Titel: Ueber die thermoelektrische Kraft verschiedener Combinationen und über thermoelektrische Ketten; von E. Becquerel.
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LXXII., S. 263
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LXXII. Ueber die thermoelektrische Kraft verschiedener Combinationen und über thermoelektrische Ketten; von E. Becquerel. Im Auszuge aus den Comptes rendus, t. LXII p. 966; April 1866. Becquerel, über thermoelektrische Ketten. In der vorliegenden Abhandlung stellt der Verfasser zuerst die Resultate der Versuche zusammen, welche er bei Anwendung von Halb-Schwefelkupfer zur Construction von thermoelektrischen Elementen schon im vorigen Jahre (Comptes rendus, t. LX p. 313; t. LXI p. 146) begonnen und nunmehr bis zu einer gewissen Grenze zur Vollendung gebracht hat. Aus den vorjährigen Arbeiten von E. Becquerel müssen wir hervorheben, daß er das als Mineral unter dem Namen Kupferglanz vorkommende Halb-Schwefelkupfer (in reinem Zustande als eigentliches Kupfersubsulfuret = Cu²S bekannt) nicht in der gebräuchlichen Weise, sondern dadurch herstellt, daß er starke, bis zum Dunkelrothglühen erhitzte Kupferlamellen von 20 Centimeter Höhe, 7 bis 8 Centim. Länge und 1 Centim. Dicke in Schwefeldampf taucht und einige Zeit das Kupfer den Dämpfen ausgesetzt läßt; es werden zu diesem Zwecke 100–200 Gramme Schwefel in ein Thongefäß versetzt, das vorher bis zum Dunkelrothglühen erhitzt worden ist; das hierdurch erhaltene Halb-Schwefelkupfer wird in Wasser abgekühlt, von dem anhängenden Schwefel gereinigt und schließlich in eine Form gegossen, um Platten oder Stäbe daraus anzufertigen. Der Schmelzpunkt dieses Kupfersubsulfurets soll nach Angabe des Verfassers zwischen 1030 und 1040° Celsius liegen. Bei seinen Untersuchungen hat sich gezeigt, daß das so erhaltene Halb-Schwefelkupfer von genau (?) derselben Zusammensetzung nicht immer dieselbe Stelle der thermoelektrischen Reihe einnimmt, und daß überhaupt in dieser Beziehung nicht unbeträchtliche Verschiedenheiten bei verschiedenen Stäben auftreten können, wie man solche von den Metallen und ihren Legirungen, wenn diese in verschiedener Weise gehämmert, ausgeglüht oder angelassen werden, schon kennt. Seine Versuche haben ihn darauf geführt, daß wenn bei der Schmelzung des gewonnenen Schwefelkupfers die Temperatur von 1040°C. nicht überschritten wird und die erhaltenen Stäbe oder Platten in der Art abgekühlt werden, daß sie durch mehrere Stunden im Zustande des Dunkelrothglühens erhalten bleiben, dieselben in Bezug auf ihr thermoelektrisches Verhalten ganz gleichartig gemacht werden können. Bei der Herstellung seiner thermoelektrischen Elemente aus dem genannten Schwefelkupfer benutzt E. Becquerel Neusilber als negatives Metall und löthet zu dem Ende, um je zwei Stäbe von Schwefelkupfer zu verbinden, an den Stellen, welche beim Gebrauche der höheren Temperatur ausgesetzt werden, Platten von Neusilber, die vorher mit Schrauben (aus Neusilber?) daran befestigt werden, direct mittelst einer Gasflamme an; die abgewendeten Stellen werden durch Anlöthen von Neusilberdrähten in bekannter Weise unter sich verbunden. Eine Reihe von Versuchsresultaten mit solchen thermoelektrischen Paaren, bei welchen das Kupfersubsulfuret das positive, Neusilber das negative Element bildet und wobei zur Messung der elektromotorischen Kraft die eines Kupferzinkelementes zu Grunde gelegt und diese gleich 100 gesetzt wurde, theilen wir in der nachstehenden Tabelle mit: Textabbildung Bd. 181, S. 264 I. Maximal-Wirkung der thermoelektr. Kette; II. Durchschnittliche Wirkung der thermoel. Kette; Temperatur-Differenz = T der Löthstellen eines jeden Paares; Elektromotorische Kraft = E in Procenten der elektromot. Kraft eines Kupfer-Zink-Paares; Anzahl der thermoelektr. Elemente einer Säule. deren elektromot. Kraft gleich der eines Kupfer-Zink-Paare ist; E/T; Verhältinß der Effecte der Paare I und II. Die vorstehenden Resultate scheinen für die Anwendbarkeit der von Becquerel vorgeschlagenen thermoelektrischen Kette günstige Aussichten zu liefern; derselbe bemerkt, daß, obgleich mit der Temperaturdifferenz der Löthstellen die elektromotorische Kraft in bedeutendem Maaße wächst, es dennoch rathsam sey, in der Praxis keine höheren Temperaturdifferenzen als 350–400°C. zu benutzen, da bei höheren Temperaturen eine chemische Aenderung des Schwefelkupfers nach und nach zu befürchten sey. Es würden dann jedenfalls 10–15 der genannten Elemente ausreichen, um eine thermoelektrische Säule zu erhalten, deren elektromotorische Kraft derjenigen einer hydroelektrischen Kette von Kupfer-Zink äquivalent ist. Eine absolute Vergleichung der von Becquerel bei seinen im Vorstehenden erwähnten Untersuchungen erhaltenen Resultate mit denen, welche in den letzten zwei Jahren von Bunsen, Marcus und Stefan bei ihren Thermoketten erhalten wurden, ist aus mehreren Gründen bis jetzt nicht statthaft. Vor Allem ist es nämlich noch nicht als ausgemacht anzusehen, daß die von Becquerel mittelst seines Pyrometers (das in einem thermoelektrischen Elemente aus Platin und Palladium besteht)Annales du Conservatoire des arts et métiers, 1863, t. IV p. 597, und Annales de Chimie et de physique, 1863, t. LXVIII p. 49. ausgeführten TemperaturmessungenComptes rendus, t. LVI p. 977; t. LVII p. 855, p. 894, p. 897, p. 902. (Polytechn. Journal Bd. CLXXVII S. 85.) vollkommen richtig sind; vorläufig müssen also die in der obigen Tabelle angegebenen Temperaturen als noch nicht genau genug bestimmte angesehen werden. Ein anderer Grund für die vorstehende Behauptung liegt darin, daß das von Becquerel bei seinen Messungen zu Grunde gelegte hydroelektrische Element nicht die elektromotorische Kraft der bekannten Daniell'schen Kette hat, denn er vergleicht auf indirectem Wege seine thermoelektrischen Elemente mit einer Kupferzinkkette, bei welcher das Kupfer zwar mit einer Lösung von Kupfervitriol, das im amalgamirten Zustande benutzte Zink aber durch eine Lösung von Zinkvitriol angeregt wurde. Ob die dabei eingeschlagene Messungsmethode, bei welcher er zur directen Messung ein thermoelektrisches Wismuth-Kupfer-Element benutzte und dieses sodann mit der hydroelektrischen Kette verglich, nicht ebenfalls auf Unsicherheiten führen konnte, müssen wir hier unentschieden lassen; aber daß das sog. Argentan oder Neusilber in verschiedenen Legirungen im Handel vorkommt und jede solche Legirung eine andere Stelle in der thermoelektrischen Reihe einnehmen kann, dürfte hier besonders hervorgehoben werden, da wir an keiner Stelle seiner vorliegenden, sowie seiner vorjährigen Abhandlungen – die wir gleichfalls in diesem Aufsatze berücksichtigten – eine Andeutung über die Zusammensetzung des Neusilbers finden, welches Becquerel bei seinen thermoelektrischen Elementen verwendet hat. In dem zweiten Theile seiner Abhandlung theilt E. Becquerel im Auszuge die Resultate der thermoelektrischen Untersuchungen mit, die er mit Legirungen angestellt hat; seinen Mittheilungen hierüber entnehmen wir die nachstehende Tabelle: Textabbildung Bd. 181, S. 266 Thermoelektrische Combinationen, deren Löthstellen resp. den Temperaturen 0° und 100°C. ausgesetzt waren; Positives Metall; Negatives Metall; Elektromotorische Kraft in Procenten der Kraft eines hydroelektrischen Kupfer-Zink-Elements; Anzahl der thermoelektrischen Gesamte, deren Gesamt-elektromot. Kraft der eines hydroelektrischen Kupfer-Zink-Elements gleich ist; Tellur; Kupfersubsulfuret (Maximal-Wirkung); Legirung aus gleichen Aequiv. Antimon und Cadmium; Legirung aus gleichen Aequiv. Antimon u. Cadmium, versetzt mit 1/10 des ganzen Gewichtes an Wismuth; Legirung aus gleichen Aequiv. Antimon u. Cadmium, versetzt mit 1/10 des ganzen Gewichtes an Wismuth; Legirung aus gleichen Aequiv. Antimon und Zink, mit 1/10 des Gesammtgewichtes an Wismuth; Antimon; Kupfer; Neusilber; Legirung aus 10 Th. Wismuth u. 1 Th. Antimon; Wismuth Aus der vorstehenden Tabelle ist ersichtlich, daß zwar das Tellur für thermoelektrische Ketten sehr vortheilhaft wäre; der hohe Preis desselben ist für dessen Anwendbarkeit jedoch noch hinderlich. Der Verfasser kommt schließlich zu dem Resultate, daß für solche Zwecke, bei welchen der Widerstand in der Kette im Allgemeinen nur gering seyn darf, wie z.B. bei Versuchen über Wärmestrahlung, es vortheilhaft sey, die Kombination Nr. 4 (der vorstehenden Tabelle) in Anwendung zu bringen. Eine kleine thermoelektrische Säule dieser Combination, welche deßhalb vortheilhafter erscheint als die Combination Nr. 3, weil die bei dieser angewendeten Legirungen zu zerbrechlich sind, wurde von Ruhmkorff angefertigt und bestand bloß aus 30 Elementen; die galvanometrischen Wirkungen dieser Säule zeigten sich unter gleichen Umständen mindestens 6–8 Mal größer, als diejenigen eines gewöhnlichen Wismuth-Antimon-Elementes. – In allen Fällen aber, wo man höhere Temperaturdifferenzen braucht, und wo namentlich der Leitungswiderstand in der Kette sehr beträchtlich ist, sey das oben besprochene Element aus Schwefelkupfer und Neusilber zu empfehlen.