Titel: Zur Geschichte des Petroleums, von Professor Draper.
Fundstelle: Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XXXV., S. 107
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XXXV. Zur Geschichte des Petroleums, von Professor Draper. Draper, zur Geschichte des Petroleums. Vor vier Jahren war das Petroleum in Amerika so gut wie unbekannt, während es jetzt einen der wichtigsten Verbrauchs- und Exportartikel bildet. Seine jährliche Production erreicht im Werthe 1/4 des Durchschnittswerthes der Baumwollenernte (vor dem Kriege). Wenn man bedenkt, daß in Europa vielleicht ebenso reiche Petroleum-Vorkommnisse sich finden, welche nur einer ebenso energischen Inangriffnahme bedürfen, wie sie dieselbe in Nordamerika gefunden haben, so dürften die Notizen darüber jedenfalls einiger Aufmerksamkeit werth sein. Selbst die reichsten californischen Goldlager treten gegen die Gewinne aus den Petroleumquellen zurück. John Steele von Oil Creek Valley z.B. zieht aus seinen Petroleumquellen eine jährliche Nettorevenue von 150000 Pfd. Sterl. oder 1 Million Thaler. Schon seit den ältesten Zeiten ist das Vorkommen von Petroleum in den verschiedensten Theilen der Welt bekannt. Herodot erwähnt eine solche Quelle in Zante und Dioscorides berichtet, daß die Einwohner von Agrigent in Sicilien es gesammelt und auf Lampen gebrannt haben. In Baku in Georgien, in Rangoon in Birma wird es schon seit Jahrhunderten gewonnen. Sonstige Vorkommnisse sind Amiano (Parma), St. Zibio (Modena), Neuschatel (Schweiz), Clermont (Frankreich), Val di Noto (Sicilien), Tegernsee (Bayern), endlich Zante, Galizien, Wallachei, Barbados u.s.w. In Amiano gewinnt man das Petroleum seit etwa 200 Jahren, indem man einfache Schachte gräbt und das aussickernde Oel in Gefäßen auffängt, die am Boden des Schachtes eingegraben sind. Es wurde im ungereinigten Zustande zur Straßenbeleuchtung in Parma und Genua benutzt. Zu Baku dringen auf einer Strecke von geringer Ausdehnung (12 engt. Quadratmeilen) große Quantitäten von brennbaren Gasen und Petroleum zur Oberfläche. Dieselbe besteht aus einem porösen thonigen Sandsteine der Tertiärformation, der voll von fossilen Muscheln ist. Das in ganz ähnlicher roher Weise gesammelte Oel ist im Innern des fraglichen Districts hellgelb gefärbt, während es nach den Rändern zu immer dunkler wird, und endlich in Asphalt übergeht. Die jährlich gewonnene Quantität wird auf circa 800,000 Thlr. Werth geschätzt. In einem großen Theil von Persien bedient man sich desselben ausschließlich zur Beleuchtung. Auch in Rangoon ist die Petroleumgewinnung sehr alt und sehr ausgedehnt. Es sollen 520 Quellen vorhanden seyn, von denen jede im Durchschnitt 175 Fässer zu 950 Pfd. liefert. Man braucht das Oel zur Beleuchtung in Vorder- und Hinterindien, zur Conservirung der Bauhölzer und zu Heilzwecken. In Price's Candle Works zu Battersea werden große Massen davon zu Photogen und Paraffin verarbeitet. In Nordamerika war das Petroleum den Seneca-Indianern bekannt, und die Tradition lautet dahin, daß einer ihrer Häuptlinge vom großen Geist im Traume nach dem Fundorte gewiesen, wo er eine Flüssigkeit aus der Erde schwitzend finden werde, die für seinen Stamm ein heilender Balsam seyn werde. Das Seneca-Oel findet sich noch heute in den Apotheken Nordamerikas und wird gegen Hautkrankheiten und Rheumatismus gebraucht. Als die Weißen die den Indianern abgenommenen Ländereien in Pennsylvanien einnahmen, fanden sie daselbst noch flache Gruben, in welchen eine dünne Schicht Oel auf dem Wasser schwamm, welches man durch Ausbreiten wollener Decken und nachträgliches Ausringen derselben sammeln konnte. Erst im Jahre 1859 fing man indessen an, das Petroleum dort zu Leuchtzwecken zu benutzen. Der erste Petroleumbrunnen wurde durch Oberst Drake im Auftrage einer Gesellschaft zu New-Haven abgeteuft, und zwar zu Titusville in Crawford, Pennsylvanien. Es wurde Oel gefunden und ein ziemlicher Gewinn realisirt, der indessen durch spätere Unternehmungen weit übertroffen wurde. Man hatte übrigens schon im Jahre 1819 bei einer Bohrung nach Salzsoole am Little Muslingum-Flusse in Ohio eine Quelle gefunden, die unter starker Entwickelung von brennbarem Gase Petroleum lieferte, welches auch eine Zeit lang in Werkstätten zur Beleuchtung verwendet wurde. Die Sache gerieth indessen bald wieder in Vergessenheit, vor Allem wohl, weil man die Reinigung des Oels nicht verstand, welche zum guten Brennen durchaus nöthig ist. Ohne die mannichfachen Erfahrungen, welche die in diesem Zwischenraum mächtig entwickelte Photogen-Industrie darbot, hätte auch jetzt das Petroleum keine so rasche Verbreitung gefunden. Die Methode der Petroleumgewinnung ist etwa folgende. Das Land, auf welchem gebohrt werden soll, wird entweder gekauft oder gepachtet. In diesem Fall erhält der Eigenthümer die Hälfte des gewonnenen Oels. Hierauf wird die Dampfmaschine und das Bohrzeug aufgestellt. Das letztere besteht aus einem Schwengel von circa 30 Zoll Hub zur Bewegung des Bohrers. Eine eiserne Röhre, 6 Linien im Lichten weit, mit 1 Zoll Wandstärke, wird durch einen Rammbär bis auf den festen Felsgrund getrieben, der etwa 60 Fuß unter der Oberfläche ansteht. Aus dieser Röhre wird die lockere Erde durch eine Art Löffel entfernt; dieß ist ein hohles Rohr, 6 Fuß lang, mit einem Ventil am Boden, das sich nach oben öffnet, also die eingedrungene Erde zurückhält. Der Bohrmeißel für das festere Gestein ist ein solider Eisenstab, 8 Centner schwer und 30 Fuß lang. Er hängt an einem Seile von 1 1/2 Zoll Durchmesser. Das zugeschärfte Meißelende ist 3 1/2 Zoll breit. Nachdem der Meißel etwa auf 5 bis 6 Fuß Tiefe vorgebohrt hat, wird das Bohrloch durch einen cylinderförmigen Nachbohrer von 4 1/2 Zoll Durchmesser erweitert und egalisirt. Von Zeit zu Zeit wird der Löffel eingeführt, um das Bohrmehl zu entfernen. Die Gesteinslager, welche man durchbrechen muß, um zum Petroleum zu gelangen, sind im Oil Creek Valley nach der dortigen bergmännischen Bezeichnung folgende: 100 Fuß Schiefer, 30 Fuß Sandstein, 125 Fuß Seifenstein (?), 10 bis 25 Fuß Sandstein, dann ein zweiter Schiefer und Seifenstein, endlich in der Tiefe von 430 Fuß der dritte Sandstein, in welchem sich das Petroleum befindet. Manchmal findet es sich indessen schon in der zweiten Sandsteinschicht. Nachdem man mit dem Bohrloch einige Fuß in die dritte Sandsteinschicht eingedrungen ist, wird das Bohrloch mit 2zölligen Gasrohren verrohrt, und wenn dann das Wasser nicht genügend hoch steigt, zum Auspumpen geschritten, um sich von der Gegenwart des gesuchten Oels zu überzeugen. Die Art, wie das Petroleum ausströmt, zeigt sich sehr abwechselnd. Bald muß man zum Pumpen seine Zuflucht nehmen, bald wird das Oel mit großer Gewalt nach oben getrieben, so daß Tausende von Gallons nutzlos wegfließen, ja sogar das Bohrzeug mit weggerissen wird. Sehr oft mindert sich aber dann der Ausfluß sehr rasch und geht auf ein sehr mäßiges Quantum zurück. Die gleichzeitig häufig auftretende Soole wird unbenutzt wegfließen gelassen, obwohl man sie wahrscheinlich mit geringen Kosten, z.B. durch die gleichzeitig ausströmenden brennbaren Gase, einsieden und auf Salz verarbeiten könnte. Der Werth des Terrains im Oil Creek Valley ist natürlich ein ganz enormer. Man schätzt den ölführenden Streifen auf beiden Seiten des Flüßchens, von 2 englischen Meilen Breite und 20 Meilen Länge, auf 50 Millionen Pfd. Sterling; Farmen, die vor der Entdeckung auf 400 Pfd. Sterl. geschätzt wurden, sind jetzt für 120000 bis 200000 Pfd. St. verkauft worden. Die Kosten für das Abteufen eines Petroleum-Bohrlochs, incl. der Kosten für eine 10 pferdestärkige Dampfmaschine, für Löhne, Röhren, Brennmaterial etc., betragen circa 1200 Pfd. Sterl., also etwa 8000 Thlr., falls keine besonderen Hindernisse, Brechen des Bohrzeugs etc., eintreten. Wenn, wie es oft genug vorkommt, kein Oel gefunden wird, so sind sie natürlich weggeworfen. Der Gewinn, welcher an dem Oele gemacht wird, ist sehr groß. Das rohe Oel an den Quellen kostet das Barrel von 41 Gallons (etwa 330 Pfd.) 1 Pfd. Sterl. 10 Sh. (ca. 10 Thlr.).Demnach ist der Preis circa eben so hoch als der des rohen Braunkohlentheers in der Provinz Sachsen. Letzterer liefert zwar weniger leichtes Photogen und Solaröl, dafür aber Paraffin in reicher Menge, welches die Differenz jedenfalls deckt. In New-York kostet das Barrel schon 3 Pfd. Sterl. mit der Fracht, und man kann daraus durch Raffination etwa für 4 Pfd. Sterl. verkäufliches Product gewinnen. Um die Fracht zur Bahn, die noch einige Meilen vom Oeldistrict entfernt ist (und dort auch nicht hingeführt wird, schon wegen der immensen Terrainkosten) zu vermeiden, hat man vor, eine Röhrenleitung zu legen, durch welche man das Oel nach dem Bahnhofe fließen lassen will. Damit wäre eine Ersparniß von 2 Thlr. per Barrel zu erreichen. Die Ausfuhr des Oels steigt alljährlich. Antwerpen allein hat in den ersten acht Monaten des Jahres 1864 135000 Barrels rohes und raffinirtes Oel eingeführt. In New-York existirt eine eigene Petroleum-Börse mit 400 bis 500 Teilnehmern. Der Gebrauch des Petroleums auf Seedampfschiffen zum Heizen der Dampfkessel ist vorgeschlagen worden, indessen bei den gegenwärtigen Preisverhältnissen gewiß zu theuer und nebenbei sehr gefährlich. Dagen ist zu bemerken, daß einige Dampfmaschinen in den Petroleumgegenden mit dem aus den Bohrlöchern ausströmenden brennbaren Gase geheizt werdenEs sammelt sich das Gas in den Reservoirs für das Oel an und wird von dort durch eine Röhre nach den Feuerungen geleitet. und daß einige Petroleumraffinerien sich des Rückstandes bei der Destillation als Heizmaterial bedienen. Neben dem Vorkommen in Pennsylvanien kennt man auch in Westvirginien, dem Nordwesten von New-York, Central-Kentucky, Michigan und Canada Petroleumquellen. In Ohio und Virginien kommt das Petroleum in der Kohlenformation vor, und man muß oft verschiedene Kohlenflötze durchlaufen, um zu der Petroleumschicht zu gelangen, während in Pennsylvanien und New-York ein solcher Zusammenhang durchaus nicht nachzuweisen ist. Die nächste Gesteinsgruppe unter der ölführenden Schicht, der sogenannte Hamilton oder schwarze Schiefer, wird von einigen Gelehrten als die Quelle des Petroleums bezeichnet. Er ist sehr reich an organischer Substanz und so mächtig, daß durch seine langsame Zersetzung wohl die Massen des Petroleums erzeugt sein können. Wie eigentlich das Petroleum gebildet, ist immer noch eine sehr zweifelhafte Frage. Im Allgemeinen nimmt man an, es sey durch eine „bituminöse Gährung,“ was wir am besten wohl durch „Vermoderung“ übersetzen, entweder aus pflanzlichen oder aus thierischen Resten der Vorwelt entstanden. Es ist bekannt, daß organische Substanzen, die unter einer Schicht von Wasser oder sonst wie vor dem Zutritt der Luft geschützt sind, der freiwilligen Zersetzung unterliegen und das sogenannte Sumpfgas, C²H⁴ liefern, welches man ja aus Sümpfen mit Pflanzenresten zuerst gewonnen hat. Solches Sumpfgas findet sich in den Kohlenflötzen und bildet die schlagenden Wetter. Auch das Gas der Petroleumquellen, das im Oel aufgelöste Gas, dürfte sich bei der Analyse als Sumpfgas herausstellen. Es wäre nicht unmöglich, daß sich auch petroleumartige Oele noch heutzutage bei der Vermoderung bilden. Es deuten darauf die schillernden Häutchen hin, welche sich auf Sümpfen finden. Natürlich verflüchtigt sich hier das Petroleum in dem Maaße, als es entsteht. Freilich ist nicht zu läugnen, daß durch die trockne Destillation bei gelinder Rothgluth ganz dieselben Stoffe, Sumpfgas und im Photogen, Solaröl, Paraffin ganz genau dieselben Verbindungen, wie im Petroleum gefunden, entstehen. Es herrscht überhaupt zwischen dem Vermoderungs- und dem trocknen Destillationsproceß eine unverkennbare Analogie. Was die Entstehung des Petroleums aus thierischen Resten anbelangt, so sind in Canada im unteren silurischen Kalksteine die Höhlungen großer Orthoceratiten mit Petroleum ausgefüllt gefunden worden, welches indessen durch seinen sehr unangenehmen Geruch fast unbrauchbar gemacht wurde. Was die Dauer der Quellen anbelangt, so haben die Reinahong-Quellen in Burmah seit Menschenaltern Petroleum geliefert und einige der amerikanischen Quellen seit vier Jahren der Wirkung kräftiger Dampfpumpen widerstanden. Für die Entstehung des Petroleums aus Kohlen, durch Destillation derselben, wird eine Beobachtung des Professors Rogers angeführt. Das große appalachische Kohlenfeld zeigt an seinen westlichen Grenzen, wo die Schichten sehr regelmäßig und ungestört, meistens horizontal verlaufen, eine Kohle, die sehr reich an flüchtigen bituminösen Substanzen (40 bis 50 Proc.), während an der östlichen Grenze, wo die Flötze durch die Erhebung der Appalachenkette vielfach gebrochen, gehoben und verworfen sind, die Kohle nur 1 bis 12 Proc. beim Verkohlen verliert und einen wahren Anthracit darstellt. Hier ist die Einwirkung der Hitze der aufsteigenden Gesteine eine sehr beträchtliche gewesen und die flüchtigen Substanzen haben durch die gebildeten Spalten leichter entweichen können. Nach Prof. Evans findet sich das Petroleum nicht zwischen den Absonderungsflächen der Flötze vertheilt, sondern meistens in den in die Flötze eingesenkten Höhlungen, wo es mehr vor dem Wegführen durch das Wasser geschützt war. Mit der stärkeren Verwerfung und Störung der Gebirgsschichten steigt die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Bohrungen. Die Petroleumhöhlungen dehnen sich meistens nur wenig in horizontaler Richtung aus, so daß zwei neben einander angesetzte Bohrlöcher selten das Petroleum in gleicher Tiefe antreffen. Wenn der Bohrer das Oel erreicht, sinkt er oft plötzlich, indessen verschieden tief, und bleibt dann häufig, wie zwischen zwei gegen einander geneigten Felswänden, stecken. Alle die mannichfaltigen Erscheinungen bei dem Ausflusse des Petroleums erklären sich auf das leichteste durch die Annahme dieser Ansammlung in unterirdischen Höhlungen. Neben dem Petroleum ist Wasser und permanentes Gas darin vorhanden, welche sich in der Reihenfolge Gas, Petroleum, Wasser über einander lagern. Das Gas steht meist unter sehr starker Pressung, herrührend meistentheils von einem starken Wasserdrucke. Das Wasser, welches in höher gelegenen zerklüfteten Schichten eindringt und die Sprünge in denselben anfüllt, steht mit dem in den Höhlungen angesammelten Wasser in Verbindung. Eine solche Höhlung ist daher dem Windkessel einer Spritze zu vergleichen. Denken wir uns einen solchen Windkessel auf ein Drittel seiner Höhe mit Luft, auf ein zweites Drittel mit Petroleum, auf das letzte Drittel mit Wasser angefüllt, und in den drei verschiedenen Höhen mit Hähnen versehen, so wird beim Oeffnen des oberen Hahnes zuerst die Luft mit Heftigkeit ausströmen, dann wird das Petroleum folgen, und, im Falle von außen genügender Wasserdruck vorhanden ist, in einem angesetzten Rohre bis auf eine entsprechende Höhe steigen, resp. bei einem kürzeren Rohre überfließen. Oeffnet man dagegen den zweiten Hahn, so wird die comprimirte Luft das reine Petroleum mit großer Heftigkeit heraus treiben. Oeffnet man endlich den dritten, untersten Hahn, so wird zuerst nur Wasser ausfließen, resp. in einem angesetzten Rohre bis auf eine bestimmte Höhe steigen. Zieht man dann durch eine Pumpe das Wasser aus diesem Rohre heraus, so wird der Petroleumspiegel so weit sinken, daß er den dritten Hahn erreicht, und nun wird statt Wasser reines Petroleum erhalten werden. Setze man einfach statt des Windkessels eine der erwähnten schmalen und tiefen Höhlungen, statt der Hähne Bohrlöcher, welche dieselbe an verschiedenen Stellen treffen, so begreift man die Vorgänge, wie sie in Wirklichkeit existiren, auf das leichteste. Bei der einen Quelle zuerst eine Gasentwickelung von fast explosionsartiger Schnelligkeit, welcher später erst das Petroleum folgt, bei der anderen gleich von Anfang ein starker Strom von reinem Petroleum, bei der dritten anfangs nur reines Wasser, während man durch anhaltendes kräftiges Auspumpen desselben schließlich das Petroleum erhält. Das Shattuk-Petroleum-Bohrloch mußte zwei Wochen lang mit einer kräftigen Dampfpumpe ausgepumpt werden, bis endlich Petroleum, und zwar in reichlicher Menge, erhalten wurde. Gerade diese Verhältnisse machen das Bohren auf Petroleum und die Petroleumactien zu einem Gegenstande der wildesten Speculation. Solche isolirte Höhlen werden natürlich in längerer oder kürzerer Zeit erschöpft. Es finden sich indessen auch Bohrlöcher, die wechselnde Mengen oft auf eine sehr lange Zeit liefern. Hier scheinen ganze Höhlensysteme vorzuliegen, welche durch mehr oder weniger enge Canäle mit einander in Verbindung stehen, und es kann dann vorkommen, daß eine Quelle, die scheinbar ganz versiegt ist, nach einiger Zeit, wenn sich aus benachbarten Höhlungen wieder das Oel durchgedrängt hat, wieder eine oft sehr reichliche Menge von Oel liefert. Manche Petroleumquellen sind vollkommen regelmäßig intermittirend. Sobald man das Oel erreicht, treibt es das Gas an die Mündung des Bohrlochs. Die Schnelligkeit und Heftigkeit des Ausflusses steigert sich rasch und endlich wird das Oel vielleicht 40 bis 80 Fuß hoch als Fontaine in die Luft geschleudert. Allmählich läßt die Heftigkeit der Eruption nach und schließlich sinkt oft der Oelspiegel wieder in das Bohrloch zurück. Dieses sogenannte „Athmen der Erde“ wiederholt sich in regelmäßigen Intervallen oft dreimal des Tages. Die Erscheinung hat die größte Aehnlichkeit mit den von Bunsen beschriebenen und so geistreich erklärten Erscheinungen des Geysers auf Island, des Sprudels zu Nauheim. Der Wasserdampf, das Kohlensäuregas, das von Petroleum absorbirte Kohlenwasserstoffgas spielen in allen drei Fällen dieselbe Rolle, nämlich das Gewicht der im Aufsteigen begriffenen Flüssigkeitssäule durch die Zumischung von entwickeltem Gase wesentlich zu vermindern, und dadurch zu bewirken, daß eine verhältnißmäßig viel längere Säule durch die herrschende Gasspannung gehoben wird. Während der Intervalle, wo der Gasdruck im Scheitelraume der Höhle momentan vermindert ist, dringt aus benachbarten Höhlungen durch den dort noch unverminderten Druck neues Petroleum in die angebohrte Höhlung hinein; das davon abdunstende Gas steigert den Druck auf's Neue und so erfolgt nach einer gewissen Zeit eine neue Eruption. Prof. Evans nimmt an, daß der Gasdruck und nicht der Wasserdruck allein (wie bei artesischen Brunnen) das Oel in die Höhe treibe. Wasser würde das Oel mit sich wieder an irgend einer Stelle zur Oberfläche führen. Eine schwache, auf dem Wasser schwimmende Oelschicht, wie sie sich in dortiger Gegend häufig findet, ist nach ihm keineswegs ein sicheres Anzeichen, daß größere Oelhöhlen in der Nähe sind, indem das Petroleum aus weiter Ferne mitgeführt seyn kann, während die Gegenwart brennbaren Gases ein viel versprechendes Anzeichen ist. Das Petroleum ist aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen zusammengesetzt. Je nach den Fundpunkten zeigt es sich von sehr verschiedenem Aussehen, mit grünlichem Schimmer, rothbraun bis schwarz. Es enthält mehr oder weniger Paraffin und Asphalt aufgelöst, und geht durch mannichfache Zwischenstufen in Erdwachs und Asphalt über, indem es seine flüchtigeren Antheile eingebüßt hat. Das beste amerikanische Oel ist das von Oil Creek, das von Mecca dagegen erstarrt bei gewöhnlicher Temperatur. Anstatt des Aräometers allein, dessen man sich bedient, um das Freiseyn des Oels von allzu leichtflüchtigen, explosiven Oelen nachzuweisen, bestimmt man jetzt viel rationeller die Temperatur, bei welcher es sich entzünden läßt. Dasjenige, welches auf 40 bis 50° C. erhitzt werden muß, ehe es sich entzünden läßt, gilt für das beste Oel. Zur Beleuchtung geeignete Sorten Oel werden von einigen rohen Petroleums bis zu 90 Proc. geliefert, während andere Sorten nur circa 30 Proc. ergeben. Die zuletzt übergehenden schweren Oele werden mit fetten Oelen gemischt und zum Schmieren benutzt. Das Paraffin sondert man aus dem letzten Antheile durch Abkühlung und Pressen aus. Im Durchschnitt wird 1 Pfund aus 4 Gallons (circa 32 Pfund) rohen Petroleums erhalten, also etwa 3 Proc. Die Raffination des Petroleums schließt sich eng an die ähnlichen Processe bei der Photogenbereitung an, wie sie durch die Untersuchungen von Reichenbach, Selligue u.a. aufgefunden worden sind. James Young in Glasgow war der erste, welcher diese Industrie in England und Nordamerika einführte; er erwarb sich durch die Verarbeitung von Boghead-Cannelkohle in England und ähnlicher Materialien in Nordamerika mit Hülfe des ihm gesicherten Patentschutzes ein wahrhaft fürstliches Vermögen. Zur Zeit der Petroleum-Entdeckung in Nordamerika bestanden dort in Kentucky und Ohio mindestens 60 Fabriken, welche eine vorzügliche Cannelkohle verarbeiteten, Fabriken, welche natürlicher Weise die Concurrenz nicht ertragen konnten und vollständig eingegangen sind. Die bituminösen Kohlen wurden in eisernen Retorten bei möglichst gelinder Hitze destillirt. Um die Wärme der schlecht leitenden Kohle möglichst gleichmäßig mitzutheilen, wendete man drehende Retorten an, bei denen nach und nach alle Theile mit den glühenden Retortenwänden in Berührung kamen. Nebenbei daß die Destillation dadurch sehr beschleunigt wurde und sich nur ein wenig permanentes Gas bildete, sparte man Brennmaterial und schonte die Retorten sehr, indem die andauernde schädliche Wirkung der Stichflamme auf einzelnen Stellen wegfiel. Uebelstände waren einmal das schwierige Dichthalten und das Zerreiben des Destillationsmaterials, wodurch sich dem übergehenden Theer eine Menge Kohlenstaub beimischte, welcher die Destillation erschwerte. Die weitere Reinigung des gewonnenen Theers fällt gänzlich mit der beim Petroleum angewendeten Methode zusammen. Man rectificirt den Theer oder das Petroleum in eisernen Blasen oder liegenden Retorten, indem man die Temperatur zuletzt bis zu schwacher dunkler Rothgluth treibt, um auch den letzten Rest von Paraffin zu gewinnen. Es bleiben beim Petroleum circa 10 Proc. sehr dichter Kohks zurück, die man zum Feuern im Gemisch mit Anthracit benutzt. Das übergehende Oel wird fractionirt aufgefangen (je nach dem specifischen Gewicht gesondert) und dann in großen circa 12000 Quart haltenden Gefäßen mit circa 5 bis 6 Proc. concentrirter Schwefelsäure gemischt und längere Zeit umgerührt. Nach einiger Zeit der Ruhe setzt sich die mit färbenden Theilen beladene Schwefelsäure als schwarze harzige Masse zu Boden. Das Oel wird abgezogen und mit Wasser gewaschen. Hierauf wird es in ähnlicher Weise mit ätzender Soda- oder Potaschelauge behandelt und schließlich noch einmal rectificirt, wobei die letzte Fractionirung in leichte Erdölnaphta, in Beleuchtungs-Petroleum, in schwere Schmieröle und Paraffinmasse stattfindet. Die ganz farblosen Antheile werden theurer bezahlt als das schwach strohgelb gefärbte Oel, das für Beleuchtungszwecke gerade sehr geeignet ist. Eine passende Fastage für Petroleum ist ein lange gefühltes Bedürfniß. Das Rangoon-Petroleum wird in thönernen Gefäßen versendet, die in der Nähe in ganz ungeheurer Quantität angefertigt werden. Gewöhnliche, für andere Flüssigkeiten vollständig dicht erscheinende Fässer lassen besonders das Petroleum mit größter Schnelligkeit durch, so daß nach circa 2 Monaten nichts mehr zurück bleibt. Auf dem Transport von den Quellen nach New-York finden durchschnittlich 10 Proc. Verlust statt. Frühere. Sendungen über den Ocean, die in möglichst dichten Fässern erfolgten, verunglückten gänzlich, indem die Fässer in Europa fast leer ankamen. Jetzt wendet man eiserne, inwendig mit Zinkblech verkleidete, fest verschraubte Kästen oder eisenblecherne Cylinder an, will auch die Fässer durch Tränken mit einer concentrirten Potaschelösung und einem äußeren Anstrich mit Oelfirniß dicht gemacht haben. Welchen gewaltigen socialen Einfluß eine einzige solche neue Industrie haben kann, ersieht man unter Anderem auch daraus, daß der Wallfischfang mit welchem sich besonders die Küstenstädte der Neu-England-Staaten beschäftigten, durch das Petroleum den Todesstoß erhalten hat und daß der sonst in Amerika viel angewendete Gasäther (ein Gemisch von Terpenthinöl und Spiritus) ganz verdrängt worden ist. Auch der Oelhandel und die Photogenfabriken Europas empfinden es sehr, daß z.B. im Jahre 1863 28 Millionen Gallons (5 4 Quart) Petroleum nach Europa exportirt worden sind. Mit der Ausfuhr von Petroleum ist auch ein starker Export der bekannten amerikanischen Petroleumlampen verbunden gewesen; eine einzige Firma hat eine Lampen-Bestellung für 20000 Pfd. Sterl. aus Rußland erhalten. Die Eigenschaft des Petroleums, Fette aufzulösen, macht es sehr geeignet zu vielen Reinigungsprocessen für Stoffe. Endlich rechnet man darauf, das ausströmende Gas eines Tages zur Beleuchtung der Städte auffangen und verwenden zu können. (Im Auszuge aus dem Quarterly Journal of Science durch das Breslauer Gewerbeblatt.)