Titel: Neue Untersuchungen über die Conservirung der Baumaterialien; von Fr. Kuhlmann.
Fundstelle: Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXXV., S. 298
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LXXV. Neue Untersuchungen über die Conservirung der Baumaterialien; von Fr. Kuhlmann. Aus den Comptes rendus, t. LVI p. 1066 et 1146. Kuhlmann, über Conservirung der Baumaterialien. Bei seinen früheren Untersuchungen hatte der Verf. nur Mineralstoffe zur Conservirung von porösen Steinen, sowie von Gyps und Mörtelüberzügen angewandt und vorzugsweise das Kali-Wasserglas als wirksames Imprägnirungsmittel zu diesem Zweck erkannt. Indessen gibt es auch Fälle, in denen die Wirkung des Wasserglases weniger zur Geltung kommt. So z.B. hat es sich gezeigt, daß die Verkieselung bei älteren Bauten, welche schon theilweise verwittert sind, keinen Erfog gewährt. In solchen Fällen, namentlich bei Ziegelmauern, hat sich folgendes Verfahren am besten bewährt. Man entfernt überall den Bewurf, kratzt die Fugen tief aus, erhitzt mittelst eines tragbaren Kohksofens die vor weiterer Verwitterung zu schützenden Mauertheile und bestreicht oder bespritzt sie mit möglichst heißem Steinkohlentheer (von der Bereitung des Steinkohlengases). Nach dem Erkalten kann man die getheerten Mauern wieder mit einem Bewurf überziehen und diesen dann selbst durch Wasserglas verkieseln. Der Gastheer wird in den Städten des nördlichen Frankreichs häufig zum Schutze der äußeren Mauertheile vor Bodenfeuchtigkeit angewandt; man kann aber auch die inneren Theile dadurch für das Wasser undurchdringlich machen. Der Verf. benützt den Steinkohlentheer auch im großen Maaßstabe in seinen chemischen Fabriken; er streicht damit die äußeren Mauern der verschiedensten Oefen heiß an und kocht die Dachziegel in Theer, was besonders für diejenigen geschieht, welche sauren Dämpfen ausgesetzt sind. Dasselbe geschieht in England für die Kamine, in welchen durch einen Wasserstrahl beständig feucht erhaltene Kohksstücke zur Condensation saurer Dämpfe benützt werden. Zum Schwarzfärben poröser Thonplatten hat man diesen Theer ebenfalls angewendet. Auch harzige, ölige und bituminöse Stoffe können schon bei oberflächlicher Auftragung zum Schutze von Mauern gegen die salzführenden Seewinde dienen. Dieß hat sich in folgendem merkwürdigen Falle gezeigt. Die Steine der im J. 1858 am Meeresufer in Biarritz erbauten Eugenien-Capelle sind schon an dem dem Seewinde ausgesetzten Theile tief verwittert; die vor dem Aufsetzen mit Oelfarbe gezeichneten Steine zeigen aber die Ziffern scharf und weit hervorstehend, so daß hier also die bloß oberflächliche Anwendung von Oelfarbe den Schutz sehr bestimmt bewirkte. Directe Versuche haben dem Verf. gezeigt, daß man sich zu denselben Zwecken auch des sogenannten eingedickten Steinkohlentheeres (brai) bedienen kann, nämlich des bei der Steinkohlengasbereitung gewonnenen Theeres, aus welchem die schlüpfrigen Oele abdestillirt worden sindVon dem eingedickten Steinkohlentheer (brai), welcher hauptsächlich zur Fabrication von Kohlenpreßziegeln (nach dem im polytechn. Journal Bd. CLIX S. 28 ausführlich beschriebenen Verfahren) angewandt wird, kosten 100 Kilogr. in Frankreich 4 bis 5 Franken.. Durch Kochen von rohen oder behauenen Steinen, Ziegeln, Thonwaare, gebrannt oder bloß getrocknet, in solchem Theer, der sich in offenen Gefäßen befand, wurden diese Stoffe so tief und innig imprägnirt, daß sie eine erhebliche Vermehrung der Härte und vollkommene Undurchdringlichkeit erlangten. Man kann also auf diese Weise Steine erhalten, welche vorzüglich zu Fundamenten, Mauerkränzen, zu hydraulischen und zu solchen Bauten zu verwenden seyn werden, welche dem Wasser oder dem Seewinde ausgesetzt sind. Auch hat der Verf. durch Zusammenschmelzen des eingedickten Steinkohlentheeres mit gepulverten Mineralstoffen Gemische erhalten, welche mehr oder weniger in der Wärme schmelzbar und dann leicht zu formen, daher als Mauersteine, Platten oder architektonische Zierrathen zu verwenden sind. Am besten eignet sich dazu das vom Rösten der Kiese herrührende Eisenoxyd, welches bei Zusatz von 1/4 solchen Theeres nach dem Erkalten eine Masse von bemerkenswerther Härte und schönem Klang gab. Es ist einleuchtend, daß solche künstliche Steine der mannichfaltigsten Anwendung fähig seyn werden. Die Verkieselung mit Wasserglas gab die schlechtesten Resultate bei Gyps und zwar in Folge der hierbei stattfindenden doppelten Zersetzung. Es entsteht ein gelatinöses Silicat, welches das Eindringen des Wasserglases ins Innere verhindert, und später springt der Ueberzug in Schuppen ab. Der Verf. hat daher seine Aufmerksamkeit auf die Theerung des Gypses gerichtet und damit sehr gute Resultate erlangt. Der Theer nimmt nämlich, in dem Maaße als das Hydratwasser des Gypses entweicht, ohne Formveränderung der Masse dessen Stelle ein, wenn die Stücke von geformtem Gyps in einem Bad geschmolzenen Theeres auf 300–400° C. erhitzt werden, was ohne Nachtheil geschehen kann, obgleich das Hydratwasser des Gypses bei 110–120° C. zu entweichen beginnt.Beim Imprägniren von Holz und anderen organischen Stoffen mit eingedicktem Steinkohlentheer darf die Temperatur nicht über 150–160° C. steigen; dabei dringt der Theer aber nicht so tief wie in Gyps und poröse Steine ein.Anm. d. Verf. Diese Substitution geht um so tiefer, je länger das Eintauchen und Erhitzen gedauert hat. Eine Bestätigung dieses molecularen Austreibens von Hydratwasser durch Theer zeigte sich darin, daß Krystalle von natürlichem Gyps durch diese Behandlung in eine schwarze glänzende Masse von gleicher Krystallform umgewandelt wurden. Auch verschiedene andere Stoffe, z.B. Stearinsäure, verhalten sich ähnlich, wenn man Gypsgegenstände bei einer Temperatur von 150 bis 200° C. hineintaucht. Offenbar dringt der Theer u.s.w. in die durch das Entweichen des Krystallwassers entstehenden leeren Räume auf rein mechanische Weise ein; dabei wird er aber später merkwürdig festgehalten, denn häufiges Waschen mit Aether oder Benzin entzieht den Krystallen, auch wenn sie fein gepulvert sind, den Theer nur unvollständig. Ohne Zweifel bietet die hier berührte Erscheinung in mancher Beziehung merkwürdige Gesichtspunkte; in praktischer Hinsicht wird sie aber sicher der Baukunst ein Material liefern, welches für Wasser undurchdringlich ist und dem Frost widersteht, daher für Gebäude aller Art zu solchen Verzierungen verwendbar seyn wird, wozu man bisher den Gyps nicht gebrauchen konnte. Meine oben ausgesprochene Ansicht, bemerkt der Verf., daß der eingedickte Steinkohlentheer gewissermaßen eine mechanische Rolle spielt, wenn er in den geformten Gyps eindringt und die Stelle von dessen Hydratwasser einnimmt, wird durch eine Reihe von Versuchen bestätigt, welche ich mit anderen als den oben genannten Mineralien angestellt habe. Wenn das Wasser derselben erst bei sehr hohen Wärmegraden austritt, oder wenn die Mineralien wasserfrei sind, so dringt der Theer nur in die vorhandenen feinen Zwischenräume und Risse ein. Die Versuche betrafen verschiedene Proben Quarz, Islandspath, Steinsalz, sowie einige wirklich poröse Steine wie Aragonit, Analzim, Stalaktiten u.s.w. Beim Opal, welcher längere Zeit mit Theer gekocht wurde, zeigte sich außer dem mechanischen Eindringen des Theeres in die feinen Risse auch ein geringer Wasserverlust des Minerals und in Folge desselben eine rauchige blaue Färbung wie bei gewissen mexikanischen Opalen. Vielleicht ließe sich diese Färbung, so wie ähnliche bei anderen Steinen und mit anderen harzigen oder fetten Stoffen, in der Industrie benutzen. Auch durch den Verlust anderer Bestandtheile als des Wassers kann die Aufnahme von Theer u.s.w. bei Mineralstoffen veranlaßt werden. So z.B. verwandelt sich Malachit, wenn er nach und nach mit Theer erhitzt wird, zuerst in eine schwarze Masse, worin das Kupfer als Oxyd enthalten ist und welche das faserige oder gebänderte Aussehen des Malachits beibehalten hat; bei 300–350° C. aber wird der Malachit zu metallischem Kupfer reducirt. Braunstein wird in kochendem Theer, ohne Aenderung der krystallinischen Form, in die niedrigere Oxydationsstufe verwandelt, indem der Theer die Stelle des Sauerstoffs einnimmt. Bei allen derartigen Versuchen darf der Theer nur so langsam erhitzt werden, daß die darin befindlichen Körper nicht zerspringen. Dieß ist namentlich in dem Falle wichtig, wenn man geformte Thonmassen mit Theer behandelt, welche vorher an der Luft oder in künstlicher Wärme nur getrocknet worden, und man auf diese Weise wasserdichte Thonwaaren erzeugen will. Wird die Wärme zu plötzlich angewandt, so brechen die Gegenstände leicht, bevor der Theer eingedrungen ist. Bei gehöriger Vorsicht gelang es dagegen dem Verfasser thönerne Gegenstände herzustellen, die sich durch Wohlfeilheit, Undurchdringlichkeit, Härte und großen Widerstand gegen die Wirkung der Säuren auszeichneten. Es scheint, daß sich diese Art Thonmasse mit Vortheil für Drainröhren, Dachziegel, Bodenplatten u.s.w. wird anwenden lassen.Bezüglich vorstehender Abhandlung von Kuhlmann hat Hr. Léon Dalemagne ein Schreiben an den Präsidenten der französischen Akademie der Wissenschaften gerichtet, worin er sagt:1) daß er schon seit mehr als vierzig Jahren den im nördlichen Frankreich, insbesondere in Lille, sehr verbreiteten Gebrauch kennen gelernt habe, die niederen Theile der Wohnungen mit Steinkohlentheer und anderen Substanzen in der Wärme zu imprägniren, nm sie gegen die Feuchtigkeit zu schützen und dauerhaft zu machen; 2) daß im Juni 1826 Thenard und Darcet der französischen Akademie eine Abhandlung mittheilten über ihre zahlreichen Versuche um die Steine und den Gyps durch Tränken mit Wachs und Harz in Vermischung mit Leinölfirniß hart zu machen, wobei sie sich zum erforderlichen Erwärmen des Steines oder Gypses der Gluthpfanne des Vergolders bedienten (man s. deren Abhandlung im polytechn. Journal Bd. XX S. 280); dasselbe Verfahren wurde schon im J. 1813 bei den Kuppeln des Pantheon für die Malereien des Hrn. Gros angewendet;3) daß man schon im J. 1853 bei den ersten Bauten der Centralhallen in Paris mit Asphalt und anderen harzigen Substanzen imprägnirte Steine angewandt habe und daß dieses Imprägniren durch Eintauchen der Steine in Kessel vorgenommen wurde;4) habe er vor dem J. 1854 die Erfahrung gemacht, daß sich der Gyps nicht in befriedigender Weise verkieseln lasse, indem die Oberfläche desselben durch das aufgetragene Wasserglas Ritzen bekommt und sich in Schuppen ablöst;5) habe er in demselben Jahre 1854 auf die Vorsprünge aufmerksam gemacht, welche sich an der Oberfläche der im J. 1848 gelegten Steine der Capelle Ludwigs XVI. durch die für die Aufschriften angewandten harzigen Substanzen bildeten, und insbesondere auf den Widerstand, welchen diese Theile damals dem Reinigen entgegensetzten.Endlich brachte Hr. Dalemagne bei dieser Gelegenheit die von ihm seit dem Jahr 1854 in allen seinen Schriften ausgesprochene Erfahrung in Erinnerung, daß eine schlecht ausgeführte Verkieselung mittelst Wasserglas auf den Steinen und besonders auf gewissen Kalksteinen dieselben Wirkungen hervorbringen kann wie auf dem Gyps, welche aber durch Anwendung des von ihm bei der Verkieselung befolgten Verfahrens (beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLX S. 51) vermieden werden.A. d. Red.