich nur aufgerissene und fehlende Ecken, wie Fig. 32 zeigt. Erhellt hieraus, daß die Gestaltung der Seitenflächen von Einfluß auf die innere und äußere Beschaffenheit des austretenden Stranges ist, so läßt sich doch durch gleichmäßige Veränderung der vier Seitenflächen kein Schluß auf die Natur dieses Einflusses ziehen; dahingegen beim Heranrücken der Seite c, d gegen a, b Fig. 33 ein Zeitpunkt eintritt, wo sich die nahegerückten gegenüber liegenden, durch Cohäsion immer eine gewisse Dicke habenden äußeren Thonschichten im Innern wie im Aeußern verhalten, und man somit, unbeirrt durch das Innere, vollständigen Einfluß auf jeden Theil der bildlichen Thonlinie ausübt, also auch im Stande ist, ausfindig zu machen, durch welche Mittel man irgend einen Theil derselben schneller als einen anderen auspressen kann. Beim Auspressen durch eine Blechschablone kommt der Strang nun, wie Fig. 33 zeigt, von der Mitte aus nach den zwei Seiten hin (gegen früher vier Richtungen) aufgerissen, unzusammenhängend hervor. Bei allmählicher Verstärkung der Schablonenplatte tritt eine Spaltung des Stranges in der Mitte gleich Fig. 34 ein und er kommt in zwei zusammenhängenden, an den äußeren Kanten aufgerissenen, sich nach auswendig wendenden Strängen hervor. Da der Strang hier offenbar zu viel Reibung in den Ecken der Schablone erleidet, muß diese Reibung aufgehoben werden, indem man die Schablone an den Kanten des Schlitzes, wie ab, a ' b' Fig. 35 von Oben gesehen zeigt, dünner macht, in der Mitte aber unverändert läßt. Dadurch entsteht eine allmähliche Verbesserung des Stranges bis zur Erzeugung eines zusammenhängenden, an den Enden, wie Fig. 35 zeigt, aufgerissenen Blattes. Die einfache Verminderung der glatten Reibungsfläche allein erweist sich sonach, wenn auch wirksam, doch nicht genügend den Thonstrang nach Belieben zu leiten, und es bleibt nur übrig das Reibungsmoment der vorspringenden Backen zu vermehren, der dünnen Enden zu vermindern, ersteres natürlich durch geringes Zusammendrücken nach Außen, letzteres entgegengesetzt. Fig. 36 zeigt die Neigung. Durch fortgesetztes Neigen in diesen beiden Richtungen erlangt man, wie Fig. 37 zeigt, ein rascheres Hervortreten der Kanten der Thonplatte als deren Mitte, beherrscht somit den Thonstrang vollkommen. In diesem Ergebniß liegt der Schlüssel zur Maschinenformerei, und folgt die Anfertigung quadratischer, oblonger und anderer Preßformen daraus von selbst. Bei wieder eintretender allmählicher Entfernung der beiden zusammengerückten Seiten a, b und c, d, Fig. 3332 , war der günstigste Fall für den austretenden Thonstrang eine conische Röhre, weil nur eine solche ihre verdichtende Wirkung bis in die Mitte des Thonstranges bringen kann. Aus der verschiedenen Plasticität, d.h. Flußfähigkeit verschiedener Thone und Feuchtigkeitsgrade ergibt sich die Länge und Schräge dieser Röhre für verschiedene Thone verschieden, ebenso ergibt sich, daß die Länge und Schräge der vorspringenden Backen, die verschiedene Thone nach den Ecken drücken sollen, ungleich ist, und aus der sich ergänzenden Wirkung beider, daß in vielen Fällen für verschiedene Thone bei gleichen Backen ungleiche Röhren, bei gleichen Röhren ungleiche Backen, volle Ecken erzielen können. Dieß Alles gilt unter der Voraussetzung plastischen Thones; je steifer er ist, desto tiefer dringt die Wirkung der Schablonenflächen nach Innen, desto leichter ist somit die Wirkung zu erzielen (desto mehr und leichter reißen allerdings auch die Thonklötze beim Trocknen); je weicher er ist, desto weniger und desto schwieriger ist die Wirkung zu erzielen, bis die oben angegebenen Mittel nicht mehr ausreichen, über welchen Fall ich mir besonders zu berichten erlauben werde. Diese Versuche sind nur so weit betrieben, als ein bestimmtes praktisches Ziel es erheischte; eine systematische Bearbeitung derselben, vom wissenschaftlichen Standpunkte aus, dürfte zu interessanten Aufschlüssen führen, und nachdem die Maschinenziegelei aus glatten Schablonen, als derden im Allgemeinen und Großen einzig durchführbaren, hier einmal praktisch begründet, deren Fortbildung und Verbreitung beschleunigen. –––––––––– Da in neuerer Zeit die Ergebnisse obiger Arbeiten auch bereits durch Andere Verbreitung finden, erlaube ich mir, um nicht Irrthümer über deren Ursprung aufkommen zu lassen, zur Wahrung meiner Priorität noch die Art und Zeit, in welcher sie hauptsächlich Ausführung und Verbreitung gefunden haben, anzuführen, für deren Mittheilung, als nur in persönlichem Interesse geschehend, ich um Nachsicht bitte. Die erste Folge obiger Versuche war die Herstellung brauchbarer Dachziegelformen; bei dem überwältigenden Einfluß der einschließenden Wände auf einen dünnen Thonstreifen ist es möglich, allgemein gültige Dachziegelformen herzustellen, die so ziemlich für jeden steifen Thon und ohne Aenderung anwendbar sind; die innere Schräge ergibt sich aus Fig. 36 mit dem Bemerken, daß die Schablonendicke ungefähr die doppelte der Thonblattdicke ist, welches Verhältniß sich auch bei größeren Dimensionen bewährt. Da diese Dachsteinformen meist zu Drainröhrenpressen mit weitem Preßcylinder gebraucht wurden, mußte der Thonzufluß zur Schablonenöffnung regulirt werden durch einen in den Preßkasten einspringenden, die Schablonenöffnung umschließenden Rand, der entweder ringsum geschlossen war, oder auch bei unregelmäßiger Stellung der Schablone an einer Seite zur Vermehrung des Thonzuflusses eindringen konnte, durchbrochen oder ganz offen blieb. Fig. 38 und 39 zeigen die Form. Von 18541855 ab sind dergleichen in alle Theile Deutschlands verkauft und vielfach in Gebrauch gekommen. Die ersten allgemein brauchbaren glatten Mundformen für Mauerziegel, welche überhaupt bekannt wurden, wurden 1856, polirte Thonstreifen von 2 1/2 Zoll, 5 Zoll Dicke und Breite mittelst Handbetrieb aus steifer Erde producirend, von mir in Paris ausgestellt, und stehen seitdem im Conservatoire des arts et métiers daselbst. Um die zu der Zeit noch durchaus bezweifelte Möglichkeit der Anwendbarkeit und Wirkung dieser Construction auf jede rohe Erde in weiten Kreisen zur Ueberzeugung zu bringen, construirte ich Ziegelmaschinen mit glatten Schablonen obiger Art im Kleinen, zum Handbetrieb, die à 18 bis 20 Thlr. verkäuflich, aus jeder rohen Erde durch richtige Stellung der Mundform, schönste und beste scharfkantige Ziegelstränge von circa 1 und 2 Zoll Dicke und Breite pressen; dieselben sind in weitesten Kreisen verbreitet, und eine derselben übergab ich 1857 den Händen der Gewerbe-Abtheilung des herzoglichen Staatsministeriums zu Dessau für eine dortige Handwerkerschule. Erfordern verschiedene Thone verschiedene Stellung der Rohrschräge und Backen zur Erzeugung scharfkantiger Ziegelstränge, und sollte gleichwohl jedes solche Maschinchen für jeden beliebigen Thon dienlich seyn, die möglichst schwierigste Aufgabe, so konnte diese Allgemeinbrauchbarkeit nur durch Herstellung verstellbarer Seitenplatten und Backen geschehen, was demzufolge aus Eisen- oderund Kupferblech mit übergeschobenen Ringen und Stellschrauben geschah. Werden bei diesen MundstückenMauerstücken die vorspringenden Backen halbrund gleich den aus festem Material hergestellten Dachformen gemacht, so hinterlassen sie durch die Federkraft der freistehenden Blechbacken leicht Eindrücke in den Thonstreifen, die Brüche erzeugten, weßhalb dieselben vorne gerade abgeschnitten wurden, den von der Mitte nach den Kanten schwächer seyn sollenden Druck durch die nach den Kanten hin sich vermindernde Federkraft der in der Mitte mit einer Stellschraube angedrückten Blechplatte erzeugend. Fig. 40 und 41 zeigen ein solches Mundstück. Aehnlich den Dachsteinmundstücken wurde bei unreinem Thone ein vorspringender Rand a, b angebracht. Hiermit ist imein Princip gegeben, was zum Auspressen scharfkantiger quadratischer polirter Thonstränge unentbehrlich, aber genügend ist; Ausführungen desselben in jeder beliebigen Dimension, in Blech, Gußeisen oder Holz, Herein- oder Herausrücken aus der den Thonbehälter schließenden Platte, wie es der Preßapparat und Thon gerade erfordern, sind Fragen der Zweckmäßigkeit und unbenommen. Es ist Mangels eines Patent-Registrirungs-Gesetzes hier, seit 1856 Gemeingut, somit von Patentgesuchen Anderer stets ausgeschlossen, wird auch bereits an anderen Orten angewandt, und ist im Großen u.a. durch Dritte in Salzmünde, Leipzig, Roßlau a. E. und anderen Maschinenziegeleien in Gebrauch gekommen. Berlin, 20. Februar 1861. C. Schlickeysen,                    Maschinen-Fabrikant und Besitzer einer Dampfziegelei.

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