Titel: Ueber Gasfeuerung mit Regeneratoren, mit besonderer Bezugnahme auf die Siemens'schen Constructionen für Glasöfen; von Hermann Pütsch.
Autor: Hermann Pütsch
Fundstelle: Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XXXII., S. 127
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XXXII. Ueber Gasfeuerung mit Regeneratoren, mit besonderer Bezugnahme auf die Siemens'schen Constructionen für Glasöfen; von Hermann Pütsch. Pütsch, über Gasfeuerung mit Regeneratoren. Die Verwandlung der Brennmaterialien in Gas, behufs Erzeugung hoher Temperaturen, ist so allgemein als vortheilhaft anerkannt, daß eine Besprechung des Nutzens dieser Art Feuerungen nicht mehr nöthig ist. Auch die Anwendung von Vorwärmapparaten für die Luft, welche zur Verbrennung der erzeugten Gase dient, ist theoretisch und praktisch als günstig wirkend festgestellt. Die sogenannten Regenerativ-Oefen, deren Princip hinreichend bekannt ist, haben den Zweck, sowohl die zur Verbrennung kommenden Gase, als auch die Luft, welche die Verbrennung unterhält, vorzuwärmen. Daß diese Oefen ausgezeichnete Resultate liefern können, haben die von dem Erfinder Hrn. Friedrich Siemens erbauten Oefen gezeigt, wenn dieselben auch, namentlich die für Glasfabrication bestimmten, nur kurze Zeit diese Resultate geben, und selbst von geringer Dauer und Haltbarkeit waren. Die nutzbringende Wirkung der diesem Ofensystem eigenthümlichen Regeneratoren ist wissenschaftlich nur von Hrn. C. Schinz in Frage gestellt worden, während andererseits alle Praktiker ziemlich einig sind, daß das Princip ein ausgezeichnetes, und nur die bisherige praktische Ausführung eine mangelhafte war. Hr. Schinz hat jedoch in seinen Auseinandersetzungen einigermaßen Recht, indem er seinem Urtheile die Constructionen zu Grunde legte, mit welchen Hr. Siemens bekanntlich so ungenügende Resultate erlangte. Diese Constructionen führen in der That alle die theoretischen Nachtheile mit sich, welche im Verein mit der praktischen Ausführung, die Regenerativ-Oefen in Mißcredit gebracht haben. Die Gase, welche in dem Gasgenerator erzeugt werden, haben je nach dem Material, aus welchem sie dargestellt werden, verschiedene Temperaturen, und sind mehr oder minder mit flüchtigen und dampfförmigen Kohlenwasserstoffen gemengt. Hr. Friedrich Siemens kühlt nun bei Torf- und Steinkohlengas, wie mir aus eigener Anschauung bekannt, die aus dem Gasgenerator entweichenden Gase ab, indem er dieselben durch frei liegende, von der atmosphärischen Luft umgebene, eiserne Röhren leitet. Diese Abkühlung hat nach seiner Angabe den Zweck, den Gasen ein größeres Bestreben zu ertheilen, aus dem Generator abzuziehen, obgleich, wie ich versuchen werde zu zeigen, der Grund in anderen Anständen zu suchen ist. Diese Abkühlung hat nun einen doppelten Nachtheil: erstens geht eine große Menge Wärme verloren, die dem Ofen selbst nutzbringend zugewendet werden kann, und zweitens condensiren sich die erwähnten dampfförmigen Kohlenwasserstoffe in diesen Röhren, verstopfen dieselben häufig, und müssen durch Auskratzen oder Ausbrennen entfernt werden, kommen also dem Ofen als Brennmaterial nicht zu gute. Die Anwendung dieser Röhren vertheuert nicht allein die Anlage eines Regenerativ-Ofens, sondern sogar auch den Betrieb, da sie zu Brennmaterialverlusten Veranlassung gibt. Es ist jedoch bei den Oefen, die Hr. Friedrich Siemens baut, nothwendig, die Gase abzukühlen, und ihnen die dampfförmigen Kohlenwasserstoffe zu entziehen, da die von Hrn. Siemens construirten Ventile weder eine Temperatur vertragen, welche höher als 300° C. ist, noch eine Ablagerung von Ruß oder Theer aushalten. In beiden Fällen werden dieselben undicht, und es treten dann die von Hrn. Schinz angegebenen und berechneten Gasverluste ein. Es scheint mir demnach, daß Hr. Friedrich Siemens bei der Abkühlung der Gase mehr den Zweck verfolgt die Ventile vor einer zu oft sich wiederholenden Zerstörung zu bewahren, als einen stärkeren Zug im Gaserzeuger hervorzurufen, welche letztere Wirkung mir überhaupt unklar ist. Von dem Gasventil werden die Gase durch die Regeneratoren-Kammern nach dem Ofen geleitet. Hr. Siemens gibt nun an, daß es nothwendig sey, diese Regeneratoren senkrecht anzuordnen, indem dieselben dann als Schornstein wirken, und die abgehende Feuerluft nur stehende Regeneratoren in den Horizontalschichten gleichmäßig erwärmen kann. Diese Angabe scheint um so sonderbarer, als der von Hrn. Siemens erbaute, in den Zeichnungen des Vereines „die Hütte,“ Jahrgang 1864, abgebildete Stahlofen mit liegenden Regeneratoren versehen ist. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen, da wir gerade mit liegenden Regeneratoren ausgezeichnete Resultate erlangt haben, und dieselben immer anwenden, wo wir eine trockene Hitze erzeugen wollen, und wo nicht zu befürchten ist, daß durch die Hitze flüssig gewordenes Material die Ofensohle durchdringt, und in die unterliegenden Regeneratoren einfließt, ein Uebelstand, der naturgemäß auch bei unterstehenden Regeneratoren sich einstellen wird. Durch die Regeneratoren gelangen Gas und Luft in einen Raum, in welchem sie innig gemischt werden, und treten dann als fertige Flamme in den Ofenraum ein. Diese Mischung von Gas und Luft ist nun für den ganzen Gang des Ofens von der größten Wichtigkeit, sowie es auch nothwendig ist, die Quantität der die Verbrennung unterhaltenden Luft genau zu reguliren. Hr. Schinz macht mit Recht den von Hrn. Siemens erbauten Oefen den Vorwurf, daß eine genaue fortdauernde Regulirung der Luft nicht möglich sey. Es ist wohl von selbst klar, daß wenn es nicht zu erreichen ist, daß bei einem fehlerhaft construirten Ventil, eine constante Menge Gas dem Ofen zugeführt wird, auch eine genaue Regulirung der Luft nicht denkbar ist. Bekanntlich arbeiten Gasgeneratoren, auch solche ohne gepreßten Wind, ziemlich gleichmäßig; d.h. sie consumiren in gleichen Zeiten gleiche Mengen Brennmaterial, und geben einen Gasstrom, welcher, sowohl in seiner Stärke, als auch in seiner chemischen Zusammensetzung, sehr constant ist. Bei Anwendung eines Gasventils, welches ein directes Entweichen des Gases nach dem Schornstein nicht gestattet, wird es demnach sehr leicht seyn, die zur vollkommenen Verbrennung nöthige Luft constant dem Ofen zuzuführen. Nur unter dieser Bedingung ist es überhaupt möglich, die Regenerativ-Oefen in Zweigen der Technik anzuwenden, für welche eine genaue Luftregulirung Lebensfrage ist, wie bei Puddel-, Schweiß- und Eisenschmelzprocessen; in dieselbe Kategorie gehören auch die Oefen, in welchen eiserne Retorten dem Feuer ausgesetzt sind. Wie schon oben erwähnt, ist die innige Mischung von Gas und Luft ein Haupterforderniß für die vollkommene Ausnutzung der Flamme in dem Arbeitsraum des Ofens; Gas und Luft dürfen nicht, wie es bei der Siemens'schen Construction der Fall ist, und worunter namentlich. die von ihm erbauten Stahl- und Puddelöfen leiden, in zwei getheilten Strömen durch den Ofen fließen, und nur an der Berührungsstelle eine intensive Hitze geben; sie werden zwar später vollkommen gemischt und gelangen zur Verbrennung, jedoch an einer für den Ofen schädlichen Stelle. Schweiß- und Puddelöfen dieser Construction werden immer, selbst für den Fall, daß die genügende Temperatur erzeugt wird, einen starken Abbrand und ungleiches Eisen liefern. Eine andere Frage ist nun die Haltbarkeit der von Hrn. Siemens erbauten Oefen, die namentlich von Praktikern, welche mit dieser Construction gearbeitet haben, verneint wird, und welche immer eine sehr geringe gewesen ist, sobald höhere Temperaturen, wie z.B. zum Schmelzen von Grün- oder Tafelglas, erzeugt werden sollen. Diese Frage wollen wir in zwei einzelne zerlegen, und zuerst die Haltbarkeit der dem Regenerativprincip eigenthümlichen Theile, und später die Dauer des Ofenraumes selbst, mit specieller Bezugnahme auf Glasöfen betrachten. Bei allen Siemens'schen Constructionen für hohe Temperaturen, also mit Ausschluß von Oefen für weiches weißes Hohlglas, Bleiglas, Glühöfen etc. werden die Regeneratoren unverhältnißmäßig scharf angegriffen. Dieß ist hauptsächlich eine Folge der ungenügenden Mischung von Gas und Luft, ehe beide in den Ofen treten; die vollkommene Verbrennung findet erst, wie auch Hr. Schinz richtig bemerkt, in den Regeneratoren statt, und selbst wenn diese, in den Regeneratoren erzeugte Wärme dem Ofen theilweise wieder zu Gute kommt, so ist das unvermeidliche Resultat ein Zusammenschmelzen dieser Apparate, wie dieß in Bezug auf Stahlöfen auch von Hrn. J. Khern in der Zeitschrift des österreichischen Architekten- und Ingenieurvereins, 1865 Heft 12, bestätigt worden ist. Bei den Glasöfen wie sie Hr. Fr. Siemens baut, kommen noch andere Nachtheile hinzu. Bekanntlich tritt die Flamme bei seinen Constructionen durch ein viereckiges Loch in der Sohle in den Ofenraum, und verläßt den Ofen durch ein gleiches Loch, welches je nach der Größe des Ofens, in größerer oder kleinerer Entfernung von dem ersteren liegt. Die Regeneratoren stehen unter dem Ofen. Die Sohle selbst besteht aus Gewölben, mit darüber liegenden großen Steinen. Die Sohle wird also bei dieser Construction doppelt erwärmt, und zwar stärker von unten als von oben, weil, wie bereits besprochen, die stärkste Erhitzung erst nach der vollkommenen Mischung von Gas und Luft beim Herausgehen der Flamme aus dem Ofen eintritt. Die Gewölbe, welche die Sohlsteine tragen, werden in ihren Widerlagern angegriffen, und das bekannte Resultat ist nach kurzer Campagne ein Zusammenfallen des Ofens in sich selbst. Bei Glasöfen für weißes Hohlglas oder andere leicht schmelzliche Gläser ist nach einer zwölfmonatlichen Campagne fast der ganze Unterbau zu erneuern. Außerdem dringt das Herdglas allmählich durch Sprünge der überliegenden Sohlsteine, und durch die Fugen der Gewölbe in die Regeneratoren selbst ein, und verstopft dieselben; dieser Uebelstand macht sich bei Oefen für Grün- und Tafelglas derartig geltend, daß er allein hinreicht, um die Siemens'sche Construction für diese Fabricationszweige in Frage zu stellen. Bekanntermaßen ist bei einer jeden Feuerung, mag man mit hohen oder niederen Temperaturen arbeiten, die Anordnung der Feuerbrücke und des Fuchses von der größten Wichtigkeit, und eine jede Veränderung dieser Theile macht sich sowohl in Bezug auf die erzeugte Temperatur, als auch in Bezug auf den Brennmaterialverbrauch fühlbar. Durch dieselben Oeffnungen, welche der Flamme Eingang in den Ofen gestatten, fließt das Herdglas ab. Selbst wenn wir voraussetzen, daß bei Beginn der Campagne, Gas und Luft innig gemischt in den Ofen eintreten und vollkommen in demselben zur Verbrennung kommen, so werden durch das durchfließende Glas diese Oeffnungen erweitert, die nöthige Mischung von Gas und Luft findet nicht mehr statt, die stärkste Wärmeentwickelung tritt nicht mehr im Ofen, sondern unter der Sohle und in den Regeneratoren ein, und das Endresultat ist entweder eine verlängerte Schmelzzeit, oder ein gesteigerter Brennmaterialverbrauch. Alle diese Uebelstände, welche der Siemens'schen Construction eigen sind, haben wir vermieden, und füge ich als Beweis ein Zeugniß von den HHrn. Schönemann und Itzinger bei, auf deren Hüttenwerken Hr. Friedrich Siemens zwei Jahre lang mit seiner Construction Versuche angestellt hat, deren Resultate so ungünstig waren, daß wir mit dem Umbau der Oefen nach unserem System von den Besitzern betraut wurden. Es sind dort jetzt zwei Grünglasöfen zu je 8 Häfen im Gang, die jeder 6 1/2 Ctr. Glas fassen. Wöchentlich werden 6 Schmelzen gemacht, bei einem Gemenge, welches aus Kochsalz, Sand und Mergel, ohne Anwendung von Glaubersalz besteht. Das Zeugniß lautet: „Die Civilingenieure H. Pütsch und Ziebarth von hier, haben auf unserem Fabriken-Etablissement Neufriedrichsthal bei Uscz die früheren Regenerativ-Gasöfen für die Glasfabrication umgebaut. Wir bescheinigen denselben mit Vergnügen, daß wir die von ihnen getroffenen Aenderungen als sehr praktisch und sich bewährend gefunden haben, indem sie die Uebelstände wie folgt beseitigen: 1) wurde eine andere Bauart der Regeneratoren angewendet, bei welcher das Zusammenschmelzen der Regeneratorsteine, sowie das Einfliehen des Glases in die Kammern vermieden wurde; 2) durch eine sich bewährende Construction der Glasschmelzöfen können wir das Herdglas leicht beseitigen, während solches bisher unseren Betrieb störte; 3) ist durch Anwendung anderer als bisher gebrauchter Ventile dem Uebelstand, daß dieselben bei großer Hitze ihren Dienst versagten, Abhülfe geschaffen. Wir können mit gutem Gewissen die genannten Herren als praktische Leute für die Erbauung von Glas- und Gasöfen empfehlen, und würden uns freuen, wenn diese unsere Empfehlung denselben zum Vortheil gereichte. gez. Schönemann und Itzinger. Beide Oefen arbeiten mit Torfgas mit einem Verbrauch von je 140000 Stück à Pfd. per Woche und einer Production von 312 Centner Glas; zum Calciniren des Gemenges werden täglich 5000 Stück Torf verwendet. Bei der großen Bedeutung, welche unzweifelhaft die Regenerativ-Feuerung für die Technik hat, hielt ich es für angemessen, die Umstände näher zu beleuchten, welche der allgemeinen Einführung dieses Systems bis jetzt im Wege gestanden haben, um so mehr, da die Vortheile des Systems zwar wissenschaftlich und in kurzen Notizen besprochen sind, über die praktischen Verhältnisse jedoch in der Literatur nichts vorhanden ist. Berlin, im März 1866.