Titel: Dampfkessel von Fr. Schmidt, Ingenieur in Haspe.
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXI., S. 241
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LXXI. Dampfkessel von Fr. Schmidt, Ingenieur in Haspe. Für Preußen auf 5 Jahre patentirt am 12. December 1860. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Schmidt's Dampfkessel. Dieser Kessel bezweckt durch seine eigenthümliche Einrichtung gegen die bisher üblichen Constructionen: 1)eine größere Dampfentwickelung bei gleichem Kessel-Volumen; 2)eine größere Sicherheit gegen das Eintreten von Wassermangel und die dadurch bedingten Unglücksfälle; 3)eine sowohl im Interesse einer möglichst raschen Verdampfung, als der ökonomischen Benutzung des Brennmaterials wirkende Wasser-Circulation; 4)Verhütung des Kesselsteins an den gefährlichen Stellen. Fig. 1 stelle das Querprofil eines gewöhnlichen einfachen Walzenkessels dar. Die Linie A, B bezeichne den niedrigsten Wasserstand, welcher den gesetzlichen Bestimmungen gemäß immer noch mindestens 4 Zoll oberhalb der höchsten Stelle C der Feuerzüge reicht. Durch das passende Raumverhältniß zwischen Wasser- und Dampfraum ist die Grenze A, B und somit die höchste Stelle der Feuerzüge bestimmt. Fig. 2 zeigt den Querdurchschnitt, Fig. 3 den Längen-, und Fig. 4 den Horizontal-Durchschnitt des patentirten Kessels mit der passenden Einmauerung. In einen gewöhnlichen cylindrischen Kessel denke man die beiden dünnen Bleche A, B und C, D bei B und D festgenietet und wasserdicht gestemmt. Hierdurch entstehen in dem Kessel die beiden, oben offenen Seitenkammern N, N, welche an der vordern Kopfwand durch die Querkammer O verbunden sind. Die in den Kessel genieteten Bleche haben, abgesehen von Niveau-Differenz auf beiden Seiten, den gleichen Druck auszuhalten und werden daher in der geringen Dicke angewendet, welche zur Erzielung einer wasserdichten Verbindung als Mininum erforderlich ist. ad 1. Es ist klar, daß durch diese beschriebene Einrichtung der Wasserstand in den äußeren Kammern N, N und O bis zur Niveau-Linie E, F erhöht wird, während zwischen den Blechen die Mittelkammer M als Dampfraum dient, welchen letzteren unten der Wasserspiegel K, L begrenzt. Durch die Erhöhung des Wasserstandes an den feuerberührten Flächen ist somit eine mit diesen proportionale größere Dampfentwickelung erzielt. ad 2. Da nach der unten ad 3 näher erläuterten Art der Wasser-Circulation in den Seitenkammern hauptsächlich ein Vorwärmen des Speisewassers stattfindet, die Haupt-Verdampfung dagegen in dem Mittelraum M, als direct über dem Roste liegend, erfolgt, so wird in letzterm M ein relativ schnelleres Fallen des Wasserspiegels eintreten, als in den Seitenkammern. Ein mit der Mittelkammer verbundener Wasserstandszeiger, Schwimmer etc. wird somit ungleich empfindlicher seyn, als bei gewöhnlichen Kesseln. Rechnet man hierzu noch, daß ein bedeutendes Fallen des Wasserstandes in der Mittelkammer eintreten darf, ohne die Züge bloß zu legen, so leuchtet die erzielte größere Sicherheit ein. ad 3. Das Wasser bewegt sich im Kessel der Richtung des Feuers entgegen. In Fig. 3 und 4 tritt das Wasser durch das Rohr R bei S in die eine Seitenkammer, bewegt sich durch diese, der Richtung des Pfeils entsprechend, nach vorn, hier durch die Querkammer O in die andere Seitenkammer, durch diese nach dem hinteren Kesselende, wo es bei T durch das Rohr U in das hintere Ende der Mittelkammer gelangt, durch welche es sich zur Ausgleichung des Wasserspiegels nach vorn bewegt. Das Feuer macht den umgekehrten Weg, so daß es auf seiner Bewegung nach dem Schornsteine mit immer kälteren Kesselwandungen in Berührung kommt. Hierdurch wird das Brennmaterial am vortheilhaftesten benutzt, indem die Verbrennungsproducte mit möglichst geringer Temperatur in den Schornstein gelangen. ad 4. Da das Speisewasser, ehe es die mittlere Kammer erreicht, beide Seitenkammern passiren muß, so wird es in diesen bis zum Sieden vorgewärmt. Schlamm und Kesselstein werden sich daher zum größten Theile, wenn nicht ganz, in den Seitenkammern ausscheiden und an die Böden derselben absetzen. Diese sind mit Feuer nicht berührt, die Ablagerung also ohne Gefahr. Der hierdurch erzielte Vorzug tritt besonders stark hervor, wenn man bedenkt, daß bei gewöhnlichen Kesseln die Ablagerung sich auf den unmittelbar über dem Roste liegenden Boden ansetzt. Hiermit sind die wesentlichen Vortheile des neuen Kessels nachgewiesen. Schließlich bemerke ich, daß Hrn. L. Stuckenholz in Wetter a. d. Ruhr die alleinige Anfertigung der patentirten Kessel übertragen worden ist. Haspe, 1. März 1861.

Tafeln

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Tab. IV