Titel: Ueber den Entzündungspunkt des Petroleums; von Dr. John Attfield, Director des Laboratoriums der pharmaceutischen Gesellschaft von Großbritannien.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. LXV., S. 245
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LXV. Ueber den Entzündungspunkt des Petroleums; von Dr. John Attfield, Director des Laboratoriums der pharmaceutischen Gesellschaft von Großbritannien. Aus der Chemical News, vol. XIV p. 257; November 1866. Attfield, über den Entzündungspunkt des Petroleums. Rohes Petroleum gibt bei gewöhnlicher Temperatur in der Regel so viel Dampf an die es umgebende Luft ab, daß in einem eingeschlossenen Raume, z.B. in einer nur zum Theil gefüllten Lampe oder Flasche, oder in einem dergleichen Fasse, ein explosives Gasgemisch entsteht. Schon deßhalb, abgesehen von den anderen Gründen, wird rohes Petroleum stets raffinirt, bevor es in den Handel kommt. Zu diesem Zwecke wird es der Destillation unterworfen, und der dabei in Dampfform zuerst übergehende Antheil wird für sich aufgefangen (man benutzt ihn unter der Benennung Petroleum-Spiritus als Ersatzmittel für Terpenthinöl); der dann übergehende, weit größere Antheil ist das raffinirte Petroleum, welches unter verschiedenen Bezeichnungen in ausgedehntem Maaße als Brennöl verkauft wird. Der Rückstand ist Schweröl und wird als Schmiermaterial für Maschinen benutzt. Da das Petroleum keine bestimmte chemische Verbindung, sondern ein in seiner Zusammensetzung schwankendes Gemisch von mehreren Kohlenwasserstoffen ist, somit eine constante chemische oder physikalische Eigenschaft, auf welche sich eine leicht ausführbare Methode zur Bestimmung seines Entzündungspunktes gründen ließe, nicht besitzt, so bleibt jede zu diesem Zwecke gewählte Methode mehr oder weniger willkürlich, empirisch, conventionell. Das auf bloßes Anzünden des auf seinen Entzündungspunkt zu prüfenden Oeles begründete Verfahren ist im Principe ganz einfach; doch sind bei der Ausführung desselben verschiedene Punkte zu beobachten. Zunächst darf der Versuch nicht etwa in offenen Gefäßen, auf Tellern, Untertassen, in Abdampfschalen etc. angestellt werden; denn selbst wenn das Experiment stets auf gleiche Weise und unter constanten Umständen ausgeführt werden könnte – was indessen begreiflicherweise unmöglich ist, so würde wegen der Schnelligkeit, womit von der Oberfläche der Flüssigkeit Dampf entweicht, das Ablesen des Thermometers während des Versuches keine richtige Angabe der Temperatur liefern, bei welcher das Petroleum in einer Lampe oder in einem geschlossenen oder theilweise geschlossenen Gefäße brennbare Dämpfe an das umgebende Medium abgiebt. Ebenso wenig darf man das Petroleum in einer gewöhnlichen Flasche erhitzen, da eine solche zu leicht zerspringt. Nimmt man aber anstatt der Flasche eine kurze weite Röhre von dünnem Glase, welche man ungefährdet erhitzen kann – also ein ziemlich weites, gewöhnliches Probirgläschen – so kann man bei steter Anwendung gleicher Mengen der zu probirenden Petroleumsorten die Flüssigkeit ganz dreist umrühren und umschütteln, und wenn man dann den Dampf stets in gleicher Entfernung von der Oberfläche der Flüssigkeit anzündet, so kann man auch genaue Resultate erwarten. Verwendet man dazu dasselbe Gläschen, welches zur Bestimmung des specifischen Gewichtes des Oels mittelst des Hydrometers dient, und benutzt man ein auf der Glasröhre getheiltes nicht eingefaßtes Thermometer, welches etwas länger seyn muß als das Probirgläschen, als Rührstab, so hat man einen compendiösen und billigen Apparat. Das Probirgläschen muß in der Mitte seiner Länge mit einer Marke versehen seyn, welche die Volum- oder Gewichtsmenge des zu prüfenden Petroleums angibt. Die Probirflamme muß ungefähr bis auf einen halben Zoll Entfernung von der Oberfläche des Oeles eingeführt werden. Die 6 bis 6 1/2 Zoll lange und 1 1/8 Zoll weite Probirröhre füllt man zur Hälfte (bis an die Marke) mit dem Oele und rührt letzteres mit dem Thermometer wohl um, schüttelt es auch, so daß der obere Theil des Probirglases von der Flüssigkeit gehörig benetzt wird, und notirt die Temperatur. Dann führt man eine Flamme (die Flamme eines dünnen Holzsplitters, oder, was besser ist, eine kleine 1 Viertel- bis 1 Achtelzoll lange Gasflamme) in das offene Ende des Rohres bis auf einen halben Zoll Entfernung von der Oberfläche des Oeles ein, zieht dieselbe wieder rasch zurück, und untersucht, ob zwischen der Probeflamme und der Oberfläche des Oeles eine dünne blaue Flamme sich zeigt. Ist dieß nicht der Fall, so erwärme man die Röhre etwas, indem man ihren Boden langsam durch die Flamme einer Weingeistlampe oder irgend eine andere Flamme zieht, oder indem man den unteren Theil des Probirglases in heißes Wasser taucht, dabei das Oel fortwährend mit dem Thermometer umrührt, öfters die Temperatur notirt und nach je einer oder zwei Minuten immer wieder die Probirflamme in das Probirglas einführt. Die Temperatur, bei welcher die dünne blaue Flamme zuerst erscheint, ist der Entzündungspunkt des Petroleums, d.h. derjenige Temperaturgrad, bei welchem es entzündliche Dämpfe abgibt. Zur Correction dieses Resultates läßt man die Probirröhre allmählich erkalten und führt, wie vorher, die Probirflamme wiederholt ein. Der niedrigste Temperaturgrad, bei welchem der Dampf noch Feuer fängt, ist der wahre Entzündungspunkt des Oeles.