Titel: Notiz über J. Kravogl's Quecksilber-Luftpumpe; von Dr. Adalbert Edlem von Waltenhofen, k. k. Professor der Physik an der Universität zu Innsbruck.
Fundstelle: Band 165, Jahrgang 1862, Nr. VIII., S. 20
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VIII. Notiz über J. Kravogl's Quecksilber-Luftpumpe; von Dr. Adalbert Edlem von Waltenhofen, k. k. Professor der Physik an der Universität zu Innsbruck. Aus dem XLIV. Bande der Sitzungsberichte der kais. österr. Akademie der Wissenschaften. – Vorgelegt in der Sitzung am 31. October 1861. Mit einer Abbildung auf Tab. I. von Waltenhofen, über Kravogl's Quecksilber-Luftpumpe. Hr. J. Kravogl, Mechaniker in Innsbruck, hat mich ersucht, eine kurze Schilderung der von ihm erfundenen und verfertigten Luftpumpe zu geben. Ich entspreche diesem Wunsche um so bereitwilliger, nachdem ich bei näherer Prüfung die Ueberzeugung gewonnen habe, daß seine Erfindung besondere Aufmerksamkeit und die thätigste Unterstützung verdient. Der Gedanke das Quecksilber, indem es einen beweglichen Stahlcylinder umgibt, die Rolle eines flüssigen Kolbens in einem passend geformten gläsernen Stiefel spielen zu lassen – ist dabei in einer Weise ausgeführt, welche nicht nur auf den Namen einer neuen Erfindung, sondern auch eines unverkennbaren Fortschrittes gerechten Anspruch hat. Einrichtung und Gang des Apparates werden aus nachstehender Beschreibung und Fig. 11 verständlich seyn. Der flaschenähnliche und seitwärts unten bei f tubulirte gläserne Stiefel S ist in seinem größeren unteren Theile cylindrisch und verjüngt sich nach oben hin ziemlich rasch zu einem engen Halse h, der sich dann wieder etwas erweitert und – nachdem er sich so zu einem kleinen Trichter a gestaltet hat – cylindrisch endet. Am unteren Ende des eben beschriebenen Stiefels ist eine große Stopfbüchse angebracht, durch welche mit sehr starker Reibung ein oben elliptisch abgerundeter Stahlcylinder C eingeführt ist. Derselbe hat einen etwas kleineren Durchmesser als die innere Weite des Stiefels und eine solche Führung, daß seine Achse immer mit der des Stiefels zusammenfällt. Eine sehr gelungene Vorrichtung gestattet diesen Stahlcylinder bequem und innerhalb einer solchen Hubhöhe auf und ab zu bewegen, daß seine Kuppe bei der tiefsten Stellung unterhalb des Seitencanals f, und bei der höchsten Stellung in die Nähe des Halses h zu stehen kommt, jedoch ohne das Glas zu berühren. Im Stiefel befindet sich Quecksilber, welches den Stahlcylinder, so weit er eingeschoben ist – stets allseitig umgibt und so bemessen ist, daß es bei der tiefsten Stellung den Seitencanal f offen läßt, bei der höchsten aber bis in den Trichter a hineinreicht. An der Mündung des Tubulus f, dessen Fortsetzung r zum Recipienten führt, ist ein stählerner Sperrhahn x angebracht.Hr. Kravogl beabsichtigt diesen Hahn künftighin durch ein bereits vortheilhaft erprobtes Ventil zu ersetzen. Im Halse h ruht ein abwärts schließendes stählernes Zapfenventil z. Vom Ballon B in der Zeichnung, wolle man vorderhand ganz absehen und sich den Trichter a unmittelbar mit der äußeren Luft in Verbindung denken. Eine zweckmäßige Selbststeuerung besorgt die rechtzeitige Drehung des Hahnes x, der nur so lange offen bleibt, als der Tubulus f von Quecksilber frei ist, sowie das rechtzeitige Heben und Fallenlassen des Ventils z. Wenn nun der Kolben aus der gezeichneten Stellung aufwärts geht, erfüllt das Quecksilber zunächst den vom Recipienten abgesperrten Tubulus f und erhebt sich, den Stahlcylinder allseitig bedeckend, im Stiefel; es dringt dann – sobald der Stahlcylinder seiner höchsten Stellung nahe ist – durch den Hals h, während das Ventil z gehoben ist, und nimmt endlich bei der höchsten Stellung etwa die Hälfte des Trichters a ein. Durch diesen Vorgang wird zugleich die Luft aus dem Stiefel bis auf jene Ueberreste verdrängt, welche größtentheils zwischen dem Quecksilber und dem Glase als feine Bläschen bemerkbar sind. Beim Niedergange des Kolbens wird das Quecksilber durch das wieder fallen gelassene Ventil z in zwei Portionen getrennt, von welchen eine im Trichter zurückbleibt, die größere aber mit dem Stahlcylinder sinkt. Der dazwischen entstehende luftverdünnte Raum gibt zunächst Veranlassung, daß aus den zurückgebliebenen Luftbläschen größere Blasen werden, die sich alsbald an der Oberfläche des Quecksilbers entleeren; und sobald der Tubulus f frei geworden und zugleich der Hahn x geöffnet ist, strömt auch aus dem Recipienten Luft herüber. Geht nun der Kolben abermals hinauf, so wiederholt sich der bereits früher beschriebene Vorgang, und – indem die Luft, welche sich auf die eben erzählte Art neuerdings über dem Quecksilber angesammelt hat, durch den Hals h hinausgetrieben wird – läßt das dabei gehobene Ventil z das früher im Trichter zurückgebliebene Quecksilber herunterfallen. Alsbald aber gelangt das wieder vereinigte Quecksilber, fortwährend steigend, wieder in den Trichter. Der hierauf folgende Niedergang des Kolbens bewirkt eine abermalige Trennung des Quecksilbers und wiederholte Luftverdünnung in der früher beschriebenen Weise, jedoch schon von einer geringeren Menge zurückbleibender Bläschen begleitet. Es erfolgt nunmehr eine zweite Luftergießung aus dem Recipienten, u.s.w. Der beschriebene Gang des Apparates bewerkstelligt mit aller Präcision eine fortschreitende Luftverdünnung im Recipienten, welche zuverlässig bis unter Ein Millimeter Quecksilber verfolgt werden kann.Diese Angabe ist durch Vergleichung gehobener Quecksilbersäulen mit dem gleichzeitigen Barometerstande bei gehöriger Berücksichtigung der Capillar-Correctionen bestätigt worden. Die abgekürzten Barometerproben, welche, von anderen Luftpumpen entlehnt, zur Prüfung der Kravogl'schen benützt wurden, haben sich als ungenügend ausgekocht erwiesen und in Folge dessen entweder gar keine oder sogar negative Niveaudifferenzen gezeigt, obgleich sie erst vor einigen Jahren von bewährten Händen neu ausgekocht und bisher für gut gehalten wurden. Dieß gelingt – unter übrigens gleichen Umständen, natürlich desto leichter, je weniger das Innere des Stiefels mit adhärirenden Dünsten behaftet, und je trockener die Luft in- und außerhalb des Recipienten ist. Der früher außer Betrachtung gelassene Ballon B dient nun dazu, das Zustandekommen der höchsten Verdünnungsgrade, wenn es oben darauf ankommt, zu begünstigen. Zu diesem Ende läßt man, nachdem die Luft im Recipienten bereits einige hundertmal verdünnt worden ist, den Trichter a nicht mehr mit der äußeren Luft, sondern mit einem zuvor ausgepumpten großen Ballon in Verbindung. Die vortheilhafte Wirkung dieses Kunstgriffes, welcher bei der einstiefeligen Pumpe gewissermaßen, die sonst durch den Graßmann'schen oder den Babinet'schen Hahn ermöglichte Hülfeleistung eines zweiten Stiefels ersetzen soll, ist selbstverständlich.Zweistiefelige Luftpumpen beabsichtigt Hr. Kravogl so einzurichten, daß ein Stiefel aus dem Recipienten, der andere aber aus dem Trichter des ersteren saugt. Schließlich ist noch die Vorrichtung bemerkenswerth, mit welcher die Pumpe in Gang erhalten wird: Sie besteht aus einem Räderwerk, welches einerseits mit einem Schwungrade versehen ist, und andererseits zwei neben einander ausgespannte Transmissionsketten in Umlauf setzt, deren Verbindung mit dem Stahlcylinder zusammenhängt und ihn auf- und niederführt. Die Verzahnungen der Räder und Ketten sind so genau und solid gearbeitet, daß sie die sanfteste Bewegung gestatten, und das statische Verhältniß des ganzen Triebwerkes ist so bemessen, daß die Hand, welche am Kranze des Schwungrades angreift, den Apparat – trotz der sehr starken Reibung in der Stopfbüchse, mit Leichtigkeit in Gang erhält. Die beschriebene Erfindung verdient um so mehr Beachtung, als schon der erste Versuch eine Luftpumpe geliefert hat, mit welcher kaum die ersten Meisterwerke dieser Art concurriren können, und die bereits entworfene zweistiefelige Construction noch bessere Leistungen verbürgt. Es ist zu wünschen, daß Hr. Kravogl recht bald veranlaßt werde, seine vielversprechenden Arbeiten in dieser Richtung fortzusetzen.

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Tafel Tab. I
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