Titel: Das Scalenrädchen (Revolving scale, Molette métrique); von Hermann v. Schlagintweit.
Fundstelle: Band 170, Jahrgang 1863, Nr. I., S. 1
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I. Das Scalenrädchen (Revolving scale, Molette métrique); von Hermann v. Schlagintweit. Mit Abbildungen auf Tab. I. Hermann von Schlagintweit's Scalenrädchen. Die vielfache Veranlassung, die sich uns bot, die Länge krummer Linien in Plänen und Karten an geographischen Gegenständen, als Flüssen, Routen etc. zu messen, oder, was mir für die Beurtheilung der Veränderlichkeit Siehe Results of a scientific Mission to India and High Asia: vol. IV, Meteorolog. vieler Phänomene besonders wichtig wurde, die Curven durch den Ausdruck ihrer Länge in geraden Linien zu vergleichenAuch für Messungen an Schädeln und Skeletten, an zoologischen Objecten, wie Schnecken etc., konnte ich es vielfach anwenden. hat mich auf die Construction eines kleinen Instrumentes geführt, dessen ich mich bereits seit längerer Zeit vielfach bediente. Seine Einfachheit ließ mich erwarten, daß vielleicht das Instrument in England oder Frankreich schon angefertigt sey, und ich verschob es daher, mein kleines Meßinstrument zu beschreiben, bis es jüngst in der Pariser Akademie von General Morin und in der British Association von Hrn. Lockyer Comptes rendus, t. LVII, séance Août 17, 1863.Les Mondes, vol. II, 3 livr.British Assoc. Newcastle, Sept. 1863. als „neu und durch seine Form und geringen Dimensionen praktisch nützlich“ vorgelegt wurde.Die erste Anwendung eines Rädchens war jene in Elliot's Perambulator oder Opisometer, wobei aber statt der Theilung des Rades die Fortbewegung längs einer Schraube und das Wiederzurückdrehen auf einem Maaßstabe angewendet wird. Das Instrument welches ich Scalenrädchen (Revolving scale, Molette métrique) zu nennen vorschlage, ist ein getheiltes Rädchen, dreht sich um eine Achse und hat zur Führung entweder einen kleinen Stiel oder eine nach Art der Carabinerhaken gekrümmte Feder, wodurch es mit Bequemlichkeit an einer Uhrkette etc. angebracht werden kann. Am oberen Ende des Stieles können zugleich noch Theile kleiner als die Scaleneinheilen der Peripherie-Theilung angegeben seyn, um damit Reste, die sich bei der zu messenden Linie ergeben, genauer zu bestimmen als es durch Schätzung geschehen kann.Vergl. die Abbildungen Fig. 15a 15e auf Tab. I. Die Construction des Rädchens ist folgende: Ein flacher Cylinder, dessen Umfang der zu Grunde liegenden Maaßeinheit gleichgemacht ist, wird durch radienförmig eingetriebene Stahlspitzen, die nur wenig vorzustehen nöthig haben, getheilt. Durch Fortrollen über eine gerade oder krumme Linie kann er dann unmittelbar als Maaß für dieselbe gebraucht werden; überdieß ist die Linie durch die Marken, welche das Instrument in der Form von feinen Punkten hinterläßt, ihrer ganzen Länge nach getheilt. Auch zur raschen Herstellung größerer Längenmaaße läßt sich das Scalenrädchen leicht anwenden, indem man es längs einem Lineale über einen Papierstreifen fortführt. Die Dimensionen welche ich für den bequemen Gebrauch am passendsten fand, sind hier für Zolle, Centimeter und für topographische Maaße zusammengestellt.Die Schrift auf den Rädchen, welche in den Abbildungen der Einfachheit wegen, ebenso wie die Zahlen, auf der Vorderseite angegeben ist, wird für den Gebrauch besser auf der Rückseite angebracht. A. Für Zolle. Größe des Umfanges von 2 Zollen, wobei die Zahlen 0, 1/4, 1/2, 3/4, 1, 1 1/4, 1 1/2 und 1 3/4 oder den Spitzen im Rädchen eingravirt sind, und überdieß der Anfang (0) und die Hälfte des Umfanges (1) durch doppelte, nebeneinander stehende Spitzen unterschieden wird. B. Für Centimeter. Für das französische Maaß wählte ich 3 oder 5 Centimeter mit 6 oder 10 Punkten, wobei die ganzen Centimeter von den halben durch doppelte Spitzen unterschieden sind. C. Für die topographischen Maaße Eine entsprechende Modification wäre auch für die französischen Karten im Maaßstabe von 1 : 80000 anzubringen; doch läßt sie sich leicht dadurch ersetzen, daß man den Werth des Centimeters statt wie bei 1/100000 = 1 Kilometer, jetzt gleich 0,8 Kilometern setzt. auf jenen Karten, welche nach Meilen zu messen, aber im Verhältnisse von 1 : 100000 oder in Theilen dieser Proportion construirt sind, ist als Einheit die halbe geographische Meile zu Grunde gelegt, wobei der Umfang des Rades 1,37 Par. Zoll, der Durchmesser 5,22 Par. Linien sind. Es ist dabei für die deutsche geographische Meile nach Bessel der Werth von 3807,23 Toisen angenommen. Für jene Karten, denen das Verhältniß 1 : 144000 oder Multipla davon zu Grunde liegen, ist der Umfang von 2 Zollen, in 12 Theile getheilt, die Größe, welche zum Gebrauche am bequemsten ist. Der ganze Umfang entspricht dann einer Duodecimalmeile oder 24000 Fuß, der einzelne Theil 2000 Fuß, und das Scalenrädchen ist zugleich das absolute Maaß eines Zolles, von 2 zu 2 Linien getheilt; der Anfang und die Mitte erhalten dabei Doppelspitzen. Auf jedem Rädchen ist überdieß der Anfang der Theilung durch einen breiten Strich, der mit der 0 verbunden ist, und diese ist als eine volle dunkle Ellipse noch besonders deutlich hervorgehoben. Dieß beschleunigt wesentlich die Anwendung beim Messen, indem man bis nahe dem Ende der zu messenden Linie nicht alle einzelnen Theile, sondern nur die ganzen Umdrehungen zu zählen braucht. In Beziehung auf die mechanische Construction dürfte noch zu bemerken seyn, daß die Kante des Rädchens schmal ist und ringsum gekerbt wird, um die Führung zu erleichtern, und daß die Spitzen dünn und kurz gemacht werden. Bei dem Gebrauche wird das Papier, wenn sehr dünn, besser auf eine etwas weiche Unterlage als unmittelbar auf eine feste glatte Fläche gelegt, um das genaue Berühren des Randes des Rades und das Eindrücken der Spitzen zu erleichtern. Die Dicke der Achse, um welche sich das Rädchen dreht, auch das etwaige sich Erweitern der Durchbohrung für die Achse, sind für die Benützung ohne Einfluß, da unmittelbar die Peripherie das Maaß bietet. Auf Karten dürfte noch immer auch die auf dieselben gravirte Scala durch das Rädchen zu untersuchen seyn, um zu sehen, ob sich nicht das Papier nach dem Drucken, wie so häufig, meßbar zusammengezogen hat. (Ungleiche Ausdehnungen des Papieres in verticaler und horizontaler Richtung durch den Druck lassen sich durch Nachmessen der Breiten- und Längengrade mit dem Rädchen controlliren; diese sind aber gewöhnlich nicht sehr bedeutend.) Die Anwendung ist, wie ich glaube beifügen zu dürfen, sehr leicht und mit Präcision auszuführen. Schon der kleine Widerstand beim Eindrücken der Spitzen erlaubt bei dem Zählen der Theile sie nicht nur zu sehen, sondern auch zu fühlen; überdieß wird ja die zu messende Linie selbst getheilt, und durch die eingetragenen Punkte wird zugleich controllirt ob man, indem man das Rädchen darüber wegführte, genau der Linie gefolgt war. Zugleich ist dadurch die ganze Linie getheilt, was nicht nur für die Länge von Wegen oder Flüssen auf Karten, sondern auch bei der Untersuchung vieler Curven als Anhaltspunkte in dem ersten Entwurfe mathematischer Formeln von Interesse ist.Will man es vermeiden Punkte in das Papier einzudrücken, so genügt es, das Rädchen etwas leichter darüber zu führen; man mißt dann statt mit der Peripherie desKreises zum Theile auch mit dem Umfange eines Polygons, das aber, wenn die Spitzen kurz, erst bei sehr langen Stücken eine meßbare Abweichung bietet, die sich überdieß leicht unmittelbar bestimmen läßt, wenn man auf ein anderes Stück Papier das Rädchen innerhalb derselben Länge zweimal, nämlich ohne Eindrücken der Spitzen, und auch noch mit Eindrücken der Spitzen, fortrollt. Nachschrift des Herausgebers. Verglichen mit dem Messen durch die seitliche Verschiebung eines Rades über eine Schraube, wie es in Elliot's Perambulator oder Opisometer geschieht, hat die unmittelbare Theilung des Scalenrades und seine einfache Drehung um eine cylindrische Achse die beiden wesentlichen Vortheile, daß im Instrumente selbst ein absolutes Maaß ist und daß das Ansetzen des Instrumentes am Anfange der Linie ganz genau bestimmt ist, während bei dem Perambulator ein geringer Fehler in dem durch Schätzung bestimmten Verticalstellen des Instrumentes einen Fehler im Resultate zur Folge hat, der überdieß bei dem Zurückrollen über den Maaßstab zum zweitenmale, und bei Linien die länger sind als der Maaßstab, selbst mehrmals sich wiederholt. Die Form des Instrumentes mit der Schraube ist viel breiter, oder es werden die Fehler des erneuerten Ansetzens, wenn die mit dem Schraubengange versehene Achse sehr kurz ist, um so öfter wiederholt. Auch erlaubt das Opisometer nicht mehr, wenn einmal abgehoben, (ohne ein sehr festes Eindrücken in das Papier) die ganzen Linien entlang zu beurtheilen, ob die Bewegung des Rades die Linie genau eingehalten hat.

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