Titel: Ueber die Verwendung des bituminösen Liasschiefers der Juraformation der westlichen Pyrenäen zur Darstellung von Beleuchtungs- und Schmiermaterialien; von Dr. H. Vohl in Cöln.
Autor: Hermann Vohl
Fundstelle: Band 173, Jahrgang 1864, Nr. LVIII., S. 232
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LVIII. Ueber die Verwendung des bituminösen Liasschiefers der Juraformation der westlichen Pyrenäen zur Darstellung von Beleuchtungs- und Schmiermaterialien; von Dr. H. Vohl in Cöln. Vohl, über die Verwendung eines bituminösen Liasschiefers zur Darstellung von Beleuchtungs- und Schmiermaterialien. Das von mir zur Untersuchung verwandte Fossil hatte eine schwärzlichbraune Farbe und war in deutlich zu erkennenden Schichten abgelagert. Seine Härte überstieg die des Kalkspaths. Wurde das Mineral mit einem harten Körper gerieben, so nahm man einen höchst unangenehmen schwefelartigen Geruch wahr, der dem des Stinkkalks (Lucullits) gleich war. Eingeschlossen enthielt er eine Menge Belemniten und Ammoniten; wurde das Mineral gespaltet, so traten schöne Abdrücke von Equisetum zu Tage. Dem gepulverten Fossil konnte durch geeignete Lösungsmittel theilweise das Bitumen entzogen werden, welches sich als schwefelfrei erwies. Der trockenen Destillation unterworfen, liefert dieses Mineral außer einer geringen Menge Wasser, Theer und brennbare Gase. Die Destillation beginnt bei 130–140° C., und es geht neben Wasser ein leichtflüssiger Theer über. Das entweichende Gas besteht anfangs aus Kohlensäure, der sich später Schwefelwasserstoff und bei verstärktem Feuer ölbildendes Gas, Sumpfgas und Kohlenoxydgas zugesellen. Zuletzt tritt reines Kohlenoxydgas auf, welches sich auch noch stundenlang, nachdem sich alles Bitumen verflüchtigt hat, fortwährend als ein starker Strom entwickelt. Geringe Mengen Ammoniakgas sind stets dem Kohlenoxyd beigemischt. Dieses massenhafte Auftreten des Kohlenoxydgases kann uns nicht befremden, wenn wir die Mineralbestandtheile dieses Fossils näher in's Auge fassen. Die feuerbeständigen Bestandtheile dieses Minerals sind nämlich: Kalk (überwiegend) mit geringeren Mengen Thonerde, Magnesia und Kieselsäure, neben Spuren von Phosphorsäure, Eisen und Schwefelsäure. Wird nun das Fossil durch Glühen seines Bitumens beraubt, so tritt ein Zeitpunkt ein, wo bei verstärktem Feuer der in dem Rückstand fein zertheilte Kohlenstoff auf die Kohlensäure der kohlensauren alkalischen Erden einwirkt und mit einem Atom Sauerstoff der Kohlensäure verbunden, als Kohlenoxydgas neben dem von der Kohlensäure gebildeten Kohlenoxyd entweicht. Der Rückstand in der Retorte besteht alsdann aus gebranntem Kalk, der durch seinen Magnesia- und Thonerdegehalt sich mit Wasser zu einem magern Mauerkalke löscht. Dieser Kalk ist hydraulisch, demnach zu Cementen mit Vortheil anzuwenden und wird die Ausbeute an hydraulischem Baumaterial schon allein nutzbringend seyn. Die Ausbeute an hydraulischem Kalk beträgt 44 bis 46 Proc. des Minerals. Der erhaltene Theer war sehr dünnflüssig, von hellbrauner Farbe und hatte ein spec. Gewicht von 0,965 bis 0,970 bei 14° C. (Wasser = 1,000). Er erstarrt nicht in der Kälte und besitzt einen unerträglichen Lauchgeruch, welcher an den des Stinkasands (Asa foetida) erinnert. Fünf verschiedene Operationen mit circa 15 Pfd. jedesmaliger Ladung ergaben im Mittel an: Theer 7,366 Wasser 3,150 Rückstand 85,377 Gas und Verlust 4,107 ––––––– 100,000 Der Geruch des Theers bekundete schon die Anwesenheit geschwefelter Kohlenwasserstoffe und wurde diese durch die nähere Untersuchung bestätigt. Der Theer wurde nach der Entwässerung der fractionirten Destillation unterworfen. Es entwickelte sich während derselben eine bedeutende Menge Schwefelwasserstoffgas und es resultirten hauptsächlich zwei Oele, die sich durch den Siedepunkt ziemlich scharf von einander schieden. Das leichtere Oel von 0,900 spec. Gewicht besaß einen betäubenden, unerträglichen Lauchgeruch, wohingegen das schwerere Destillat von 0,975 spec. Gewicht von weniger unangenehmem Gerüche war. Paraffinhaltiges Oel wurde nur in höchst unbedeutender Menge erhalten. Beide Oele wurden mit Alkalien und Säuren behandelt und alsdann vermittelst eines Dampfstromes von 3 1/2 Atmosphären abgeblasen. Das leichtere Oel hatte gereinigt ein spec. Gewicht von 0,860, war farblos, stark lichtbrechend und hatte einen unangenehmen Lauchgeruch. Entzündet brannte es mit stark rußender Flamme, bei gleichzeitiger starker Entwickelung von schwefliger Säure. Dieser Schwefelgehalt des Oeles macht es untauglich zur Anwendung für die Beleuchtung und es muß daher vorerst der Schwefel daraus beseitigt werden. Dieses kann jedoch durch die gewöhnliche Reinigungsmethode nicht erzielt werden und selbst starke Oxydationsmittel reichen dazu nicht aus. Auch die Destillation des Oeles über (caustischen) Alkalien oder Kalkhydrat ist nicht im Stande demselben den Schwefel zu entziehen. In dieser schwefelhaltigen Form würde sich dieses Oel jedoch zum Auflösen des Kautschuks eignen, wenn nicht dem Präparate ein penetranter Geruch anhaftend bliebe. Auf geeignete Weise vom Schwefelgehalt befreit, erhält das Oel ein spec. Gewicht von 0,830, hat einen angenehmen an gereinigtes Petroleum erinnernden Geruch und ist ein vorzügliches Beleuchtungsmaterial. Das gereinigte resp. entschwefelte schwerere Oel hat ein spec. Gew. von 0,965 und eignet sich als Solaröl zur Beleuchtung, sowie zu Maschinenschmiere. 100 Gewichtstheile Theer ergaben durchschnittlich an gereinigten Oelen: leichtes Oel 26,134 schweres Oel 50,201 Verlust durch die Destillation und die Reinigung 23,665 –––––––– 100,000