Titel: Verfahren zur Bereitung von Preßhefe; von Lorenz Kramer, Civilingenieur in Oberföhring bei München.
Fundstelle: Band 169, Jahrgang 1863, Nr. CI., S. 380
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CI. Verfahren zur Bereitung von Preßhefe; von Lorenz Kramer, Civilingenieur in Oberföhring bei München. Aus dem bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt, 1863 S. 407. Kramer's Verfahren zur Bereitung von Preßhefe. Dieses Verfahren (patentirt in Bayern am 17. Juni 1861), um aus bitterer, brauner Lagerbierhefe durch Entbitterung auf chemischem Wege und Regenerirung derselben eine kräftige, haltbare und weinsäuerliche Preßhefe zu erzeugen, besteht im Wesentlichen und Eigenthümlichen darin: 1) Daß ich die Bierhefe, welche ich mir für den Sommer auf Eis aufbewahre, einer sehr eindringlichen, mechanischen Reinigung unterziehe. 2) Daß ich das Entbittern und Entfärben nicht durch oftmaliges Auswaschen mit Wasser, sondern durch Hinzufügung eines Chemikals bewirke, welches mit dem Hopfenharz eine im Wasser lösliche Verbindung eingeht. 3) Daß ich die so entbitterte und entfärbte Hefe durch einen neuen, sehr kräftigen Gährungsproceß regenerire, und dann erst aus der so entfallenden Hefe die Trockenhefe durch Pressen auf gewöhnliche Weise erzeuge. Ich verfahre dabei auf folgende Weise: ad 1. Ich fülle die rohe Bierhefe in einen aus der feinsten Mühlen-Seiden-Gaze verfertigten Beutel, und schwenke sie in demselben in einem Gefäße mit Wasser unter sanftem Drücken hin und her. Die Hefe passirt dabei unter Zurücklassung auch der feinsten mechanisch beigemengten Bestandtheile die Maschen des Beutels. ad 2. Sobald alle Hefe, die man auf einmal verarbeiten will, auf diese Weise gereinigt ist, gießt man in das Wassergefäß so viel Wasser, daß dasselbe etwa dreimal so viel an Volum beträgt als die Hefe. Hierauf löse ich kohlensaures Ammoniak im Wasser auf – etwa 1/2–1 Loth auf jede Maaß Bierhefe, je nach der mehreren oder minderen Verunreinigung derselben durch Hopfenharz – und mische dieses gut mit der eingewässerten Hefe. Kurze Zeit darauf scheidet sich die Hefe vom Wasser. In letzterem ist jetzt das Hopfenharz gelöst, während die schwerere entbitterte, weiße Hefe sich zu Boden setzt. – In demselben Maaße als dieß geschieht, lasse ich sofort das braune ammoniakalische Wasser vermittelst mehrerer unter einander angebrachten Pipen abfließen. – Nunmehr bleibt nur die weiße, entbitterte, aber etwas weniger kräftige Hefe, welche nochmal mit Wasser ausgesüßt wird. ad 3. Ich nehme gebrochenes Gersten-Luftmalz, maische dasselbe mit kaltem Wasser ein, erwärme die Maische allmählich auf 52–55° R. und überlasse es 24 Stunden lang – nachdem ich die klare Flüssigkeit durch einen feinen Siebboden von den als Viehfutter dienenden Träbern abgezogen habe – und nachdem ich in dem später anzugebenden Verhältnisse Weinsäure zugesetzt habe, der Zuckerbildung und Säuerung. Ich bereite solchen Extract etwa dem Volum nach doppelt so viel, als ich Hefe darin regeneriren will, und so, daß derselbe circa 20 Proc. Stärkezucker aufgelöst enthält. Hiernach berechnet sich das nöthige Quantum Malz. An Weinsäure gebe ich auf jeden Eimer solchen Extractes 1 Loth im krystallisirten Zustande. Während der 24 stündigen Periode der Ruhe muß der Extract in einem Locale, dessen Temperatur nicht unter 18° R. beträgt, stehen. Am Schlusse derselben setzt man nun die aus der Manipulation ad 2 erhaltene Hefe hinzu, und zwar so, daß die Temperatur der Mischung etwa 20° R. beträgt. – Es entsteht nun bei der unverhältnißmäßigen Menge Bierhefe in kurzer Zeit eine außerordentlich kräftige Gährung, in Folge deren nicht allein die zugesetzte Bierhefe zu erhöhter Kraft gelangt, sondern in deren Folge auch die aus dem Malze in dem Extracte aufgelösten Proteinstoffe in Hefe verwandelt werden. Die neue regenerirte Hefe steigt zum Theil auf die Oberfläche, und wird von da abgeschöpft und unter Wasser gesetzt; zum Theil legt sie sich zu Boden; nach 36 bis 48 Stunden ist die Gährung gänzlich vollendet, und dann wird die Flüssigkeit abgezapft, während die Bodenhefe, ebenfalls unter Wasser gesetzt, mit der oben geschöpften Hefe vermischt, und in doppelten Leinwandbeuteln wie gewöhnlich abgepreßt wird. Die nun entfallende Trockenhefe ist weiß, sehr kräftig, von weinsäuerlichem Geruche und haltbar. Aus der abgezogenen Flüssigkeit wird als Nebenproduct sogleich auf die bekannte Weise der darin enthaltene Branntwein durch Brennen gewonnen.Dieser Patentbeschreibung war nachstehendes Zeugniß des Bäckermeisters F. Kempf in München beigefügt:„Ich bezeuge hiermit, daß bei mir die von Hrn. Kramer verfertigte Preßhefe probirt und für sehr vortheilhaft befunden wurde:1) kommt die genannte Hefe billiger, als die Germ;2) werden die Semmel pflaumiger und schmackhafter;3) backen sich die Semmel lichter und behalten Resche.Die Behandlungsweise ist sehr einfach, wie folgt:Das Wasser nimmt man ebenso, wie bei der Germ, je nachdem das Mehl ist. – Ich nehme auf 24 Maaß Wasser 6 Loth Hefe, löse sie im Wasser auf, und mache einen Angriff, ebenso wie bei der Germ; trifft also auf die Maaß 1 Quint. Daß diese Hefe billiger kommt, ist daraus ersichtlich, daß ich täglich um 12 kr. Germ brauche, während ich mit 1 Pfund Hefe, welches 36 kr. kostet, 4 Tage ausreiche.Um 8 bis 1/2 9 Uhr früh wird der Angriff gemacht; in 1 1/2 bis 2 Stunden ist es fertig, um 1/2 12 Uhr Mittag wird das Dampfel gemacht, dieß steht bis 8 oder 1/2 9 Uhr Abends, und dann wird wie gewöhnlich gearbeitet.“