Titel: Die rauchverzehrenden Apparate für feststehende und bewegliche Dampfmaschinen, auf der Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; Bericht von Tresca.
Fundstelle: Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LVII., S. 241
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LVII. Die rauchverzehrenden Apparate für feststehende und bewegliche Dampfmaschinen, auf der Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; Bericht von Tresca. Aus den Annales du Conservatoire des arts et métiers., t. III p. 102. Mit einer Abbildung. Tresca, über die rauchverzehrenden Apparate für Locomotiven etc. auf der Londoner Austellung. Die Verbrennung des Rauches bei den feststehenden und beweglichen Dampfmaschinen ist ohne Zweifel eine sehr wichtige Aufgabe unserer Zeit. Unter den Vorrichtungen zu diesem Zwecke, welche die besten Resultate geliefert haben, können wir den geneigten Rost von Tenbrinck anführen, der nach ausgedehnten und überzeugenden Versuchen bei der West- und Paris-Orleans-Bahn eingeführt worden ist. Die geneigten Roste bieten überhaupt den großen Vortheil, daß der untere Theil des Rostes – wenn der Neigungswinkel für die durchschnittliche Größe und die Beschaffenheit der Steinkohle passend gewählt wird – immer mit glühender, zu Kohks gewordener Kohle angefüllt ist, wodurch frische Luft in die Feuerbüchse nachdringt. Diese Luft erlangt dann durch ihre Berührung mit dem Feuer eine genügend hohe Temperatur, um die Verbrennung der gasförmigen oder flüchtigen Kohlenwasserstoffverbindungen zu bewirken, welche sonst am oberen Theile des Rostes nicht verbrannt werden würden. Diese Gase werden außerdem genöthigt, sich in paralleler Richtung zum Roste zu bewegen, und berühren auf ihrem Wege einen Sieder, wodurch in der Feuerbüchse selbst ein Theil der frei gewordenen Wärme nützlich verwendet wird. Couche hat über die Feuerbüchsen von Tenbrinck etc. einen Bericht erstattet, welchen wir unseren Lesern in Bezug auf die Details hiermit anempfehlen wollen (mitgetheilt S. 86 in diesem Bande des polytechn. Journals). Wir glauben, daß dieser Apparat die Ruß erzeugenden Bestandtheile der Kohle nur deßhalb so vollständig verbrennt, weil er eine sehr große Luftmenge verbraucht. Dasselbe kann man übrigens eben so gut von der Mehrzahl der rauchverzehrenden Apparate sagen und es entsteht hierdurch im Allgemeinen, was man auch dagegen gesagt haben mag, ein Mehrverbrauch an Brennmaterial. Diese Zunahme ist aber verhältnißmäßig so unbedeutend, daß sie in keinem Falle ein Hinderniß für die Befolgung des neuen Circulars abgeben kann, in welchem der (französische) Minister des Handels und des Ackerbaues den Eisenbahngesellschaften die Verpflichtung zu dieser Einrichtung auferlegt. Denn wenn letztere ein so großes Interesse daran haben, die Kohks durch die rohe Steinkohle zu ersetzen, so können dieselben wohl auch einen kleinen Theil von dem Nutzen, welchen sie hieraus ziehen, aus Rücksicht für die Reifenden opfern. Alle Apparate haben nun, wie schon gesagt wurde, das mit einander gemein, daß sie für ein und denselben Brennmaterialverbrauch eine größere Luftmenge einführen, und es ist daher nicht zu bezweifeln, daß das Einführen mehrerer Dampfstrahlen in die Feuerbüchse in dieser Hinsicht wie ein wirkliches Gebläse wirkt. Durch Anordnung von Röhren, in denen der Dampf um die Feuerbüchse circulirte und sich folglich überhitzte, gelang es Thierry Sohn in Frankreich, denselben Zweck vollkommen zu erreichen. Durch ein ähnliches Mittel hat Clark in England dasselbe erreicht; aber während Thierry der Flamme durch Einblasen in der Richtung ihrer Bewegung eine größere Länge zu geben suchte, ließ Clark die Luft quer in die Flamme blasen, wodurch die zu verbrennenden Gase vollständiger mit dem Dampfe und der frischen Luft vermischt werden.Man sehe die Beschreibung des Clark'schen Patentes im polytechn. Journal Bd. CLX S. 176. Textabbildung Bd. 167, S. 242 Die vorstehende Figur veranschaulicht, wie das System von Clark auf die Feuerbüchsen der Locomotiven angewendet wird. Der in die Röhre A, welche im Querschnitte sichtbar ist, eingeführte Dampf strömt durch die Oeffnung a aus und als eine kegelförmige Garbe direct durch den hohlen Stehbolzen W, N ein, an dessen Kopf man zu diesem Zwecke eine erweiterte Oeffnung anbringt. In Folge der Schnelligkeit der Dampfströmung wird die Luft, welche den Apparat von außen umgibt, durch diese Oeffnung in die Feuerbüchse mitgerissen. Der Dampf wirkt auf diese Weise ganz mechanisch und vertritt die Stelle einer Gebläsemaschine, welche eine für die Verbrennung hinreichend große Menge heißer Luft zu beschaffen hätte. Nach den Zeichnungen der Patentbeschreibung muß der Dampf durch den Theil der Feuerbüchse einströmen, wo sich sonst die Feuerbrücke befindet, folglich in theilweise entgegengesetzter Richtung zu der Luft, welche durch den Rost und die Feuerthüre zum Zwecke der vollständigen Verbrennung eindringt. Dieß ist der einzige Hauptunterschied zwischen dem französischen Apparate und dem von Clark; er ist aber von großer Wichtigkeit. Clark las vor Kurzem in dem Vereine der Civilingenieure zu London eine wichtige Abhandlung vor, in welcher er die verschiedenen rauchverzehrenden Apparate, mit deren Anwendung man bei den englischen Locomotiven begonnen hat, besprochen und insbesondere die mit den Verfahrungsarten von Mac-Connell, Beattie und Cudworth erlangten Resultate verglichen hat. Das System von Mac-Connell besteht in der Anwendung breiter Roste und der Anbringung von hohlen Stehbolzen sowohl in der Hinterwand als auch in den Seitenwänden der Feuerbüchse; zugleich wird die letztere in den Langkessel verlängert, so daß die Verbrennungskammer, in welcher sich die Gase vermischen und verbrennen müssen, dadurch bedeutend vergrößert wird. Das System von Beattie besteht eigentlich aus zwei ohne Unterbrechung übereinander liegenden Verbrennungskammern, von denen jede ihre besondere Feuerthüre hat. Die obere Thüre dient zum Einbringen der frischen Steinkohle auf eine geneigte Fläche, so daß dieselbe brennend herabgleitet und, sobald sie in Kohks umgewandelt ist, in die untere Verbrennungskammer fällt. Die Luft, welche durch den zu dieser letzteren Verbrennungskammer gehörenden Theil des Rostes eindringt, hat daher immer schon eine hohe Temperatur erlangt, ehe sie zur frischen Kohle gelangt. Dieselbe kann außerdem durch die Feuerthüren und den Boden des Feuerraumes eintreten, und behält überall eine sehr hohe Temperatur. Dieß wird sowohl durch die Thürbeschläge, als auch durch Scheidewände aus Chamottesteinen und Ziegeln erreicht, welche sogar bis auf eine gewisse Tiefe in den Langkessel hineinreichen und dadurch eine merkliche Verlängerung des Feuerraumes bilden. Cudworth wendet ebenfalls einen geneigten Rost an und die Gase müssen einen großen Weg durchziehen. Der Feuerraum ist sehr lang und der Länge nach in zwei Kammern durch eine Wand geschieden, welche bis zu den Köpfen der Heizröhren in der Vorderwand reicht. Das rauchverzehrende System von Clark bietet den Vortheil, daß es sich auch auf die vorhandenen Locomotiven anwenden läßt, während jedes der verschiedenen anderen Systeme eine besondere Bauart der Maschine bedingt. Die Erfinder derselben wurden hierbei alle von der Ansicht geleitet, daß eine Trennung der Feuerbüchse in zwei Abtheilungen zweckmäßig sey, um abwechselnd von der einen oder anderen Seite das Brennmaterial einbringen zu können. Obwohl manche englische Kohlen sehr viel Rauch entwickeln, so sind dieselben doch wegen ihrer Reinheit für die Locomotivfeuerung sehr vortheilhaft; sie lassen sehr wenig Rückstände und verschlacken daher die Roste weniger als die in Frankreich angewendeten Kohlen. Hieraus folgt, daß auch die Rostspalten nicht so häufig verstopft werden, wodurch die Luft freien Zutritt durch den Rost behält und die Verbrennung daher mit geringerer Rauchentwickelung stattfinden kann. Diesem Umstande ist es ohne Zweifel auch zuzuschreiben, daß der Rauch allein schon durch den Luftzug, welcher durch das Blaserohr (den Ausgangsregulator) im Schornstein erzeugt wird, so leicht verschwindet. Deßhalb ersetzen auch die verschiedenen Eisenbahngesellschaften für die Zeit der Stillstände die Wirkung des Ausgangsregulators durch einen besonderen Dampfstrahl, welcher durch eine Röhre in den Schornstein geleitet wird und zu einem fast gänzlichen Austreiben des Rauches hinreicht, – sowohl in Folge der von ihm ausgeübten mechanischen Wirkung, mittelst welcher er im Augenblicke seiner Verdichtung die Kohlentheilchen mit sich reißt, als auch dadurch, daß er das Einströmen einer sehr großen Luftmenge in die Feuerbüchse hervorruft, wodurch das Feuer angefacht wird. Während der Bewegung der Maschine wird hingegen durch das Ausblasen des gebrauchten Dampfes aus dem Blaserohre eine beträchtliche Luftmenge durch den Rost eingezogen. In den Tabellen, welche die Abhandlung von Clark enthält, sind für die drei genannten Systeme die Verbrauchsmengen an Dampf per Tonne Last und per Kilometer angegeben; diese sind folgende: Bezeichnung des Systems. Verbrauchsmenge per Tonneund per Kilometer. Mac-Connell 0,088 Kilogr. Beattie                0,067     „ Cudworth                0,063     „ Hiernach ist die bei dem Verfahren von Clark verbrauchte Menge die kleinste und dieses günstige Ergebniß muß ohne Zweifel dem Umstande zugeschrieben werden, daß bei demselben das Einblasen von Dampf in den Feuerraum nicht während der ganzen Fahrstrecke nothwendig ist, indem es schon genügt, wenn die einziehende Luft durch die Rostspalten gehörig nachdringen kann, sobald das Blaserohr den Dampf in den Schornstein ausbläst, daher das Einblasen von Dampf in die Feuerbüchse in der Regel nur während des Stillstandes der Maschine stattfindet. Die Aufgabe, die Kohks durch ein natürliches (unpräparirtes) Brennmaterial, wie die Steinkohlen sind, zu ersetzen, ist in diesem Augenblicke gewiß eine sehr wichtige Frage, und aus allen im Vorhergehenden enthaltenen Angaben scheint hervorzugehen, daß dieser Ersatz nur dann möglich ist, wenn eine sehr reichliche Luftmenge in den Feuerraum eindringen kann. Durch die Versuche, welche der Industrieverein zu Mülhausen vor Kurzem anstellen ließ, ist festgestellt, daß diese Bedingung nur dann auf eine vortheilhafte Weise zu erfüllen seyn dürfte, wenn die Hitze, welche mit den Verbrennungsgasen unbenutzt verloren geht, in besonderen Vorwärmern für das Speisewasser nutzbar gemacht werden kann. Obgleich nun solche Vorwärmer bei den Locomotiven nicht anzubringen sind, so müssen dessenungeachtet diese neuen rauchverzehrenden Apparate eine merkliche Ersparniß dadurch bewirken, daß das Kilogramm Steinkohle viel weniger kostet als das Kilogramm Kohks. Um dieses nachzuweisen, lassen wir nachstehend einige Zahlen zum Vergleiche folgen. Bei dem Apparate von Mac-Connell wurde anderthalbmal soviel Kohle als Kohks verbraucht; bei demjenigen von Cudworth wurden nur 94 Gewichtstheile Kohle für eine Leistung verbrannt, wozu unter ganz gleichen Verhältnissen 100 Gewichtstheile Kohks nöthig waren. Dieses günstige Resultat ist indessen nur dadurch entstanden, daß Kohlen von einem ganz ausnahmsweise großen Heizvermögen (Lord Ward's coal und Ruabon coal) verwendet wurden. Bei dem Apparate von Clark waren auf den verschiedenen Bahnlinien für je 100 Pfd. Kohks 108 Pfd. Kohle nöthig, und man kann dieses letztere Verhältniß als dasjenige betrachten, welches dem wirklich zwischen diesen beiden Brennmaterialien bestehenden nahe kommt. In Frankreich werden die Einrichtungen zur Kohlenfeuerung mit demselben Eifer wie in England getroffen. So ersieht man aus der nachfolgenden jährlichen Verbrauchstabelle, wie die Nordbahngesellschaft bemüht ist, die Kohks immer mehr durch die Kohle zu ersetzen. Tabelleüber die Brennstoffmengen, welche von den Locomotiven der Nordbahn von 1854 bis 1861 verbraucht wurden. Textabbildung Bd. 167, S. 246 Jahr.; Die von den Locomotiven der Bahn zurückgelegte jährliche Fahrstrecke in Kilometern; Verbrauch in Tonnen à 1000 Kilogr.; Kohks; Nicht verkohkte Steinkohle:; Stückkohle; Kohlenziegeln; Kohlenklein; Im Ganzen an Steinkohle; Zusammen; Von je 1000 Kilogr. Brennstoff wurden verbraucht an:; Stückkohle; Kohlenziegeln; Kohlenklein; Im Ganzen an Steinkohle; Zusammen; Durchschnittliches Verbrauchsquantum einer Maschine per Kilometer in Kilogr. Die Vorrichtung von Clark ist mit dem besten Erfolge auf die Dampfkessel des Londoner Ausstellungs-Palastes angewendet worden. Ein eben so günstiges Resultat haben wir mit dem Apparat von Thierry bei einem der Dampfkessel im Conservatorium zu Paris erzielt, und man kann es jetzt als erwiesen betrachten, daß das Einführen von Dampf in die Feuerbüchse die Aufgabe der Rauchverzehrung auf eine vollständige Weise löst, ohne den Brennstoffaufwand merklich zu vermehren. Der Rauch zeigt sich nur während des Feueranmachens so lange, bis der Dampfstrahl eingelassen werden und wirken kann; diese Unannehmlichkeit vermeiden wir jetzt dadurch, daß wir dem Apparate einen kleinen Gasofen hinzugefügt haben, welcher nach wenigen Augenblicken schon den zu dem Dampfstrahl nöthigen Dampf beschafft. Ehe wir den Apparat von Clark verlassen, wollen wir noch einige Worte über dessen Vorwärmer für das Speisewasser sagen. Derselbe ist nichts anderes als eine Dampfstrahlpumpe (Injector) von Giffard, die nur zu einem anderen Zwecke dient, welcher darin besteht, daß das durch die Pumpe geförderte Wasser durch eine ringförmige Oeffnung um den Dampfstrahl mit diesem zugleich eingeführt wird, der sich dann ganz verdichtet und dem Wasser dadurch eine sehr hohe Temperatur mittheilt. Der Unterschied besteht genau genommen nur hierin, und es ist Clark auf diese Weise gelungen, das Speisewasser einer feststehenden Dampfmaschine von 20 Pferdekräften auf 90° C. zu erwärmen, nachdem er dasselbe bei den Locomotiven durch fortgesetzte Versuche auf 50° C. gebracht hatte. Es ist bekannt, daß der Injector von Giffard bei der Temperatur von 90° C. nicht arbeitet, aber man könnte vielleicht zu einem befriedigenden Resultate dadurch gelangen, daß man mit dem Speiseapparate einen besonderen Injector verbände, welcher nur zum Vorwärmen diente. Unter den rauchverzehrenden Vorrichtungen erwähnen wir noch das System von Chodsko, welches, abgesehen von einigen Veränderungen der Details, nichts anderes ist als der schon zu diesem Zwecke vorgeschlagene Rost mit zwei Etagen; ferner das System von Palazot in Bordeaux, bei welchem die zur vollständigen Verbrennung der raucherzeugenden Gase nöthige Luft hinter dem Roste eindringt. Diese beiden Apparate, welche im Kensington-Palast ausgestellt waren, können gute Resultate liefern, wenn sie richtig behandelt werden.