Titel: Ueber verschiedene Verfahrungsarten, um den Stickstoff im Stahl, Roheisen und Schmiedeeisen nachzuweisen; von Boussingault.
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CII., S. 362
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CII. Ueber verschiedene Verfahrungsarten, um den Stickstoff im Stahl, Roheisen und Schmiedeeisen nachzuweisen; von Boussingault. Aus den Comptes rendus, Mai und Juni 1861, t. LII p. 1008 et 1249. Boussingault, über verschiedene Verfahrungsarten, um den Stickstoff im Stahl, Roheisen und Schmiedeeisen nachzuweisen. Ohne sich an den Erörterungen über die Natur des Stahls betheiligen zu wollen, hat der Verf. einige Versuche angestellt, um eine Methode aufzufinden, welche zu entscheiden gestattet, ob Stickstoffverbindungen, Cyanüre im Stahl, Roheisen und Schmiedeeisen vorhanden sind. I. Es war anzunehmen, daß, indem man das Eisen oder den Stahl in einem Strome von Wasserdampf erhitzt, der Stickstoff wenn solcher vorhanden ist, sich mit dem Wasserstoff im status nascens zu Ammoniak verbinden werde, und daß man dann nur dieses Ammoniak mit dem unzersetzt bleibenden Wasserdampf in einem geeigneten Apparat zu verdichten und sodann quantitativ zu bestimmen braucht, um die Menge des in dem Eisen oder Stahl enthaltenen Stickstoffs daraus ableiten zu können. In diesem Sinne hat der Verf. folgende Versuche angestellt: 1) 42 Grm. Gußstahl, welcher zu Draht gezogen und gut abgebeizt war, wurden in ein Porzellanrohr gebracht und bei Kirschrothglühhitze Wasserdampf darüber geleitet. Das Wasser, woraus dieser Dampf erzeugt wurde, war vorher vollständig von Ammoniak befreit. Der Versuch dauerte 2 3/4 Stunden. Der aus dem Porzellanrohr wieder ausgetretene Wasserdampf wurde mit Sorgfalt verdichtet und lieferte 250 Kubikcentimeter flüssiges Wasser. In demselben wurde das Ammoniak nach dem von dem Verfasser bei der Bestimmung des Ammoniaks im Regenwasser angewendeten Verfahren, welches auf einer fractionirten Destillation des Wassers beruhtPolytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 453., bestimmt. In den zuerst überdestillirten 50 Kub. Cent. Wasser sand man 0,00023 Grm. Ammoniak, entsprechend 0,00019 Grm. Stickstoff. In der zweiten, ebenfalls 50 Kub. Cent. betragenden Portion des Destillats war kein Ammoniak mehr enthalten. Diese geringe Menge Ammoniak entsprang unzweifelhaft aus der Einwirkung des Wasserdampfes auf den Stahl; denn als derselbe Wasserdampf durch das leere Porzellanrohr geleitet wurde, lieferte er durch Verdichtung ein Wasser, welches keine Spur von Ammoniak enthielt. Aus der Gewichtszunahme der angewendeten 42 Grm. Stahl ergab sich, daß 5,5 Grm. Eisen oxydirt waren. Diesen müssen also die 0,00019 Grm. Stickstoff zugeschrieben werden, welche 1/28000 des verbrannten Stahls ausmachen. Während der ganzen Dauer des Versuchs hatte das entwickelte Wasserstoffgas einen Geruch nach Schwefelwasserstoff und schwärzte mit Bleiessig befeuchtetes Papier. 2) 13,66 Grm. desselben Stahls wurden bei Kirschrothglühhitze 8 Stunden 50 Minuten lang der Einwirkung des Wasserdampfes ausgesetzt. Man erhielt 439 Kub. Cent. condensirtes Wasser, welches der fractionirten Destillation unterworfen wurde. In den ersten 50 Kub. Cent. des Destillats fand man 0,00081 Grm. Ammoniak, entsprechend 0,00067 Grm. Stickstoff; in der zweiten, ebenfalls 50 Kub. Cent. betragenden Portion des Destillats war kein Ammoniak mehr enthalten. Die Säure in dem Waschgefäß, durch welches man das Wasserstoffgas hatte gehen lassen, enthielt kein Ammoniak – ein Beweis, daß alles entstandene Ammoniak in das Wasser übergegangen war. Das Gas enthielt auch hier während der ganzen Dauer des Versuches Schwefelwasserstoff. Als Gegenprobe wurde die Einwirkung des Wasserdampfes auf das von Despretz entdeckte stickstoffhaltige Eisen untersucht. Diese Verbindung wurde dargestellt, indem man trockenes Ammoniakgas über Eisendrähte bei der Dunkelrothglühhitze leitete; sie hatte den Glanz des Zinnes. Als man sie im Wasserdampf verbrannte, enthielt das condensirte Wasser, welches vom Metall nicht zersetzt worden war, eine beträchtliche Menge Ammoniak. II. Der Verf. stellte dann Versuche über die Bestimmung des Stickstoffs im Eisen und Stahl durch Auflösen derselben in einer Säure und Bestimmung des Ammoniaks in der Lösung an, ist dabei aber nicht zu befriedigenden Resultaten gelangt. Er erhielt nämlich, obschon die von ihm angewendeten Reagentien vollkommen ammoniakfrei waren, öfter Ammoniak aus Eisen, welches seinem Ursprung nach für rein gehalten werden mußte. So lieferte krystallisirtes Eisen, welches durch Einwirkung von Zinkdampf auf Eisenchlorür in der Hitze erhalten war, eine Quantität Ammoniak, welche 0,0009 Stickstoff entsprach. Eisen, welches durch Reduction des Chlorürs mit Wasserstoffgas dargestellt war, gab 0,0008, aus dem Oxyd durch Wasserstoff reducirtes Eisen 0,00093 Stickstoff. Es scheint also bei diesem Verfahren unabhängig von dem Stickstoffgehalt des Eisens Ammoniak zu entstehen, worüber der Verf. weitere Untersuchungen anzustellen beabsichtigt. III. Der Verf. hat auch den Vorschlag von Regnault ausgeführt, das Eisen in Sauerstoff zu verbrennen, um den Stickstoff als Gas zu erhalten; dabei fand er aber, daß das entstandene Eisenoxyd alsbald die Verbrennung des unterliegenden Metalls verhindert. Er zieht es vor, das Eisen in Zinnoberdampf zu verbrennen, so daß es in Schwefeleisen übergeht. Das Metall wird dabei in Drähten oder Spänen in ein mit Knittergold umgebenes Glasrohr gebracht, welches an dem einen Ende mit einem Kohlensäureentwicklungsapparate und an dem anderen Ende durch eine Röhre mit einer Quecksilberwanne in Verbindung steht. Das Metall wird mit Zinnober vermischt, welcher sich noch weiter nach der Seite des Kohlensäureapparates hin erstreckt. Nachdem die Luft durch den Kohlensäurestrom ausgetrieben ist, hört man mit dem Zuleiten von Kohlensäure auf und bringt das Ende der Gasleitungsröhre unter einen in der Quecksilberwanne stehenden, mit einer Lösung von Aetzkali gefüllten Recipienten. Man erhitzt dann das Eisen und leitet nach und nach allen Zinnober als Dampf darüber hin, wobei der Ueberschuß des Zinnobers nebst dem frei gewordenen Quecksilber sich in dem kalten Theil des Rohres verdichtet. Wenn die Operation beendet ist, läßt man das Rohr sich abkühlen, so daß es nicht mehr glüht, und leitet dann anhaltend trockene Kohlensäure hindurch, um das in dem Rohr enthaltene Stickstoffgas zu verdrängen und in den Recipienten zu führen. Das Eisen scheint durch die Einwirkung des Zinnobers in Magnetkies überzugehen. 2,66 Grm. nach der Methode von Despretz dargestelltes stickstoffhaltiges Eisen gaben, nach diesem Verfahren behandelt, 63,3 Kub. Cent. oder 0,0722 Grm. Stickstoff = 2,66 Proc. Das Schwefeleisen wog 4,57 Grm. Zum Schwefeln des Eisens hatte man 60 Grm. sublimirten Zinnober verwendet. Als dieselbe Quantität Zinnober ohne Eisen oder Stahl unter denselben Umständen in dem Glasrohr erhitzt wurde, erhielt man nur 0,2 Kub. Cent. Stickstoffgas. Nach diesem Verfahren wurde in einem Gußstahl 0,00057, in einem Draht von weichem Eisen 0,00124, in einer anderen Probe von weichem Eisen 0,00068 Stickstoff gefunden.