Titel: Directe quantitative Bestimmung der Kohlensäure kohlensaurer Salze und Braunsteinanalyse; von Hermann Kolbe.
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CV., S. 373
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CV. Directe quantitative Bestimmung der Kohlensäure kohlensaurer Salze und Braunsteinanalyse; von Hermann Kolbe. Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1861, Bd. CXIX S. 130. Mit einer Abbildung auf Tab. VI. Kolbe, quantitative Bestimmung der Kohlensäure kohlensaurer Salze. Seit längerer Zeit bediene ich mich zur Bestimmung der Kohlensäure in kohlensauren Salzen wie auch zur Braunsteinanalyse und zu ähnlichen Zwecken eines Verfahrens, welches die Kohlensäure direct durch Wägung gibt, und dabei eben so leicht und rasch auszuführen ist, wie es genaue Resultate liefert. Dieses Verfahren ist sehr ähnlich dem, welches wir bei der Elementaranalyse organischer Verbindungen anwenden, und unterscheidet sich von diesem hauptsächlich dadurch, daß das Verbrennungsrohr durch ein gewöhnliches Gasentwickelungsgefäß substituirt ist. Die Einrichtung des Apparats ist aus Figur 9 ersichtlich. Das weithalsige Fläschchen a von etwa 100 Kubikcentimeter Inhalt ist durch einen massiven, doppelt durchbohrten Gummistopfen leicht verschließbar. Durch diesen Stopfen geht die unterhalb desselben etwas verengte Trichterröhre, deren unteres, dünn ausgezogenes Ende je nach Umständen entweder vertical hinabgeht und nahe über dem Boden mündet, oder, wie Figur 9 zeigt, ein wenig aufwärts gebogen ist. In die zweite größere Oeffnung des Stopfens paßt das ziemlich weite Ende eines knieförmig gebogenen Gasleitungsrohres mit angeblasener Kugel b, welche mit Baumwolle gefüllt ist, oder auch ganz leer bleibt. Das Ganze ist an einem Platindraht frei schwebend aufgehängt. – Jene Kugel dient dazu, das beim Erhitzen der Flüssigkeit im Gefäße a verdampfende Wasser zum größten Theile zu condensiren und wieder zurückfließen zu lassen. Die hier nicht condensirte Feuchtigkeit wird in dem Chlorcalciumrohr gebunden. Der mit diesem weiter communicirende Kaliapparat ist am äußersten Ende mit einem, Stückchen von geschmolzenem Kalihydrat enthaltenden Röhrchen verbunden, welches, mittelst eines übersiegelten Körkchens aufgesetzt, einen integrirenden Bestandtheil desselben bildet. Es hat den Zweck, das aus der Kaliflüssigkeit beim Hindurchstreichen der Luft verdunstende Wasser zurückzuhalten. Es genügt nicht, die zu untersuchende Substanz in dem Kölbchen a mit Wasser zu übergießen und dann durch das Trichterrohr die Säure einzubringen. Denn auch wenn letzteres unten etwas aufwärts gebogen ist, steigen Kohlensäurebläschen darin ununterbrochen auf. Diese Fehlerquelle läßt sich aber leicht dadurch vermeiden, daß man die Oeffnung mit Quecksilber absperrt. Bei den in Wasser löslichen Verbindungen, oder den in Wasser unlöslichen aber durch Säure leicht zersetzbaren Carbonaten, welche man in ganzen Stücken anwenden kann, genügt es, das Trichterrohr unten entweder so gebogen, wie die Figur zeigt, oder bloß in eine verticale Spitze ausgehend, in eine auf dem Boden befindliche Quecksilberschicht eintauchen zu lassen. Nachdem der Kaliapparat gewogen und mit dem Chlorcalciumrohr verbunden ist, bringt man die gewogene Menge der zu untersuchenden Substanz ins Zersetzungsgefäß, fügt sodann den Kork luftdicht und so tief ein, daß die Spitze der Trichterröhre unter dem Quecksilber mündet, und zieht durch letzteres Wasser in hinreichender Menge ein, am besten durch Saugen an einem über das Röhrchen d geschobenen Gummischlauch. Auf gleiche Weise saugt man nachher auch die Säure in kleinen Portionen ein. Die Kohlensäureentwickelung geht, bei Anwendung von nicht zu viel Säure, auf einmal, ruhig von statten; sie wird gegen Ende der Zersetzung durch Erwärmen mittelst einer kleinen Spiritusflamme unterstützt. Die Absorption in dem Kaliapparat verläuft ganz so, wie bei der organischen Elementaranalyse; der Gasstrom kann jedoch, sobald alle im Apparat befindliche Luft durch die Kohlensäure verdrängt ist, viel rascher gehen, als bei der Elementaranalyse. Um zuletzt alle in der sauren Zersetzungsflüssigkeit noch aufgelöste Kohlensäure zu entfernen und ebenfalls dem Kaliapparat zuzuführen, genügt es nicht, durch Saugen bei d Luft durch das Trichterrohr hindurch zu ziehen, sondern die Flüssigkeit muß während dem bis zum Aufkochen erhitzt werden. Die Gewichtszunahme, welche nach beendetem Versuch der Kaliapparat erfahren hat, entspricht bei gut geleiteter Operation sehr genau der Menge der ausgetriebenen Kohlensäure. Auch wenn man, wie es bei der Analyse von kohlensaurem Kalk, Baryt u.s.w. nöthig ist, verdünnte Salzsäure zur Zersetzung anwendet, darf man nach beendeter Zersetzung die salzsaure Flüssigkeit aufkochen. Keine Spur Salzsäure gelangt dabei in den Kaliapparat. Hat man fein gepulverte, in Wasser unlösliche Körper zu analysiren, so ist der Verschluß des Trichterrohrs durch eine den Boden des Gefäßes bedeckende größere Quecksilberschicht unthunlich, weil das Quecksilber immer einen Theil des feinen Pulvers mechanisch einhüllt und vor dem Zutritt der Säure schützt. In diesem Falle bewirkt man den Verschluß sehr zweckmäßig durch einen kleinen Quecksilbertropfen, den man in den Trichter eingießt, nachdem man durch denselben die Säure in das Zersetzungsgefäß hat einfließen lassen. Dieser Quecksilbertropfen bleibt immer in der engen aufwärts gebogenen Spitze des Trichterrohrs hängen und hindert vollständig die Communication nach Außen. Will man hernach aufs Neue Säure in das Zersetzungsgefäß einbringen, so gießt man davon nach Bedarf in den Trichter und saugt gelinde bei d; der Quecksilberpfropf fließt dann aus, die darüberstehende Flüssigkeit folgt nach und der Verschluß wird sofort leicht durch ein neues Quecksilbertröpfchen hergestellt. Ich theile nachstehend einige Kohlensäurebestimmungen von Kalkspath und kohlensaurem Natron mit, welche die Genauigkeit des Verfahrens beurtheilen lassen. Dazu bemerke ich, daß keine dieser Analysen mit Einschluß der Wägungen mehr als eine halbe Stunde Zeit in Anspruch genommen hat. I. Die aus 0,442 Grm. eines in Stücken angewandten reinen durchsichtigen Kalkspaths durch verdünnte Salzsäure ausgetriebene Kohlensäure bewirkte eine Gewichtszunahme des Kaliapparates um 0,195 Grm. II. 0,609 Grm. desselben Kalkspaths gaben bei gleicher Behandlung 0,268 Grm. Kohlensäure. Aus diesen Zahlen berechnet sich der Kohlensäuregehalt zu 44,1 und 44,0 Proc. Der reine Kalkspath enthält 44,0 Proc. Kohlensäure. I. 0,969 Grm. chemisch reines entwässertes kohlensaures Natron, mit verdünnter Schwefelsäure zersetzt, gaben 0,401 Grm. Kohlensäure. II. 1,112 Grm., mit verdünnter Salzsäure zerlegt, gaben 0,461 Grm. Kohlensäure. Die gefundene Kohlensäuremenge beträgt demnach 41,4 resp. 41,45 Proc., welche Zahlen mit dem berechneten Kohlensäuregehalt 41,5 des kohlensauren Natrons fast genau übereinstimmen. Nicht minder gut unter sich übereinstimmende Zahlen habe ich bei den folgenden Braunsteinanalysen erhalten. Der untersuchte Braunstein enthielt noch kohlensauren Kalk, dessen Menge jedesmal neben dem Sauerstoffgehalt bestimmt wurde. Eine größere Menge desselben, aufs Feinste gepulvert und bei 120º C. getrocknet, wurde noch heiß in ein mehrere Gramme davon fassendes Füllrohr gebracht, und diese Menge zu den verschiedenen Analysen benutzt. – Man verfährt am besten auf folgende Weise. Das mit einem Körkchen gut verschlossene gefüllte Röhrchen wird gewogen, dann nach Gutdünken eine passende Menge des Inhalts in das Zersetzungsgefäß gegossen, darauf rasch verkorkt und wieder gewogen. Die Gewichtsdifferenz entspricht der Menge der angewandten Substanz. Nachdem der das unten aufwärts gebogene Trichterrohr enthaltende Gummipfropf fest aufgesetzt ist, wird verdünnte Schwefelsäure in hinreichender Menge eingesogen, das Trichterrohr alsdann durch einen Quecksilbertropfen unten verschlossen, und nun das Zersetzungsgefäß mittelst einer kleinen Spirituslampe allmählich stärker, zuletzt unter anhaltendem Durchsaugen von Luft bis zum Aufkochen erhitzt. Die Gewichtszunahme des Kaliapparats entspricht der Menge der aus dem kohlensauren Kalk entbundenen Kohlensäure. Der Kaliapparat wird nach der Wägung sofort wieder mit dem Chlorcalciumrohr verbunden. Wenn das Zersetzungsgefäß durch Eintauchen in kaltes Wasser möglichst gut abgekühlt ist, bringt man die Oxalsäure ein, und zwar saugt man gleich die ganze erforderliche Menge dieser Säure in warmer, ziemlich concentrirter Lösung auf einmal durch das Trichterrohr ein, welches dann sofort durch einen Quecksilbertropfen abgesperrt wird. Noch einfacher ist es, nach Abnahme des Stopfens, eine angemessene Menge krystallisirter Oxalsäure einzutragen und rasch wieder zu verschließen, was sich ohne den geringsten Verlust leicht ausführen läßt. Erst bei gelindem Erwärmen durch eine untergesetzte Spirituslampe beginnt Kohlensäure in erheblicher Menge frei zu werden und in continuirlichem Strome sich zu entwickeln, dessen Stärke mit der Flamme leicht regulirt werden kann. Nachdem durch die Kohlensäure alle Luft aus dem Apparate ausgetrieben ist, kann man die Gasentwickelung bedeutend beschleunigen, ohne befürchten zu müssen, daß Kohlensäure unabsorbirt durch den Kaliapparat hindurchgeht. Sollte einmal der Gasstrom zu rasch gehen, so kann man ihn sofort und sicher durch Eintauchen des Zersetzungsgesäßes in kaltes Wasser mäßigen. – Zur vollständigen Zersetzung des Braunsteins ist es nöthig, die Flüssigkeit zuletzt stärker zu erhitzen. Erst wenn schwarze Partikelchen darin nicht mehr sichtbar sind, wird auf die angegebene Weise Luft durch die zum Sieden gebrachte Flüssigkeit hindurchgezogen. Nach diesem Verfahren habe ich folgende Resultate gewonnen: I. Das Gewicht der angewandten Substanz betrug 1,091 Grm., die Gewichtszunahme des Kaliapparats nach Zersetzung des kohlensauren Kalks 0,030 Grm., die weitere Gewichtszunahme desselben nach Zerlegung des Braunsteins 0,789 Grm. II. Gewicht des aus demselben Füllrohr genommenen Braunsteins = 1,198 Grm. Gewichtszunahme des Kaliapparats nach Zersetzung des kohlensauren Kalks = 0,032 Grm. Gewichtszunahme des Kaliapparats nach Zersetzung des Braunsteins = 0,866 Grm. III. Gewicht des aus demselben Füllrohr genommenen Braunsteins = 0,605 Grm. Gewichtszunahme des Kaliapparats nach Zersetzung des kohlensauren Kalks = 0,016 Grm. Gewichtszunahme des Kaliapparats nach Zersetzung des Braunsteins = 0,439 Grm. Hieraus berechnet sich der Procentgehalt des analysirten Braunsteins an kohlensaurem Kalk und Mangansuperoxyd wie folgt: I. II. III. Kohlensaurer Kalk   6,25   6,0   6,0 Mangansuperoxyd 71,60 71,6 71,8 Wie man sieht, läßt die Uebereinstimmung der gefundenen Zahlen Nichts zu wünschen übrig. Bei der Ausführung jener Analysen sind, ähnlich wie bei der Elementaranalyse, noch manche kleine Nebenumstände zu beachten, deren specielle Erwähnung überflüssig erscheint. Jeder, welcher eine Elementaranalyse zu machen versteht, wird sie zu berücksichtigen wissen.

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Tafel Tab. VI
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