Titel: Neues Verfahren zur Gewinnung von Zucker aus Rübenmelasse mittelst Strontian oder Kalk und Spiritus; von Dr. C. Stammer.
Autor: Karl Stammer [GND]
Fundstelle: Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XLIX., S. 207
Download: XML
XLIX. Neues Verfahren zur Gewinnung von Zucker aus Rübenmelasse mittelst Strontian oder Kalk und Spiritus; von Dr. C. Stammer. (Schluß von S. 146 des vorhergehenden Heftes.) Stammer, neues Verfahren zur Gewinnung von Zucker aus Rübenmelasse mittelst Strontian oder Kalk und Spiritus. IV. Durch alle diese Vorversuche war zwar die Möglichkeit der Erzielung krystallisationsfähiger Syrupe aus Melasse dargethan; aber die Frage nach der wirklichen Ausbeute und nach der Größe des Zucker-, Kalk- und Spiritusverlustes erschien mehr als je der Lösung bedürftig, ohne daß diese durch Laboratoriumsversuche mit wenigen Pfunden Melasse zu erzielen wäre. Es war daher ein Versuch in größerem Maaßstab unumgänglich. Da hierzu zwar große Rübenpressen, aber kein Rectificationsapparat zu Gebote stand, so wurde derselbe so ausgeführt, daß ein Quantum von 70 Pfund Melasse in Arbeit genommen wurde; nach Bewerkstelligung des Niederschlages von Zuckerkalk, wobei alle angewandten Substanzen sorgfältig gewogen oder gemessen waren, ließ ich den Niederschlag in leinenen Tüchern in einer gewöhnlichen hydraulischen Presse auspressen. So entstand der Zuckerkalk A und die Lösung a. Ein Theil von A wurde dann behufs reinerer Darstellung nochmals in Weingeist vertheilt und zum zweitenmale ausgepreßt; so entstand der Zuckerkalk B und die Lösung b. Sämmtliche Producte wurden gewogen oder gemessen, und hierauf die Bestimmung des Weingeistes und des Zuckers, wie er sich in diesen vier Substanzen wieder fand, im Vergleich zu den in Arbeit genommenen Stoffen vorgenommen. Diese Bestimmung war nicht ohne Schwierigkeit, da sie für geringe Materialmengen ausgeführt und auf große Quantitäten berechnet, also mit möglichster Genauigkeit ausgeführt werden mußte, und zugleich die Eigenthümlichkeiten der Mischungen die gewöhnlichen Methoden unanwendbar machten. Von der angewandten Melasse war die Trockensubstanz durch Austrocknen in einem warmen trockenen Luftstrom auf 83,7 Proc., der absolute Zuckergehalt auf 51,96 Proc. bestimmt worden; der wirkliche. Quotient betrug mithin 62,1 Proc. (Da die Melasse bei 14 Proc. Balling 8,66 Proc. polarisirt hatte, so war ihr scheinbarer Quotient 61,7 Proc.) In Arbeit waren also genommen worden in den 70 Pfd. Melasse 36,4 Pfd. Zucker. Von den Lösungen a und b wurden zunächst abgemessene Quantitäten nach Verdünnung mit diel Wasser durch Destillation in einer mit Kühlapparat versehenen Retorte von ihrem Weingeistgehalt völlig befreit, der Weingeist im Destillat mittelst des Vaporimeters genau ermittelt und hiernach die Gesammtmenge des aus den Lösungen a und b wiederzugewinnenden Weingeistes berechnet. Im Rückstande von der Destillation wurde, nach Entfernung des Kalkes, einerseits direct die gelöste Trockensubstanz, andererseits durch Polarisation der vorhandene Zucker (nach dessen absoluter Menge) ermittelt und gleichfalls auf die Lösungen a und b berechnet. Aus dem Vergleich zwischen der wirklichen Trockensubstanz und dem Zuckergehalte ergab sich der wirkliche Zuckerquotient, wie denn auch die Melasse und der feste Zuckerkalk mit dem wirklichen Quotient in Rechnung gekommen sind. Hieraus folgte als der in den Lösungen a und b enthaltene Zucker: a) 5,77 Pfd. mit einem Quotient von 27,2 b) 2,35   „   35 zusammen also 8,1 Pfd. mit einem Quotienten von 28,9; letztere Zahl ist nicht das einfache Mittel der beiden Quotienten, sondern der mit Rücksicht auf die respectiven absoluten Mengen Trockensubstanz berechnete Quotient der gemischten Lösungen a und b. Bei den beiden Zuckerkalken wurde der Spiritus in derselben Weise wie bei den Lösungen ermittelt und auf die Gesammtmenge berechnet. Weiterhin wurde eine bestimmte Menge Zuckerkalk abgewogen, mit Wasser vermischt und aus dem Gemisch der Kalk mittelst Kohlensäure gefällt, hierauf das Ganze durch Kochen in offener Schale von seinem Weingeistgehalt befreit und nun das Gesammtgewicht der so erhaltenen Lösung nebst dem darin suspendirten kohlensauren Kalke notirt. Die Lösung wurde abfiltrirt und polarisirt, hierauf der Niederschlag vollkommen ausgewaschen und nach dem Trocknen gewogen. Dieses Gewicht des kohlensauren Kalkes wurde nun von dem vorhin notirten Gesammtgewicht abgezogen, und so das Gewicht der polarisirten und aus dem in Arbeit genommenen Zuckerkalk erhaltenen Auflösung gefunden, woraus die einfache Rechnung den Zuckergehalt dieses letztern ergab. Beispielsweise lieferten 100 Grm. des Zuckerkalkes A nach den Vertheilen in Wasser, Saturiren und Kochen eine Flüssigkeit im Gesammtgewicht von 678 Grm. Hierin ist nicht allein Wasser, Kalk und Zucker, sondern auch die absorbirte Kohlensäure mit inbegriffen, weßhalb diese Menge ohne Correction nicht zur Rechnung zu benutzen ist. Beim Abfiltriren wurde eine Lösung erhalten, welche 5,5 Proc. polarisirte. Nach dem Auswaschen verblieben 27,5 Grm. trockener kohlensaurer Kalk. Eigentliche Zuckerlösung waren also aus den 100 Grm. Zuckerkalk 650,5 Grm. erhalten worden, die zu 5,5 Proc. Zucker einer Menge von 35,8 Grm. Zucker in den 100 Grm. angewandten Zuckerkalkes entsprechen. Ebenso wurde der Zuckerkalk B untersucht und in den zur Polarisation genommenen Lösungen durch directe Bestimmung der Trockensubstanz auch die wirklichen Quotienten bestimmt. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, zuverlässige Resultate auf anderem einfacherem Wege zu erhalten, schien mir diese Methode die beste. Namentlich liefert die Zuckerbestimmung mittelst vollkommenen Aussüßens der Niederschläge, Messung und Polarisation der Gesammtmenge der abfiltrirten Lösung und der Süßwasser, wegen der unvermeidlichen sehr bedeutenden Verdünnung nur sehr ungenaue Resultate, wozu noch die Langsamkeit und Unsicherheit des vollkommenen Absüßens kommt, so daß solche Ermittelungen offenbar der nothwendigen Genauigkeit entbehren müssen. Gefunden wurde in den Substanzen: A. Zucker 15,4 Pfd. mit einem Quotient von 81,0 B. 10,2 Pfd. 86,8 Im Ganzen wurden erhalten 25,6 Pfd. Zucker zu einem Quotienten von 83,3 Proc. Hiernach wurde von den 36,4 Pfd. Zucker der Melasse in den Lösungen verloren 8,4 Pfd. in dem Zuckerkalk erhalten 25,6 Pfd. es fehlten 2,4 Pfd. oder auf 100 Theile in der Melasse vorhandenen Zuckers in den Lösungen   23,1 im Zuckerkalk   70,4 (mit dem Quotient 83,3) fehlend     6,5 ––––– 100,0 Die letztere Menge kann als Preßverlust bezeichnet werden. Dieser rührt von dem Rückhalt in den Tüchern und von anderen unvermeidlichen Umständen her, die von um so größerem Einfluß seyn müssen, je geringer die verarbeiteten Quantitäten sind. Bei fortgesetzter Arbeit im Großen und mit passenden Einrichtungen kommt dieser Verlust nur zu Anfang oder zu Ende vor und kann also, wie bei jeder anderen Arbeit, für den laufenden Betrieb als so sehr sich vermindernd betrachtet werden, daß auf fast gänzliches Verschwinden dieser Zahl zu rechnen seyn dürfte. Der Vergleich der in Arbeit genommenen und der durch Destillation wieder zu gewinnenden Quartprocente Weingeist lieferte einen Minderertrag von 588 Quartprocenten, oder von 840 Quartprocenten auf 1 Ctr. Melasse. Dieser Verlust erscheint sehr erheblich und würde, wenn er als solcher unvermeidlich wäre, die ganze Arbeit unpraktisch machen. Allein es muß davon zunächst ein dem vermeidlichen Preßverluste entsprechendes Quantum, welches sich auf 647 Quartprocente, berechnet, abgezogen werden, da sich dieses Quantum, wie gesagt, bei geordnetem und fortlaufendem Betriebe auf ein Minimum reduciren läßt. Es bleibt also ein reiner Verlust von 193 Quartprocenten oder von 2,2 Quart Weingeist von 86 Proc. auf jeden Ctr. Melasse; und auch diese Menge, obwohl sie nicht abschreckend ist, muß noch nach Maaßgabe der unnöthig verlängerten Pressungszeit reducirt werden. Wegen der von solchen ersten Proben unzertrennlichen Langsamkeit der Arbeit, namentlich auch in Folge des mit der zweiten Pressung unter diesen Umständen verknüpften Zeitverlustes, dauerte nämlich die Arbeit mit der weingeistigen Mischung, wie sie offen der Luft dargeboten wurde, volle fünf Stunden, während kein Zweifel obwalten kann, daß sich recht gut diese 70 Pfd. in einer halben Stunde hätten verarbeiten lassen. Obiger Verdampfungsverlust würde demnach sich auf 1/10 reduciren; nehmen wir jedoch selbst 1/5 an, so stellt sich nach dieser Ermittelung der Alkoholverlust für die Verarbeitung von 1 Ctr. Melasse auf nur 0,44 Quart Spiritus von 86 Proc. Diese Menge ist jedenfalls so gering, daß dadurch nur wenig Kosten veranlaßt werden; es muß weiteren fabrikmäßigen Proben vorbehalten bleiben, diese Beobachtungen und Berechnungen zu bestätigen und Mittel zu finden, wie der Preß- und der Verdunstungsverlust möglichst zu verringern ist. Es wird dieß ohne Zweifel gelingen, denn die jetzigen Pressen, welche in dieser Richtung keine besonderen Bedingungen zu erfüllen hatten, sind jedenfalls noch erheblicher Verbesserungen fähig, wenn nicht andere Apparate zur Trennung des abgeschiedenen Niederschlages sich als besser herausstellen sollten. Namentlich wird die Anwendbarkeit von Centrifugen ebenfalls in den Bereich der Versuche zu ziehen und zu ermitteln seyn, in wie weit dieselben hier benutzbar sind, wozu vielleicht die Möglichkeit des leichten Auswaschens (Ausdeckens) der trockenen Masse in denselben beitragen möchte. Jeder, der sich für diese Sache interessirt, wird leicht die zunächst zu verfolgenden Proben übersehen können und meine Ansicht gerechtfertigt finden, daß ein günstiger Erfolg kaum ausbleiben kann, nachdem die beschriebenen Experimente die Grundthatsache so evident dargethan haben. Es ist nach der Beschaffenheit des zuletzt beschriebenen Versuches auch noch die Beantwortung der Frage möglich, ob man unter Voraussetzung des Auspressens besser thut, den Zuckertalk nur einmal sorgfältig auszupressen, oder ob man ihn vortheilhafter nochmals mit Wasser und Weingeist anrührt und zum zweitenmale auspreßt, wodurch ein größerer Grad von Reinheit dieser Substanz erzielt wird. Diese Reinheit wird erkauft einerseits durch erhöhten Spiritusverbrauch, andererseits durch vermehrten Zuckerverlust, indem in der zweiten abgepreßten Lösung eine nicht unbedeutende Menge davon gelöst bleibt und verloren geht. Die Menge Spiritus beträgt beim zweiten Auspressen ungefähr die Hälfte der zuerst angewandten. Sehen wir aber von diesem Umstande ab, so stellt sich aus den ermittelten Zahlen heraus, daß man bei einmaligem Auspressen einen Zuckerwerth in dem Zuckerkalk erhält, der durch 33,2 ausgedrückt werden kann, während derselbe bei zweimaligen: Auspressen in Folge des wiederholten Verlustes in der Lösung nur der Zahl 31,4 entspricht. Diese Zahlen erhält man, wenn man die jedesmal in den Rückständen erhaltenen Zuckermengen mit dem entsprechenden Quotienten (als Procentzahl genommen) multiplicirt. Da offenbar der Werth des Rückstandes im zusammengesetzten Verhältnisse zu diesen Zahlen steht, so sind die so erhaltenen Producte direct vergleichbar. Es scheint hiernach, daß man das einmalige Auspressen, obwohl dasselbe nur eine Zuckermasse vom Quotienten 81 liefert, dem zweimaligen, welches einen solchen von 86 ergeben würde, vorziehen muß. Hiernach haben wir noch zwei Fragen zu erörtern, nämlich die, ob 1) der Strontian oder der Kalk vorzuziehen sey und 2) welche Mengen Kalk, Strontian und Weingeist per Centner Melasse angewandt werden müssen. Die erste Frage kann erst dann mit Sicherheit beantwortet werden, wenn die Kosten der Wiederbelebung für Strontian, einschließlich des Arbeitsverlustes, gegenüber den Gestehungskosten für den Kalkverbrauch durch die größere Praxis festgestellt seyn werden. Dann wird sich auch erst der Anschaffungspreis für die in Arbeit zu behaltenden Strontianmengen regeln lassen. Sämmtliche vorliegende Versuche sprechen sich dafür aus, daß der Strontian ein erheblich reineres Product liefert als der Kalk, obwohl sich schließlich doch wohl der Strontian, des seltenen Vorkommens an einzelnen Oertlichkeiten wegen, nicht als brauchbar erweisen dürfte. Vergleichende Versuche ergaben nämlich für Syrupe aus der Strontian- und aus der Kalkverbindung, bei gleicher Beschaffenheit des ursprünglich angewandten Productes und bei ganz gleicher Fällungs- und Trennungsweise, folgende Quotienten: Strontian Kalk 85,8 81 96,8 91 Auf die zweite Frage, nach der Menge der anzuwendenden Substanzen, welche ich schon beim Strontian unbeantwortet ließ, sehe ich mich auch hier genöthigt die aus meinen Versuchen hervorgehende Antwort vorab nicht bekannt zu machen, da mir vom kgl. preußischen Handelsministerium das nachgesuchte Patent nicht ertheilt worden ist. Die Sache selbst erscheint feststehend genug, um weitere Versuchsarbeiten in der mehrfach angedeuteten Richtung hervorrufen zu können; ich erkläre mich gern bereit Jedem, der sich dafür ernstlich interessiren sollte, die erforderlichen näheren Mittheilungen zu machen, wornach das Verfahren, so weit die ursprüngliche Mischung dabei von Einfluß ist, sicher gelingen muß. Was nun die weitere Verarbeitung der Producte des beschriebenen Verfahrens angeht, so ist dieselbe durch deren Zusammensetzung deutlich genug angezeigt. Man wird beide mit Wasser zu vermischen und zunächst den Weingeist daraus wiederzugewinnen haben, wobei vielleicht für den Strontian- respective Zuckerkalk ein theilweise luftverdünnter Raum in Anwendung zu treten hätte, um den Siedepunkt der Flüssigkeit zu erniedrigen. Die zuckerarme Lösung ist dann auf irgend eine Weise auf ihren Salzgehalt zu verwerthen, der Zuckerkalk (oder Strontiankalk) aber zu saturiren und die dabei entfallende Zuckerlösung in gewöhnlicher Weise weiter zu verarbeiten. Sie gibt nach dem einfachen Einkochen schon eine reichliche Krystallisation. Eine andere, sehr einfache Benutzung des entgeisteten Zuckerkalkes liegt ebenfalls nahe: Warum sollte man nicht mit dieser Substanz statt mit Kalk scheiden? Man würde auf diese Weise nicht allein den zur Darstellung des Melassen-Zucker-Kalkes angewandten Kalk noch einmal verwerthen, sondern auch alle Kosten für die Saturation und weitere Verarbeitung des Zuckerkalkes ersparen. Denn die geringe Menge Zuckerlösung, welche dadurch mehr in den Scheidesaft kommt, würde ohne Mehrkosten mit verarbeitet werden können und somit nur die Darstellung des Zuckerkalkes selbst als neuer Arbeitszweig in die Fabrication aufzunehmen seyn. Es läßt sich leicht nachweisen, daß die Gesammtmenge Melasse, welche eine Fabrik liefert und die (etwa im Sommer) in Zuckerkalklösung umzuwandeln wäre, in wenig Monaten während der eigentlichen Campagne bei der Scheidung verbraucht und verwerthet werden könnte. Die Qualität der Zuckerlösung, welche auf diese Weise zum Scheidesaft hinzugefügt würde, steht derjenigen dieses Saftes im Allgemeinen durchaus nicht nach und würde also auch keinen bemerkbaren Unterschied in dem weiteren Verlaufe der Arbeit bedingen. Das ganze Verfahren wird also aus zwei Theilen bestehen: aus der Darstellung von Zuckerkalt aus Melasse und aus der Anwendung von Zuckerkalk zur Scheidung. Ich hatte gehofft, nachdem der erstere Theil einen Patentschutz nicht gefunden hatte, auf die Scheidung mit Zuckerkalk ein Patent zu erlangen. Da diese Anwendung des neuen Productes schon wesentlich die Rentabilität des Verfahrens bedingt, so würde ich durch ein solches Patent in die Möglichkeit versetzt worden seyn, die noch fehlenden genaueren Mittheilungen über die erstere Hälfte meines Verfahrens zu veröffentlichen. Ich habe daher wiederholte Versuche mit der Scheidung des rohen Rübensaftes mittelst meines Zuckerkalkes angestellt und dabei ohne Schwierigkeit gefunden, daß diese Scheidung leicht und vollkommen zu bewirken ist. Setzt man wie beim Kalke bei der richtigen Temperatur die Zuckerkalkflüssigkeit bis zur bekannten Probe zu, so erfolgt eine ganz normale Scheidung; die Schlammdecke bildet sich fest und dicht, die Flüssigkeit klärt sich wie gewöhnlich und der klar abzuziehende Saft läßt keinen Unterschied gegen gewöhnlichen Scheidesaft wahrnehmen. Nach diesen Versuchen habe ich dann um ein Patent auf diese neue Scheidungsmethode – ganz abgesehen von der Darstellung des erforderlichen Scheidemittels – beim kgl. preußischen Ministerium nachgesucht, bin aber abermals abschlägig beschieden worden. –––––––––– Da nun nach dem Vorhergehenden die Darstellung eines reineren Syrupes aus Melasse durch die Ausfällung des Strontian- oder Kalkzuckers erwiesen erschien, so lag es nahe, die Anwendbarkeit dieser Reaction auf andere, reinere Producte der Rübenzuckerfabrication zu prüfen, damit sich möglicherweise ein Verfahren ergebe, gleich anfangs durch eine einfache Fällung ein so reines Product zu erzielen, daß keine oder doch nur sehr geringe Syrupbildung möglich bliebe. Ich habe daher Scheidesaft im natürlichen wie im eingedickten Zustande, sowie unfiltrirten Dicksaft und zwar diesen sowohl mit Kalk, wie mit Strontian, der Prüfung unterworfen, der einfacheren Untersuchung wegen in allen Fällen aber nur den scheinbaren Quotienten des Fabrikproductes, des abgepreßten Niederschlages und der übrig bleibenden Lösung bestimmt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind folgende: 1) Scheidesaft, unmittelbar nach dem Abziehen aus der Scheidepfanne; dieser wog nach dem Saturiren mit reiner Kohlensäure 11,4 Proc. Ball. und polarisirte 10,1; Quotient also 88,6 Proc. Der saturirte Saft wurde mit der erforderlichen Menge Kalk gemischt, unter Umrühren 12 Stunden stehen gelassen und dann einerseits das trübe Gemisch, andererseits die nach längerem Absitzenlassen klar abgegossene Lösung mit Alkohol gefällt und die erhaltenen Lösungen und daraus ausgepreßten Niederschläge polarisirt. Gefunden wurde: a. Trübes Gemisch von Kalk und Saft, mit Alkohol gefällt, ausgepreßt etc. Lösung pol. 11,6 Proc. bei 14,6; Quotient also 79,6 Proc. Der ausgepreßte Niederschlag pol. 17,24 bei 19 Proc.; Quotient also 91 Proc. b. Klar abgegossene Lösung, wie a behandelt; Lösung pol. 8,05 bei 10,5; Quotient 80,9. Niederschlag nicht untersucht, weil hiernach kein von a erheblich abweichendes Resultat zu erwarten stand. 2) Scheidesaft, auf freiem Feuer bis zu 67 Proc. Ball. eingedampft. Polar. bei 14,0 Proc. Ball. 12,5 Proc.; Quotient also 89 Proc. Nach der Behandlung mit Kalk und Weingeist u.s.w. gab: die Lösung 4,8 Proc. bei 8 Proc. Ball. oder einen Quotient von 60 Proc.; der ausgepreßte Niederschlag 15,2 Proc. bei 17,6 Proc., mithin einen Quotient von 86 Proc. 3) Dicksaft, vom Sackfilter vor der Filtration über Knochenkohle. Derselbe pol. bei 20,4 Proc. Ball. 18,16 Proc., entsprechend einem Quotienten von 89 Proc. Nach der Ausfällung u.s.w. ergaben: die Lösung 9,13 Proc. Pol. bei 12,5 Proc. Ball., oder einen Quotient von 73 Proc. der Niederschlag 18,2 Proc. bei 20 Proc. Ball., d.h. einen Quotienten von 91 Proc. 4) Derselbe Dicksaft ergab bei der Behandlung mit Strontian folgende Zahlen: die Lösung pol. 2,8 Proc. bei 6 Proc. Ball.; Quotient also 46,6 Proc. der Niederschlag pol. 15,9 Proc. bei 16,4, entsprechend einem Quotienten von 96,9 Proc. Man sieht aus diesen Zahlen, daß zwar in allen Fällen eine erhebliche Erhöhung des Quotienten in dem ausgepreßten Niederschlag stattgefunden hat, daß aber der relative Zuckergehalt der Lösung, mithin der Antheil von Zucker welcher verloren geht, ein viel zu großer ist, als daß man ihn vernachlässigen könnte, daß also die Methode für diese Producte nicht lohnend seyn wird. Nur der letzte Fall, die Anwendung des Strontians, liefert ein weniger ungünstiges Resultat. Erwägt man, daß die ersten Producte in Folge der einfachen Eindampfung auf den richtigen Punkt reichlich genug krystallisiren, so wird man einräumen, daß eine Anwendung anderer Reactionen auf dieselben wenig Nutzen bringen kann, indem die erste Ausbeute an Zucker doch nicht erheblicher erhöht werden kann, als dieß schon durch ganz gangbare Mittel erreichbar ist. Dagegen wird eine Anwendung der in Rede stehenden Fällung auf geringe Nachproducte, die nach dem bloßen Eindampfen nur sehr wenig und langsam oder gar keinen Zucker mehr liefern, von viel entschiedenerem Erfolge begleitet seyn und es würde sich nur noch darum handeln, welches Stadium der Nachproducte das geeignetste seyn wird, wobei man nicht übersehen darf, daß je später man die Behandlung vornimmt, desto weniger Syrup zu behandeln bleibt und so geringe Vortheile früherer Fällung aufgewogen werden können. Nicht ohne Interesse scheint auch das Verhalten von Rübenbrei zu Kalk und Weingeist zu seyn, und zwar sowohl im frischen wie im getrockneten Zustande. Nach den Ergebnissen der Melasse sollte man annehmen können, daß wenigstens bei mit Kalk getrocknetem Rübenbrei der Alkohol eine Trennung des unlöslichen Zuckerkalkes von den löslicheren Salzen bewirten müßte. Gegen eine solche Voraussetzung scheinen erhebliche Gründe nicht vorzuliegen, nur wird es hier schwerer halten die richtigen Verhältnisse zu treffen, und den Zuckerkalk an der Absorption von Kohlensäure einerseits, so wie an der Bildung der unlöslichen und noch unbekannten Producte zu hindern, welche die Anwendung des Maumené'schen Verfahrens unthunlich machen (s. polytechn. Journal Bd. CLXI S. 131). Mit diesen Untersuchungen, so wie mit den Versuchen mit Syrupen verschiedener Stadien, bin ich zur Zeit noch beschäftigt. Die sich ergebenden Resultate werde ich später mittheilen.