Titel: Ueber die Fortschritte der Galvanoplastik, nach H. Bouilhet.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXXXII., S. 300
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LXXXII. Ueber die Fortschritte der Galvanoplastik, nach H. Bouilhet. Bouilhet, über die Fortschritte der Galvanoplastik. Henry Bouilhet in Paris, Neffe des berühmten Fabrikanten galvanoplastischer Gegenstände Charles Christofle in Paris und Mitinhaber der Firma Ch. Christofle und Comp., hielt in der Société d'Encouragement einen längeren Vortrag „über den Ursprung und die neueren Fortschritte der Galvanoplastik (mitgetheilt im Bulletin de la Société d'Encouragement, April 1866, S. 207–229), dem wir Folgendes entnehmen: Das einzige zur galvanischen Verkupferung praktisch verwendete Kupfersalz ist der Kupfervitriol, am besten der von Gold- und Silberraffiniranstalten. Zu der bei gewöhnlicher Temperatur gesättigten wässerigen Lösung, die 24° Baumé zeigt, setzt man, da sie die Elektricität sehr wenig leitet, per 100 Liter 1 Liter Schwefelsäure zu. Die Dichtigkeit steigt dann auf 26° Baumé; nach einiger Zeit krystallisirt aber ein Theil des Kupfervitriols am Boden des Gefäßes aus und die Lösung geht wieder auf 24° Baumé zurück; der Niederschlag wird durch die Verbindung der Schwefelsäure mit dem Wasser hervorgerufen. Dann setzt man noch ein wenig Salpetersäure, 1/10 Liter auf 100 Liter, zu und die Lösung ist zum Gebrauch fertig. Auf die Beschaffenheit des niedergeschlagenen Metalls haben Einfluß: 1) die Beschaffenheit der Elektroden, 2) der Concentrationsgrad der Flüssigkeiten, 3) die Temperatur, bei der man arbeitet, und 4) die Intensität des elektrischen Stromes. Die relativen Flächen der Anode und der mit dem negativen Pole in Verbindung stehenden Theile müssen in allen Fällen ziemlich gleich seyn; eine zu große Anode kann den Niederschlag am negativen Pol pulverförmig, eine zu kleine kann ihn krystallinisch machen. Den wichtigsten Einfluß übt bei gleichbleibendem Strom die Concentration der Lösung aus; ist dieselbe im Verhältniß zur Stromstärke zu stark, so setzt sich das Metall krystallinisch, ist sie zu schwach, so setzt es sich pulverförmig ab. Für eine gegebene Lösung kann man daher stets den Strom entsprechend reguliren und durch Abänderung der Stromintensität auch die durch Temperaturschwankungen verursachten Aenderungen in der Concentration der Flüssigkeiten ausgleichen. Durch Einführung gewisser Substanzen in das Bad kann man die Beschaffenheit des Niederschlages ebenfalls abändern. So bemerkte Bouilhet, daß das auf Gelatineformen niedergeschlagene Kupfer stets spröde war und die für schlechte Niederschläge sehr charakteristische erdige Farbe hatte. Er erkannte, daß durch Auflösung von Gelatine in dem Bade die Eigenschaften desselben verändert würden, daß bei einem hohen Gelatinegehalt das Kupfer sich in Längslinien und spröde ablagerte, daß aber bei einem unendlich kleinen Gelatinegehalt des Bades das Metall das rosige Ansehen annahm, welches einen schönen Niederschlag erkennen läßt; die Ursache dieser Erscheinung ist noch nicht aufgeklärt. Eine ähnliche Erscheinung zeigt sich bei den elektrochemischen Versilberungsbädern, wo man den Silberniederschlag in Ansehen und Beschaffenheit beliebig abändern kann. Um einen glänzenden Niederschlag anstatt eines matten zu erhalten, braucht man dem gewöhnlichen Silberbade nur eine unendlich kleine Menge Schwefelkohlenstoff zuzusetzen; die nöthige Lösung erhält man, indem man den Schwefelkohlenstoff mit Aether mischt und das Gemisch 8 Tage lang in Berührung mit einem großen Ueberschuß Silberbad digerirt; man setzt von derselben von Zeit zu Zeit 1/10 oder 2/10 Liter vorsichtig zu 500 Liter des gewöhnlichen Silberbades zu. Nach den Versuchen Planté's in Bouilhets' Laboratorium erhält man eine glänzende Versilberung, wenn man zu einem Silberbad, das einen Ueberschuß von Cyanverbindungen enthält, eine unendlich kleine Menge von direct dargestelltem Schwefelsilber setzt und mit einem passenden Strom arbeitet, so daß die Anwendung von Schwefelkohlenstoff nur ein Mittel zu seyn scheint, das Schwefelsilber in den für die Praxis geeigneten Verhältnissen zu erhalten. Diese Ansicht wird dadurch bestätigt, daß, wenn das Bad in Folge der Einführung einer zu großen Menge Schwefelkohlenstoff trübe wird, die glänzende Wirkung verzögert wird, und man, bevor man eine neue Operation beginnen kann, warten muß, bis das Schwefelsilber sich zum Theil in den Cyanverbindungen gelöst hat und zum Theil auf den Boden des Bades niedergefallen ist. Die Formen sind theils metallische – von galvanoplastischem Kupfer, Blei oder leichtflüssigen Legirungen – oder nicht metallische, – Wachs, Stearin, Gyps, Gelatine oder Gutta-percha. Die Formen von galvanoplastischem Kupfer sind die vollkommensten, aber nur für Medaillen, Basreliefs, Platten u. dgl. Gegenstände anwendbar. Besteht der zu copirende Gegenstand aus Metall, so muß man darauf Rücksicht nehmen, daß das Metall von der Flüssigkeit, in die es getaucht wird, nicht gelöst wird und zweitens darauf, daß der galvanoplastische Niederschlag nicht auf der Oberfläche desselben haftet. Von einem kupfernen Modell kann man daher direct galvanoplastische Copien nehmen, da dieses Metall von der Lösung nicht angegriffen wird, ein stählernes Modell aber muß vor dem Eintauchen in das saure Kupfervitriolbad leicht verkupfert oder versilbert werden. Um das Anhaften zu vermeiden, muß man große Sorgfalt anwenden; am besten reibt man die Metallfläche mit einem Baumwollbäuschchen, das mit Terpenthinöl getränkt ist und läßt, nachdem es mit weichem Leinen gut getrocknet ist, einige Stunden an der Luft oder man setzt die mit Kupfer zu bedeckende Fläche der Einwirkung von Joddämpfen und dann dem Sonnenlichte oder auch nur zerstreutem Licht aus. Der Uebelstand dieser Methode, daß man hierbei zunächst einen verkehrten Abdruck und erst von diesem bei einer zweiten Operation die wirkliche Copie erhält, läßt sich vermeiden, wenn man sich zunächst eine Matrize in Abgußmetall darstellt; doch wird dieses Verfahren jetzt fast gar nicht mehr angewendet. Die Bleimatrizen, die man mittelst einer kräftigen Presse oder eines Walzwerkes darstellt, haben mehr Wichtigkeit und haben in verschiedenen Industriezweigen wirkliche Dienste geleistet; der Abdruck ist sehr fein und es werden z.B. auf diese Weise die Postmarken und Banknoten dargestellt; bekannt ist auch die Verwendung derselben zur Reproduction von Blumen etc. (v. Auer's Naturselbstdruck). Eine allgemeinere Anwendung aber als alle diese Methoden gestatten die Formen aus nichtmetallischen, plastischen Substanzen, und namentlich der Gelatine und noch mehr der Gutta-percha ist der Aufschwung zu danken, welchen die Galvanoplastik in neuester Zeit genommen hat. Die Gutta-percha-Formen werden entweder durch Druck oder durch Wärme dargestellt. Im ersteren Fall wird die Gutta-percha unvermischt angewendet und wird nicht verändert, so daß man sie sehr lange benutzen kann, wenn man sie, um sie vor freiwilligen Aenderungen zu bewahren, vor Luftzutritt schützt; im zweiten Fall aber muß man sie mit fetten Substanzen, z.B. Talg oder Leinöl vermischen und sie über 150° C. erwärmen; dadurch werden ihre natürlichen Eigenschaften geändert und man kann sie nicht so lange benutzen. Da man aber für Gutta-percha Modelle von Metall oder wenigstens solche verwenden muß, die man unbesorgt einem Druck unterwerfen kann, so müssen für zarte Modelle Formen von Gelatine gewählt werden, die allerdings den Uebelstand hat, einerseits verändernd auf die Bäder einzuwirken und andererseits sehr rasch unbrauchbar zu werden, wenn man sie nicht mit Gutta-percha umgibt oder firnißt. Das Leitendmachen der nicht metallischen Formen kann entweder auf trockenem Wege, am besten durch Graphit, oder auch auf nassem Wege, durch Imprägnirung mit der Lösung eines Metallsalzes und Reduction des darin enthaltenen Metalls geschehen. Am geeignetsten ist eine Lösung von salpetersaurem Silberoxyd in Alkohol, die man mit dem Pinsel aufträgt und trocknen läßt, um dann Schwefelwasserstoff im Entstehungsmoment darauf strömen zu lassen und so Schwefelsilber zu bilden. Unter den wichtigsten Anwendungen, welche die Galvanoplastik in neuerer Zeit gefunden hat, sind folgende hervorzuheben: Die Holzschnitte werden neuerdings fast ausnahmlos von galvanoplastischen Clichés gedruckt, die bis zu 80,000 Abzüge aushalten, während das Holz kaum 10,000 erträgt. Von dem mit Graphit eingeriebenen Holzblocke nimmt man mittelst der Presse einen Abdruck in Gutta-percha und läßt diese Form 24 Stunden lang im Bade, worauf sich darauf eine Kupferschicht von kaum 1/20 Millim. Dicke gebildet hat, die auf der Rückseite mit einer leichtflüssigen Legirung ausgegossen wird. Auch mit Gelatine lassen sich sehr vollkommene Matrizen von Holzschnitten, Buchdrucklettern etc. machen. Die Gelatine hat die Eigenschaft, in Wasser anzuschwellen und in Alkohol an Volumen abzunehmen; Martin hat dieß benutzt, um von einem Original sehr vollkommene Copien in vergrößertem oder verkleinertem Maaßstab herzustellen; Versuche dieser Art sind in der kaiserl. Druckerei in Paris gemacht worden. Auch für Kupfer- und Stahlstich, sowie für Lithographie läßt sich die Galvanoplastik vortheilhaft anwenden, nur muß man, da man auf keine Weise genügend scharfe Abdrücke nehmen kann, die Platten, die, wenn nöthig, vorher jodirt werden, direct in das Bad bringen. Das eigenthümliche galvanoplastische Gravirverfahren von Dulos Polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 383. wird jetzt im Großen angewendet und zwar mit dem besten Erfolge. Oudry verkupfert gußeiserne und schmiedeeiserne Gegenstände dünn auf galvanoplastischem Weg, indem er sie zunächst mit einem schützenden Ueberzug versieht, dann mit Graphit überzieht und sie so in das saure Kupfervitriolbad bringt.Polytechn. Journal Bd. CLXXVII S. 41. Ein hohler galvanoplastischer Abdruck, der außen ein treues Abbild des Modelles zeigt, hat auch im Inneren alle Reliefs der Außenseite, kann also nicht für gewisse Zwecke dienen, für die gewöhnlich ciselirter Guß verwendet wird. Bouilhet hat dieß einfach dadurch umgangen, daß er im Inneren der hohlen Abdrücke kleine Messingstücke schmilzt, die sich vollständig mit einander vereinigen und dem Gegenstande das Ansehen und die Festigkeit eines Gußstückes geben. Er nennt diesen Industriezweig, der bereits sehr wichtige Resultate gegeben hat und im Großen angewendet wird, „massive Galvanoplastik.“ Seit Langem schon hat man sich bemüht, galvanoplastisch runde Figuren darzustellen; man mußte aber dazu 2 halbe Modelle nehmen, in jedes besonders das Kupfer niederschlagen und dann beide Hälften mit größter Sorgfalt zusammenlöthen, was mit großen Schwierigkeiten verbunden war. Man hat auch das Zusammenlöthen im galvanoplastischen Bad auszuführen gesucht, indem man die beiden Hälften der Form vereinigte, den Strom im Inneren zutreten und das Kupfer sich darin niederschlagen ließ. Man brachte dazu im Inneren der Form eine Anode aus Kupfer oder Silber, je nach dem niederzuschlagenden Metalle, an, diese löste sich aber während der Arbeit und wurde zugleich zerstört. Alle diese sinnreichen Methoden hatten nur einen sehr beschränkten Erfolg und wurden wieder aufgegeben. Lenoir hatte die Idee, die lösliche Anode durch eine unlösliche aus Platindraht zu ersetzen; er stellte dazu mit großer Geschicklichkeit und Geduld ein Gerippe von Platindraht, entsprechend den verschiedensten Formen des nachzuahmenden Stückes, her. Die äußersten Drähte wurden mit einander verbunden und giengen durch eine Glasröhre, so daß sie von der Gutta-percha-Form isolirt waren. Es muß dabei im oberen Theil eine Oeffnung für den Austritt des Sauerstoffes gelassen werden, der sich um den Platindraht entwickelt, sowie eine andere Oeffnung am unteren Theil zur Erneuerung der Flüssigkeit, die sich sonst sehr rasch erschöpfen würde. Die geschlossene, so vorgerichtete Form wurde an den Pol der Batterie in einen zusammengesetzten Apparat und die Platindrähte mit dem positiven Pole in Verbindung gebracht. Da das Platingerippe viel Platin und die Operation lange Zeit erfordert, so gehörte zu diesem Verfahren ein bedeutendes Capital, das außer Verhältniß zu dem zu erzielenden Resultate stand: die Herstellung der Gerippe erforderte sehr geschickte Arbeiter und war sehr kostspielig. Vor wenigen Jahren erwarben Ch. Christofle und Comp. das Eigenthum dieses Verfahrens und bildeten es weiter aus, bis ihnen im vorigen Jahr die vollständige Lösung der Aufgabe gelang. Planté war durch Versuche über die Nebenströme, zur Construction einer sogen. Polarisationsbatterie geführt worden, bei welcher das Platin durch Blei ersetzt war, und hatte so sehr intensive Nebenströme erhalten.Polytechn. Journal Bd. CLVI S. 192. Da sich also Blei elektrochemisch wie Platin verhielt, d.h. am positiven Pol nicht merklich angegriffen wurde, so wurde seine Anwendung bei Darstellung runder Figuren versucht, und zwar wurden dabei alle Vortheile des Platins ohne irgend einen Nachtheil des letzteren erhalten. Es lassen sich daraus leicht Kerne für das Innere darstellen, und wenn ein und derselbe Gegenstand mehrmals nachgeahmt werden soll, so kann man, wenn man eine Form opfert, einen rohen Abdruck erhalten, indem man so viele Bleikerne als nöthig modellirt. Die fertigen Kerne werden mit Löchern versehen, um die Circulation der Flüssigkeit zu ermöglichen, dann in die Form gebracht und durch isolirte Stützen in gleichen regelmäßigen Abständen von derselben erhalten; mit dem positiven Pole werden die Bleiplatten ebenso verbunden wie die Platindrähte bei Lenoir's Verfahren. Das Blei bedeckt sich mit einer dünnen braunen Oxydhaut und wird der Sitz der Sauerstoffentwickelung. Dieses Verfahren gibt sehr regelmäßige Niederschläge. Man hat vielfach behauptet, das galvanoplastische Kupfer stehe dem geschmolzenen an Festigkeit nach und für schlecht gearbeitete Gegenstände mag dieß richtig seyn, bei guter Arbeit aber erlangt das galvanoplastische Kupfer eine Festigkeit, die zwischen der des gewalzten und des gegossenen Kupfers mitten inne steht. So ist das spec. Gewicht des gewalzten Kupfers 8,95, des gegossenen 8,78, des galvanoplastischen bei sorgfältiger Arbeit 8,86. Man hat auch behauptet, das galvanoplastische Kupfer, als durch langsame Anhäufung entstanden, sey porös und deßhalb leichter zerstörbar. Bouilhet construirte daher ein Quecksilberbarometer, dessen obere Kammer mit einer 1/2 Millim. starken Röhre von galvanischem Kupfer verbunden war. Beim Vergleich mit einem gewöhnlichen Barometer zeigte dieses Barometer während 6 Monaten ganz den gleichen Gang, und die kleine Differenz, die beide von Anfang an gezeigt hatten, blieb die ganze Zeit über constant. Um zu untersuchen, ob die Porosität bei höherem Druck hervortrete, wurde ein kleiner Apparat construirt, in dem verschiedene Platten einem Druck von 15–20 Atmosphären unterworfen werden konnten. Es ergab sich, daß eine galvanische Kupferplatte von 1/2 Millim. Stärke einem Druck von 20 Atmosphären unterworfen werden konnte, ohne Flüssigkeit durchzulassen, während eine gleich starke geschmolzene Kupferplatte nur einen Druck von 12 Atmosphären aushielt. (Deutsche Industriezeitung, 1866, Nr. 36.)