Titel: Ueber den patentirten Schraubenschlüssel von Andr. Günther, Werkführer in der G. Sigl'schen Maschinenfabrik.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XXVIII., S. 102
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XXVIII. Ueber den patentirten Schraubenschlüssel von Andr. Günther, Werkführer in der G. Sigl'schen Maschinenfabrik. Aus dem Wochenblatt des nieder-österreichischen Gewerbevereins, 1865, Nr. 7. Mit einer Abbildung auf Tab. II. Günther's Schraubenschlüssel. Unter den zahlreichen, in allen möglichen Formen existirenden Universal-Schraubenschlüsseln ist gewiß der sogenannte französische Schraubenschlüssel der am meisten verbreitete. Derselbe ist, wie bekannt, aus Schmiedeeisen angefertigt, hat eine Schraube und Mutterhülse, vermittelst deren verstellbare Backen nach Bedürfniß der feststehenden Schlüsselbacken näher oder weiter gerückt werden können. Dieses Instrument ist eigentlich ein ziemlich complicirtes, dessen Herstellung keineswegs billig genannt werden kann und welches durch die vielen Reparaturen, denen es unterworfen ist, noch mehr vertheuert wird. In dem Werkzeuge neuer Construction, welches sich der Erfinder erst kürzlich patentiren ließ, hat sich derselbe bemüht, die oben angeführten Mängel zu beseitigen und hat hiemit einen Schraubenschlüssel hergestellt, welcher einfach, zweckmäßig, dauerhaft, stark und billig ist. Es sind dabei diejenigen Theile ganz weggelassen, welche am theuersten herzustellen und den meisten Reparaturen unterworfen sind, d. i. nämlich die Schraube und die Mutterhülse; an Stelle hiervon hat Hr. Günther einen Keil und eine kleine Feder angewendet, wodurch es auch ermöglicht wurde, dem Schlüssel eine andere zweckmäßigere Form zu geben. Der Schlüssel besteht aus einem an dem Griff festen Backen, einem auf demselben verschiebbaren Backen, einer Feder und einem Keil. Eine feine Verzahnung hält die Feder und dadurch die verschiebbaren Backen fest, und gestattet die Verstellung derselben. Ist der Schlüssel auf diese sehr einfache Weise gestellt, so wird der Keil angedrückt und dadurch ist die Verstellbarkeit des Schlüssels selbst um den geringsten Theil eines Zahnes der oben erwähnten Verzahnung möglich. Der in Fig. 19 abgebildete Schlüssel zeigt uns dieß deutlich und klar. Die Feder mit den schrägen Zähnen verhindert nämlich das Auseinandergehen des Schlüssels, und wenn man den Keil B zurückzieht und die Feder a aus den Zähnen aushebt, so kann man d ganz beliebig öffnen, so weit man will. Der so gestellte Schraubenschlüssel hat eine große Festigkeit und ist demnach die Umstellung desselben außerordentlich leicht. Das Material, woraus das Werkzeug hergestellt wird, ist, mit Ausnahme der kleinen Feder, Weißguß; gleichwohl haben aber auch solche Schraubenschlüssel aus gewöhnlichem Gußeisen hergestellt, vollkommen ausgehalten. Der Erfinder jedoch hält das gewöhnliche Gußeisen deßwegen hier für nicht anwendbar, weil ein solches Werkzeug den Händen des Arbeiters öfters entfällt und daher brechen könnte. Bei einigermaßen reinem Guß braucht an dem Schlüssel außerordentlich wenig gefeilt zu werden, wodurch natürlich die Herstellung desselben sehr billig zu stehen kommt. Der vor einiger Zeit von Schwartzkopff in Berlin erfundene Schraubenschlüssel hat wohl denselben Vortheil, daß auch hier die Anwendung der Schraube vermieden ist, jedoch den sehr bedeutenden Nachtheil, daß dieser Schlüssel nur nach einer Seite hin benutzt werden kann, indem sich der Schlüssel öffnet, wenn man ihn nach der anderen Seite hin bewegt. Bei der Unentbehrlichkeit eines Universal-Schraubenschlüssels in allen mechanischen Werkstätten, bei Wägen und wirthschaftlichen Geräthen aller Art und überhaupt allenthalben wo Schrauben vorkommen, dürfte der hier vorliegende Schlüssel wegen seiner Zweckmäßigkeit und Billigkeit gewiß willkommen seyn.Der Preis eines solchen Schraubenschlüssels, welcher vermöge seiner Handsamkeit und Dauerhaftigkeit zwei andere nach was immer für einer Construction ersetzt, ist 5 fl. 70 kr.

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Tafel Tab. II
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