Titel: Ueber die Schmelzfarben von Lacroix in Paris; Bericht von Salvetat.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. CIX., S. 451
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CIX. Ueber die Schmelzfarben von Lacroix in Paris; Bericht von Salvetat. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement November 1865, S. 656. Salvetat, über Schmelzfarben-Fabrication. Da das Decoriren der Fayence und des Porzellans täglich allgemeinere Verbreitung findet, da auch die Glasmalerei sich jetzt weiter entwickelt und ihre Producte mehr und mehr in Aufnahme kommen, so gewinnt dadurch die Fabrication der Schmelzfarben ein zunehmendes Interesse. Während dieser Zweig der Technik früher weit mehr Sorgfalt und Aufmerksamkeit, als Räumlichkeiten und Capital erforderte, ist derselbe heutzutage Gegenstand einer nicht unbedeutenden Industrie geworden. In Folge des üblichen Handelsbrauchs ist der Producent von Schmelzfarben genöthigt, dieselben in vollkommenen fein geriebenem Zustande zu liefern, wozu bisher eine langwierige Handhabung der Reibplatte und des Läufers erforderlich war; jetzt hingegen kann dieser Anforderung der Consumenten auf billige, somit vortheilhafte Weise nur durch die Anwendung rationeller mechanischer Vorrichtungen Genüge geleistet werden. Die Vereinigung der beiden Elemente – Darstellung der Farben durch die Mittel der Chemie und Anwendung von Maschinen zum Zerreiben derselben – führt zur Umwandlung der alten Methoden. Der in der letzten Zeit zwischen Frankreich und England abgeschlossene Handelsvertrag hat eine bedeutende Ausdehnung des Exportes von französischem Porzellan herbeigeführt, gleichzeitig aber auch den Anlaß zum Bekanntwerden der englischen Schmelzfarben in Frankreich gegeben, welche zu weit geringeren Preisen verkauft werden, als die in Frankreich, namentlich in Paris fabricirten verglasbaren Farben. Die englischen Farben sind nicht für echtes oder Hartporzellan geeignet; sie sind vielmehr zum Decoriren der künstlichen (Fritten-) Porzellane bestimmt, welche bekanntlich in England allgemein fabricirt werden, und können demnach keineswegs die Eigenschaften besitzen, welche für ihre Verwendung zum Decoriren von echtem (Kaolin- oder Hart-) Porzellan erforderlich sind. Zu ordinären billigen Decorationen hingegen sind sie mehr als genügend; mehrere nehmen einen recht hübschen Glanz an; andere glasiren sich sehr gut; daher werden sie auch in vielen Fabriken in Paris, Limoges und Bordeaux angewendet. Wenn es auf sorgfältige Malerei ankommt, wenn werthvolles Porzellan decorirt werden soll, so muß die Reihe dieser Farben noch durch eine Anzahl solcher Töne vermehrt werden, welche für die Malerei auf echtem Porzellan dargestellt worden sind, falls man nicht Gefahr laufen will, daß eine Arbeit mehrere Monate vom Feuer gänzlich zerstört wird. Lacroix (rue Parmentier No. 8 in Paris) liefert beide Farbensorten; er ist der Einzige, welcher in Frankreich Farben nach englischer Art fabricirt. Ganz besonders zeichnen sich seine mit Goldpurpur dargestellten Farben aus. Im Laboratorium von Sèvres ist er in alle Feinheiten der Präparirung der festesten und feuerbeständigsten, zur Erreichung der größten Vollkommenheit in der Reproduction der Meisterwerke der Oelmalerei auf Porzellan ganz unentbehrlichen Schmelzfarben eingeweiht worden. Namentlich zeichnet sich das aus Nickeloxyd dargestellte heiße kräftige, so wie das aus Kobaltoxyd präparirte kältere Braun in seinen verschiedenen Tönen durch vortreffliche Qualität aus. Mit Lacroix's Erlaubniß theilen wir im Folgenden die Darstellung einiger Farben mit. Der leitende Gedanke hierbei besteht darin, die zur Bereitung der Farbe erforderlichen Substanzen in einer und derselben Flüssigkeit aufzulösen und mit einem und demselben Reagens niederzuschlagen, um auf diese Weise Verbindungen jener Substanzen zu erhalten. Dieses Princip läßt sich namentlich zur Darstellung von Blau und Grün in allen Nuancen mit großem Vortheil anwenden, indem nur die gegenseitigen Verhältnisse der Metalle in passender Weise abgeändert zu werden brauchen, um die verschiedenen Abstufungen dieser Farben zu erzielen. Eisen, Zink, Kobalt und Nickel werden in Salzsäure gelöst, die Lösung wird filtrirt und mit kohlensaurem Natron gefällt. Das auf diese Weise erhaltene Oxyd wird ausgewaschen, getrocknet und in einem Röstscherben roth geglüht, dann mit einem aus 100  Th. Sand, 600  Th. Mennige und 300 Th.  krystallisirter Borsäure bestehenden Flusse innig gemengt, mit demselben zusammengeschmolzen, ausgegossen und schließlich auf's Feinste zerrieben. Ein schönes Blau, welches einen trefflichen Glanz annimmt, wird erhalten wenn man 300 Th. reines Thonerdehydrat und 100 Th. kohlensaures Kobaltoxydul in Salpetersäure auflöst, die Lösung zur Trockne verdampft, den Rückstand glüht und mit seiner dreifachen Gewichtsmenge des oben angegebenen Flusses mengt. Ein schönes Blaugrün, welches sich mit hellgelben arben zu gelbgrünen Nüancen von sehr schönem Glanze mischen läßt, wird auf die Art dargestellt, daß Chromoxyd, in Form von Chromalaun, in den passenden stöchiometrischen Verhältnissen mit kohlensaurem Kobaltoxydul in Salzsäure gelöst und dann das Ganze mit kohlensaurem Natron gefällt wird, worauf man den Niederschlag auswäscht, trocknet und glüht. Die Methoden zur Darstellung der verschiedenen Farben aus Goldpurpur hat Lacroix in sehr glücklicher Weise abgeändert. Nachdem er bei seinen Operationen das Volum oder Maaß anstatt des Gewichtes eingeführt, arbeitet er weit rascher, und dennoch mit derselben Genauigkeit wie beim sorgfältigsten Abwägen der Materialien; namentlich aber war er im Stande, den Preis des Purpurs, welcher bis zu 200 Francs per Kilogr. verkauft wird, obschon derselbe nicht mehr als 3 Proc. Gold enthält, bedeutend zu ermäßigen. Die mechanischen Vorrichtungen zum Feinreiben der Farben etc. in der Lacroix'schen Fabrik sind unserer Ansicht nach durchaus zweckmäßig. Eine Dampfmaschine dient als Motor für verschiedene Maschinen, durch welche die Rohmaterialien, die Flüsse und die Farben zerstoßen oder zerstampft, dann gerieben und schließlich geschlämmt werden. Wir sahen einen zum. Zerstoßen bestimmten Apparat, welcher die Handarbeit sehr gut ersetzt; das zu zerstoßende Material wird auf den Boden eines Mörsers geschüttet, und hier durch zwei Rechen zusammengehalten, welche an der die Stampfer in Bewegung setzenden verticalen Welle befestigt sind; die Stampfer werden durch eine Art Stellklinke abwechselnd gehoben und wieder fallen gelassen. Das weitere Fein- und Fertigreiben wird mit der erforderlichen Vollendung und Sauberkeit mittelst einer Hermann'schen granitenen Reibmaschine durch Läufer, ähnlich wie die in Sèvres angewendeten, sowie durch Massemühlen die mittelst Maschinenkraft getrieben werden, bewerkstelligt. Namentlich ist das Fertigreiben der Farben und der Flüsse für Hrn. Lacroix sehr gewinnbringend. Er liefert die vollständigsten Farbensortimente für alle Zwecke, für die Porzellan- und Fayencemalerei so gut, wie für die Glasmalerei. Grisaille und Mattweiß verkauft er zu äußerst niedrigen Preisen und enthebt die Glasmaler dadurch der Nothwendigkeit, diese Präparate sich selbst darzustellen, was immerhin eine mißliche Sache ist; denn abgesehen davon, daß ihnen die Selbstbereitung weit theurer zu stehen kommt, gewährt ihnen dieselbe keine Garantie für ein solches Gelingen der gedachten Präparate, daß sich dieselben beim Einbrennen auch wirklich halten und nicht verderben.