Titel: Ueber das Lucin als Verdickungsmittel der Druckfarben im Vergleich mit dem Eiweiß; von Thom und Rosenstiel.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XVII., S. 53
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XVII. Ueber das Lucin als Verdickungsmittel der Druckfarben im Vergleich mit dem Eiweiß; von Thom und Rosenstiel. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, t. XXXVI p. 433; October 1866. Thom u. Rosenstiel, über den Kleber als Verdickungsmittel beim Zeugdruck. Da gegenwärtig der Preis des Eieralbumins sehr hoch ist, so kommen seine Surrogate wieder in Gunst, welche man bisher immer wieder aufgab, wenn der Preis des Eiweißes auf seinen gewöhnlichen Stand zurückging. Unter diesen Surrogaten gewährt das Lucin oder der ausgetrocknete Kleber neben einer großen Festigkeit der damit verdickten Farben den Vortheil einer beträchtlichen Ersparniß. Die Resultate, welche man mit dieser Substanz bisher in den Zeugdruckereien erhielt, waren sehr verschieden, oft sogar widersprechend; dieß scheint zu beweisen, daß die Bedingungen des Gelingens zwischen sehr engen Grenzen liegen. Der Zweck unserer Versuche war, die Bedingungen zu ermitteln, unter denen das Lucin die besten Resultate gibt, und die Festigkeit der mit dieser Substanz fixirten Farben (Ultramarin oder Guignet'sches Grün) mit derjenigen der mit Eiweiß fixirten Farben zu vergleichen. Das Lucin ist wie der Kleber im Wasser unlöslich, und verrührt sich in demselben auch nicht; es verrührt sich aber in alkalischen oder sauren Lösungen und liefert gute Verdickungen. Als alkalische oder saure Lösungen haben wir Essigsäure, in Zuckerwasser aufgelösten Kalk und Ammoniak angewandt. Die verschiedenen Proben wurden mit Handformen und mit Walzen gedruckt, gleichzeitig gedämpft, und nach dem in den Fabriken gebräuchlichen Verfahren auf die Festigkeit geprüft, nämlich durch Behandlung mit kochendem Wasser, kochendem Seifenwasser und Reiben mit der Bürste. Daß das Lucin bisher in den Fabriken wenig günstige Resultate gab, ist dem Umstand zuzuschreiben, daß man einen wichtigen Umstand nicht berücksichtigte: ein Liter Farbe, welche mit in Essigsäure oder Zuckerkalk verrührtem Lucin verdickt ist, enthält niemals über 180 bis 200 Gramme trockenes Lucin; dagegen enthalten die mit Eiweiß verdickten Farben von diesem 220 bis 250 Grm., also eine größere Menge Fixirmittel. Es gibt jedoch ein Mittel, um den Kleber zu verflüssigen und so eine an fixirender Substanz reichere Farbe zu erhalten: dieses Mittel besteht darin, dem in verhältnißmäßig wenig Wasser eingeweichten Lucin ein wenig Ammoniak einzuverleiben; nach Verlauf von zwei Tagen hat sich das Lucin verflüssigt und besitzt die Consistenz eines guten Verdickungsmittels. Man bekommt so Farben, welche 230 Grm. trockenes Lucin per Liter enthalten. Eine in dieser Weise verdickte Farbe hält auf dem Gewebe so fest wie eine Eiweißfarbe, – sie widersteht dem kochenden Wasser und der Reibung; durch kochendes Seifenwasser wird sie aber ganz abgezogen. – Diese Thatsache ist leicht zu erklären, indem der Kleber sich beim Dämpfen nur theilweise coagulirt und in einem alkalischen Wasser immer noch löslich bleibt. Eine Farbe aber, welche das Lucin mit Kalk vereinigt enthält, ist dauerhaft fixirt; denn in Gegenwart von Kalk wird das Lucin durch das Dämpfen in den alkalischen Flüssigkeiten sehr wenig löslich und man erhält so eine verhältnißmäßig viel größere Festigkeit. Aus unseren Versuchen geht hervor, daß 200 Grm. Lucin per Liter, bei Gegenwart von Kalk, 142 Grm. in demselben Volumen enthaltenem Eiweiß gleichkommen. Wir haben versucht, das Verfahren mit Ammoniak und dasjenige mit Zuckerkalk zu combiniren; ersteres erhöht das Verhältniß von Lucin, also den Widerstand gegen Reibung, letzteres liefert den Kalk, somit den Widerstand gegen Seifenwasser. Ein derartiges Gemisch gab gute Resultate: 215 Grm. Lucin per Liter fixiren in diesem Falle so gut wie 213 Grm. Eiweiß. Der mit Lucin fixirte Ultramarin gibt etwas mattere Farben als man beim Fixiren mit Eiweiß erhält; es bleibt aber noch eine große Anzahl von Farbstoffen übrig, für welche das Lucin anwendbar ist. Bericht über vorstehende Abhandlung; von Gustav Schäffer. Es ist erwiesene Thatsache, daß die Festigkeit der mit Eiweiß fixirten Farben der Eiweißmenge entspricht, welche der Farbe einverleibt wurde. Die HHrn. Thom und Rosenstiel haben gezeigt, daß die mit Kleber verdickten Farben niemals über 180 bis 200 Grm. Fixirmittel per Liter enthalten, während die in den Zeugdruckereien allgemein angewendeten Eiweißfarben von demselben 230 bis 250 Grm. und darüber enthalten, und sie schreiben es mit Recht diesem Umstand zu, daß das Lucin wieder aufgegeben wurde. Um mit Lucin ein an fixirender Substanz reicheres Verdickungsmittel zu erhalten, empfehlen sie den Kleber zu verflüssigen. Hierzu genügt es, dem in verhältnißmäßig wenig Wasser eingeweichten Lucin ein wenig Ammoniak einzuverleiben; nach 24 Stunden ist der anfangs sehr dicke Kleber spinnend geworden, und wenn man ihm nun in geeignetem Verhältniß Zuckerkalk zusetzt, so löst er sich vollends auf und man erhält ein Verdickungsmittel, welches für den Walzendruck Farben herzustellen gestattet, die 220 und sogar 230 Grm. trockenen Kleber per Liter enthalten. Ich habe mich durch die im Auftrag des Ausschusses für Chemie angestellten Versuche überzeugt, daß die Festigkeit der mit Kleber verdickten Farben wirklich mit der Menge des Fixirmittels zunimmt, und daß sie mit derjenigen welche das Eiweiß erzeugt, in den angegebenen Grenzen den Vergleich aushält. Die größte Festigkeit, welche man mit dem Kleber erreichen kann, ist diejenige einer Farbe, welche 230 Grm. Eiweiß per Liter enthält; aber leider kann sie nicht überschritten werden; es ist nicht möglich, die Festigkeit zu erreichen, welche man mit 250 und 300 Grm. Eiweiß leicht erhält. Obgleich daher das Lucin niemals das Eiweiß vollständig ersetzen kann, weder bezüglich der Festigkeit, noch bezüglich der Lebhaftigkeit der Farben, so vermag es doch, nach dem von Thom und Rosenstiel angegebenen Verfahren benutzt, eine größere Anzahl von Verwendungen zu finden als bisher.