Titel: Ueber schwefelsaure Thonerde für Papierfabriken; von Dr. Franz Varrentrapp.
Autor: Franz Varrentrapp [GND]
Fundstelle: Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XCIX., S. 444
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XCIX. Ueber schwefelsaure Thonerde für Papierfabriken; von Dr. Franz Varrentrapp. Varrentrapp, über schwefelsaure Thonerde für Papierfabriken. Einer Papierfabrik wurden in letzter Zeit von drei verschiedenen Alaunfabriken Proben von schwefelsaurer Thonerde zugeschickt: die Thonerde und die Schwefelsäure (letztere als schwefelsaurer Baryt) wurden direct bestimmt. Nach der Formel Al²O³SO³ + 18 HO erhält man: 1. 2. 3. 4. 5. Thonerde = 15,4 15,3 12,5 15,1    13,0 Schwefelsäure = 36,0 38,0 30,6 38,0    34,0     Nach ihrem Thonerdegehalt hätten die Proben nur enthalten dürfen: Schwefelsäure 35,8 29,2 35,3    30,5. Der Probe 3 war ein Circular beigegeben, welches den Brief eines bekannten Chemikers enthielt, wonach diefes Product nach vier Analysen zwischen 16,2 und 15,4 Proc. Thonerde und 26–27,4 Proc. Schwefelsäure enthalten sollte. Es hat mir nicht gelingen wollen eine lösliche basisch-schwefelsaure Thonerde darzustellen, welche einen geringeren Gehalt als 36,5 Proc. Schwefelsäure besaß, wenn ihr Wassergehalt 48 Proc. betrug; ich muß bezweifeln, daß im Handel eine weniger Säure enthaltende vorkommt. Der Wassergehalt ist bisweilen selbst an ein und demselben Stück merklich verschieden, er variirt zwischen 56 und 48 Proc. Der Kalialaun enthält 10,8, der Ammoniakalaun 11,3 Proc. Thonerde. Man erhält mit demselben aus einer verdünnten Lösung von Harz in Soda gleich zusammengesetzte Niederschläge, auch bei wechselnder Concentration der Lösungen, dieß ist nicht der Fall bei Anwendung von schwefelsaurer Thonerde. Je verdünnter die Lösungen und je geringer der Thonerdegehalt, desto schwächer die Wirkung des Niederschlages als Mittel, um Papier das Durchschlagen beim Befeuchten zu benehmen. Alle diese Thatsachen müssen die Anwendung der schwefelsauren Thonerde statt Alaun, trotz des etwas billigeren Preises, wenig empfehlenswerth erscheinen lassen. Mit einem Product von so verschiedenem Wasser- und Säuregehalt erzielt man keine gleichmäßigen Resultate, weder beim Färben noch beim Leimen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich wiederholt darauf aufmerksam machen, daß in sehr vielen Fällen die Chemiker, welche sich dazu verstehen einem Fabrikanten Analysen von Substanzen, die derselbe verkaufen will, mit der Erlaubniß zur Veröffentlichung zu übergeben, damit unbewußt die Uebervortheilung der Consumenten befördern. Der Fabrikant versendet die Waare mit dem Beifügen der Versicherung, dieser oder jener bekannte Chemiker habe in seinem Fabricat einen bestimmten Procentgehalt an wirksamer Substanz gefunden, der Consument glaubt die Waare, welche er erhält, habe die angegebene Zusammensetzung, während nur die dem Chemiker zur Analyse übergebene Probe sorgfältig bereitet war, die Verkaufswaare aber möglichst geringhaltig ist. Einzelne Chemiker, die ein solches Benutzen ihres Credites zur Beförderung des Verkaufs schlechter Waaren zu hohem Preise ernstlich zu verhindern beabsichtigen, geben nur dann Atteste, wenn sie sich selbst die Proben auf dem Lager des Fabrikanten oder Kaufmanns entnommen haben und bescheinigen denn auch dieses. Trotz ihres guten Willens fördern sie damit häufig nur um so mehr bezüglichen Mißbrauch. Wenn z.B. ein Kaufmann seinen Abnehmern Guano verkauft, der mit seinem doppelten Gewicht an verdorbenem Cement vermischt ist, so besitzt er natürlich auf seinem Lager Guano, kann von der besten Sorte sogar haben, da er bei der Vermischung mit werthlosen Substanzen doch einen übermäßigen Vortheil erzielt. Die Vermischung geschieht erst bei der Absendung bestellter Waare, denn der Kaufmann kennt seine Kunden und bedient die, von denen er voraussetzt, daß sie nicht untersuchen lassen, mit der gefälschten Waare, andere deren Kundschaft er sicher erhalten will, mit der guten. Daher ist die Probe, selbst vom Lager entnommen, nicht zuverlässiger als eine eingesandte Probe. Der Consument hat nur einen Weg, wenn er sich nicht betrügen lassen will; er kaufe Waare mit garantirtem Procentgehalt und lasse die empfangene prüfen. Will der Fabrikant dann den Beweis liefern, daß er gute Waare zu liefern Pflegt, so veröffentliche er eine große Anzahl von Analysen, welche seine Abnehmer von erhaltenen Waarensendungen haben machen lassen, aber Atteste die leicht mißbraucht werden können, sollte kein Chemiker ausstellen. Endlich sey noch bemerkt, daß über der Gaslampe selbst bei eine Stunde dauerndem Glühen 1 Grm. schwefelsaure Thonerde ihren Schwefelsäuregehalt nur sehr unvollständig verliert, ja selbst nach eben so langem Glühen bei Silberschmelzhitze in der Muffel des Probirofens noch viel Schwefelsäure enthält.