Titel: Ueber die Klärung der Zuckerlösungen behufs ihrer Untersuchung mit dem Polarisationsinstrumente; von Dr. C. Scheibler.
Fundstelle: Band 180, Jahrgang 1866, Nr. LXXXIV., S. 307
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LXXXIV. Ueber die Klärung der Zuckerlösungen behufs ihrer Untersuchung mit dem Polarisationsinstrumente; von Dr. C. Scheibler. Scheibler, über Klärung der Zuckerlösungen zur optischen Untersuchung. Eine der wesentlichsten Bedingungen bei der optisch-saccharometrischen Untersuchung der Zuckerlösungen ist es, zunächst Sorge dafür zu tragen, daß diese Lösungen nicht allein möglichst farblos sind, sondern auch nicht die geringste Trübung zeigen, da trübe oder auch nur schwach opalisirende Flüssigkeiten das Einstellen gleicher Farben an der Soleil'schen Quarzdoppelplatte mehr oder weniger erschweren. Das Klären der Zuckerlösungen mit basisch-essigsaurem Bleioxyd hat in vielen Fällen, so z.B. beim Rübensafte, bei den Füllmassen u.s.w. keine Schwierigkeiten, weil die durch den Bleiessig bewirkte Fällung hierbei grobflockig erscheint und leicht abfiltrirbar ist. Anders verhält es sich dagegen bei der Klärung der Lösungen vieler Rohzucker, namentlich den ersten Producten, sowie mitunter auch bei centrifugirten zweiten Producten. Diese liefern mit Bleiessig, wenn auch in noch so geringer Menge versetzt, sehr häufig ein trübes, stark opalisirendes Filtrat und zeigte sich mir diese bekannte Erscheinung namentlich bei den dießjährigen Zuckern auffallend häufig, so daß ich mich veranlaßt fand, nach Mitteln zu suchen, die diesem Uebelstand abhelfen. Ein schon früher für solche Fälle empfohlenes MittelVon E. Teirich, im polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 291., welches darin besteht, daß man der mit Bleilösung versetzten Zuckerlösung ein paar Zehntelgramme festes kohlensaures Ammoniak zusetzt, wodurch eine massige Fällung erfolgt, führte bei den Zuckern der dießjährigen (1865) Campagne eigenthümlicher Weise fast nie zu dem gewünschten Ziele, obwohl ich es im Jahre zuvor durchgängig mit dem besten Erfolge anwendete. Ebensowenig genügte der von Ventzke vorgeschlagene Zusatz von Alaunlösung; es entsteht dann zwar eine massige Fällung, das Anfangs klare Filtrat pflegt jedoch meistens nach einiger Zeit in Folge einer weiteren Ausscheidung von schwefelsaurem Bleioxyd dennoch trübe zu werden. Auch die von Ventzke schon früher empfohlene „Neutralisation der alkalisch-zuckerigen Lösungen mittelst Essigsäure“ führte zu keinem Resultate. Es liegt auf der Hand, daß man, behufs Beseitigung der in Rede stehenden Erscheinung, den betreffenden Zuckerlösungen, ehe man sie mit Bleiessig versetzt, einen Zusatz zu geben hat, der an sich die Drehung der Polarisationsebene nicht beeinflußt, während er mit dem Bleioxyde einen vollständig fällbaren, durch Filtration leicht zu entfernenden Niederschlag gibt. – Von den zahllosen in dieser Beziehung möglichen Zusätzen, von denen viele versucht wurden, entsprach keiner so allen Erwartungen, als ein kleiner Zusatz einer Gerbsäurelösung, welcher den Zuckerlösungen vor dem Fällen mit Bleiessig zugesetzt wird und mit letzterem einen großflockigen, leicht abtrennbaren Niederschlag in der Auflösung erzeugt, so daß das Filtrat völlig klar und glänzend blank erscheint, und sich mit dem Polarisationsinstrumente vortrefflich untersuchen läßt. Hierzu genügt meist nur eine sehr geringe Menge von Gerbsäure, die man vorher in Wasser löst und dem zu untersuchenden Zucker zusetzt. Besser ist es jedoch, besonders wo täglich viele Untersuchungen zu machen sind, sich eine etwa 5procentige Gerbsäurelösung vorräthig zu halten, von der man 10 bis 20 Tropfen, je nach der Qualität des vorliegenden Rohzuckers, demselben zufügt, bevor man mit Bleiessig fällt. Da die rein wässerige Gerbsäurelösung bei ihrer Aufbewahrung schimmeln und sonach verderben würde, so thut man wohl, derselben gleich bei der Darstellung einen kleinen Zusatz von Alkohol zu geben, wodurch sie vollkommen haltbar wird. Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, daß durch Anwendung von Gerbsäure die Drehungsgröße der Polarisationsebene bei Zuckerlösungen in keiner Weise beeinflußt werden kann, was zudem von meinem derzeitigen Assistenten, Hrn. Dr. F. Dehn, durch genaue synthetische Versuche mit reinem Zucker bestätigt wurde. (Zeitschrift des Vereins für die Rübenzucker-Industrie im Zollverein, 1866, Bd. XVI S. 32.)