Titel: Neues Verfahren zur Gewinnung des Broms und des Jods aus der Varechkohle oder Varechasche, und neue Methode zur quantitativen Bestimmung des Jods durch unterschwefligsaures Alkali; von Ed. Moride.
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LIX., S. 216
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LIX. Neues Verfahren zur Gewinnung des Broms und des Jods aus der Varechkohle oder Varechasche, und neue Methode zur quantitativen Bestimmung des Jods durch unterschwefligsaures Alkali; von Ed. Moride. Aus den Comptes rendus, t. LXII p. 1002; April 1866. Moride, Verf. zur Gewinnung des Jods u. Broms aus dem Seegrafe und neue maaßanalytische Jodbestimmung. Seit langer Zeit wird an den Küsten des Oceans und des Canals Varechsoda gewonnen, indem man getrocknete Meeresalgen bei hoher Temperatur in Gruben an freier Luft verbrennt. Dieses unvollkommene Verfahren veranlaßt beträchtliche Verluste; ein Theil der Alkalisalze wird in geschwefelte Producte oder in unlösliche Silicate umgewandelt. Chlormagnesium und Jodnatrium werden zersetzt, und es verflüchtigen sich dann Chlorwasserstoffsäure, Jod, Bromnatrium und Chlornatrium. Schon häufig hat man versucht, die im „Seegrase“ enthaltenen löslichen Salze unmittelbar durch Maceration, sowohl bei höherer als bei gewöhnlicher Temperatur, zu gewinnen; aber der Transport der Algen nach der Fabrik war in vielen Fällen unausführbar, die Anhäufung großer Massen derselben lästig, das Entfärben des Macerationsproductes war mit Schwierigkeiten verknüpft, und das Abdampfen der erhaltenen, stets sehr schwachen Laugen verursachte bedeutende Kosten. Neuerlich hat Ed. Stranford in England Versuche angestellt, die Varechpflanzen bei Luftabschluß in Gasretorten der Destillation zu unterwerfen. Dabei resultirten empyreumatische Oele und kohlige Rückstände, aus welchen letzteren die Salze und mit diesen Jod und Brom gewonnen wurden; allein auch dieses Verfahren erfordert viel Handarbeit, große Vorräthe an Rohmaterial und mühsamen Transport desselben, weßhalb es aufgegeben werden mußte. Bei Anwendung meiner Methode werden alle diese Nachtheile vermieden. Denn bei derselben werden die frischen oder trockenen Seepflanzen an freier Luft, bei jeder Witterung, und zwar an denselben Stellen, wo sie eingesammelt sind, gedörrt oder vielmehr verkohlt. Dazu dient ein eigenthümlicher tragbarer Apparat, eine Art kleiner Ofen, welcher eine Kohle liefert, die sich dann in Verdrängungsapparaten leicht und rasch auslaugen läßt. Durchschnittlich entsprechen 100 Thle. frisches Seegras 20 Thln. trockenem Seegras, 5 Thln. Kohle und 3 Thln. Asche. Der Gehalt an Jod und Brom ist bei den verschiedenen Arten der Meeresalgen verschieden; am meisten Jod enthalten, wie zuerst Gaultier de Claubry nachgewiesen hat, die großen Laminarien. Durch den Auslaugproceß erhält man Flüssigkeiten von bereits ziemlich hohem specifischen Gewichte; dieselben werden in durch Dampf geheizten Kesseln concentrirt, wobei schwefelsaures Kali, Chlornatrium und Chlorkalium gewonnen werden; die Mutterlauge wird dann mit einem unterchlorigsauren Salze oder mit Untersalpetersäure versetzt und hierauf in einem besonderen Apparate mit Benzin behandelt. Dieser Apparat ist so angeordnet, daß der genannte Kohlenwasserstoff das Jod aus der Flüssigkeit auszieht, es dann an Natron oder Kali abgibt und, auf diese Weise regenerirt, immer wieder zur Jodextraction benutzt werden kann. Aus dem so erhaltenen Gemenge von Alkalijodüren und -Jodaten wird das Jod durch Chlorwasserstoffsäure ausgefällt, oder noch besser durch die chlorhaltigen Flüssigkeiten, welche bei der Gewinnung des Broms zurückbleiben, alsdann getrocknet und umsublimirt, so daß es das charakteristische metallische Ansehen erhält. Das Brom wird aus den mittelst Benzin vom Jod befreiten Flüssigkeiten entweder durch Destillation mit Schwefelsäure und Mangansuperoxyd gewonnen, oder unmittelbar in flüssigem Zustande aus den concentrirten und stark sauer gemachten Flüssigkeiten abgeschieden. Die Meeresalgenkohle läßt sich vortheilhaft auch dadurch verwerthen, daß man sie auslaugt und die erhaltenen Laugen zur Trockne abdampft, um so die jod- und bromhaltigen Alkalisalze zur medicinischen Verwendung in fester Form zu gewinnen. Die verbleibenden kohligen Rückstände werden gepulvert, getrocknet und mit phosphorsaurem Kalk, Blut, Fleischtheilen und anderen thierischen Substanzen versetzt, welche letztere dadurch geruchlos gemacht und conservirt werden; in dieser Form bilden solche Rückstände einen ausgezeichneten Dünger. Eine bemerkenswerthe Erscheinung ist, daß diese schwarzen, porösen, phosphorsäure- und alkalihaltigen Compositionen leicht in Gährung gerathen und zu wahren Salpeterplantagen werden, indem sich sowohl an ihrer Oberfläche als in ihrem Inneren leicht zahlreiche Krystalle von salpetersaurem Kali, salpetersaurem Kalk und salpetersaurem Ammoniak sammeln lassen. Neues Verfahren zur maaßanalytischen Bestimmung des Jods. Die nachstehende Methode zur quantitativen Bestimmung des Jods gründet sich auf zwei bekannte Thatsachen: nämlich einerseits auf die Löslichkeit des Jods in Benzin (Benzol) oder in Petrol; andererseits auf die Entfärbung dieser Jodlösungen durch unterschwefligsaures Natron, welches wegen seiner größeren Stabilität dem von Dupasquier und Bunsen zu diesem Zwecke empfohlenen schwefligsauren Natron, bez. der schwefligen Säure, vorzuziehen ist. Die Ausführung der Methode ist folgende: Zunächst bereitet man eine Normalflüssigkeit, welche im Liter Wasser etwa 40 Grm. unterschwefligsaures Natron enthält, so daß 50 Kub. Cent. (oder 100 halbe K. C.) dieser Lösung 1 Grm. Jod vollständig entfärben. Dann nimmt man 10 K. C. der zu untersuchenden jodhaltigen Flüssigkeit, verdünnt dieselbe, wenn sie sehr concentrirt oder sehr reich an Jod ist, mit Wasser, säuert sie mit Chlorwasserstoffsäure an und setzt vorsichtig einige Tropfen Untersalpetersäure zu. Sobald gelbe Färbung eintritt, rührt man sie mit dem Benzol oder dem Petrol um, welche sich sofort rosenroth oder violett färben und mittelst eines Verdrängungsrohres von der sauren Flüssigkeit getrennt werden. Diese Operation muß so oft wiederholt werden, bis sich der zur Extraction des Jods angewendete Kohlenwasserstoff nicht mehr färbt. Die verschiedenen Portionen des jodhaltigen Benzols werden zusammengegossen und mit destillirtem Wasser gewaschen, welches ihm alle Spuren von Chlor- und Jodverbindungen entzieht, ohne merkliche Mengen von Jod aufzunehmen. Hierauf läßt man unter beständigem Umrühren aus einer in Zehntel-Kubikcentimeter getheilten Burette die Normallösung von unterschwefligsaurem Natron einfließen, bis sich die Jodlösung vollständig entfärbt hat. Jeder halbe Kubikcentimeter der verbrauchten Normalflüssigkeit entspricht 0,01 Grm. in der zu untersuchenden Flüssigkeit enthaltenen Jods. Immer muß man die auf ihren Jodgehalt zu prüfenden Lösungen, welche Sulfurete, schwefligsaure oder unterschwefligsaure Salze enthalten, vorher stets vollständig entschwefeln, wozu man sie mit Schwefelsäure, Salpetersäure oder Chlorwasserstoffsäure kocht. Zur Prüfung der im Handel vorkommenden Jodsorten auf ihre Reinheit, löst man 0,50 oder 1,0 Grm. derselben in alkoholhaltigem Wasser, und verfährt auf die im Vorstehenden angegebene Weise. Um den Jodgehalt der trockenen oder frischen Seepflanzen zu bestimmen, zerschneidet man sie in kleine Stücke, bringt diese in eine Porzellanschale, übergießt sie mit Alkohol, so daß sie von demselben bedeckt sind, zündet den Alkohol an und rührt die Masse mit einem Glasstabe sorgfältig um. Auf diese Weise verkohlen die Pflanzen, ohne daß ein Verlust an Jod stattfindet. Die erhaltene Kohle wird in einem Verdrängungsapparate vollständig ausgelaugt und die gewonnene Lösung auf die oben beschriebene Weise weiter behandelt.