Titel: Maschine zum Schmieden und Formen von Metallgegenständen durch hydraulischen Druck; von Henry Bessemer, Ingenieur in London.
Fundstelle: Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XLVII., S. 192
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XLVII. Maschine zum Schmieden und Formen von Metallgegenständen durch hydraulischen Druck; von Henry Bessemer, Ingenieur in London. Aus Armengaud's Génie industriel, Mai 1864, S. 270. Mit Abbildungen auf Tab. III. Bessemer's hydraulische Schmiedmaschine. Seit einiger Zeit beschäftigt man sich viel mit den geeigneten Mitteln, um das Schmieden mittelst des Schlages der Dampfhämmer durch das Schmieden mittelst des mächtigen Druckes der hydraulischen Pressen zu ersetzenMan s. Haswell's hydraulische Presse zum Schnellschmieden, im polytechn. Journal Bd. CLXIX S. 413.; nun hat auch Hr. Bessemer, der Erfinder der nach seinem Namen benannten Stahlfabrication, eine hydraulische Schmiedmaschine construirt. Diese Erfindung besteht darin, den Kolben einer hydraulischen Presse von eigenthümlicher Construction ununterbrochen hin und her zu bewegen, und ihm am Ende eines jeden Hubes die lebendige Kraft mitzutheilen, welche während einer Umdrehung durch ein sehr mächtiges Schwungrad angesammelt wurde. Dieser Apparat ist in seiner einfachsten Form durch den verticalen Querschnitt Fig. 10 und zum Theil im Grundriß in Fig. 11 dargestellt. Man sieht, daß die Maschine aus einem starken, verticalen gußeisernen Cylinder A besteht, der unten geschlossen ist, um einen Preßcylinder zu bilden. Der Rahmen oder das Gestell A', welches aus einem Stücke mit dem Cylinder gegossen ist, trägt oben eine stählerne Platte a, die als Ambos dient. In dem Cylinder bewegt sich ein Kolben d, welcher auf gewöhnliche Weise durch einen Lederstulp nach der Art von Bramah gedichtet und oben mit dem Hammer b ausgerüstet ist. Eine Dampfmaschine oder irgend ein anderer Motor treibt die Kurbelachse B, die mit einem sehr schweren Schwungrade V versehen ist. Der Pumpenkörper P, welcher mit dem Sockel oder der Grundplatte P' aus einem Stücke gegossen ist, enthält keine Ventile und besteht einfach aus einem cylindrischen Hohlraume, welcher direct mit dem Inneren des Preßcylinders A, und zwar unter dem Kolben d durch die Röhre T in Verbindung steht. Ist diese Röhre, der Pumpencylinder und der untere Theil des Preßcylinders mit Wasser gefüllt, und dreht sich die Schwungradachse, so verursacht der Pumpenkolben, wenn er sich zurückzieht, daß der Kolben der Presse niedersinkt. Letzterer steigt dagegen wieder, wenn der Pumpenkolben in den Pumpenkörper eindringt und so das Wasser aus demselben verdrängt. Die Größe des Preßkolben-Hubes hängt demnach von dem Verhältniß des Preßkolben-Querschnittes zum Pumpenkolben-Querschnitte und dem Hube des letzteren ab. Es ist klar, daß der Hammer auf das zu schmiedende Stück nur während eines Theiles seines Hubes wirkt, so daß z.B., wenn man eine Zusammendrückung von 12 Millimetern hervorbringen will, der Preßkolben einen Hub von 50 Millimetern hat, um das zu schmiedende Stück drehen und vorwärts schieben zu können, ehe der nächste Schlag oder vielmehr Druck erfolgt. Die die Presse bewegende Pumpe hat deßhalb während drei Viertheilen ihres Hubes bloß das Gewicht des Preßkolbens mit dem auf ihm ruhenden Eisenstücke zu tragen, während die Zusammendrückung nur beim letzten Viertel des Hubes stattfindet. Beim Rückgang des Pumpenkolbens ist kein Widerstand zu überwältigen, es folgt also daraus, daß nur ein Achtel der Zeit, welche die Presse zu einem ganzen Hube braucht, zur Zusammendrückung oder zum Schmieden verwendet und die vom Motor entwickelte Kraft während sieben Achteln des Hubes vom Schwungrade angesammelt wird, um sie, während der Druck vor sich geht, abzugeben. Die geradlinige Bewegung, welche dem Pumpenkolben p durch die Kurbelwelle B ertheilt wird, ist durch Gleitstücke gesichert, die auf den Kopf der Kolbenstange aufgesteckt sind und in den auf das Gestell P' aufgeschraubten horizontalen Führungsbahnen d gehen. Die Höhe, auf welche der Preßkolben gehoben werden und folglich die Zeitdauer, während welcher er auf das zu schmiedende Stück wirken soll, kann sehr leicht durch Hahnen oder Ventile regulirt werden. Zu diesem Zwecke ist in der Nähe bei der Maschine ein hoch gelegenes Reservoir angebracht, oder der Motor ist mit einer besonderen Druckpumpe versehen, welche das Speisewasser unter den Kolben d mit einem Drucke zu bringen vermag, der mindestens groß genug ist, um dem Gewichte des Preßkolbens das Gleichgewicht zu halten. Mittelst Hahnen oder Ventilen ist der Arbeiter in den Stand gesetzt, Wasser in den Preßcylinder einzuführen, oder solches aus demselben auszulassen, um die Höhe, auf welche sich der Hammer heben soll, nach der Dicke der zu schmiedenden Arbeitsstücke zu richten. Um uns von dem Gesagten eine deutlichere Vorstellung zu machen, nehmen wir an, das Reservoir stünde durch die Röhre n mit dem Cylinder A der Presse in Verbindung. Diese Röhre ist mit einem Hahn n' versehen, so daß, wenn man den Hahnenschlüssel l dreht, das Wasser in den Cylinder eintritt, den Kolben hebt, und so den Zwischenraum zwischen Hammer b und Ambos a vermindert. Läßt man dagegen Wasser durch die Röhre m auslaufen, welche ebenfalls mit dem Cylinder A Fig. 10 in Verbindung steht, und die mit dem Hahn m' versehen ist, der durch den Schlüssel l' gedreht wird, so vergrößert sich die Entfernung des Hammers und Amboses. Es ist also ersichtlich, daß es hinreicht, einen der Hahnen n', m' zu öffnen oder zu schließen, um die Hubhöhe des Hammers beliebig abändern zu können, und folglich auch die Größe der Zusammendrückung, welche man hervorbringen will. Man kann den Hammer selbst vollständig stille stellen, wenn man den Hahn m' so stellt, daß das Wasser aus dem Cylinder ausläuft, und zwar ohne daß man nöthig hat, den Motor oder selbst das Schwungrad zu hemmen. Durch diese Anordnungen wollte der Erfinder den Zweck erreichen, daß die Kraft, welche bei jeder aufsteigenden Bewegung des Preßkolbens auf das zu bearbeitende Metallstück ausgeübt wird, der wirksamen Kraft einer ganzen Schwungradumdrehung gleich ist. Das Schwungrad nimmt in der That die Kraft in sich auf, welche während des nicht wirksamen Theiles seiner Umdrehung vom Motor entwickelt wird, und gibt sie im Augenblicke der Pressung ab. Die Wirkung der Maschine ist also zusammengesetzt aus dem Drucke, der durch mechanische Mittel erzielt wird, und aus dem Drucke der hydraulischen Pressen. Das System des hydraulischen Druckes kann bei einer großen Zahl von Industriezweigen benutzt werden, und zwar nicht bloß zum Durchstoßen, Abschneiden, Hohltreiben, Prägen, Schmieden und Faconniren von Metallgegenständen, sondern auch zum Formen von Backsteinen, Ziegeln, Rinnen und vieler anderer gepulverter und trockener Materialien. Die getroffene Anordnung ist jedoch weniger zum Schmieden sehr großer Gegenstände geeignet, denn da dieselben beständig auf dem Hammer aufruhen, so müssen sie sich mit demselben bewegen. Für diesen Fall schlägt Bessemer vor, die hydraulische Presse über dem Ambos anzubringen, und um dann den Hammer in die Höhe zu heben, müßte über dem Preßcylinder ein zweiter Cylinder mit einem Kolben angeordnet werden, der mit dem Hammer in Verbindung stünde und ihn höbe, sobald ein Wasser- oder Dampfstrom auf den zweiten Kolben wirkt, was stets der Fall seyn müßte, wenn der Hammer seinen Druck ausgeübt hat.

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