Titel: Die neue Luftcompressionsmaschine des Ingenieurs Sommeiller in Turin.
Fundstelle: Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XXIV., S. 87
Download: XML
XXIV. Die neue Luftcompressionsmaschine des Ingenieurs Sommeiller in Turin. Aus Armengaud's Génie industriel, Juli 1863, S. 15. Mit einer Abbildung auf Tab. II. Sommeiller's Luftcompressionsmaschine. Im Jahrgang 1862 des polytechn. Journals Bd. CLXIII S. 254 haben wir eine Beschreibung der bei dem Durchstich des Mont-Cenis angewandten, von Sommeiller construirten Bohrmaschinen mitgetheilt. Bei diesem Durchbohrungssystem, welches auf der Anwendung comprimirter Luft beruht, benutzte Sommeiller zuerst den hydraulischen Compressionsapparat, welcher in jenem Aufsatz beschrieben ist, nämlich einen umgekehrten Heber, in welchen auf der einen Seite Wasser und auf der anderen Luft eingeführt wird; das Wasser fällt hierbei in dem einen Heberarme herab, steigt in dem anderen in die Höhe und comprimirt so die darin befindliche Luft, letztere öffnet, sobald sie einen genügenden Grad von Spannkraft erreicht hat, ein Ventil, durch welches sie in einen Behälter eindringt; hierauf öffnet sich ein Entleerungsventil und das Spiel beginnt von Neuem, sobald der zweite Heberarm von Wasser frei ist. Ungeachtet der guten, mit diesen Compressionsapparaten erzielten Resultate, hat Sommeiller später einen neuen Apparat angewendet, welchen er sich am 20. März 1860 für Frankreich patentiren ließ. Derselbe bietet zunächst den Vortheil dar, daß er einfacher ist und sicherer arbeitet. Bei der Construction dieses neuen Compressionsapparates hat sich Sommeiller insbesondere die Aufgabe gestellt, die Nachtheile des schädlichen Raumes zu vermeiden, welcher durch das Einlassen einer Flüssigkeit über den Flächen des Compressionskolbens entsteht. Dieser Zweck wird mit dem neuen Apparate unbedingt erreicht, wie man aus der folgenden Beschreibung ersehen wird. Hierdurch ist es möglich, den Apparat zum Comprimiren der Luft oder eines Gases bis zu einem beliebigen Grade, und zwar ohne Verlust an Nutzleistung in der Industrie anzuwenden.Dieß veranlaßt uns, die nachfolgende ausführliche Beschreibung des neuen Compressionsapparates mitzutheilen, welcher durch die im polytechn. Journal Bd. CLXI S. 167 aufgenommene Uebersetzung des englischen Patents unsern Lesern bereits bekannt ist.A. d. Red. Der Apparat ist in Figur 14 in einem Verticaldurchschnitt durch die Mittellinie der Compressionscylinder dargestellt und besteht: 1) aus einem horizontalen Cylinder A ohne Böden, in welchem sich ein Kolben P bewegt, der durch die Kraft irgend eines auf die Kolbenstange p wirkenden Motors in Thätigkeit gesetzt wird; 2) aus zwei verticalen Compressionscylindern B und C, welche durch ihren unteren Theil in directer Verbindung mit dem vorhergehenden Cylinder stehen; 3) aus einem kugelförmigen, zwischen den beiden verticalen Cylindern angebrachten Behälter M, in welchem sich ein ebenfalls kugelförmiger Schwimmer G befindet, dessen Durchmesser kleiner ist als der seines Behälters, so daß ein beliebig großer freier Raum zwischen ihnen bleibt; 4) aus einem cylindrischen Reservoir R mit dem Speisewasser, welches einen ununterbrochenen Zufluß haben und über dem Behälter M angebracht seyn muß. Das Reservoir R ist an zwei Seiten mit Hähnen r und r' versehen, durch welche das Wasser in die Räume E und F ausfließt; 5) aus fünf Ventilen, nämlich: zwei s, s' zum Ansaugen der atmosphärischen Luft oder des zu comprimirenden Gases; dieselben sind im oberen Theile der beiden verticalen Cylinder B und C angebracht und tauchen in zwei mit Wasser angefüllte Kästen X und X' ein, welche mit den Cylindern B und C aus einem Stücke gegossen sind. Zwei weitere Ventile o und o' dienen als Druckventile für die comprimirte Luft oder die comprimirten Gase und liegen ebenfalls in dem oberen Theile der verticalen Cylinder B und C, und zwar ein wenig höher als die Saugventile; dieselben bilden die Böden der Wasserbehälter Y und Y'. Das fünfte Ventil Z hat seinen Platz in dem unteren Theile des mittleren Reservoirs M, bewirkt dessen Entleerung und steht ebenfalls unter Wasser. Von den zwei verticalen Rohren T und T' endlich führt das eine die comprimirte Luft nach einem Sammelrohr ab und das andere ist dazu bestimmt, das Wasser jedesmal auszulassen, sobald es die Luft comprimirt hat. Spiel des Apparates. – Der sich horizontal bewegende Kolben P arbeitet vollständig unter Wasser. Die Schließung der Saug- und Druckventile s und s' findet statt, da dieselben in Folge ihrer Anordnung in den Kästen X, X' und Y, Y' beständig unter Wasser stehen; diese Kästen sind nämlich bis zu einer constanten Höhe mit Wasser gefüllt und so eingerichtet, daß das die Ventile schließende Wasser die Rückkehr von Luft, sowohl bei dem Ansaugen, als auch bei dem Hinaufdrücken, ganz sicher verhindert. Die in den verticalen Cylindern B und C comprimirte Luft geht durch die Druckventile o, o' hindurch in das Rohr x, wobei gleichzeitig auch mechanisch eine kleine Wassermenge mitgerissen wird, die sich in demselben ausbreitet und die Verbindung zwischen den Kästen mit den Druckventilen für die comprimirte Luft herstellt, von wo letztere durch das Verticalrohr T in das Sammelreservoir geleitet wird. Die mit der comprimirten Luft zugleich in den Raum x mitgerissene, kleine Wassermenge dient zur Schließung der Druckventile und fließt dann natürlich in das mittlere, mit dem Schwimmer G versehene Reservoir M ab. Sobald das auf die angegebene Weise in das Reservoir M gelangende Wasser eine gewisse Höhe in demselben erreicht hat, hebt es den Schwimmer G in die Höhe, der das Entleerungsventil Z mit sich zieht, durch welches das Wasser in der Röhre T'' unter dem Drucke der in dem horizontalen Raum X zwischen den beiden Cylindern eingeschlossenen comprimirten Luft aus dem Apparate ausfließt. In Folge dieser Entleerung sinkt das Wasser in dem mittleren Behälter M und mit ihm auch der Schwimmer; das Ventil schließt sich, bis ein neuer Wasserzufluß den Schwimmer wieder aufsteigen läßt. Auf diese Weise wird das in zwei ununterbrochenen Strahlen durch die Hähne r, r' des Speisebassins einfließende Wasser, nachdem es seinen Zweck, die Schließung der Saugventile, erfüllt hat, auf eine intermittirende und selbstthätige Weise zu gleicher Zeit mit dem durch die comprimirte Luft mechanisch mitgerissenen Wasser aus dem Apparate ausgetrieben. Man könnte hiergegen einwenden, daß die ununterbrochene Einführung von frischem Wasser in den Apparat die Nutzleistung um eine gewisse Größe vermindere. Dieß ist zwar wahr, aber der Verlust an Nutzleistung ist außerordentlich klein. Ferner verhindert dieses frische Wasser, dessen Menge man nach Belieben verändern kann, das Heißwerden der Pumpe, indem es fortwährend die durch die Compression der Luft oder des Gases erzeugte Wärme in sich aufnimmt und dadurch dem Mangelhaftwerden der Pumpe vorbeugt. Wir wollen nun annehmen, das Saugventil s' sey geöffnet, der Kolben P solle zuerst von der Linken zur Rechten, d.h. von a nach a' gehen; ferner das Ventil o' des auf der rechten Seite befindlichen Compressionscylinders C sey geschlossen, der linke Compressionscylinder B mit Wasser angefüllt, in dem Cylinder C dagegen stehe das Wasser nur ungefähr bis zur Hälfte seiner Höhe, nämlich bis zur Linie nn'. Außerdem nehmen wir an, der übrige Raum in dem Cylinder C enthalte so viel atmosphärische Luft, als bei einem einzigen Kolbenhube eindringt, d.h. bei einer Bewegung von der Linken zur Rechten, von a nach a', wovon wir nur die Wassermenge abrechnen, welche von der Luft oder dem Gase bei dem vorhergegangenen Ansaugen durch das Saugventil s' des rechten Cylinders mitgerissen wurde. In diesem Zustande und unter der weiteren Voraussetzung, daß die comprimirte Luft in dem Raume X, welcher die Druckventile der beiden verticalen Cylinder verbindet und in dem Sammelrohr, zu dem das oben über dem Schwimmer befindliche Rohr T führt, bereits den bestimmten Druck ausübt, wird der Kolben P bei seiner Bewegung von links nach rechts den Wasserstand n, n' in dem rechten Cylinder steigen lassen und die darüber stehende Luftsäule eben so stark comprimiren, in Folge dessen das Druckventil, o' dann aufgehoben und die comprimirte Luft in den darüber befindlichen Raum x und von da in den Sammelbehälter getrieben wird. Da in dem Obigen schon angegeben wurde, welchen Weg die von der comprimirten Luft mitgerissene Wassermenge einschlägt, so bedarf dieß hier keiner Wiederholung. Ist der Kolben an dem todten Punkte, d.h. am Ende seines Weges, von der Linken zu der Rechten in a' angekommen, so fällt das Druckventil o' des rechten Cylinders C' natürlich durch sein Eigengewicht wieder auf seinen Sitz herab und wird durch das aus dem oberen Reservoir in seinen Kasten Y' geflossene Wasser geschlossen gehalten. Es könnte daher bei mangelhafter Anfertigung dieses Ventils während der Bewegung des Kolbens von rechts nach links, d.h. von a' nach a, höchstens ein unbedeutendes Durchrinnen des das Ventil bedeckenden Wassers und keinesweges eine Rückströmung der comprimirten Luft durch dasselbe stattfinden, die in dem Raum x eingeschlossen ist, welcher die Druckventile in Verbindung setzt. Sobald nun der Kolben seine Stellung an der äußersten Linken verläßt und sich nach rechts zu bewegen beginnt, schließt sich das Saugventil s' in dem rechten Cylinder C, und dieser Verschluß ist der in diesem Cylinder in Compression befindlichen Luft nicht zugänglich, weil sie durch das Wassers in dem Kasten X', in welches dieses Ventil s' eintaucht, davon abgehalten wird. Es könnte daher bei mangelhafter Anfertigung dieses Saugventils s', ebenso wie bei dem Druckventil o' gezeigt wurde, nur ein unbedeutendes Durchrinnen von Wasser, jedoch nicht in demselben Augenblicke, stattfinden. Dieß ist das Spiel in dem Compressionscylinder C während der Bewegung des Kolbens von der Linken zur Rechten, und es ist klar, daß sich dasselbe in dem Compressionscylinder B während des Rückganges des Kolbens von rechts nach links wiederholt; es genügt daher das bereits hierüber Gesagte. Es wurde angenommen, daß bei dem Beginne der Operation der Cylinder B ganz mit Wasser angefüllt sey, während dasselbe in dem Cylinder C nur die Höhe n, n' erreiche. Da nun der Cylinder A mit dem Treibkolben P wegen seiner tiefen Lage ebenfalls voll Wasser ist, so folgt hieraus, daß der Kolben bei seiner Bewegung von links nach rechts das in dem Cylinder enthaltene Wasser vor sich hertreibt, welches zum Comprimiren der in den Cylinder C eingeführten Luft dient, die den über dem Wasserstande n, n' leer gebliebenen Raum einnimmt, welcher, wie wir bereits oben gesagt haben, gleich dem bei einem einzigen Kolbenhube eingedrungenen Luftvolumen ist. Bei der Bewegung des Kolbens P von der Linken zur Rechten zieht derselbe aber aus dem Cylinder B ein Wasservolumen an, welches gleich dem von ihm ausgetriebenen ist, und der Wasserstand in dem Cylinder B ist bei der Ankunft des Kolbens am Ende seines Weges nach rechts bis auf die Höhe m, m' oder das ursprüngliche Niveau in diesem Cylinder gefallen, und der darüber befindliche leere Raum füllt sich dann mit atmosphärischer, durch das Ventil s dieses Cylinders angesogener Luft. Hierauf wird bei der Bewegung des Kolbens von rechts nach links die in dem Cylinder B enthaltene Luft comprimirt und durch das Druckventil o in den Raum x getrieben, welcher die Behälter der Drückventile mit einander verbindet, und es findet dann in dieser Hälfte des Apparates ganz dasselbe Spiel statt, welches wir für die andere angegeben haben.

Tafeln

Tafel Tab. II
Tab. II