Titel: Zwei Untersuchungen über die Auspressung des Scheideschlammes in den neueren Filterpressen; von Dr. C. Stammer.
Autor: Karl Stammer [GND]
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXI., S. 283
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LXI. Zwei Untersuchungen über die Auspressung des Scheideschlammes in den neueren Filterpressen; von Dr. C. Stammer. Stammer, Untersuchungen über die Auspressung des Scheideschlammes in den neueren Filterpressen. In den Filterpressen hat die Zuckerfabrication einen in vieler Beziehung wichtigen Apparat gewonnen, durch den manche erhebliche Uebelstände beseitigt worden sind, und der noch manche wesentliche Dienste leisten wird. Noch sind indessen die Bestrebungen, diese Pressen allen Anforderungen entsprechend zu machen, bei Weitem nicht abgeschlossen, und noch viel weniger sind über die Wirksamkeit der Pressen im Einzelnen genaue Kenntnisse verbreitet. Die Verschiedenheit der üblichen Scheidungsverfahren einerseits, die Neuheit der Sache andererseits erklären dieß hinreichend. Bei den mannichfachen Umänderungen, welche die Pressen in der nächsten Zeit unzweifelhaft erleiden werden, dürfte auch noch nicht so bald über alle noch schwebenden Fragen Gewißheit zu erwarten seyn. Indessen können einzelne auf bestimmte Punkte gerichtete Untersuchungen doch in mancher Beziehung von Nutzen seyn, und so mögen denn die nachfolgenden hier Platz finden, welche die Fragen beantworten sollten: 1) hat das Absüßen mit Dampf einen nachtheiligen Einfluß auf die Natur des Saftes, und 2) wie stellt sich der relative Zuckergehalt bei den Kuchen, wie sie aus den verschiedenen Pressen erhalten werden? 1) Absüßen mit Dampf. – Bekanntlich verfolgen die Filterpressen auch den Zweck, den in den Schlammkuchen nach deren möglichster Auspressung (durch Dampfdruck) zurückbleibenden Saft, eine nicht unerhebliche Menge, zum Theil durch eine Art Verdrängung zu gewinnen. Dazu ist bisher vorzugsweise Dampf angewendet worden, den man so lange auf die Preßkuchen in der Presse wirken läßt bis kein Saft mehr, sondern nur Dampf aus den Hähnchen der Presse ausströmt. Es ist nun hiergegen der Einwurf erhoben worden, daß der Dampf eine schädliche Einwirkung auf die Schlammkuchen haben müsse, indem er daraus, namentlich wenn unsaturirter Schlamm in Arbeit genommen werde, verschiedene Nicht-Zuckerstoffe löse. Bestätigt sich diese Ansicht, so würde ein entscheidender Grund vorgelegen haben, das Absüßen mit Dampf ganz zu verlassen und dem Absüßen mit Wasser mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, als bisher geschehen. Zur Untersuchung diente gewöhnlicher, nicht saturirter Scheideschlamm, der in einer Dehne'schen, von Riedel und Kemnitz bezogenen Presse ausgepreßt wurde. Während des freiwilligen Saftablaufes wurde die eine Probe, während des Absüßens mit Dampf bei derselben Pressung die andere Probe entnommen und darin Zucker, Kalk, Aschenbestandtheile, organischer Nichtzucker bestimmt. Der Zucker wurde durch Polarisation mit einem sehr vorzüglichen Instrumente von J. G. Greiner jun.,Friedrichs-Gracht Nr. 49 in Berlin. durch welches bei Anwendung eines Nonius an der Scala eine große Genauigkeit, selbst bei schlecht entfärbten Säften, auch bei der Nähe des Nullpunktes zu erreichen ist, ermittelt; der Absüßsaft war vorher auf ein geringeres Volumen eingedampft und bei beiden die Wirkung des Kalkes durch Essigsäure aufgehoben worden. Das Eindampfen geschah nach der Saturation mit reiner Kohlensäure; die Kalkbestimmung wurde in der Asche auf gewichtsanalytischem Wege ausgeführt und die aufgenommene Kohlensäure bei der Rechnung berücksichtigt. Gefunden wurden auf 100 Theile Zucker: im Preßsaft. im Absüßsaft. reiner Kalk 3,15 4,04 sonstige Asche 7,57 7,22 organischer Nichtzucker 3,84 2,92 Gesammt-Nichtzucker 14,56   14,18   Abgesehen von dem größeren Kalkgehalt (auf gleiche Zuckermenge berechnet) haben sich also erhebliche Differenzen nicht herausgestellt, und der Absüßsaft ist keinesfalls an fremden Stoffen reicher als der Preßsaft. Die gefürchtete nachtheilige Einwirkung des Dampfes findet also, wenn dieser nicht länger auf die Preßkuchen drückt, als noch Saft ausläuft, nicht statt, es kann das Absüßen in dieser Weise ohne Nachtheil beibehalten werden. 2. Relativer Zuckergehalt der Preßkuchen bei verschiedenen Pressen. – Verglichen wurde der Zuckergehalt der Kuchen bei einer alten Spindelpresse, einer Dehne'sche (von Riedel und Kemnitz) und einer Trinks'schen Filterpresse, letztere von derjenigen Einrichtung, wie sie im Winter 1864–65 gebräuchlich war. Es wurde eine hinreichende Menge (gewöhnlichen, unsaturirten) Scheideschlammes gemischt und gleichzeitig in allen drei Pressen verarbeitet, so daß also ihre Ergebnisse direct vergleichbar waren. Aus der Mitte jeder Presse wurde ein Stück Preßkuchen in gleicher Weise entnommen und dieses auf Zucker, Trockensubstanz und Kalk untersucht. Die beiden Filterpressen waren wie gewöhnlich mit Dampf abgesüßt. Da die Untersuchung solcher Gemische, wie sie die Preßkuchen darstellen, noch nicht in allgemein gleichartiger Weise zu geschehen pflegt, das Urtheil auch zum Theil durch die gewählte Methode bestimmt wird, so erlaube ich mir, einige Worte über diese anzuführen. Die Bestimmung der Trockensubstanz geschah durch Austrocknen in einem vollkommen von Kohlensäure befreiten Luftstrom bei einer sehr allmählich bis 105° C. gesteigerten Temperatur. Zucker und Kalk wurden in einer anderen Probe ermittelt: 50 Gramme derselben wurden mit etwa der vierfachen Menge Wasser gut gemischt und dann möglichst mit reiner Kohlensäure saturirt, das Gewicht von Schlamm, Wasser und absorbirter Kohlensäure bestimmt; die Lösung hiervon wurde nun abfiltrirt und darin, ohne daß sie durch Auswaschen des Niederschlages verdünnt worden wäre, durch Polarisation (mit den nöthigen Zusätzen) der Zuckergehalt gefunden. Hiernach erst wurde der Niederschlag sorgfältig ausgesüßt, und das Gewicht desselben (er ist im Folgenden als „kohlensaurer Kalk“ bezeichnet) als des unlöslichen Theiles jenes früher gewogenen Gemisches von diesem in Abzug gebracht. Es ergibt die Differenz das wirkliche Gewicht der vorhanden gewesenen Lösung, deren Zuckergehalt die Polarisation dargethan hatte. Eine sehr einfache Rechnung gestattete nun, den Zuckergehalt des angewandten Schlammes zu erhalten, und werden hiernach genauere Resultate entfallen müssen, als wenn die vorhandene Lösung durch Absüßen des Niederschlags hergestellt und diese sehr verdünnte und vielleicht doch nicht vollständige Flüssigkeit polarisirt worden wäre. Die angewandte Methode scheint mir von allen hier in Betracht kommenden die wenigsten Fehlerquellen in sich zu schließen. Da es hier nur auf den Zuckergehalt der Preßrückstände ankam, und die sonstige Natur des in allen drei Pressen gleichartigen Saftes nicht zu ermitteln in der Absicht lag, so habe ich die Bestimmung der übrigen Saftbestandtheile unterlassen; auch diejenige der Trockensubstanz und des nach dem Saturiren Unlöslichen (des „kohlensauren Kalkes“) hatte nur den Zweck, die Zuckergehalte durch Beziehung auf bestimmte Mengen davon richtig vergleichen zu können. Es lassen sich für die Berechnung desselben auf gleiche Mengen frischen Schlammes, wie auf Trockensubstanz oder auf „kohlensauren Kalk“ Gründe anführen, wenn es mir auch scheinen will, als ob die letztere, als auf den, auch nach dem Absüßen constantesten Theil bezogene, die beste Einsicht verstatte. Dem absoluten Zuckergehalt ist, in Anbetracht der in verschiedenen Fabriken jetzt so sehr verschiedenen Beschaffenheit des ausgepreßten Schlammes, ein geringerer Werth beizulegen, wenn es sich, wie hier, nur um den Vergleich verschiedener Pressen bei ganz gleichem Materiale handelt, als dem durch Beziehung auf constante Größen vergleichbar gemachten relativen Zuckergehalt. Ich werde daher im Folgenden den absoluten Zuckergehalt gar nicht anführen, sondern denjenigen der alten Spindelpresse, auf irgend eine Menge der Vergleichssubstanz bezogen, 100 nennen und die darnach berechneten entsprechenden Gehalte der übrigen Preßkuchen daneben stellen. Es steht zu erwarten, daß auch bei anderer Schlammbeschaffenheit das Verhältniß zwischen den so gewonnenen Zahlen ein ähnliches seyn wird, während doch für den absoluten Zuckergehalt z.B. der saturirte Schlamm weit geringere Ziffern ergibt u.s.w. Folgendes sind die Ergebnisse der Untersuchung, in der angegebenen Weise berechnet: Spindelpresse. Dehne'schePresse. Trinks'schePresse. Wassergehalt       81 Proc.    80,6 Proc.     81,3 Proc. Zuckergehalt für gleiche Menge Schlamm     100    „    85      „     75      „       „       für gleiche Menge Trockensubstanz     100 Proc.    83,3 Proc.     76,6 Proc.       „       für gleiche Menge „kohlensauren Kalks„     100    „    77      „     70      „ Es lassen sich aus diesen Zahlen einige nicht uninteressante Schlüsse ziehen: Zunächst ist die Uebereinstimmung des Wassergehaltes auffallend; sie beweist, daß die Auspressung mit Dampf als solche eine sehr unvollkommene ist, und daß der Vorzug, welchen die neueren Pressen genießen, nur dem (obwohl geringen) Absüßen und der erleichterten und vereinfachten Arbeitsweise zuzuschreiben ist, nicht aber einer etwaigen Saft-Mehrausbeute. Hydraulische Pressen würden das Verhältniß des Wassergehaltes für die Filterpressen noch ungünstiger gestellt haben; daß der Wassergehalt überhaupt so hoch gefunden wurde, liegt einerseits in der Natur des (Scheide-) Schlammes, andererseits in der Art der Trockensubstanz-Bestimmung. Aus den Zahlen für den Zuckergehalt erkennt man, daß die Trinks'sche Presse, übereinstimmend mit der Eigenthümlichkeit ihrer Construction, die beste Absüßung gestattet, obwohl der Unterschied gegen die Dehne'sche nicht erheblich ist und auch bei ihr von einer solchen Wirkung, wie man sie verlangt, und wie man sie auch häufig angenommen hat, nicht die Rede seyn kann. Es ist in diesen Zahlen endlich die Richtung angedeutet, in welcher die Verbesserung dieser Pressen anzustreben, und welche allerdings auch schon mehrfach bei den neueren Abänderungen eingeschlagen worden ist. Wir dürfen gewiß erwarten, daß uns die nächsten Campagnen schon mehrere verdienstliche Vervollkommnungen dieser sinnreichen Einrichtung bringen werden.