Titel: Ueber die Dampfschieber von Allen in New-York und Elwell in Paris, und über Porter's Schwungkugel-Regulator mit Gegengewicht auf der Londoner Industrie-Ausstellung; Bericht von Tresca.
Fundstelle: Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LXXXII., S. 321
Download: XML
LXXXII. Ueber die Dampfschieber von Allen in New-York und Elwell in Paris, und über Porter's Schwungkugel-Regulator mit Gegengewicht auf der Londoner Industrie-Ausstellung; Bericht von Tresca. Aus den Annales du Conservatoire des arts et métiers, t. III p. 120. Mit Abbildungen. Tresca, über Elwell's Dampfschieber. Tresca, über Porter's Regulator. 1. Allen's Dampfschieber. Die untenstehende Figur zeigt eine von dem Maschinisten Allen in New-York zum schnelleren Oeffnen und Schließen der Dampfeinströmungs-Oeffnungen des Schiebers vorgeschlagene Einrichtung. Textabbildung Bd. 167, S. 321 Das Einströmen des Dampfes findet durch A und B, das Ausströmen desselben durch c statt und es ist noch ein besonderer Canal M, N angebracht, um das Einströmen der nöthigen Dampfmenge durch Eröffnung von Ergänzungs-Dampfwegen zu beschleunigen. Wenn der Schieber sich nämlich von der Rechten nach der Linken bewegt, so beginnt die Admission wie bei den gewöhnlichen Schiebern, sobald die Kante a die Kante b passirt hat, indem der Dampf dann ungehindert in den Weg A eintritt; zu gleicher Zeit hat aber die Kante n die Kante p überschritten, und es dringt auch alsbald Dampf durch diese Oeffnung N in den Ergänzungsdampfweg und von da durch die andere Oeffnung M in den Einströmungscanal A ein. Die Einrichtung ist dergestalt getroffen, daß während der ganzen Admissionsdauer ebensoviel Dampf einströmt, als wenn die gewöhnliche Oeffnung von doppelter Breite wäre, was für eine bessere Ausnutzung des Dampfes von großer Wichtigkeit ist. Bei der abgebildeten Anordnung ist die Breite der Schieber-Deckflächen so bestimmt, daß die Expansion bei zwei Dritteln des Schieberweges beginnt. Als Beispiel einer Steuerung mit veränderlicher Expansion mittelst eines einzigen Excentrics erwähnen wir noch einer Dampfmaschine von demselben Allen in New-York. Diese kleine Maschine arbeitet bei einer Geschwindigkeit von 150 Umdrehungen in der Minute vollkommen regelmäßig; dieselbe hat vier besondere Dampfeinströmungs-Oeffnungen, von denen je zwei an jedem Ende des Cylinders die Dampfvertheilung bewirken. Das Excentric ist in derselben Richtung wie die Kurbel an die Welle befestigt; bei seiner horizontalen Bewegung macht das Hängeeisen, mit welchem die Coulisse durch ein Gelenk verbunden ist, Schwingungen und feine verticale Bewegung versetzt die Coulisse in eine hin- und hergehende Bewegung um ihren Stift, welcher auf diese Weise der Drehpunkt für eine schwingende Bewegung wird. Diese wegen ihrer Einfachheit sehr bemerkenswerthe Anordnung ist bei der in Rede stehenden Maschine dadurch complicirt geworden, daß man trotz der kleinen Dimensionen, in welchen die eben beschriebenen Steuerungstheile ausgeführt werden mußten, alle Schieberstellungen erlangen wollte und zur Erreichung dieses Zweckes seine Zuflucht zu einem vielfachen Hebelsystem nehmen mußte, dessen Gelenke sich in Folge der Abnutzung sehr rasch ausweiten. 2. Elwell's Dampfschieber. Die Steuerung mit einem einzigen Excentric bildet ohne Zweifel in Bezug auf Vereinfachung der feststehenden Dampfmaschine und beste Verwendung des Dampfes eine sehr wichtige und neue Frage. Elwell in Paris hat sich viel mit dieser Aufgabe beschäftigt und es ist ihm gelungen, dieselbe durch ein dem obigen ähnliches, aber sicheres Verfahren zu lösen und zwar sowohl durch eine geradlinige, als auch durch eine kreisbogenförmige Coulisse, ohne Anwendung des Hebelsystems von Allen. Die Skizzen, welche derselbe uns über seine Auflösung der Aufgabe mitgetheilt hat, sind jedenfalls sehr bemerkenswerth. Die Dampfeinströmung findet hiernach in beiden Hälften des Cylinders ganz auf dieselbe Weise statt und die Bewegung des Gleitblockes in der Coulisse kann in allen Fällen durch die Einwirkung eines Moderators begrenzt werden. Textabbildung Bd. 167, S. 323 Das vorstehende Diagramm ist genau ebenso wie eines von denen, welche man mit dem Indicator von Richard bei der Maschine von Allen erhalten hatte. Bei diesem Instrumente, welches den Vortheil bietet, nur sehr wenig Raum einzunehmen, werden die Bewegungen des Indicatorkolbens mittelst eines kleinen Parallelogrammes, welches den Stift führt, in vergrößertem Maaßstabe übertragen. Dasselbe muß so richtig und dauerhaft angefertigt werden, daß es auch bei 150 Umdrehungen in der Minute noch solche Umrisse hervorbringen kann. Obige Figur stellt zwei zusammengehörige, der Reihe nach in den beiden Cylinderhälften erhaltene Diagramme dar; die Congruenz der beiden Curven beweist den gleich guten Gang des Instrumentes nach beiden Richtungen. 3. Porter's Schwungkugelregulator mit Gegengewicht. Auf dieselbe Maschine von Allen hat Porter feinen Schwungkugelregulator mit Gegengewicht angewendet.Mit Porter's Regulator waren die amerikanischen Locomobilen auf der Londoner Ausstellung versetzen; man s. Eyth's Bericht im polytechn. Journal Bd. CLXV S. 404.A. d. Red. Textabbildung Bd. 167, S. 323 Aus nebenstehender Figur erkennt man auf den ersten Blick die Einrichtung dieses Apparates. A ist der verticale Bolzen (Welle), welcher dem Regulator seine Bewegung mittheilt und durch die Einwirkung der Centrifugalkraft die Entfernung der Kugelmittelpunkte und somit der Gelenke C, C von Umdrehungsachse bestimmt, was nur durch gleichzeitiges Aufheben der unteren Enden der Gegenarme C, B und eines Gegengewichtes D, welches sie tragen, stattfinden kann. Dieser Regulator unterscheidet sich daher im Wesentlichen von den gewöhnlich im Gebrauche befindlichen nur durch die Hinzufügung des Gegengewichtes, und man wundert sich gewöhnlich sehr darüber, daß trotz der Vergrößerung der Widerstände die Empfindlichkeit des Instrumentes zunehmen könne. Man kann sich indessen die Ursachen dieser allerdings nur ausnahmsweise größeren Empfindlichkeit klar machen. Wenn man bei einem gewöhnlichen, in den Gleichgewichtszustand gelangten Regulator mit F die Centrifugalkraft bezeichnet, welche bei einem senkrechten Abstande h der Kugeln von ihrem Aufhängepunkte (der sogenannten Höhe) wirkt, und mit p das Gewicht der Kugeln, welche bei einem Halbmesser r ihres Schwingungskreises wirken, so hat man nothwendigerweise die Gleichheit der Momente: Fh = pr. Man weiß außerdem, daß der Ausdruck für die Centrifugalkraft bei einem Gewicht p, einer Winkelgeschwindigkeit w und einem Halbmesser r F = p/g w²r ist. Entwickelt man nun aus dieser letzteren Gleichung den Werth für w und setzt den Werth für F aus der ersteren Gleichung in dieselbe ein, so erhält man: w² = gF/pr = g/pr . pr/h = g/h. Wird die Bewegung beschleunigt, so streben die Kugeln sich aus ihrer anfänglichen Lage zu entfernen; damit sie diesem Bestreben folgen und sich erheben können, muß aber die von der Maschine entwickelte Kraft so groß seyn, daß der passive Widerstand des Muffes, welchen wir mit R bezeichnen wollen, überwunden wird. Der Regulator wird nun unempfindlich bleiben, d.h. die Kugeln werden sich nicht heben, bis die Winkelgeschwindigkeit w' geworden ist und bis in Folge dieser Geschwindigkeit die neue Centrifugalkraft F', welche größer als F ist, die vereinigten Widerstände des Gewichtes p und des Muffes R überwinden kann. Die Werthe von h und r sind bis jetzt unverändert geblieben und man hat daher F'h = (p + R) r und F' = P/g w'²r Aus der ersteren Gleichung entwickelt man wieder F' und setzt seinen Werth in w'² ein, welches man aus der zweiten Gleichung entwickelt: w'² = gF'/pr = g/pr . (p + R)r/h = g/h . (p + R)/p. Dieser Regulator wird daher so lange unempfindlich bleiben, als die Winkelgeschwindigkeit w', welche auf ihn übertragen wird, nicht so groß ist, daß dem Verhältniß w'²/w² = (p + R)/p = 1 + R/p Genüge geleistet wird; je kleiner p im Verhältniß zu R ist, desto unempfindlicher wird das Instrument sehn; man muß daher das Gewicht p der Kugeln ziemlich groß machen. Porter's Gegengewicht gestattet die Aufgabe auf dieselbe Weise zu lösen. Wenn wir nämlich mit P den Verticaldruck desselben auf die Gegenarme und somit auf die Kugeln bezeichnen, so läßt sich die obige Beweisführung in derselben Reihenfolge auch auf die nachstehenden Gleichungen anwenden; nur darf man nicht das Gewicht P bei der Entwickelung der Formel für die Centrifugalkraft mit in Rechnung bringen. Fh = (p + P)r         F = P/g w²r, hieraus w² = g/pr . F = g/pr . (g + p)r/h = g/h . (p + P)/p. Es ist ebenso F'h = (p + P + R)r; und F' = p/g w'²r; und hieraus w'² = g/pr F' = g/pr . (p + P + R)r/h = g/h . (p + P + R)/p und endlich w'²/w² = (p + P + R)/(p + P) = 1 + R/(p + P), woraus man ersieht, daß durch die Addition des Gegengewichtes der oben angegebenen Bedingung vollkommen genügt wird. Wollte man untersuchen, bis zu welcher Winkelgeschwindigkeit w'', die kleiner als w wäre, der Regulator unempfindlich bleiben würde, so fände man durch dasselbe Verfahren: F''h = (p + P – R')r und w''²/w² = 1 – R'/(p + P). Die Anwendung des Gegengewichtes P sichert daher die gute Wirkung des Instrumentes in beiden Fällen, und der Regulator wird ganz ebenso empfindlich seyn, als wenn man den Kugeln ein Totalgewicht p + P gegeben hätte. Das Anbringen des Gegengewichtes von Porter ist der Vermehrung des Kugelgewichtes schon deßhalb vorzuziehen, weil man dann nicht nöthig hat, den Nebentheilen so große Dimensionen zu geben. Der Regulator von Porter arbeitet auf eine sehr befriedigende Weise. Derselbe kann auch auf Schiffsmaschinen angewendet werden, wenn man der Stange A eine horizontale Lage gibt und das Gegengewicht durch eine hinreichend starke Feder ersetzt.