Titel: Ueber die Erkennung und Nachweisung außerordentlich kleiner Quantitäten von Salpetersäure; von Dr. Herm. Sprengel.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XXXV., S. 142
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XXXV. Ueber die Erkennung und Nachweisung außerordentlich kleiner Quantitäten von Salpetersäure; von Dr. Herm. Sprengel. Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1864, Bd. CXXI S. 188. Sprengel über die Erkennung und Nachweisung außerordentlich kleiner Quantitäten von Salpetersäure. Die Reactionen für die Erkennung der Salpetersäure lassen sich in zwei Hauptgruppen theilen. Die erste umschließt die, wo die Gegenwart der Säure durch das Hervorrufen irgend einer Oxydation verrathen wird; die zweite jene, welche ihren Grund in der Bildung neuer Körper haben, die nicht nur einen Theil des Sauerstoffs, sondern auch zu gleicher Zeit den Stickstoff enthalten, der ursprünglich in der Salpetersäure enthalten war. Da nun viele Körper als Oxydationsmittel unter denselben Umständen wie Salpetersäure wirken können, so darf das bloße Auftreten einer Oxydationserscheinung während des Suchens nach dieser Säure durchaus nicht als genügender Beweis für ihre Gegenwart angenommen werden. Es ist lange bekannt gewesen, daß Salpetersäure eine höchst energische Einwirkung auf die Körper der Phenylgruppe ausübt, die in sehr vielen Fällen mit dem Auftreten intensiver Farbenerscheinungen begleitet ist, was bis jetzt, so viel ich weiß, nicht auf die gegenseitige Erkennung dieser Körper angewandt ist. Die Art und Weise, wie ich hierbei verfahre, ist folgende: Ich löse 1 Theil Phenol (sogenanntes krystallisirtes Steinkohlen-Kreosot) in vier Theilen reiner concentrirter Schwefelsäure und verdünne dieß mit etwa 2 Theilen destillirtem Wasser. Wenn die auf Salpetersäure zu untersuchende Substanz in Lösung ist, so verdampfe ich sie in einem kleinen Porzellantiegel oder auf dessen Deckel, und lasse auf den ungefähr 100° Cels. warmen Rückstand 1 oder 2 Tropfen von der erwähnten reinen Phenylschwefelsäure fallen. Durch den Ueberschuß der Schwefelsäure werden die salpetersauren Salze, wenn solche in dem abgedampften Rückstande zugegen seyn sollten, zersetzt und die daraus entwickelte Salpetersäure wird mit dem Phenol sofort Nitroverbindungen bilden, die sich durch das Auftreten einer bräunlich-rothen Färbung zu erkennen geben. Wenn keine organischen Körper, oder jene Chlor-, Jod- und Bromverbindungen zugegen sind, aus denen Schwefelsäure leicht Kohle oder die genannten Haloide abscheidet, so ist diese Färbung an und für sich schon beweisgebend. Da man indeß stets auf jene Stoffe Rücksicht zu nehmen hat, so thut man in allen Fällen besser, 1 oder 2 Tropfen Aetzammoniakflüssigkeit dem gefärbten Producte hinzuzufügen, wodurch sich eine intensive Gelbfärbung der Flüssigkeit, in Folge des gebildet werdenden nitrophenylsauren (pikrinsauren) Ammoniaks, zu erkennen gibt, während die genannten Haloide sich zu farblosen Salzen lösen und etwa vorhandene Kohle in feinen Partikelchen suspendirt bleibt. Wir haben hier sonach ein Mittel, wodurch sich Salpetersäure mit Sicherheit und Schnelligkeit in außerordentlich kleinen Quantitäten nachweisen läßt. Ich war fähig, Salpetersäure in dem Rückstande eines Tröpfchen Wassers zu erkennen, das nicht mehr als den 4/10'000sten Theil eines Milligramms Salpetersäure enthielt. Ich hatte kürzlich mehrere Brunnenwässer zu untersuchen, von denen ein einziger Tropfen mehr als genügend war, Salpetersäure mit Sicherheit nach obiger Methode zu erkennen. Salpetrigsaure Salze verhalten sich den salpetersauren ähnlich, nur will mir scheinen, daß gleiche Quantitäten beider Salze nicht gleiche Farbenintensität hervorrufen, und daß annähernd 3 Aequivalente eines salpetrigsauren Salzes nicht mehr Effect, wie 1 Aequivalent eines salpetersauren Salzes haben. Hierbei sey noch erwähnt, daß, um obige Experimente mit günstigem Erfolge auszuführen, man gut thut, die auf Salpetersäure zu untersuchende Flüssigkeit Tropfen nach Tropfen abzudampfen und dabei Sorge zu tragen, daß jeder Tropfen auf dieselbe Stelle des Porzellanschälchens falle, und dann auch nicht mehr von den Reagentien zum abgedampften Rückstande zu geben, als eben erforderlich ist.