Titel: Elektromagnetische Kraftmaschine von Bourbouze, Mechaniker der Universität zu Paris.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXXV., S. 333
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LXXV. Elektromagnetische Kraftmaschine von Bourbouze, Mechaniker der Universität zu Paris. Aus Armengaud's Génie industriel, Juli 1865, S. 15. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Borbouze's elektromagnetische Kraftmaschine. Die von Bourbouze construirte elektromagnetische Kraftmaschine ist in Fig. 14 in einem Längendurchschnitte und in Fig. 15 in horizontaler Projection dargestellt. Der Hauptvortheil dieser Kraftmaschine besteht, nach der Ansicht des Berichterstatters Meunier im Courrier des sciences et de l'industrie (welchem Journale unsere Quelle den vorliegenden Artikel entnommen hat) darin, daß die Anziehung der Elektromagnete gegen die Armaturen immer in einer sehr kleinen gegenseitigen Distanz, d.h. mit einer großen Kraft geschieht. Die Anker a, b, c, d, a', b', c', d' der Elektromagnete sind nämlich an einem Balancier K, L, und zwar die eine Hälfte derselben auf der rechten, die andere Gruppe auf der linken Seite seiner Drehungsachse angebracht. Zu jeder dieser Armaturen gehört ein doppelschenkeliger Elektromagnet (A, B, A', B'), und zwar gehen die Ankerstiele durch Ausschnitte in der Art, daß bei horizontaler Lage des Balancier die Anker a, b, c, d in ungleichen Entfernungen von den Polflächen ihrer Elektromagneten A, B sich befinden. Tritt nämlich der Anker a mit der Polfläche von A in unmittelbare Berührung, so kommt jetzt der Anker b in die kleinste Distanz von der Polfläche des Elektromagneten B; wird daher der Strom für den Elektromagneten A unterbrochen und der von B hergestellt, so kann die unmittelbare Anziehung von b und B erfolgen, und die Distanz des Ankers c von C soll dann in diesem Augenblicke dieselbe werden wie die für b und B in der vorhergehenden, und die von a und A in der ersten Phase. Wenn daher in der dritten Phase der Strom für B unterbrochen, hingegen für den Elektromagneten C hergestellt wird, so muß die unmittelbare Berührung von c und C eintreten, während sodann d und D in derselben relativen Lage sich befinden werden, wie in c und C der vorigen Phase u.s.w. Auf diese Weise wird also der Balancier in kurz auf einander folgenden Absätzen seine schwingende Bewegung auf der rechten Seite vollführen; hierbei kann die Zahl der zur Functionirung kommenden Elektromagnete beliebig vergrößert werden. Hat das Ende L nun seine tiefste Lage angenommen, so muß die Commutation in der Art erfolgen, daß der Strom den Elektromagneten A' in Thätigkeit versetzt, da in diesem Augenblicke der Anker a' von der Polfläche A' in der kleinsten relativen Distanz sich befindet. Wenn also von jetzt an der Strom in den auf einander folgenden Phasen durch die Spiralen von B', C', D' geht, so wird der Balancier im entgegengesetzten Sinne wie vorher sich drehen. Der Balancier nimmt daher, wenn die eben beschriebenen Vorgänge sich andauernd wiederholen, eine schwingende Bewegung an, durch welche das an derselben Achse wie K, L angebrachte Rad R in Drehung versetzt werden kann. Dieses Rad ist nämlich verzahnt, und die Anordnung dieser Zähne, sowie ihre Zahl ist von der Art, daß das Rad genau um eine Zahnweite vorwärts schreitet, wenn der Balancier seine oscillirende Bewegung nach einem Sinne vollendet hat. Um das Zurückgehen des Rades R in den Momenten, wo der Balancier den Sinn seiner Bewegung wechselt, zu verhüten, und um auch jeden Zeitverlust zu vermeiden, hat Bourbouze ein System von Sperrkegeln m, n angebracht, deren Wirkung durch Spannfedern unterstützt wird, und wodurch die drehende Bewegung des Rades R in dem durch den Pfeil angegebenen Sinne gesichert werden soll. Betrachtet man nämlich die Anordnung jener beiden Sperrkegel näher, so findet man, daß, da der Sperrkegel m durch eine Feder beständig gegen das Rad angedrückt wird, in dem Momente, in welchem das Ende L des Balancier den tiefsten Punkt erreicht hat, das Rad nothwendig durch den Sperrkegel m in dem erwähnten Sinne gedreht werden muß; da aber gleichzeitig der Arm P, K hierbei nach aufwärts geht, und der Sperrkegel n mittelst der um t drehbaren Kurbel s, Q und der Treibstange P, Q mit dem Arme P, K verbunden ist, so muß nothwendig der Sperrkegel n in demselben Momente, in welchem L die tiefste Lage annimmt, in seine niederste Stellung kommen, in welcher er einen Zahn des Rades R ungehindert vorübergehen läßt. Bewegt sich nun der Balancier in entgegengesetztem Sinne, bei welchem also K nach und nach in seine tiefste Stellung gelangt, so wird, da jetzt die Kurbel Q, s in entgegengesetztem Sinne wie vorher sich dreht, der Sperrkegel n nach aufwärts sich bewegen, und da derselbe beständig mittelst einer Feder gegen das Rad dabei angedrückt bleibt, so wird die Drehung des Rades in demselben Sinne erfolgen müssen wie vorher. Durch die eben erörterten Anordnungen wird also, wenn die Stromeswirkungen und die elektromagnetischen Anziehungen in allen einzelnen Phasen in gehöriger Weise auf einander folgen etc., eine drehende Bewegung der Welle des Rades R hervorgebracht, welche mittelst des Schwungrades V in eine gleichförmige verwandelt und durch Transmissionen auf andere Maschinen übergetragen werden kann. Nach der Ansicht von Meunier soll dieser neue Motor besonders für derartige Arbeiten sich eignen, welche eine bedeutende Kraft bei einer geringen Geschwindigkeit erfordern, also überhaupt für solche Fälle, in welchen bedeutende Widerstände zu überwinden und nur kurze Weglängen zurückzulegen sind, wie z.B. zum Heben von schweren Steinblöcken bei der Aufführung von Bauten. In dem Modelle, das von Bourbouze construirt worden ist, befinden sich auf jeder Seite der Achse, um welche der Balancier oscillirt, nur vier Elektromagnete. Es ist aber einleuchtend, daß man eine große Anzahl von Elektromagneten mit Ankern bei einer großen Maschine dieser Art benutzen, und so die Kraft des Motors bis zu einer Grenze erhöhen kann, welche nur durch die Festigkeit der bei der Maschine vorgenommenen Constructionen beschränkt wird. Da durch die Vermehrung der Elektromagnete der Apparat eine unangemessene Länge annehmen mühte, und da es vortheilhaft seyn muß, die Elektromagnete weit von der Schwingungsachse entfernt anzubringen, so macht Meunier den Vorschlag, bei der Ausführung derartiger Maschinen im Großen die Elektromagnete so anzuordnen, daß dieselben senkrecht zur Längenrichtung des Balancier gelagert werden. –––––––––– In dem Vorhergehenden haben wir die von Bourbouze construirte Kraftmaschine bezüglich ihrer Einrichtung und Functionirung mit Hülfe der in unserer Quelle gegebenen Erörterungen beschrieben. Wir müssen zugeben, daß die Art und Weise, wie nach jenem Principe ein Balancier in oscillirende und hierdurch ein Rad in drehende Bewegung versetzt werden will, unseres Wissens als originell bezeichnet werden darf. Was aber das Princip selbst betrifft, so können wir dieses nicht als neu betrachten: das von Bourbouze angegebene Princip nämlich ist der Hauptsache nach von dem sogenannten Treppensysteme, welches Zöllner schon im Jahre 1857 angegeben hatPolytechn. Journal Bd. CXLIV S. 432., nicht verschieden, und es kann daher dem Constructeur der neuen, vorhin beschriebenen Kraftmaschine jenes Princip nicht vindicirt werden. C. K.

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