Titel: Ueber die Bestimmung des Indigotins; von Clemens Ullgren.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. CXII., S. 458
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CXII. Ueber die Bestimmung des Indigotins; von Clemens Ullgren. Nach dem Journal of the chemical Society, 1865, vol. III p. 217; aus dem chemischen Centralblatt, 1865, Nr. 67. Mit einer Abbildung. Ullgren, über die Bestimmung des Indigotins. Es ist schon lange bekannt, daß die Resultate, welche man bei der Werthbestimmung von Indigo erhält, von einander differiren, je nachdem man sich zu diesem Zwecke entweder der sogenannten Reductionsmethode oder der volumetrischen Oxydationsmethode bedient. Indeß nahm man an, daß der hierbei gemachte Fehler ein sehr unbedeutender sey. Diese Annahme beruht jedoch nach des Verf. Versuchen auf einem großen Irrthume, indem es bei der Oxydations- oder volumetrischen Methode gänzlich von dem Grade der Concentration sowohl der Probeflüssigkeit als der Indigolösung abhängt, um Resultate zu erhalten, die 34–80 Proc. von den auf dem Reductionswege gefundenen differiren. Bei der Wichtigkeit dieses Handelsartikels schien es daher dem Verf. von Nutzen eine leicht auszuführende und sichere Methode zu dessen Werthbestimmung zu finden, und er beschreibt daher seine zu diesem Zwecke ausgeführten Versuche. Textabbildung Bd. 179, S. 458 Der Apparat, dessen sich der Verf. zur Reduction des Indigos bedient, besteht aus einer an einem Ende geschlossenen Glasröhre A von 3 Centimeter Durchmesser und 24 Centimeter Länge. Das andere Ende der Röhre ist durch einen Kautschuk Stopfen B verschlossen, durch welchen die Röhre C hindurchgeht, so daß sie nach Bedürfniß höher herausgezogen oder tiefer eingesenkt werden kann. Das untere Ende dieser Röhre C ist bis auf die kleine Oeffnung a geschlossen, so daß der ganze Apparat luftdicht geschlossen werden kann, sobald man die Röhre C soweit in die Höhe zieht, daß die Oeffnung a in den Kautschuk-Stopfen zu liegen kommt. Endlich ist die Röhre A noch mit der seitlichen, durch einen Hahn verschließbaren Röhre D und mit einer Kubikcentimeter-Eintheilung versehen. Bei der Reduction wird der Apparat in dem Wasserbade E auf 80° bis 90°C. über einer Gasflamme erhitzt, weßhalb man den Stopfen mittelst eines Stück Fadens festbindet. Bei Anwendung dieses Apparates braucht man bloß einige Decigramme Indigo. Benutzt man zur Reduction schwefelsaures Eisenoxydul, so bringt man passend noch 10–15 Gramme kleiner Granaten mit in die Röhre, durch welche das Indigopulver, das sonst lange auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmt, beim Schütteln schneller mit letzterer in Berührung gebracht wird. Nachdem die Reduction in ein Paar Stunden vollendet ist, nimmt man den Apparat aus dem Wasserbade, läßt ihn erkalten, verbindet das Innere desselben mit der äußeren Luft dadurch, daß man die Röhre C weiter einschiebt, läßt 50 Kub.-Cent. von der Flüssigkeit durch die Röhre D ab, und bestimmt in diesen den Farbstoff auf gewöhnliche Weise. Die mit diesem Apparate ausgeführten Bestimmungen, von denen die eine nach Fritsche's Methode durch Reduction mittelst einer Lösung von Traubenzucker in Alkohol und Natron, die andere mittelst schwefelsauren Eisenoxyduls gemacht wurde, ergaben unter einander genügende Uebereinstimmung. Unterwirft man reines Indigotin mit Traubenzucker und Natron der Reduction, so erhält man, wie sich der Verf. überzeugte, nicht die ganze Menge des Farbstoffs wieder, sondern bloß ungefähr 86–87 Procent davon, so daß also ein Theil des Indigotins eine andere Umsetzung als zu Indigweiß erlitten haben muß. Diese Veränderung des Indigotins ist nicht abhängig von einer größeren oder geringeren Menge des angewandten Natronhydrates, ebensowenig wie von der Anwendung des Traubenzuckers, da der Verfasser mit schwefelsaurem Eisenoxydul genau dieselben Beobachtungen machte. Diese Erscheinung erklärt auch den Umstand, daß Berzelius bei der Bestimmung der Quantität Kupfer, die Indigweiß aus einem Kupfersalze reducirt, viel weniger Kupfer erhielt, als nach Berechnung aus der Formel zu erwarten war. Nimmt man an, daß kein Indigweiß bei der Reduction aus Indigotin zerstört wird, so müssen 100 Proc. des ersteren 24,8 Proc. Kupfer reduciren; da aber, wie oben gezeigt wurde, ungefähr 13 Proc. Indigotin bei der Reduction zerstört werden, so hätte die reducirte Kupfermenge bloß 21,03 Proc. betragen müssen. Berzelius fand jedoch sogar bloß 18,35 Proc., wovon allerdings die Ursache nicht ganz klar ist. So exact auch die ganze eben beschriebene Methode ist, so ist doch zu ihrer Ausführung große Aufmerksamkeit nothwendig, und es ist ihr daher die volumetrische Methode, die schneller ausgeführt werden kann, vorzuziehen, wenn es darauf ankommt, viele Indigoproben in kurzer Zeit zu machen. Die Fehler dieser Methode liegen hauptsächlich in der Gegenwart des Indigoleims, Brauns und Roths in der schwefelsauren Lösung, und in der Anwesenheit von aus dem Indigo stammendem Eisenoxydul. In den besseren Sorten ist natürlich dieser Eisengehalt sehr gering, bei anderen jedoch erhielt der Verf. 72 Proc. Asche von rothbrauner Farbe, die sehr viel Eisen enthielt. Diese Fehlerquelle kann jedoch vermieden werden, wenn man die volumetrische Analyse in einer alkalischen statt in einer sauren Lösung vornimmt, und der Verf. hat nach vielen vergeblichen Versuchen in dem Ferricyankalium das geeignete Mittel hierzu entdeckt. Dieses Salz nämlich zerstört, wie schon lange bekannt ist, bei Gegenwart von freiem Alkali die Farbe des Indigotins. Indeß variiren die hiermit erhaltenen Resultate ganz bedeutend, je nach der größeren oder geringeren Menge des angewandten Alkalis, wozu außerdem auch noch die durch Temperaturdifferenzen von 8–10° bedingten Fehler hinzukommen. Man kann jedoch nach dem Verf. constante Resultate erlangen, wenn man statt freien Alkalis ein bestimmtes Minimum von kohlensaurem Natron anwendet und die nachstehenden Vorsichtsmaßregeln dabei beobachtet: Zur Lösung des Indigos darf man nicht zu viel Schwefelsäure anwenden, am besten die 8–10fache Menge einer Säure, die man erhält, wenn man rauchende Schwefelsäure so lange mit Wasser verdünnt, bis sie nur noch schwach raucht. Auch die Temperatur bei der Lösung darf nicht 50°C. überschreiten, weil sonst, besonders bei unreineren Sorten, sich viel schweflige Säure entwickelt. Diese Indigolösung muh sehr verdünnt angewandt werden. Folgende Verhältnisse gaben dem Verf. die besten Resultate: 1 Gramm Indigotin in 10 Grammen Schwefelsäure aufgelöst und mit Wasser zu 1 Liter verdünnt. 10 Kubikcentimeter von dieser Flüssigkeit nochmals mit Wasser zu 1 Liter verdünnt, welcher demnach 10 Milligramme Indigotin enthält. Zu diesem Liter Flüssigkeit setzt man 20 Kub.-Cent. einer in der Kälte gesättigten Lösung von kohlensaurem Natron und fügt dann die Lösung des Ferricyankalium zu. Diese Lösung muß ebenfalls sehr verdünnt seyn. Der Verf. wendet eine Flüssigkeit an, die auf ein Liter 2,5115 Gramme des Salzes enthält; von derselben vermögen 2 Kub.-Cent. 1 Milligramm Indigotin zu zerstören. Hält man genau diese Verhältnisse ein, so geht der Versuch sehr glatt von statten. Man nimmt denselben am passendsten in einer großen Porzellanschale vor, in welcher sich das allmähliche Verschwinden der blauen Farbe sehr genau beobachten läßt, wobei man natürlich für gutes Umrühren Sorge trägt. Die Resultate dieser Methode sind, wenn man sie mit anderen volumetrischen Methoden vergleicht, die bis zu 80 Proc. Fehler geben können, scharf zu nennen. Bei einem Bengal-Indigo fand der Verf. 2,4 Proc. mehr als nach der oben beschriebenen genauen Reductionsmethode, bei anderen Versuchen stieg der Fehler bis auf ein Plus von 4 Procent.