Titel: Verfahren zur Darstellung eines sehr beständigen rothen Farbstoffs mittelst Naphtylamins; von Professor Roussin in Paris.
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXVII., S. 222
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LXVII. Verfahren zur Darstellung eines sehr beständigen rothen Farbstoffs mittelst Naphtylamins; von Professor Roussin in Paris. Aus Moigno's Cosmos, April 1861, vol. XVIII, 17e livraison. Roussin's Darstellung eines beständigen rothen Farbstoffs mittelst Naphtylamins. Bekanntlich fixirt das Benzin die Elemente der Untersalpetersäure, um das Nitrobenzin zu bilden, welches man später in Anilin umgewandelt hat, eine neue Base, deren Oxydations- und Substitutionsproducte eine Anzahl von Farbstoffen geliefert haben. Es war nun sehr interessant zu untersuchen, ob die entsprechenden Abkömmlinge des Naphtalins, das Nitronaphtalin und das Naphtylamin, nicht ebenfalls Farbstoffe liefern können, von welchen zu vermuthen war, daß sie wegen des verdichteteren Zustandes der Basen eine größere Beständigkeit besitzen werden, als die mit dem Anilin bereiteten Farbstoffe. Für die zu diesem Zweck anzustellenden Versuche mußte ich vorerst eine leichte und wohlfeile Darstellungsweise des Nitronaphtalins und des Naphtylamins, oder wenigstens des salzsauren Naphtylamins, ermitteln. Nach folgenden Verfahrungsarten kann man in einigen Stunden mehrere Kilogramme von salzsaurem Naphtylamin erhalten. Bereitung des Nitronaphtalins. – Man gibt in einen Kolben von 8 Litern Inhalt 1 Kilogr. gewöhnliches Naphtalin mit 5 Kilogr. käuflicher Salpetersäure, und bringt den Apparat über einem kochenden Wasserbad an. Das Naphtalin schmilzt zuerst und bleibt auf dem obern Theil schwimmend; man schüttelt den Kolben von Zeit zu Zeit, es entbinden sich einige röthliche Dämpfe, und die ölige Schicht sinkt auf den Boden. Nach Verlauf einer halben Stunde ist die Operation beendigt; man beeilt sich, die überstehende Säure zu decantiren und gießt dann die ölige Substanz in eine Schale, worin sie schnell erstarrt. Man zertheilt sie im Moment des Erstarrens, indem man sie fortwährend umrührt, und wäscht sie mehrmals aus, um ihr die überschüssige Säure zu entziehen. Um das Nitronaphtalin zu reinigen, braucht man es nur zu schmelzen und nach dem Erkalten in einer Presse einem starken Druck auszusetzen. Das geschmolzene Nitronaphtalin filtrirt durch Papier so schnell wie Wasser. Die Kuchen von festem Nitronaphtalin haben, in Masse betrachtet, eine röthliche Farbe; aber das Pulver ist schön gelb. Wenn das auf angegebene Weise bereitete Nitronaphtalin stark genug gepreßt wurde, um das röthliche Oel auszutreiben, womit die Masse imprägnirt ist, so ist es dann sehr rein. Die Ausbeute entspricht nahezu der nach der Theorie zu erwartenden. Die abgegossene saure Mutterlauge enthält verschiedene Producte und besonders weißes Binitronaphtalin, welches beim Abkühlen oft krystallisirt. In dieser Mutterlauge befindet sich noch eine große Menge schwach gelb gefärbter Salpetersäure, daher sie sich weiter benutzen läßt. Bereitung des Naphtylamins. – Man bringt in einen Kolben 6 Kilogr. käufliche Salzsäure, 1 Kilogr. auf vorher angegebene Weise bereitetes Nitronaphtalin, und setzt so viel granulirtes Zinn zu, daß es bis an die Oberfläche des Gemisches reicht. Das Gemisch darf nur die Hälfte des Kolbenraumes einnehmen. Man stellt diesen Kolben in ein Wasserbad und schüttelt ihn von Zeit zu Zeit. Es tritt bald eine starke Reaction ein, das Nitronaphtalin verschwindet und die Flüssigkeit wird wasserklar. Man decantirt alsdann die Flüssigkeit in eine Schale von Steinzeug, welche 2 Kilogr. käufliche Salzsäure enthält, worin sie bald fast vollständig erstarrt, indem das salzsaure Naphtylamin krystallisirt. Wenn dieser Brei ganz abgekühlt ist, läßt man ihn auf einem Filter von starker Leinwand abtropfen und unterzieht ihn dann einer kräftigen Pressung. Um dieses Salz zu reinigen, braucht man es nur vollständig zu trocknen, dann in kochendem Wasser aufzulösen, der Lösung einige Tropfen Schwefelammonium zuzusetzen, um die letzten Spuren von Zinn zu fällen, und die Flüssigkeit durch ein befeuchtetes Papierfilter zu filtriren, auf welchem ein wenig theerige röthliche Substanz zurückbleibt. Beim Erkalten der Flüssigkeit krystallisirt das salzsaure Naphtylamin. Man läßt es abtropfen, preßt es aus und trocknet es in einem auf + 100° C. geheizten Raum. Das salzsaure Naphtylamin sublimirt sich leicht, nach Art der Benzoesäure oder des Salmiaks. Es bildet dann glänzend weiße leichte Flocken, welche absolut rein sind. Die Mutterlauge von der letzten Krystallisation des salzsauren Naphtylamins kann man zur Darstellung des Naphtylamins selbst verwenden, oder auch in diesem Zustande auf unten angegebene Weise benutzen. Gefärbte Abkömmlinge des Naphtylamins. Wenn man zwei klare und farblose Lösungen vermischt, die eine von salzsaurem Naphtylamin, die andere von salpetrigsaurem Kali, so entsteht ein granatrother Niederschlag, welcher in Wasser ganz unauflöslich ist. Die Anwendung dieser Reaction auf die Färberei ist höchst einfach; man braucht nur in eine Auflösung von salzsaurem Naphtylamin, welche auf 50–60° C. erwärmt ist, Strähne von Seide oder Wolle zu tauchen, sie zu winden, um die überschüssige Flüssigkeit auszudrücken, und sie dann in die Auflösung von salpetrigsaurem Kali zu tauchen. Man wäscht diese Strähne hernach in viel Wasser aus. Die Nüancen, welche man erhalten kann, variiren nach der Concentration der Flüssigkeiten und ihrem Gehalt an freier Säure, von der Aurorafarbe bis zum dunkeln Braunroth. Dieser Farbstoff zeichnet sich besonders durch seine Beständigkeit aus. Er ist am Licht unveränderlich, und wird weder von den bleichenden Chlorverbindungen, noch von der schwefligen Säure, den alkalischen Lösungen und den sauren Flüssigkeiten, angegriffen. Die starken Säuren, wenn sie concentrirt sind, ändern diese Farbe in Violett um, so lange als der Stoff mit Säure imprägnirt bleibt; ein bloßes Auswaschen in destillirtem Wasser, welches die Säure beseitigt, reicht hin, um die frühere Nüance vollkommen wieder herzustellen. Wegen ihrer ungewöhnlichen Beständigkeit, welche an das Alizarin erinnert, wird sich diese Farbe in den Färbereien leicht Eingang verschaffen. Wenn man das rohe salzsaure Naphtylamin, welches noch Zinnchlorür enthält, auf eine Temperatur von 230–250° C. erhitzt, so bleibt in der Retorte eine glänzende schwärzliche Masse zurück. Diese verwandelt man in ein feines Pulver und behandelt sie mehrmals mit kochendem Wasser, um alles Lösliche auszuziehen. Nachdem sie dann getrocknet worden ist, behandelt man sie mit kochendem Alkohol, welcher sie fast vollständig auflöst, wobei er sich sehr intensiv violettroth färbt. Auf Stoffe aufgetragen, wird diese Farbe weder durch das Licht, noch durch die Säuren und Alkalien verändert. Der Verfasser wollte diese ersten Resultate unverzüglich der Oeffentlichkeit übergeben, und behält sich vor, seine Untersuchungen fortzusetzen. (Dumas, welcher vorstehenden Aufsatz im Namen des Verfassers der französischen Akademie der Wissenschaften mittheilte, hat vor derselben den schönen Versuch von Roussin wiederholt, mittelst zweier farblosen Flüssigkeiten eine schöne blutrothe Färbung hervorzubringen.)