Titel: Ueber das Vorkommen von Indium im sogenannten Ofenrauche der Zink-Röstöfen auf Juliushütte bei Goslar am Harz; von Prof. Dr. Böttger.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XXXVIII., S. 139
Download: XML
XXXVIII. Ueber das Vorkommen von Indium im sogenannten Ofenrauche der Zink-Röstöfen auf Juliushütte bei Goslar am Harz; von Prof. Dr. Böttger. Böttger, über Indiumgewinnung. Durch die Freundlichkeit des Hrn. Hüttenmeisters Siegemann, Betriebsdirectors der herzogl. braunschweig'schen Juliushütte unweit Goslar am Harz, kam ich in den Besitz einer nicht unbedeutenden (circa 200 Pfund betragenden) Quantität von in den Schornsteinen dortiger Zink-Röstöfen sich ansammelndem Ofenrauch, einem überaus leichten, grauschwarzen Flugstaube, in welchem nach einer vorläufig damit vorgenommenen chemischen Behandlung, spectralanalytisch deutliche Spuren von Indium erkannt werden konnten. Außerdem ließen sich neben einer großen Menge fremdartiger, beim Reinigen der betreffenden Schornsteine zufällig dazu gekommener, meist aus Kieselsäure, Thonerde, Kalk, Kohle u.s.w. bestehender Stoffe, nicht unerhebliche Quantitäten schwefligsaurer Verbindungen, deßgleichen Verbindungen von Kupfer, Eisen, Zink, Cadmium, arseniger Säure und Thallium darin nachweisen. Um nun das Indium daraus auf eine wo möglich wohlfeile und einfache Weise zu gewinnen, schlug ich die mannichfaltigsten Wege ein, bis ich endlich durch die Zuhülfenahme von Oxalsäure ein Mittel fand, das mir vorgesteckte Ziel glücklich zu erreichen. In den meisten Fällen nahm ich 6–8 Pfund solchen Ofenrauchs auf einmal in Arbeit, und verfuhr damit wie folgt. Derselbe wird mit gewöhnlicher roher Salzsäure in reichlicher Menge in einer geräumigen Porzellanschale überschüttet und circa 1/2 Stunde lang, unter Umrühren damit gekocht, der ganze Inhalt der Schale sodann auf ein großes Leinwandfilter gebracht und die durchlaufende Flüssigkeit, nach längerem ruhigen Stehen, schließlich nochmals durch Leinwand filtrirt, um sie möglichst klar zu erhalten. In diese stark saure Flüssigkeit wirft man nun eine Anzahl gewöhnliche möglichst dicke Zinkblechtafeln, rührt von Zeit zu Zeit um und läßt so die Einwirkung des Zinks bei mittlerer Temperatur circa 6 Stunden lang andauern. Nach Ablauf dieser Zeit hat die Wasserstoffgasentwickelung aufgehört, alle durch das Zink fällbaren Metalle haben sich in Gestalt eines sammetschwarzen Pulvers, theils auf dem Boden der Porzellanschale, theils den Zinkblechtafeln fest anhaftend, aus der Flüssigkeit abgeschieden. Jetzt entfernt man durch Decantiren die über dem Zink stehende Flüssigkeit, sammelt das sammetschwarze zarte Metallpulver auf einem doppelten Papierfilter und süßt es hier so lange mit siedendem Wasser aus, bis die ablaufende Flüssigkeit durch Schwefelammonium nicht im Mindesten mehr auf Eisen reagirt. Hierauf kocht man das schwarze, aus Kupfer, Arsenik, Cadmium, Thallium und Indium bestehende Metallpulver mit einer concentrirten Lösung gewöhnlicher käuflicher Oxalsäure eine halbe Stunde lang, verdünnt die heiße Flüssigkeit mit einer reichlichen Menge destillirten Wassers und filtrirt. Die ablaufende, aus cadmium- und thalliumhaltigem oxalsauren Indiumoxyd bestehende Flüssigkeit versetzt man jetzt mit einem großen Ueberschuß von Aetzammoniakflüssigkeit; der dadurch entstehende (wie Thonerdehydrat aussehende) schleimige, grauweiße, noch immer Spuren von Cadmium und Thalliumoxyd enthaltende Niederschlag von Indiumoxydhydrat wird einige Male mit Ammoniakflüssigkeit ausgekocht und schließlich mit heißem Wasser so lange ausgesüßt, bis derselbe im Spectralapparate keine Spur der Thalliumlinie zu erkennen gibt; dann erweist er sich zugleich auch als cadmiumfrei und läßt in diesem vollkommen reinen Zustande die intensiv blaue Indiumlinie auf brillante Weise hervortreten. Sollten indeß bei nicht gehöriger Beachtung der einen oder anderen Operation des hier ausführlich beschriebenen Verfahrens, dem Indiumoxydhydrate noch Spuren von Eisenoxyd anhaften, so bleibt nichts weiter übrig, als solche nach dem von Dr. C. Winkler angegebenen VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CLXXVII S. 327. daraus zu entfernen, indem man das betreffende Hydrat in Salzsäure löst, die Lösung in der Siedhitze so lange mit schwefligsaurem Natron behandelt, bis alles Eisenoxyd in Oxydul übergeführt ist, und dann die vollkommen erkaltete Lösung mit frisch gefälltem kohlensauren Baryt, unter gleichzeitigem Einleiten von Kohlensäure, einige Minuten lang umrührt. Da der kohlensaure Baryt das Indiumoxyd aus seiner Lösung vollständig niederschlägt, dagegen auf das etwa vorhandene Eisen in Form seines Oxyduls nicht wirkt, so besteht schließlich der abfiltrirte, mit kaltem Wasser gehörig ausgesüßte Niederschlag lediglich aus kohlensaurem Indiumoxyd und überschüssigem kohlensauren Baryt. Wird derselbe hierauf mit verdünnter Schwefelsäure einige Zeit lang digerirt und die von dem sich bildenden schwefelsauren Baryt abfiltrirte Lösung des schwefelsauren Indiumoxyds mit Ammoniak versetzt, so gewinnt man ein chemisch reines Indiumoxydhydrat, aus welchem sich nach dem von den Entdeckern des Indiums, den Professoren Reich und Richter in Freiberg, befolgten Verfahren, das reine Metall mit Leichtigkeit darstellen läßt. Die Nachweisung von Indium, dieses zur Zeit noch so außerordentlich seltenen, bisher nur in Freiberger Zinkerzen vorgefundenen und daraus gewonnenen Metalles, in einem völlig werthlosen Hüttenproducte, wie der hier erwähnte bei der Zugutmachung von Zinkerzen aus dem Rammeisberge, auf der Juliushütte bei Goßlar, auftretende Ofenrauch, dürfte vielleicht den einen oder anderen meiner Collegen veranlassen, noch weitere Versuche mit ähnlichen Abfällen anderer auf die Verarbeitung von Zinkerzen angewiesener Fabriken anzustellen. Die Ausbeute des mehrgenannten Ofenrauchs an Indiumoxyd ist im Ganzen genommen eine nicht ganz unerhebliche, indem sich dieselbe im Durchschnitt recht gut auf 1/10 Procent veranschlagen läßt. (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für 1864–1865.)