Titel: Ueber Graphitbildung durch Zersetzung von Cyanverbindungen; von Dr. R. Pauli.
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. XL., S. 129
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XL. Ueber Graphitbildung durch Zersetzung von Cyanverbindungen; von Dr. R. Pauli. Der Manchester liter. and phil. Society mitgetheilt den 16. April 1861. – Aus dem Philosophical Magazine, Juni 1861, S. 541. Pauli, über Graphitbildung durch Zersetzung von Cyanverbindungen. Die Mutterlaugen der Sodafabriken werden jetzt vielfältig auf Aetznatron verarbeitet. Sie bestehen hauptsächlich aus einer Lösung van Aetznatron, enthalten aber außerdem etwas kohlensaures Natron, Schwefelnatrium, schweflig-, unterschweflig- und schwefelsaures Natron, ferner Schwefeleisen in Schwefelnatrium gelöst, Chlornatrium und einige Cyanverbindungen von Natrium, darunter insbesondere Ferrocyannatrium. Diese Laugen werden zur Oxydation der Schwefel- und Cyanverbindungen mit Natronsalpeter versetzt und in gußeisernen Pfannen eingedampfteingedamft. Alle oxydirbaren Schwefelverbindungen, nebst der geringen Menge Schwefeleisen, werden hierbei schon in wässeriger Lösung in schwefelsaures Natron und Eisenoxyd umgewandelt, sobald der Siedepunkt auf wenigstens 260 bis 270° Fahr. (127 bis 132° C.) gestiegen ist. Die Zerstörung der Cyanverbindungen hingegen erfolgt erst beim feurigen Fluß. Wenn die ganze Alkalimasse (welche gewöhnlich vier Tonnen beträgt) zur dunklen Rothgluth gekommen ist, beginnt eine regelmäßige Gasentwickelung, offenbar, weil durch die Zersetzung des Salpeters Sauerstoffgas und durch diejenige der Cyanverbindungen Stickgas frei wird; gleichzeitig bedeckt sich die ganze Oberfläche der Flüssigkeit mit einer glänzenden Lage von Graphit. Diese Abscheidung von Graphit läßt sich noch besser beobachten, wenn man der Flüssigkeit anfangs keinen Salpeter zusetzt, oder nur so viel als zur Oxydation der Schwefelverbindungen hinreicht; setzt man dann, nachdem die Masse die Rothgluth erreicht hat, einige Pfunde Natronsalpeter zu, so tritt eine heftige Reaction ein, und es wird eine große Menge von Graphit in Freiheit gesetzt; die Abscheidung des Graphits findet so plötzlich statt, daß an eine Abstammung desselben aus den gußeisernen Gefäßen nicht zu denken ist. Die Gasentbindung ist hierbei so heftig, daß feine Theilchen von Aetznatron als Wolke in die Luft aufsteigen und es fast unmöglich machen, in der Nähe der Operation zu verbleiben. Auf diese Weise werden alle Cyanverbindungen vollständig zersetzt, das Eisen im Ferrocyannatrium wird zu Oxyd, und sinkt in wenigen Stunden auf den Boden der Pfanne. Wenn die richtige Menge Salpeter zugesetzt wurde, bleibt eine farblose Masse von geschmolzenem Aetznatron zurück; wurde aber zuviel Salpeter zugesetzt, so färbt sich die Flüssigkeit dunkelgrün, weil sich mangansaures Natron bildet. Der Graphit kann leicht von der Oberfläche der Schmelze abgezogen werden; nach dem Waschen mit Wasser und Salzsäure bildet er ein außerordentlich zartes glänzendes Pulver. Wenn man ihn auf dem fast rothglühenden geschmolzenen Aetznatron schwimmen läßt, so wird er allmählich oxydirt und nach drei bis vier Stunden verschwindet er gänzlich. Beim Erhitzen im Platintiegel bleibt er unverändert, nur eine Spur beigemengter gewöhnlicher Kohle verbrennt. Die Temperatur, bei welcher sich der Graphit ausscheidet, ist sehr niedrig im Vergleich mit derjenigen, wobei der Graphit aus dem Roheisen frei wird; denn ein dünner Eisendraht kommt kaum zur sichtbaren Rothgluth, wenn man ihn in das geschmolzene Alkali taucht. Die besprochene Ausscheidung des Graphits scheint mir zu der Annahme zu berechtigen, daß der Kohlenstoff im Cyan in der Graphitmodification vorhanden ist; es ließe sich sonst nicht erklären, warum bei dem beschriebenen Processe das Eisen des Ferrocyannatriums oxydirt wird, während der Kohlenstoff der Verbrennung entgeht. Ich erinnere ferner an die Versuche Caron's, denen zufolge die Bildung des Stahls, d.h. eines Graphiteisens, nur bei Gegenwart gasförmiger Cyanverbindungen vor sich geht. Schließlich bemerke ich, daß nach meiner Ansicht der natürliche Graphit nicht aus Kohle oder Diamant, sondern durch Abscheidung aus Kohlenstoffverbindungen entstanden ist, bei Processen, welche vielleicht dem oben beschriebenen ähnlich waren.