Titel: Kraft's Zählapparate der Wellen- und Spindel-Umläufe.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. LXXIX., S. 271
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LXXIX. Kraft's Zählapparate der Wellen- und Spindel-Umläufe. Aus der Wochenschrift des nieder-österreichischen Gewerbevereins, 1865, Nr. 10. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Kraft's Zählapparate der Wellen- und Spindel-Umläufe. Die Zählapparate, welche die Anzahl Touren der Spindeln an Spinnmaschinen, und jene, welche die Tourenzahl von Wellen angeben, sind in ihrer Wesenheit so übereinstimmend, daß die Abbildung der ersteren genügt. Figur 17 zeigt den einfachen compendiösen Apparat in Naturgröße. In der Hülse a ist die Schraube b so gelagert, daß sie bloß die drehende Bewegung annehmen kann; diese Schraubenspindel hat eine durchgehende, etwas conische Bohrung und kann somit auf das Ende der Spindel der Spinnmaschine gesteckt werden, deren Umdrehungszahl bestimmt werden soll. Bei gehörigem Andrücken der Hülse wird die Bewegung von der Spindel auf b durch Reibung mit völlig ausreichender Genauigkeit übertragen. Die Schraube b überträgt die Bewegung auf die beiden Differentialräder c, c', wovon das obere 100, das untere 101 Zähne hat. Dreht sich somit b hundertmal, so hat sich c einmal herumgedreht, und stand der Zeiger d früher auf Null, so wird er jetzt wieder denselben Theilstrich berühren. Das untere Rad c' hat sich noch nicht gänzlich um seine Achse gedreht, es fehlt noch 1/101, und da der Zeiger e mit e' fest verbunden ist, so wird er auf dem Theilstrich 1 der Theilung stehen. Bei 1000, 2000, 3000... 10,000 Spindeltouren findet ein Zurückbleiben von c, somit auch von e um 10/101, 20/101, 30/101... 100/101 des Kreisumfanges statt, der Zeiger e wird auf die Theilstriche 10, 20, 30... weisen, doch nicht genau, wie es seyn sollte, sondern es wird eine desto größere Abweichung stattfinden, je größer die gemessene Tourenzahl wird. Beträgt diese z.B. 5000, so hat sich c 50mal gedreht und d zeigt wieder auf Null, wenn am Anfange auf Null eingestellt war; das Rad c' hat sich jedoch nur 5000/101, = 49 51/101mal gedreht, der Zeiger e ist somit um 50/101 des Kreisumfanges zurückgeblieben, kann mithin nicht genau am Theilstrich 50 stehen, da 50/101 = 49/100 + 0,51 1/101 ist. Es steht der bewegliche Zeiger e ziemlich an der Mitte zwischen 49 und 50 Theilstrichen. Noch greller zeigt sich dieser für das Ablesen etwas störende Uebelstand, wenn die Tourenzahl noch größer, z.B. 10,000 geworden ist. Hier steht e statt am Theilstriche 100 sehr nahe am Theilstriche 99 (denn 100/101 = 99/100 + 0,01 1/101). Hieraus folgt für den Gebrauch dieses Instrumentchens die Regel: steht der Zeiger d auf Null, e aber zwischen zwei Theilstrichen, so ist beim Ablesen nur jener Theilstrich zu berücksichtigen, welcher der größeren Tourenzahl entspricht. Läßt man diese Regel unberücksichtigt, so läuft man bei Tourenzahlen über 3000 Gefahr, das Resultat um 100 zu klein zu finden. Im Uebrigen ist der Gebrauch des Apparates höchst einfach und bequem. Zuerst hat man beide Zeiger auf Null zu stellen, was durch Ausrückung der Differentialräder aus dem Eingriff mit der Schraube b erleichtert wird. Hierzu ist die Achse der Räder in dem Hebel f gelagert, welcher durch die Feder g gegen die Schraube b gedrückt wird; zieht man nun den Hebel von der Hülse a. weg, so ist c, c' außer Eingriff mit d und kann somit jedes der Räder leicht für sich gedreht werden. Man dreht nun c' so lange, bis der Zeiger e auf Null steht und dann beide Räder gemeinschaftlich, bis d gleichfalls den Nullpunkt der Theilung berührt. Nachdem auf Null eingestellt ist, wird die Hülse a fest auf die Spindel gesteckt, deren Umdrehungszahl zu messen ist. Man merkt sich den Zeitpunkt des Beginnes der Bewegung und jenen des Endes und liest hierauf die Tourenzahl vom Apparate ab. Die Division derselben durch die Anzahl der Secunden, während welcher die Bewegung dauerte, gibt die mittlere Spindelgeschwindigkeit in dieser Periode. Bei Anwendung dieses Apparates zum Tourenzählen der Spindeln an Mulemaschinen kann mit Berücksichtigung der Auszuglänge leicht der Draht des Garnes bestimmt werden. Die Vorrichtung zum Zählen der Umgänge von Wellen unterscheidet sich von der beschriebenen dadurch, daß die Schraube (b) keine Bohrung hat, sondern an ihrem Ende eine gerippte conische Spitze, welche in den Körner der Welle gesteckt und mittelst des am Gegenende der Hülse (a) befindlichen Handgriffes oder Knopfes fest angedrückt wird. Hier kann ein geringes Gleiten wohl eher eintreten. Es dürfte – weil jüngst angeregt – hier am Platze seyn, die Frage zu beantworten, wie man das Differentialrad von 101 Zähnen mit einem Schneidzeuge herstellt, dessen Theilscheibe als nächste Theilung nur jene von 100, nicht aber von 101 oder einem Vielfachen davon besitzt. Ohne besondere NebenvorrichtungSiehe die „Beschreibung des Castille'schen Apparates, den man an den gewöhnlichen Maschinen zum Schneiden der Uhrräder anbringen kann, um mittelst der auf denselben vorkommenden Zahlen jede andere Zahl, diese mag Primzahl oder theilbar seyn, zu erhalten“ im Jahrgang 1824 des polytechn. Journals, Bd. XV S. 394. ist dieß mit mathematischer Genauigkeit nicht möglich, doch gelingt die Lösung mit für die Praxis oft hinlänglicher Präcision durch folgenden Kunstgriff. Es wird mit möglichster Genauigkeit bestimmt, wie viel Touren der Mikrometerschraube an der Alhidade einem Theile des auf 100 getheilten Kreises entsprechen. (Hierbei muß die Alhidade Tangente zum Theilkreise seyn, soll die Arbeit mit einiger Genauigkeit von statten gehen.) Hat man z.B. 11,96 Umdrehungen der Mikrometerschraube als entsprechend gefunden, so kann man hieraus durch Multiplication mit 100/101 die Tourenzahl finden, welche der Theilung von 101 entspricht; es wäre dieß 11,84. Diese Zahl von der obigen abgezogen gibt 0,12. Es ist somit die Mikrometerschraube an der Alhidade für jeden zu schneidenden Zahn nach erfolgter Einstellung in den Theilpunkt der Scheibe um 0,12 zurückzudrehen. Man wird hierdurch statt 100, 101 Zähne erhalten. Auf dieselbe Art ist es mit annähernder Genauigkeit möglich, mit der Theilung 100, Räder mit 97, 98, 99, 102, 103 Zähnen zu schneiden; doch wendet man dieses umständliche und mühsame Verfahren nur in höchst seltenen Fällen an. Friedrich Kick.

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Tafel Tab. IV
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