Titel: Ueber die chemische Wirkung des Lichtes auf die organischen Substanzen und ihre Anwendung für photographische Abdrücke; von A. Poitevin.
Fundstelle: Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XC., S. 298
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XC. Ueber die chemische Wirkung des Lichtes auf die organischen Substanzen und ihre Anwendung für photographische Abdrücke; von A. Poitevin. Aus den Annales de Chimie et de Physique, Juni 1861, S. 192. Poitevin, über die chemische Wirkung des Lichtes auf die organischen Substanzen etc. Erster Theil.Wirkung des Lichtes auf die mit doppelt-chromsaurem Kali versetzte Gelatine. – Eigenschaften welche die Gelatine dadurch erlangt. – Helioplastische Gravirung. Die Wirkung des Lichtes auf das doppelt-chromsaure Kali in Gegenwart einer organischen Substanz hat Ponton Polytechn. Journal Bd. LXXIV S. 65. am Anfang des Jahres 1840 zuerst angewendet, um negative Copien von Zeichnungen zu erhalten, deren Farbstoff bloß das Chromoxyd war. Edm. Becquerel Comptes rendus, 1840, t. X p. 469; polytechn. Journal Bd. LXXVI S. 301. benutzte zuerst zu demselben Zweck die Veränderung welche die organische Substanz unter dem Einfluß des Sauerstoffs der durch das Licht zersetzten Chromsäure erleidet; er operirte auf Stärkmehl, welches so die Eigenschaft verlor durch Jodwasser gebläut zu werden. Später beobachtete Talbot,Comptes rendus, 1853, t. XXXVI p. 780; polytechn. Journal Bd. CL S. 276. daß das Licht den mit doppelt-chromsaurem Kali versetzten reinen Leim (Gelatine) undurchdringlich macht, was ihm gestattete durch ein photographisches Verfahren und chemische Aetzung Stahlplatten zu graviren. Im December 1854 fand ich, daß die Gelatine, wenn man eine mit doppelt-chromsaurem Kali gemischte Schicht derselben dem Einfluß des Lichtes aussetzt, in warmem Wasser vollständig unauflöslich wird. Ich beobachtete ferner, daß die Gelatine nicht nur ihre Löslichkeit verliert, sondern auch ihre Eigenschaft im kalten Wasser nach einer gewissen Zeit zu beiläufig ihrem sechsfachen Volum anzuschwellen. Letztere Beobachtung führte mich zur photographischen Gravirung der Gelatineschicht selbst. Bei diesem Verfahren, welches ich Helioplastik genannt habe, bildeten die belichteten Theile der Schicht die Vertiefungen, die anderen hingegen, indem sie durch ihr Eintauchen in Wasser von gewöhnlicher Temperatur an Volum zunahmen, die Erhabenheiten; durch Abformen, zuerst in Gyps, dann auf galvanoplastischem Wege in Kupfer, erhielt ich sowohl vertieft gravirte Platten für die Kupferdruckerpresse, als erhaben gravirte für die Buchdruckerpresse, je nach dem Schirm oder Bild, durch welche hindurch ich das Licht auf die doppelt-chromsaures Kali enthaltende Gelatineschicht einwirken ließ.Ich ließ mir diese Erfindung am 26. August 1855 in Frankreich patentiren. Ich verfahre folgendermaßen: Die Gelatine muß weiß und von guter Qualität seyn; die gewöhnlichen Leimsorten habe ich nicht versucht: ich zerschneide sie in Stücke, und lasse sie in destillirtem Wasser erweichen. Von derselben lasse ich auf einer Weingeistlampe oder im Wasserbade eine der Dicke der zu erzielenden Schicht entsprechende Quantität flüssig werden und versetze sie, oder nicht, mit einer concentrirten Auflösung von doppeltchromsaurem Kali; dieses Gemisch gieße ich auf ein mittelst Alkohol und Kreide gut gereinigtes plattirtes Kupferblech, oder auf eine Glastafel, überhaupt auf eine horizontal gelegte Fläche; ich lasse dann diese Schicht von selbst an einem Orte trocknen, wo sie gegen Staub, und wenn sie doppelt-chromsaures Kali enthält, auch gegen das Licht geschützt ist. 1. Darstellung von Platten in vertiefter Manier nach Art der mit Scheidewasser geätzten Kupferstiche. Die Gelatineschicht muß nach dem Austrocknen eine sehr schwache Dicke haben: 4 bis 5 Decigramme Gelatine sind per Quadratdecimeter Plattenfläche ausreichend. Ich löse die Gelatine in einer zum Ausbreiten hinreichenden Wassermenge auf, und versetze sie mit einigen Tropfen einer concentrirten Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali: eine zu große Menge von diesem Salze würde kleine Flecke hervorbringen, indem es in der Gelatineschicht während ihres Trocknens krystallisirt. Die mit doppeltchromsaurem Kali empfindlich gemachte und im Dunkeln getrocknete Schicht bedeckt man mit dem Bild welches man copiren will, oder mit einer positiven Copie dieses Bildes, und exponirt; die Wirkung erfolgt in einigen Minuten an der Sonne. Ich bringe alsdann die Platte in gewöhnliches Wasser; diejenigen Theile der Gelatine, auf welche das Licht nicht einwirkte, schwellen nach und nach auf, während die vom Licht getroffenen kein Wasser absorbiren und Vertiefungen bilden. Um gravirte Kupferplatten zu erhalten, habe ich zwei Verfahrungsarten angewandt: die erste besteht darin, die exponirte und theilweise ausgequollene Gelatinefläche in Gyps abzuformen; von der Gypsform mache ich eine zweite Form aus Gutta-percha, welche ich metallisire und auf die ich Kupfer galvanisch niederschlage; das zweite Verfahren besteht darin, die Gelatinefläche selbst zu metallisiren und auf sie direct Kupfer zu fällen. Um in Gyps abzuformen, überziehe ich die mit Wasser imprägnirte Gelatinefläche mit einer Auflösung von Eisenvitriol, zu dem Zweck das Anhaften des Gypses an die Gelatine zu verhindern; ich wasche mit gewöhnlichem Wasser, und nach dem Abtropfen gieße ich auf die an den Rändern mit Leistchen eingefaßte Gelatinetafel dicken Gypsbrei, ich entferne die Luftblasen mit einem Pinsel, und nachdem der Gyps erstarrt ist, bringe ich die Oberfläche der Gelatinetafel in Berührung mit einer schwachen Schicht in einer Schale befindlichen Wassers, wornach ich die Form vorsichtig ablöse. Die Oberfläche der Gelatine wurde durch dieses Abformen nicht benachtheiligt; ich wasche sie in viel Wasser, und nachdem ich sie wie vorher mit der Eisenvitriollösung behandelt habe, gieße ich Gyps darauf, welcher mir einen zweiten Abdruck liefert. Man kann so eine große Anzahl gleich getreuer Formen erhalten. Auf den feuchten Gyps gieße ich, bei 100° C. Temperatur, ein Gemisch von 2 Theilen gelbem Wachs, 1 Th. Gutta-percha und 1 Th. Harz, oder auch bloß ein Gemisch von 1 Th. Wachs und 1 Th. Harz. Ich metallisire diesen Gegenabdruck mit einer Auflösung von Phosphor in Aether und Schwefelkohlenstoff, welche ich auf die Oberfläche gieße, und tauche ihn hernach in eine Auflösung von salpetersaurem Silber. Ich habe diese Formen auch in der Weise metallisirt, daß ich sie mit jodirtem Collodium überzog, mit salpetersaurem Silber für das Licht empfindlich machte, und nach dem Exponiren mit einer Auflösung von Eisenvitriol behandelte. In beiden Fällen hat man eine mit metallischem Silber überzogene Oberfläche, welche die Elektricität sehr gut leitet. Diese Formen geben in einem galvanoplastischen Bade eine vertieft gravirte Kupferplatte. Um die gravirte Gelatineschicht unmittelbar mittelst der Batterie in Kupfer abzuformen, entziehe ich ihr durch mehrmaliges Waschen sämmtliches durch das Licht nicht zersetzte doppelt-chromsaure Kali, lasse sie trocknen, und tauche sie dann in eine Auflösung von 10 Th. Jodkalium in 100 Th. Wasser; nachdem die Gelatinetafel mit derselben getränkt ist, nehme ich sie heraus, und lasse sie abtropfen bis jede Spur der Flüssigkeit verschwunden ist. Ich mache sie dann in einem Bade von salpetersaurem Silber für das Licht empfindlich und nach einer kurzen Exposition reducire ich das Silbersalz durch Eisenvitriol; auf diese Oberfläche kann nun galvanoplastisch Kupfer gefällt werden. Auf der so erhaltenen vertieft gravirten Kupferplatte befindet sich die Zeichnung in demselben Sinne wie auf der directen Copie, unter welcher die empfindliche Schicht exponirt wurde; wenn die Kupferplatte Abzüge im Sinne des Originals geben soll, muß man daher die empfindliche Gelatineschicht unter einem Positiv im umgekehrten Sinne der Originalzeichnung exponiren. 2. Darstellung von Platten in erhabener Manier nach Art der Buchdrucker-Clichés. Die Gelatineschicht muß dicker seyn als im vorhergehenden Falle, 8 Decigramme bis 1 Gramm Gelatine sind per Quadratdecimeter der zu präparirenden Fläche hinreichend; eine größere Dicke würde stärkere Erhabenheiten geben, aber alsdann wäre die Oberfläche der Platte nicht eben genug, um sich gehörig schwärzen zu lassen. Ich gieße auf eine horizontal gelegte Glastafel die aufgelöste Gelatine ohne Zusatz von doppelt-chromsaurem Kali, und lasse dann diese Schicht an einem gegen Staub geschützten Orte von selbst trocknen, oder besser in einem erwärmten Raume. Nachdem sie trocken ist, tauche ich sie fünf bis sechs Minuten in eine concentrirte Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali; nach dem Herausziehen wasche ich sie rasch in gewöhnlichem Wasser, um das überschüssige chromsaure Kali von der Oberfläche der Gelatine zu entfernen, und lasse diese Schicht zum zweitenmal trocknen, aber nun im Dunkeln. Man muß die so präparirte Gelatineplatten so bald als möglich anwenden, denn nach wenigen Tagen verliert die mit doppelt-chromsaurem Kali versetzte Gelatine zum Theil die Eigenschaft in Wasser aufzuschwellen, selbst wenn sie gegen die Lichteinwirkung geschützt blieb. Diese Gelatineschichten exponire ich unter einer negativen Copie der herzustellenden Zeichnung; diese Copie muß sehr scharf und sehr kräftig seyn. Man muß das Licht so lange einwirken lassen, daß es durch die Dicke der Schicht dringt, denn sonst würde man eine erhabene Zeichnung erhalten, deren verschiedene Striche nicht auf derselben Ebene wären. Aus diesem Grunde wende ich nur Schichten von einer Dicke an, welche hinreicht um die Vertiefungen gedrängter Stiche zu liefern; die Lichter von einer gewissen Ausdehnung muß man immer mit dem Schaber oder Flachstichel aushöhlen, entweder auf der Gypsform oder auf dem Kupfer. Das Exponiren unter einer Copie auf Glas darf nicht über zwanzig bis dreißig Minuten in der Sonne dauern. Auf der Oberfläche der belichteten Schicht befindet sich die Zeichnung in brauner Farbe; wenn die Gelatineplatte an der Sonne heiß geworden ist, läßt man sie abkühlen, bevor man sie in das Wasser taucht, worin die vom Licht nicht getroffenen Theile aufschwellen sollen. Ich forme in Gyps ab, wie im vorhergehenden Falle; von dieser Form mache ich einen Abdruck aus einem Gemisch von Gutta-percha, Wachs und Harz, auf welchen ich Kupfer galvanoplastisch niederschlage; so erhalte ich eine erhaben gravirte Kupferplatte, welche man auf einem Block von der Höhe der Lettern befestigen und in die Buchdruckerform einschalten kann. Zweiter Theil.Ueber die Unauflöslichkeit, welche durch die Zersetzung des doppeltchromsauren Kalis unter dem Einfluß des Lichtes den Gummiarten, der Gelatine, dem Eiweiß etc. ertheilt wird. – Anwendung derselben für photographische Abdrücke in Kohle und unauflöslichen Farben; Fixirung der fetten Schwärze, Photolithographie. Im Januar 1855 habe ich bei Versuchen über die Wirkung des Lichtes auf Gemenge von doppelt-chromsaurem Kali mit arabischem Gummi, Stärkekleister, Zucker, und hauptsächlich mit Gelatine oder Eiweiß gefunden, daß die Chromsäure, indem sie sich zersetzt, alle diese Körper in Wasser, selbst lauwarmem, unauflöslich macht. Diese Eigenschaft wandte ich sogleich als Grundlage neuer photographischer Druckmethoden an.Ich ließ mir dieselben am 26. August 1855 in Frankreich patentiren. Die erwähnten organischen Substanzen lassen sich sämmtlich mit mehr oder weniger Vortheil anwenden, wenn man die Operationsweise und den beabsichtigten besonderen Effect etwas modificirt. Ich blieb bei der Anwendung des Eiweißes für directe Abdrücke stehen und werde daher hier nur von dieser Substanz sprechen. 1. Fixirung der Kohle und der unauflöslichen Farben auf Papier und anderen Flächen. Ich setze einem Volum Eierweiß, welches mit ein Drittel Wasser verdünnt, geschlagen und durch feine Leinwand passirt wurde, ein gleiches Volum concentrirter Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali zu. Der färbende Körper, welcher im Zustande eines unfühlbaren Pulvers seyn muß, wird mit einer hinreichenden Menge dieser Mischung angerührt, um ein Gemisch zu bilden welches so flüssig ist, daß es sich leicht auf dem Boden einer flachen Schale ausbreitet, damit man auf der Oberfläche dieser Flüssigkeit die empfindlich zu machenden Papierbogen schwimmen lassen, oder auch dieselbe mit einem großen Pinsel oder einem Bällchen auf dem Papier und den sonstigen Flächen, worauf das Lichtbild hervorgebracht werden soll, ausbreiten kann. Nachdem das präparirte Papier etc. von selbst oder in der Wärme, aber in einem gegen das Licht geschützten Raume, vollständig getrocknet ist, muß es sobald als möglich angewandt werden, weil die Chromsäure selbst im Dunkeln ihre oxydirende Wirkung ausübt; man kann jedoch das Papier am Abend vor dem Tage, wo es benutzt werden soll, präpariren. Diese Flächen exponire ich unter einer negativen Copie der hervorzubringenden Zeichnung einige Minuten lang im directen Sonnenlicht, oder längere Zeit im zerstreuten Lichte. Nach der Exposition tauche ich das Papierblatt in gewöhnliches Wasser, in welchem sich alle Theile, auf die das Licht nicht einwirkte, auflösen und dabei den färbenden Körper mit sich nehmen, wogegen die belichteten Theile das mit dem Farbstoff versehene Eiweiß zurückhalten, und zwar im Verhältniß der Lichtmenge, welche durch die hellen Theile der Copie gedrungen ist. Die so erhaltenen Zeichnungen sind unveränderlich, gewöhnlich fehlen ihnen aber die Halbtinten, besonders wenn die präparirte Schicht eine gewisse Dicke hatte. Ich habe auf diese Weise Handschriften und Zeichnungen in Strichen photographisch copirt. Man kann schattirte Bilder erhalten, wenn man dünnes Papier (z.B. solches zum Durchzeichnen) anwendet und unter diesem die Schicht von Eiweiß und doppelt-chromsaurem Kali exponirt; da hierbei alle unauflöslich gewordenen Theile, selbst in den zartesten Halbtinten, sich in Berührung mit dem Papier befinden, so bleiben sie an demselben haften und widerstehen der Operation des Waschens. Wenn man das beschriebene Verfahren auf Glasflächen anwendet, so kann man verglasbare Oxyde fixiren, welche man nur schmelzen zu lassen braucht, um unveränderliche Lichtbilder zu erhalten. Das Princip dieses Verfahrens wurde seit der Anwendung, welche ich davon gemacht habe, von mehreren Photographen benutzt, und die verschiedenen Kunstgriffe, welche sie meiner Operirmethode beifügten, beweisen daß dasselbe gute Resultate zu liefern vermag. Diese Photographen sind unter anderen die HHrn. Pouncy,Bulletin de la Société de Photographie, 1859 p. 139. Garnier und Salmon Bulletin de la Société de Photographie, 1859 p. 140 et 361 und insbesondere Hr. Fargier,Bulletin de la Société de Photographie, 1860 p. 340. welcher in der letzten Zeit auf einer Schicht von Gelatine und doppelt-chromsaurem Kali sehr schöne photographische Abdrücke erhielt, indem er nur die Oberfläche der exponirten Schicht benutzte. 2. Photographischer Druck in fetter Schwärze auf Papier und auf Stein; Photolithographie. Die Wirkung des Lichtes auf das mit dem Gemisch von Eiweiß und doppelt-chromsaurem Kali präparirte Papier gestattete mir auch bloß die fetten Körper auf den belichteten Theilen zu fixiren, und unmittelbar ein Lichtbild in gewöhnlicher fetter Schwärze, sowohl lithographischer als typographischer, zu erhalten. Diese unveränderlichen Zeichnungen kann man so aufbewahren, oder sie auf Stein, Zink etc. Überdrucken, um davon entweder in der Presse Abzüge zu machen, oder sie in gravirte Platten umzuwandeln. Die von mir befolgte Methode ist folgende: Nachdem das Papier auf vorher erwähnte Weise empfindlich gemacht worden ist, exponire ich es unter der negativen Copie der Zeichnung zehn bis fünfzehn Minuten an der Sonne; man kann hier die Wirkung des Lichts nach der gelblichbraunen Farbe bemessen, welche es dem Papier ertheilt. Ich trage hernach mit dem Bällchen hinreichend flüssige Druckerschwärze auf, und überziehe die ganze belichtete Oberfläche mit einer dünnen und gleichförmigen Schicht derselben; dieses mit Schwärze überzogene Blatt tauche ich in gewöhnliches Wasser und lasse es darin, bis es gänzlich mit demselben getränkt ist; hernach ziehe ich es heraus, breite es auf einer ebenen Fläche aus, und beseitige mit demselben Bällchen, durch eine regelmäßige Behandlung, alle fette Schwärze, welche sich auf den Theilen befindet, wo das Eiweiß löslich geblieben ist. Die Zeichnung kommt dann allmählich zum Vorschein, und ich kann sie in beliebiger Schwärzung erhalten. Dieses Verfahren hat der englische Oberst James The Photographie News, 16. März 1860; polytechn. Journal Bd. CLX S. 135. Photozinkographie, um Abdrücke photographischer Copien von Planen und Karten zu machen, sowie auch Hr. Asser Bulletin de la Société française de Photographie, 1859 p. 211 et 260; polytechn. Journal Bd. CLVII S. 199. angewandt. Indem ich auf dem lithographischen Stein in derselben Weise operirte wie auf dem Papier, erhielt ich viel vollkommenere Resultate und schuf für die Industrie ein neues Druckverfahren, welches unter der Benennung Lithophoto- oder Photolithographie schon sehr bekannt ist. Ich habe zwei Jahre der Vervollkommnung dieses Verfahrens gewidmet, welches gegenwärtig in der bedeutendsten und am besten dirigirten unserer Steindruckereien, derjenigen des Hrn. Lemercier, angewendet wird. Um die photographische Zeichnung auf Stein zu erhalten, verfährt man folgendermaßen: Man setzt einem Ei ein Drittel Wasser zu, schlägt es und seiht die Flüssigkeit durch ein Leinentuch, um die in derselben suspendirten organischen Fasern abzusondern; dann fügt man ihr ein gleiches Volum concentrirter Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali bei. Dieses Gemisch muß in einer Glasflasche gegen das Licht geschützt aufbewahrt werden; so lange als es flüssig bleibt, ist es verwendbar: aber nach einigen Tagen, besonders im Sommer, verdickt es sich und bekommt ein fettes Ansehen, weil die Chromsäure sogar im Dunkeln auf das Eiweiß wirkt; alsdann muß man es erneuern. Die Oberfläche des Steins, welche man empfindlich machen will, muß vorher sehr fein gekörnt worden seyn; man reinigt sie durch Waschen mit Wasser, dann überzieht man sie mit einer möglichst gleichen Schicht des erwähnten Gemisches, welches man mit dem Pinsel auftragen kann; man beseitigt den Ueberschuß der Flüssigkeit, wornach man mittelst eines Bällchens aus alter Leinwand diese Schicht ausgleicht und abwischt. Alsdann wird die negative Copie der darzustellenden Zeichnung auf den Stein gelegt, so daß die Bildseite mit der empfindlich gemachten Steinfläche in Berührung ist; man befestigt sie an den Ecken, und exponirt das Ganze im directen Sonnenlicht; die Dauer der Exposition beträgt während des Sommers an der Sonne fünfzehn bis zwanzig Minuten, hängt jedoch von der größeren oder geringeren Durchsichtigkeit des negativen Bildes ab, und läßt sich bei einiger Erfahrung mit hinreichender Sicherheit bemessen. Nach beendigter Exposition bringt man den Stein in das Arbeitslocal zurück, und läßt ihn, gegen das Licht geschützt, die umgebende Temperatur annehmen. Beim Abheben des angewandten Bildes findet man die Zeichnung schwach in brauner Farbe auf dem hellen Grunde des Steines copirt. Behufs des Auftragens der fetten Schwärze befeuchtet man vorher die ganze belichtete Oberfläche des Steins mit einem mit Wasser getränkten Schwamm, dann überfährt man sie in allen Richtungen mit einer Schwärzwalze, welche mit autographischer Tinte überzogen ist. Dieses Schwärzen muß mit der größten Sorgfalt ausgeführt werden, weil davon das Gelingen der Operation abhängt; es läßt sich schnell und mit Leichtigkeit bewerkstelligen, wenn die Expositionszeit die geeignete war. Man erhält so eine positive Copie der angewandten Zeichnung, weil der fette Körper nur denjenigen Theilen anhaftet, auf welche das Licht einwirkte, wo sich folglich das modificirte Eiweiß nicht befeuchtet, wogegen in den anderen Theilen das Eiweiß löslich blieb, sich daher befeuchtet und den fetten Körper abstoßt; es wirkt wie das arabische Gummi bei der gewöhnlichen Lithographie. Man kann so auf Stein ein eben so vollkommenes Lichtbild erhalten, wie auf Papier, welches mit Silbersalzen präparirt ist. Wenn die Exposition zu lange dauerte, so erhält man eine Zeichnung, welche zu stark geschwärzt ist; man kann alsdann deren Ton durch Behandlung mit Terpenthinöl herabstimmen, wornach man den Stein vollkommen befeuchtet, und ihn neuerdings, aber schwach, einschwärzt. Im entgegengesetzten Falle, wenn die Exposition nicht lange genug gedauert hat, fehlt es der Zeichnung an Halbtinten; wenn man dann das Einschwärzen weiter treiben will, so vermischt man das Ganze; es ist daher vorzuziehen, die Operation auf einem andern Stein zu wiederholen. Nachdem man die Zeichnung erhalten hat, läßt man sie beiläufig einen Tag liegen, damit die Schwärze in den Stein eindringt und ihm stärker anhaftet; hernach gummirt man denselben, und schwärzt ihn neuerdings, worauf man die Bildfläche wie für eine gewöhnliche Zeichnung in Kreidemanier präparirt, nämlich schwach mit Salpetersäure geschärftes Wasser schnell auf dem ganzen Stein verbreitet. Derselbe wird alsdann druckfertig gemacht, und liefert eben so viele gute Abdrücke wie die gewöhnlichen lithographischen Zeichnungen; die Erfahrung hat sogar gezeigt, daß ihm der fette Körper stärker anhaftet. Die nach diesem Verfahren erhaltenen photolithographischen Abdrücke werden von den Künstlern und insbesondere von den Archäologen sehr geschätzt; sie concurriren schon mit den gewöhnlichen Lichtbildern, und haben vor denselben nicht nur den Vortheil der Unveränderlichkeit, sondern auch den, daß sie in Ton und Farbe einander ganz gleich sind; überdieß können sie zu einem geringeren Preise geliefert werden. Die Feinheit der mit Silbersalzen auf Papier dargestellten Lichtbilder erreichen sie jedoch nicht, weil die Zeichnung beim Uebergang vom Stein auf das Papier immer verliert. Hr. Lemercier (an welchen ich meine Patente abgetreten habe) stellt nach diesem Verfahren auch sehr schöne farbige Abdrücke dar, welche die bisherigen Chromolithographien an Weichheit und an Harmonie übertreffen.Der dritte Theil dieser Abhandlung von Poitevin betrifft die Wirkung des Lichts auf ein Gemisch von Eisenchlorid und Weinsteinsäure, und die Anwendung derselben zur Darstellung von Tintebildern, Kohlebildern, von Bildern, welche aus farbigen Pulvern bestehen, und von Emailbildern. Wir haben den Inhalt dieses Theiles bereits aus den Comptes rendus im polytechn. Journal Bd. CLIX S. 444 vollständig mitgetheilt.A. d. Red.