Titel: Verbesserungen in der Gußstahlfabrication; von E. L. Benzon in London.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XVI., S. 58
Download: XML
XVI. Verbesserungen in der Gußstahlfabrication; von E. L. Benzon in London. Aus dem Mechanics' Magazine vom 29. September 1865, S. 198. Mit Abbildungen auf Tab. I. Benzon's Verfahren zur Gußstahlfabrication. Durch diese dem Erfinder patentirten Verbesserungen wird eine bessere Vorbereitung des Gußstahls, namentlich in größeren Massen, vor dem Gießen in Formen oder in Zaine bezweckt und die Erfindung ist für alle Stahlsorten in geschmolzenem Zustande anwendbar, gleichviel, ob der Stahl gleichförmig und vollständig geschmolzen ist oder nicht, ob er nach der älteren Methode in Schmelztiegeln geschmolzen oder ob er durch das Bessemer'sche Verfahren dargestellt worden ist. Der Erfinder nennt sein Verfahren einen Zwischenproceß (intermediate process) und ist mit Anwendung desselben im Stande, in einem und demselben Ofen geschmolzenen Stahl verschiedener Art in größerer Menge anzusammeln, und demselben behufs seiner Verwendung zu einem oder mehreren Güssen oder zu Gußstahlzainen eine gleichmäßige Beschaffenheit zu ertheilen. Dieß erreicht Benzon dadurch, daß er den Schmelzproceß fortsetzt, bis die Masse überschmolzen oder überhitzt ist, wodurch einzelne Güsse von größeren Dimensionen, sowie mehrere Güsse oder Zaine von gleichmäßigerer Härte als bisher geliefert werden können. Soll, wie von Mushet empfohlen, dem geschmolzenen Stahle Spiegeleisen zugesetzt werden, so geschieht dieß in dem Zwischenofen, und nicht, wie bisher, in der Bessemer'schen Birne. In allen Fällen muß der Proceß so lange fortgesetzt werden, bis der eingeschmolzene und der zugesetzte Stahl oder das zugesetzte Roheisen im Zwischenofen „überschmolzen“ oder „überhitzt“ und die Masse recht gleichförmig und homogen geworden ist. Die praktische Erfahrung lehrt die Stahlschmelzer den Zeitpunkt kennen, in welchem der Stahl zum Gießen fertig ist. Der Stahl wird durch den Zwischenproceß stets etwas weicher; somit kann (selbst wenn eine Verminderung der Härte im Zwischenofen nicht beabsichtigt wird) von vorn herein ein härterer Stahl in den Tiegeln eingeschmolzen werden, was ein Vortheil ist. Die beigegebenen Abbildungen zeigen den für den Zwischenproceß dienenden Ofen, sowie die Art, wie diese Erfindung in Stahlwerken, welche nach dem Bessemerprocesse arbeiten, zur Verwendung zu bringen ist. Fig. 9 ist ein senkrechter Querdurchschnitt, worin B die Birne zum Bessemern darstellt und A den Krahn mit dem zur Aufnahme des geschmolzenen Metalles dienenden Gefäße C, aus welchem das Metall in den Zwischenofen D fließt. E ist ein zweiter Krahn, mit einem größeren Recipienten F verbunden, in welchen letzteren der geschmolzene Stahl aus dem Zwischenofen läuft, um dann mittelst des Krahns zu der Zainform G gebracht und in dieselbe ausgegossen zu werden. Fig. 10 stellt den senkrechten Längendurchschnitt und Fig. 11 die Seitenansicht des Zwischenofens dar. Derselbe ist so tief unter der Sohle des Hüttengebäudes eingebaut, daß sein Herdgewölbe im Niveau derselben liegt. Die zur Aufnahme der Formen G dienenden Gruben H (Fig. 9) sind an passenden Stellen, möglichst in der Nähe des Ofens, angebracht; die Fundamente für die Krahne liegen gleichfalls unter der Sohle der Stahlhütte. Um den Zwischenofen für den Betrieb vorzubereiten, wird er zunächst durch ein im Feuerraum angezündetes Kohlenfeuer abgewärmt, zu welchem Zwecke die Thüren a, a geöffnet werden, worauf in Folge des auf diese Weise hervorgebrachten scharfen Zuges die Hitze bald bis fast zum Weißglühen steigt. Um die Temperatur höher zu steigern, werden die Thüren a, a geschlossen und das Ventil b des Windzuführungsrohres geöffnet, so daß der von einem Cylindergebläse oder einem Ventilator gelieferte Wind unter die Roststäbe tritt und dadurch die Hitze des Ofens sehr bedeutend gesteigert wird. Um eine noch stärkere Hitze zu erzeugen und sämmtliche Feuergase möglichst vollständig zu verbrennen, sind oberhalb der Feuerbrücke zwei durch Hähne zu regulirende Oeffnungen c, c angebracht, durch welche gleichfalls ein von einem Gebläse gelieferter Windstrom dem Ofen zugeführt wird. Sollen die Kohlen aufgebrochen, die Roststäbe gereinigt oder neue Kohlen aufgegeben werden, so wird für die Dauer dieser Arbeit das Gebläse durch Schließen des Ventiles b abgestellt und eine der Thüren a, a geöffnet. Das geschmolzene Metall fließt aus dem Recipienten C in den Zwischenofen durch den Trichter d, welcher in einem dazu geeigneten Ofen zum Rothglühen erhitzt werden muß, bevor er an seinen Platz in dem Zwischenofen gebracht wird, was ungefähr fünfzehn Minuten vor seinem Gebrauche geschehen muß. Ist die erforderliche Quantität Stahl in den Ofen eingelaufen, so wird der Trichter wieder entfernt und die Oeffnung mittelst eines beweglichen Schiebers oder Stöpsels verschlossen. Bevor der Zwischenofen gefüllt wird, muß er von jeder Spur von Asche, Cinders etc. die sich in ihm etwa angesammelt haben, auf's Sorgfältigste gereinigt werden. Wenn der Abzugscanal e des Ofens sich mit Schlacke etc. verstopft, so wird er von einer besonderen seitlich angebrachten Oeffnung aus gereinigt. Ist der Stahl zum Gusse fertig, so wird er durch das Auge oder Stichloch g (Fig. 9) abgestochen. Es ist vorzuziehen, statt eines Stichlochs zwei oder mehrere vorzurichten, so daß, wenn bei einem Gusse nicht die ganze Charge des Ofens verbraucht wird, das oder die dazu benutzten Abstichlöcher vorübergehend mit Pfropfen von feuerfestem Thon verschlossen werden können. Da ein auf diese Weise einmal gebrauchtes Stichloch an derselben Stelle nicht leicht wieder geöffnet werden kann, so wird zum Abstich des Nestes der Charge ein anderes oder es werden nach den Umständen mehrere andere Stichlöcher dazu benutzt. Wenn man in gewöhnlichen Tiegeln oder anderen kleineren Oefen geschmolzenen Stahl benutzt, wird einfach der Inhalt jedes Tiegels, bezüglich Ofens durch den Trichter d in den Zwischenofen gegossen; auch kann der Inhalt mehrerer Tiegel zunächst in einem vorher gehörig abgewärmten Recipienten angesammelt und dann aus diesem in den Zwischenofen ausgegossen werden. Bei Anwendung des Bessemerprocesses wird der Inhalt der Birnen, sobald die Operation in den letzteren vollendet ist, in den vom Krahne A (Fig. 9) getragenen Recipienten C ausgeleert. Dann wird der Krahn (durch Wasserkraft) in Bewegung gesetzt, dadurch der Recipient C über den Trichter d des Zwischenofens gehoben, und dann der Stopfen C' desselben ausgezogen, worauf sich sein Inhalt in den Zwischenofen ausleert. Nachdem im letzteren der Stahl der erforderlichen Temperatur ausgesetzt und dadurch „überschmolzen“ oder „überhitzt“ worden ist, fließt er durch die Stichlöcher g in den größeren, vom Krahne E getragenen Recipienten F ab, wird mit dem letzteren durch den Krahn über die Form G gehoben, welche in der in der Hüttensohle angebrachten Grube H steht, und dann in diese Form ausgegossen. Soll der aus den Birnen kommende Bessemerstahl mit Stahl, der in gewöhnlichen Gußstahltiegeln geschmolzen worden, versetzt werden, entweder um dadurch eine Verbesserung seiner Qualität oder eine Vermehrung seiner Masse zu erzielen, so kann der flüssige Tiegelstahl aus jedem einzelnen Tiegel unmittelbar in den Zwischenofen aus-, oder zunächst in einen – selbstverständlich vorher genügend abgewärmten – Recipienten zusammengegossen und dann erst durch den Trichter d in den Ofen abgelassen werden, entweder bevor oder aber nachdem der Bessemerstahl in den letzteren eingeflossen ist. Je nach der Capacität des Zwischenofens kann der Inhalt von zwei bis vier Bessemer'schen Birnen in den Zwischenofen auf einmal ausgeleert werden, wenn es die Verhältnisse der Stahlhütte erfordern. Der flüssige Stahl kann eine halbe Stunde oder noch länger in dem Zwischenofen bleiben; während dieser Zeit läßt sich eine zweite Bessemerarbeit in den eben entleerten Birnen vornehmen, deren Product dann dem im Ofen bereits befindlichen Stahlquantum ebenfalls zugesetzt werden kann. Ist ein Zugang zu der Unterseite des Rostes, während der Ofen im Gange ist, erforderlich oder wünschenswerth, so muß dieß von dem Aschenfalle J in dem Luftzuführungscanale aus geschehen, zu welchem Behufe die beiden luftdicht schließenden, hinter einander liegenden Thüren f, f¹ Fig. 10) angebracht sind. Der Feuermann oder Schürer tritt durch die Thür f ein, verschließt dieselbe fest, öffnet einen in der zweiten Thür f¹ angebrachten Schieber i, um den Druck oder die Spannung der Luft auszugleichen und kann dann die zweite Thür f¹ öffnen. Bei seiner Rückkehr schließt der Feuermann diese hintere Thür f¹ wieder, und öffnet den Schieber i der vorderen Thür f; die zwischen den beiden Thüren befindliche comprimirte Luft entweicht und nun kann er auch die Thür f öffnen und sich durch dieselbe entfernen.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    I
Tab. I