Titel: Ueber die Auflösung von Harzen, namentlich Copal in Aceton, zur Herstellung geistiger Firnisse, nebst einer Bemerkung zum sogenannten Regenerationsverfahren alter Oelbilder; von Dr. Wiederhold.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXXII., S. 461
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CXXII. Ueber die Auflösung von Harzen, namentlich Copal in Aceton, zur Herstellung geistiger Firnisse, nebst einer Bemerkung zum sogenannten Regenerationsverfahren alter Oelbilder; von Dr. Wiederhold. Aus den neuen Gewerbeblättern für Kurhessen, 1864, Nr. 23. Wiederhold, über die Auflösung von Harzen in Aceton zur Herstellung geistiger Firnisse. Der auflösenden Wirkung des Acetons (Essiggeist) auf verschiedene Harze hat man bisher nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, welche dieselbe wohl verdient. Ich habe in dieser Richtung einige Versuche angestellt und theile im Nachstehenden die Resultate derselben mit. Von besonderem Interesse erscheint die Auflöslichkeit des Copals in Aceton. Wenn man gepulverten, bis zur beginnenden Schmelzung scharf gedörrten Copal mit wasserfreiem (über Chlorcalcium rectificirtem) Essiggeist übergießt und tüchtig schüttelt, so tritt schon in der Kälte eine Lösung des Copals ein. Bei dieser Behandlung bedarf 1 Gewichtstheil Copal ungefähr 2,8 Gewichtstheile Aceton zur völligen Auflösung. Man erhält auf diese Weise einen geistigen Copalfirniß, welcher beinahe augenblicklich trocknet und das Harz in einer dauernden und glasähnlichen Glanz besitzenden Form ausscheidet. – Eine copalreichere Lösung kann man – da von der Anwendung der Wärme zur Beförderung der Auflöslichkeit wegen der Flüchtigkeit etc. des Acetons wohl abgesehen werden muß – sehr gut dadurch erreichen, daß man einen Theil des Acetons aus der kalt bereiteten Auflösung abdestillirt. Es läßt sich auf diese Art merkwürdigerweise eine beinahe syrupdicke Lösung erhalten, ohne daß sich Copal abscheidet. Verdunstet man das Aceton vollständig, so scheidet sich der Copal in einer Form ab, in welcher er beim Wiederzubringen von Aceton viel leichter löslich ist, als der ursprüngliche gepulverte Copal. – Durch Verdünnung der syrupdicken Lösung mit Aceton, sowie andererseits durch theilweise Verdunstung des Acetons in der kalt bereiteten Lösung kann man sich daher einen geistigen Copalfirniß von beliebiger Consistenz herstellen. Solcher Firniß eignet sich vorzüglich zum Ueberziehen von Landkarten, als Möbellack etc., überhaupt da, wo ein schnell trocknender, nicht biegsamer Firniß erfordert wird. Für elastische Gegenstände kann derselbe keine Anwendung finden, weil das Copalharz für sich zu spröde ist und beim Biegen zerspringt. In Beziehung auf Schellack lassen sich keine allgemein gültigen Resultate erhalten, weil die – namentlich jetzt – im Handel vorkommenden Schellacksorten sich so außerordentlich verschieden gegen Auflösungsmittel verhalten. – Ein verhältnißmäßig sehr günstiges Resultat erhielt ich bei einem Muster von gebleichtem Schellack. 1 Gewichtstheil Schellack bedurfte zur Auflösung 1,5 Gewichtstheile Aceton, wobei ein dicker, ölartiger Firniß erhalten wurde. Eine andere Probe löste sich dagegen gar nicht, bei einer dritten wurde 1 Gewichtstheil gebleichten Schellacks von 3,5 Gewichtstheilen Aceton aufgelöst. Am größten scheint das Auflösungsvermögen des Acetons für Mastix und Sandarach zu seyn. Beide Harze lösen sich in außerordentlich großer Menge und rasch in der Kälte auf. Man erhält sehr dicke Firnisse von der Consistenz des Leinölfirnisses, die sich natürlich bis zu jedem gewünschten Grade verdünnen lassen, und wenigstens die Mastixlösung, einen sehr guten Glanzlack liefern. Dammar, Bernstein und Kautschuk werden dagegen nur in ganz unerheblicher Menge gelöst. Der industriellen Anwendung des Acetons steht im Augenblicke noch der hohe Preis desselben entgegen. Man darf aber wohl mit Recht annehmen, daß derselbe vorzüglich seinen Grund in dem Umstande hat, daß der Essiggeist bisher keine Anwendung im Großen erfuhr, daß aber mit derselben, ähnlich wie es bei anderen Körpern, dem Phosphor beispielsweise, der Fall war, seine Herstellungskosten erheblich reducirt werden. Sollte das Aceton zu einem entsprechend billigen Preise, woran wir nicht zweifeln, hergestellt werden, so würde sich bald eine neue Classe von geistigen Firnissen in die Industrie einführen. Schließlich erlaube ich mir, die Chemiker, welche sich mit dem sogenannten Regenerationsverfahren alter Oelgemälde beschäftigen, auf das Aceton aufmerksam zu machen. Wenn der sogenannte SchimmelEine vielleicht doch nicht sehr häufige Art der Verderbniß!A. d. Verf. der Oelgemälde in einer molecularen Veränderung der Firnißdecke besteht, wodurch die glasartige Natur des Ueberzuges zerstört wird,Tendenz der in den Harzen enthaltenen Säuren, sich krystallinisch auszuscheiden?A. d. Verf. so dürfte es sich vielleicht empfehlen, zu versuchen, ob durch ein vorsichtiges Auftröpfeln von Aceton der zerbröckelte Firniß nicht wieder gelöst und in glasartiger Form aus der Auflösung niedergeschlagen wird.