Titel: Ueber neue Auflösungsmittel des Goldes; von J. Nicklès.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XXXVI., S. 125
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XXXVI. Ueber neue Auflösungsmittel des Goldes; von J. Nicklès. Aus den Comptes rendus, t. LXII p. 755, März 1866 und t. LXIII p. 21, Juli 1866. Nicklès, über neue Auflösungsmittel des Goldes. Das Gold ist in den von mir im vorigen Jahre beschriebenen ätherischen Lösungen des Mangansuperchlorids und MangansuperbromidsComptes rendus, t. LXI p. 479. – In dieser Abhandlung beschreibt Nicklès Versuche, welche zum Zweck haben, die Existenz der dem Superoxyd und Oxyd des Mangans entsprechenden Chloride, Bromide und Jodide darzuthun. – Schüttelt man etwas Mangansuperoxyd mit Aether, der mit salzsaurem Gas gesättigt ist, so erzeugt sich sogleich eine schön grüne, das entsprechende Chlorid enthaltende Flüssigkeit. Zur Darstellung einer größeren Menge leitet man das salzsaure Gas in ein gut abgekühltes Gemenge von Aether mit dem Superoxyd. Die grüne, salzsaures Gas ausstoßende Lösung ist sehr veränderlich und bleicht organische Farbstoffe rasch; Wasser scheidet, bei Gegenwart von Salzsäure jedoch langsam, das Superoxyd aus. Die concentrirte Lösung des Mangansuperchlorids in Aether ist undurchsichtig, die verdünnte schön violett; sie enthält Aether, Wasser und Mangansuperchlorid in wechselnden Verhältnissen. – Mit Mangansuperoxyd, Aether und Brom- oder Jodwasserstoffsäure bilden sich ebenfalls grüne, noch weniger beständige Lösungen. Anm. d. Red. auflöslich. In dem Maaße, als die Auflösung vor sich geht – bei Anwendung von geschlagenem Golde erfolgt sie ziemlich rasch – wird die grüne Farbe der Manganverbindung blaß, denn das Mangansuperchlorid, beziehungsweise Mangansuperbromid, reducirt sich zu Chlorür, beziehungsweise Bromür, welches im Aether unlöslich, überdieß nur wenig gefärbt ist, so daß der Versuch als beendigt angesehen werden kann, sobald die grüne Farbe der Flüssigkeit in die gelbe oder rothe Färbung der Goldauflösungen sich verwandelt hat. Enthält die Flüssigkeit keine anderen festen Substanzen und erhitzt man den beim Abdampfen derselben bleibenden Rückstand genügend stark, um ihn zu zersetzen, so überzieht sich der Boden der denselben enthaltenden Glasröhre mit einer Goldschicht, welche so fest anhaftet, daß diese Reaction möglicherweise die Elemente zu einer neuen Methode der Glasvergoldung darbietet. Wird diese Goldschicht mit Salpetersäure erwärmt, so verliert sie ihre Adhärenz, ohne sich jedoch aufzulösen; sie blättert dann bei der geringsten Reibung vom Glase ab. Mit schwefelsaurem Eisenoxydul gibt die erwähnte ätherische Lösung den durch seinen dichroitischen Reflex so charakteristischen Niederschlag von metallischem Golde. Zinnchlorür ruft eine analoge Reaction hervor; die Bildung von Goldpurpur habe ich unter solchen Verhältnissen nicht wahrgenommen. Die erwähnten Superchloride und Superbromide sind es nicht allein, welche Gold aufzulösen vermögen, und die Gegenwart des Aethers ist für den Erfolg nicht unerläßlich; auch viele Sesquichloride und Sesquibromide besitzen diese Eigenschaft. Dahin gehören besonders alle diejenigen, welche sich leicht reduciren, z.B. die den Oxyden (Sesquioxyden) des Mangans, Nickels und Kobalts entsprechenden Verbindungen. Eisenchlorid (Sesquichlorid), sowie Eisenbromid (Sesquibromid) widerstehen der Reduction, offenbar weil sie in diesem Zustande stabiler sind, als in den dem Oxydul (FeO) entsprechenden Verbindungen (Chlorür und Bromür). Die Löslichkeit des Goldes unter den angegebenen Umständen läßt sich ohne Schwierigkeit erklären: sie wird durch das aus jenen so leicht veränderlichen, chlor- und bromhaltigen Verbindungen frei werdende Chlor, beziehungsweise Brom bedingt, denn beide sind bekanntlich vortreffliche Auflösungsmittel für das Gold. Anders dagegen verhält sich das dem Chlor und Brom so nahe verwandte Jod, welches auf Gold so wenig einwirkt, daß sich Jodgold nur auf Umwegen darstellen läßt, indem man das Metall zunächst mit Salpetersalzsäure behandelt; denn Jod in Substanz wirkt weder in der Wärme, noch in der Kälte, weder auf trockenem, noch auf nassem Wege auf Gold ein. Mehrfache, bezüglich dieses Verhaltens von mir angestellte Versuche bestätigten diese bereits von Pelletier gemachte Beobachtung; aus Gründen, deren Rechtfertigung sich aus dem Nachstehenden ergibt, bemerke ich noch, daß Jod selbst in ätherischer Lösung auf Gold ohne Wirkung ist. Indessen ist das Jod nicht unter allen Umständen so indifferent gegen Gold; in Form von ätherischem Superjodid löst es das Gold rasch auf und verwandelt es in Jodgold. Es ist sogar nicht nothwendig, erst ein Superjodid darzustellen; man braucht nur ein Superoxyd, eine Metallsäure, oder überhaupt ein Oxyd, dessen entsprechende Jodverbindung weniger Stabilität besitzt, als das von ihm existirende Jodür (Protojodür), mit Jodwasserstoffsäure zusammenzubringen, um sofort Metalljodür (Protojodür) und freies Jod zu erhalten, welches letztere das vorhandene Gold angreift. Als Beispiel führe ich die Einwirkung von Jodwasserstoffsäure auf Manganoxyd und Eisenoxyd, sowie auf Mangansuperoxyd und Wismuthsuperoxyd an. Wenn demnach das Jod in freiem Zustande und in Substanz auf Gold ohne Wirkung bleibt, so verhält es sich anders im Entstehungszustande (im Augenblicke seines Freiwerdens aus einer Verbindung). Von dieser Thatsache ausgehend, glaubte ich annehmen zu dürfen daß es selbst möglich seyn müsse, Gold durch Jodwasserstoffsäure anzugreifen, weil diese Säure so wenig Stabilität besitzt, daß sie nach und nach Jod abgibt. Dieß geschieht, in Gegenwart von Aether, auch wirklich und zwar sehr rasch. Leitet man in wasserfreien oder wasserhaltigen Aether, in welchem Blattgold suspendirt ist, Jodwasserstoffgas, oder bringt man Blattgold in wässerige Jodwasserstoffsäure und versetzt dann diese mit Aether, so beginnt die Auflösung des Metalles sogleich und die Flüssigkeit enthält eine gewisse Menge Gold, welches man mittelst einer der angegebenen Verfahrungsarten wieder in metallischem Zustande erhalten kann. Ohne Zweifel greift die Jodwasserstoffsäure in Gegenwart von Aether das Gold deßhalb so rasch an, weil der Aether neben der Eigenschaft, eine rasche Zersetzung dieser Säure zu vermitteln, auch noch die besitzt, ein gutes Lösungsmittel sowohl für das Jod als für das Jodgold abzugeben – Eigenschaften, welche das Wasser nicht in gleichem Grade theilt. Was die kein freies Brom enthaltende Bromwasserstoffsäure anbelangt, so berechtigt mich auch nicht einer der mit dieser Verbindung angestellten Versuche zu der Annahme, daß sie im zerstreuten Lichte sich wie die Jodwasserstoffsäure verhalten und ein Lösungsmittel für das Gold abgeben könne. – Wir wollen nun das Vorstehende kurz zusammenfassen. Die Anzahl der Lösungsmittel für Gold ist größer, als bisher angenommen wurde. Es gehören zu denselben: 1) die drei Classen von Verbindungen, welche ich unter der Bezeichnung Superchloride, Superbromide und Superjodide Demnächst werde ich eine ätherische Lösung von Bleisuperchlorid PbCl² beschreiben, welche das Gold mit großer Leichtigkeit auflöst. beschrieben habe; 2) die leicht zersetzbaren Sesquichloride, Sesquibromide und Sesquijodide, namentlich bei Gegenwart eines Lösungsmittels wie Aether; 3) das Jod kann sich unter gewissen Umständen im Moment seines Freiwerdens mit Gold verbinden. Im weiteren Verlaufe meiner Untersuchungen erkannte ich, daß die auflösende Wirkung des Jods auf Gold noch weiter geht, daß sie unmittelbar stattfinden kann, nämlich bei erhöhter Temperatur und gleichzeitigem Druck, oder auch bei Einwirkung der Sonnenstrahlen. Bringt man Jod, Blattgold und Wasser in einem Glasrohr zusammen, verschließt dieses durch Zublasen und erwärmt, so genügt eine Temperatur von 50° C., um das Metall nach und nach in Lösung zu bringen. Ein gleiches Resultat erhält man, wenn man das Wasser durch Aether ersetzt, nur erfolgt die Reaction langsamer. Die Auflösung durch Vermittelung des Aethers findet auch dann statt, wenn man die Wärme des Wasserbades durch eine starke Insolation ersetzt und zu dem Versuche anstatt eines zugeblasenen Rohres ein Fläschchen mit eingeschliffenem Glasstopfen anwendet. Unter allen diesen Verhältnissen wird das Gold angegriffen und in Goldjodid verwandelt; die filtrirte Flüssigkeit gibt beim Abdampfen in einem Glasrohre, welches mittelst eines Sandbades gegen Ende der Operation so stark erhitzt wird, daß sich das entstandene Jodgold zersetzt, ein Häutchen von metallischem Golde. Das dem Eisenoxyd entsprechende Eisensesquijodid Fe²J³ (Eisenjodid), dessen Existenz von Gmelin, Squire u.a. in Zweifel gezogen ward, jetzt aber unbestritten nachgewiesen ist (s. Annales de Chimie et de Physique, 1865, t. V p. 172), bildet gleichfalls ein gutes Lösungsmittel für das Gold, sobald es mit Aether verbunden ist; diese Löslichkeit beruht offenbar auf der geringen Stabilität dieses Jodids und ergibt sich bereits aus dem früher über das Verhalten der Jodwasserstoffsäure gegen Eisenoxyd Gesagten. Da das Eisensesquibromid Fe²Br³ (Eisenbromid) sich beim Sieden zu Bromür, FeBr, reducirt, so schloß ich, daß auch diese Verbindung das metallische Gold anzugreifen vermöge. Versuche bewiesen die Richtigkeit dieses Schlusses. Ich benutzte dazu zwei Präparate: das eine war bereits mehrere Jahre alt und in trockenem Zustande mit Asbest aufbewahrt worden; das andere hatte ich zu dem in Rede stehenden Zwecke aus Eisenoxyd und wässeriger Bromwasserstoffsäure besonders dargestellt. Beide Präparate enthielten kein freies Brom; indessen setzte ich, größerer Vorsicht halber, beiden eine geringe Menge Eisenbromür zu, um auch die mindeste, in der Flüssigkeit etwa noch vorhandene Spur von freiem Brom zu neutralisiren, so daß Kaliumeisencyanid deutliche Reaction auf Eisenoxydul gab. Beide Verbindungen, Eisenjodid und Eisenbromid, lösten sowohl im Wasserbade, als unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen Blattgold langsam auf.