Titel: Henry Moule's Erdabtritte.
Fundstelle: Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LXXVIII., S. 318
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LXXVIII. Henry Moule's Erdabtritte. Mit Abbildungen. Moule's Erdabtritte. Angeregt durch die von Way, Huxtable und Thompson – in Deutschland von J. v. Liebig Man s. Liebig's betreffende Abhandlung im polytechn. Journal Bd. CLII S. 220. und Anderen – angestellten Absorptionsversuche ist der Reverend Henry Moule in Fordington auf den Gedanken gekommen, die absorbirende Eigenschaft der Erde, besonders thonhaltiger, zur Aufsaugung der Excremente in sogenannten Erdabtritten (earth-closets) an der Stelle der mit vielen Nachtheilen für die Gesundheit und den Wohlstand verbundenen Wasserabtritte (water-closets) zu benutzen. Schon im Jahre 1858 hat derselbe über diesen Gegenstand eine Flugschrift veröffentlicht, jetzt theilt er im Journal of the Royal Agricultural Society of England vol. XXIV p. 111 seine vieljährigen Erfahrungen sowie Zeichnungen zu Erdabtritten mit. Die Apparate werden in Dorchester von White and Comp. construirt. Diese Apparate variiren je nach den Einrichtungen und den Verhältnissen des Haushaltes. Auf dem Lande genügt es, unter den Abtritt von Backsteinen einen viereckigen Raum abzumauern, der auf der Rückseite eine kleine Thür hat um durch dieselbe, wenn nöthig, die Erde zu entfernen; es ist gut, wenn der Boden wasserdicht ist. Daneben wird ein einfacher Holzschuppen errichtet mit zwei Abteilungen, der etwa eine Karrenladung Erde fassen kann. Die beiden Abtheilungen sind deßhalb nöthig, damit die eine die benutzte Erde so lange aufnehmen kann, bis die andere Abtheilung leer ist; erstere ist inzwischen so weit getrocknet, daß sie von Neuem benutzt werden kann. Moule hat angeblich dieselbe Erde 5–7 Mal gebraucht; auf diese Weise soll eine Karrenladung Erde für 2–3 Personen 6–12 Monate vollkommen ausreichen, ohne daß irgend welche unangenehmen Gerüche wahrzunehmen sind. Eine wesentliche Bedingung ist es, daß die Erde stets mit den Excrementen ordentlich gemischt werde. Für elegantere Häuser kann eine der beiden in Fig. 1 und 2 abgebildeten Vorrichtungen benutzt werden. In Fig. 1 ist A der Erdbehälter, B der Trichter, durch den die Erde herabfällt, C das Becken und D ein Schacht oder wie in der Figur ein Eimer, in welchen die Erde und die Excremente fallen. Das Becken C hat einen beweglichen Boden, der sich entweder selbstthätig beim Druck auf den Sitz oder durch eine Handhabe öffnet. Wenn dieser Boden in seine ursprüngliche Lage zurückfällt, so fällt gleichzeitig aus dem Trichter Erde in den Eimer oder in den Schacht und verhindert jeden unangenehmen Geruch. Die Selbstbeweglichkeit des Bodens ist wichtig für Schulen, Hospitäler etc. Fig. 1., Bd. 174, S. 319 In Fig. 2 ist A der Trichter, durch den die Erde herabfällt; B ist eine Schraube, durch deren Bewegung die herabfallende Erde, mit den Excrementen sorgfältig gemischt, in den Schacht C geführt wird. Die Einrichtung kann so getroffen werden, daß mit dem Druck auf das Becken die Schraube sich in Bewegung setzt und gleichzeitig der Trichter öffnet. In den Versuchen Moule's hat sich am besten gesiebte und getrocknete Gartenerde bewährt. Moule führt in genannter Arbeit eine Reihe von Zeugnissen für die Billigkeit und Vorzüglichkeit seiner Einrichtungen an, die schon in zahlreichen Schulen, Kasernen, Krankenhäusern u.s.w. Eingang gefunden haben sollen. Da nach seinen Versuchen pro Person jährlich nur 8 Cntr. Erde nothwendig sind, so meint er, daß sein System selbst für die größten Städte anwendbar und bedeutend billiger ist als Waterclosets und kostspielige Canalisirungen. Wenn wir ihm auch letzteres gern zugeben, so glauben wir doch, daß das Herbeischaffen und Wegfahren so bedeutender Quantitäten von Erde, mehr aber noch das wiederholte Trocknen dieser Erdmassen, wenn nicht weit mehr nöthig seyn soll, doch viel zu umständlich ist, und daß für größere Orte die in so vielen Städten mit dem besten Erfolg benutzten Tonnen dem System der Erdabtritte vorzuziehen sind. Dagegen ist dasselbe auf Dörfern und einzeln liegenden Gehöften wohl zu empfehlen, weil man hier mit Leichtigkeit die nöthige Erde herbeischaffen kann. Fig. 2., Bd. 174, S. 320 Die Ausführung solcher Anlagen würde nicht nur unseren Dörfern und Gehöften viel Unangenehmes nehmen, sondern auch volkswirthschaftlich von Werth seyn, da alsdann nicht wie jetzt große Quantitäten werthvoller Düngstoffe ungenützt verloren gingen. Welchen hohen Düngwerth solche Erde hat, die vollständig mit den Excrementen imprägnirt ist, bedarf hier keiner weiteren Ausführung. In vielen Ställen wird ja schon jetzt statt des Strohes Erdstreu benutzt, einerseits um die Abfälle besser zu sammeln, andererseits um die schädlichen Ausdünstungen des Mistes zu vermeiden. (Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1864, Nr. 7.)