Titel: Der Fryer'sche Austrockenapparat für Zuckerrohrsaft.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXII., S. 286
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LXII. Der Fryer'sche Austrockenapparat für Zuckerrohrsaft. Nach dem Journal des Fabricants de sucre. Mit einer Abbildung. Fryer'sche Austrockenapparat für Zuckerrohrsaft. Eine der angeblich wichtigsten Erfindungen, welche in Westindien bekannt geworden, ist Fryer's Austrockenapparat, Concréteur genannt, welcher den Zweck hat, den Saft des Zuckerrohrs in eine feste, den Zucker und die Melasse enthaltende Masse umzuwandeln. Große Massen Saft werden in der kürzesten Zeit und ohne eine gewisse Temperatur zu überschreiten, zur Trockniß verdampft. Nach Fryer übt jede Temperatur über 140° Fahr. (60° Cels.), welche zum Verdampfen des Rohrsaftes angewendet wurde, einen nachtheiligen Einfluß auf denselben aus, und zwar einen um so größeren, je länger die Einwirkung der Hitze dauert. Mit der Erhöhung der Temperatur nimmt diese Wirkung zu, und zwar nach dem Genannten im Verhältnisse des Quadrats der Differenz zwischen der Temperatur und 140° F. Ein Syrup, einige Zeit bei 180° F. (82° C.) erhalten, würde demnach eine 4mal so große Verschlechterung erfahren, wie derselbe Syrup, ebenso lange auf 160° F. (71° C.) erhalten u.s.w. Diese Verschlechterung besteht in der Verdunkelung der Farbe, in der Umänderung des Zuckers in unkrystallisirenden und in der später hinzutretenden Melassebildung durch diese letztere Umänderung selbst. Die Einwirkung der Berührung des Saftes mit der Luft bedingt die Nothwendigkeit aisbaldiger Erhitzung desselben; doch sollte diese nie über den oben bezeichneten Punkt gehen. Bei der gewöhnlichen Zuckerfabrication aus Zuckerrohr wird diese Grenze aber so wenig eingehalten, daß nach speciellen Versuchen 17 Procent des im ausgepreßten Safte vorhandenen Zuckers während der Verdampfung in unkrystallisirbaren verwandelt werden, und also überhaupt (in Folge der Melassebildung) 34 Procent des Zuckers für die Gewinnung verloren gehen. Diesem Uebelstande soll der neue Austrockenapparat begegnen. Derselbe ist keinerlei Unfall oder Unordnung ausgesetzt; er ist in keinem Theile von schwieriger oder verwickelter Construction. Der Brennmaterialbedarf ist ein ökonomischer, die erforderliche Handarbeit gering. Ist er in voller Thätigkeit, so läuft der Saft an der einen Seite hinein und erscheint an der anderen als feste, trockene Masse. Die Dauer dieser Verdampfung überschreitet nicht 15 Min., und es findet unterdeß nicht die geringste Veränderung des Zuckers statt. Die Farbe des getrockneten Saftes ist blaß grünlichgelb; er kann beim Austreten aus dem Apparate in jede beliebige Form gegossen werden und ist nach dem Erstarren fast steinhart. Der Geschmack ist der des Rohrsaftes, ohne Anflug von Brenzlichkeit oder Caramelgeschmack. Man kann den trockenen Saft in Säcken versenden, ohne daß man ein Schmelzen auf dem Transport zu befürchten braucht und es entspringen hieraus sehr erhebliche Vortheile, wie leicht ersichtlich ist. Der Erfinder hat den Rohrsaft mit und ohne Kalk getrocknet, zieht aber Letzteres vor. Die Farbe nach dem Auflösen ist heller als die einer Moscowadenlösung gleicher Dichte, und das ganze Verfahren ist derart, daß der Erfinder beabsichtigt, es im größten Maaßstabe auszubeuten. Der Apparat selbst besteht aus drei Haupttheilen: der Pfanne, dem Cylinder und der Trommel. Textabbildung Bd. 177, S. 288 Die Pfanne steht möglichst nahe an der Presse und nimmt den Saft direct von den Walzen auf. Sie besteht aus Gußeisen, ist 25' lang, 6' breit und 6'' tief. Von beiden Seiten erstrecken sich quer hinüber Scheidewände, welche nicht ganz bis an die entgegengesetze Seite reichen und dem Saft den durch die Pfeile angedeuteten Weg vorzeigen. Die Pfanne ist nach der einen Seite etwas geneigt, so daß der Saft in einer continuirlichen Schicht von nur 1/2 Zoll Dicke langsam von dem einen Ende zum anderen fließt. Die Gesammtlänge des Weges beträgt 120 Yards (110 Meter). Unter der Pfanne befindet sich die Feuerung und die Flamme erstreckt sich unter dem ganzen Boden hin. Der Saft gebraucht etwa 5 Minuten zum Durchfließen der geheizten Pfanne und erleidet dabei 5/6 der Verdampfung, so daß er die Pfanne in Form von Syrup verläßt. Dieser gelangt sofort in den Cylinder, welcher aus Kupferblech besteht, 20' lang und 3 1/2' weit ist, und sich achtmal in der Minute um seine Achse dreht, wozu eine besondere kleine Dampfmaschine vorhanden ist. An seinen Enden ist der Cylinder fast offen, indem nur ein schmaler Ring vorhanden ist, um den Syrup in dem unteren Theile zurückzuhalten, von wo ihn die Bewegung der Maschine fortwährend in einer dünnen Haut wegnimmt. Der Cylinder wird außen durch die vom Ofen der Pfanne entweichende Flamme oder durch den aus dem Saft entwickelten Dampf oder durch beide zugleich erhitzt; außerdem wird im Innern ein Strom (durch den von der kleinen Dampfmaschine abziehenden Dampf) erhitzter Luft eingeblasen. Diese Luft kann nie so heiß seyn, daß sie den Syrup verbrennt, da die Hitze sofort von den Wasserbläschen aufgenommen wird, welche der eingeblasene Luftstrom in die Höhe hebt. Eine sinnreiche Einrichtung bewirkt das continuirliche Einfließen und Ausfließen des Syrups. Da die ganze innere wie die äußere Fläche des Cylinders erwärmt wird und die Syrupschichte eine Fläche von 192 Quadratfuß darstellt, so ist das rasche Eintrocknen sehr erklärlich. Nach einem Aufenthalt von wenigen Minuten im Cylinder ist der concentrirte Saft als Syrup der Gährung nicht mehr ausgesetzt und man könnte ihn eigentlich in dieser Form in Fässer packen und nach Europa versenden. Allein der Leichtigkeit des Transportes wegen ist es vorzuziehen, die Austrocknung bis zu Ende zu führen. Hierzu dient der dritte Theil des Apparates, die Trommel, d.h. ein großer eiserner Cylinder von 4' Höhe und 4' Durchmesser, welcher von innen durch den Rückdampf der Maschine erhitzt wird, und an dessen äußerer Fläche der Syrup langsam vertheilt wird. Die Trommel dreht sich in der Minute zweimal um ihre Achse und empfängt, wie der Cylinder, einen erwärmten Luftstrom, welcher die Eindampfung bis zur festen Consistenz beendigt. Ein eigens angebrachter Abstreicher nimmt den festen Zucker nach und nach von der Trommel ab. So lange die Masse noch warm ist, kann man ihr jede beliebige Form geben; später wird sie ganz hart und dicht, und kann dann in Säcken versandt werden. Der Preis des ganzen, sehr einfachen Apparates beläuft sich auf etwa 1000 Pfd. Sterl. für eine stündliche Production von 10 Centnern. Er bietet außer den oben erwähnten Vortheilen auch Brennstoffersparniß und Vermeidung der Handarbeit; das Abschäumen fällt ganz weg. Nach mehrfach ausgesprochener Ansicht würde dieser Trockenapparat nicht verfehlen, der ganzen Colonialzuckerfabrication eine veränderte Gestalt zu geben. Der Mehrgewinn von der Hälfte der bisherigen Production und die Möglichkeit, an Ort und Stelle nur die Eintrocknung, dagegen die gesammte Reinigung und Verarbeitung auf Zucker in den Centralraffinerien oder auch in Europa vorzunehmen, würde allerdings eine solche Voraussetzung gerechtfertigt erscheinen lassen.