Titel: Die Schweißbarkeit des Platins und ihr Nutzen in der physikalischen Technik; von C. A. Grüel, Mechaniker in Berlin.
Autor: C. A. Grüel
Fundstelle: Band 170, Jahrgang 1863, Nr. LXXXII., S. 284
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LXXXII. Die Schweißbarkeit des Platins und ihr Nutzen in der physikalischen Technik; von C. A. Grüel, Mechaniker in Berlin. Grüel, über die Schweißbarkeit des Platins und ihren Nutzen in der physikalischen Technik. Das reine, sehr geschmeidige Platin, wie es von den französischen Fabriken geliefert wird, besitzt im Gegensatz zu dem russischen, welches sich nicht zur Darstellung dünnerer Bleche und Drähte eignet, die Eigenschaft der Schweißbarkeit in so ausgezeichnetem Grade wie kein anderes Metall, und es dürfte gegenwärtige Hinweisung um so mehr Berechtigung haben, als so häufig physikalische Arbeiten vorkommen, welche bekunden, daß man diese charakteristische Eigenschaft des Platins entweder nicht gekannt oder doch zum Vortheil für die Arbeit, wenn auch mit ansehnlicher Zeitersparniß zu verwerthen, nicht verstanden hat. Es geschieht oft, daß Platintiegel beim Entleeren und Reinigen durch Anwendung scharfer Instrumente beschädigt, mechanisch verletzt werden; ein Schaden, der meist durch Goldlöthung reparirt zu werden pflegt; eben so, wenn der Tiegel durch chemische Operationen legirt und durchlöchert worden ist. Die Platin-Elektroden an Wasser-Zersetzungsapparaten, gewöhnlich schmale oblongische Bleche, findet man mit Drähten versehen, entweder angelöthet oder so befestigt, daß der Draht einigemal hin und her durchgesteckt und schließlich umgebogen ist. Die Verlängerung eines Platinbleches ist etwa dadurch bewerkstelligt, daß die zu vereinigenden Blechränder umgefalzt, dann in einander gehängt und nach dem Zusammenhämmern noch mit Kernpunkten versehen wurden, damit sie sich nicht so leicht abtrennen sollen, wodurch beiläufig an der betreffenden Stelle eine vierfache Blechstärke entstanden und verschwendet ist. Diese Procedur ist besonders häufig an den Elementen der Grove'schen Ketten zu bemerken, deren Reparatur-Bedürftigkeit zunimmt, je öfter die Bleche hin und her gebogen, ihren Zusammenhang mit dem Contact am oberen Ende verlieren oder auch oftmals geknittert seitlich einreißen und unten abbrechen. Eine solche Reparatur kann mittelst der Schweißung ohne Mühe so vollendet ausgeführt werden, daß die beschädigten Stellen gar nicht einmal aufzufinden sind. Ebenso ist die Vereinigung der Bleche mit Drähten durch einen einzigen richtig geführten Hammerschlag auf das vollkommenste erreicht. Es kommt nur darauf an, daß die zu vereinigenden Stellen absolut rein metallisch und vollkommen weißglühend seyen, wenn das Löthrohr, der Amboß und Hammer richtig bereit stehen, um im rechten Augenblick zusammen zu wirken. Legirte Stellen werden, weil sie nicht willig schweißen, am besten ganz weggeschnitten, wenn dadurch auch die auszubessernde Stelle an Umfang gewinnen sollte, doch gehört zu Schalen, Tiegeln, Röhren eine passend geformte feste Unterlage, und diese muß vor dem Schlage eine Stellung haben, die dem Platin bei seiner ohnehin geringen Wärmecapacität die volle Glühhitze nicht entziehen kann. Drähte und Blechschnitzel lassen sich durch die Schweißung mehrfach doubliren, dann durch Hämmern, Auswalzen, Ausziehen, in Drähte und Bleche von jeder gewünschten Form bringen, ein Umstand, der vortheilhaft genug ist, da die Abschnitte kaum die Hälfte des Metallwerthes haben und die zu einem bestimmten Zweck eben benöthigte Blech- oder Drahtform in Ermangelung besseren Vorraths sich in wenigen Minuten herstellen läßt. Das Weichlöthen galvanischer Platincontactstellen ist fehlerhaft, da das Platin sich so leicht mit den Bestandtheilen des Lothes legirt und den Contact unsicher macht, zumal dort, wo eine galvanische Schließung oft und stets an derselben Stelle wiederkehren muß. Was die Anwendung des Platins als Elektromotor (in der Grove'schen Kette) betrifft, so hat dieselbe seit der Zeit große Abnahme gefunden, wo man den Werth dichter, guter Retortenkohle, wie sie gegenwärtig zu Gebot steht, erkannte. Berlin, im November 1863.