Titel: Die neue Champonnois'sche Reibe für Kartoffeln und Rüben; der französischen Central-Ackerbau-Gesellschaft erstatteter Bericht von Combes.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XCVIXCVII., S. 351
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XCVIXCVII. Die neue Champonnois'sche Reibe für Kartoffeln und Rüben; der französischen Central-Ackerbau-Gesellschaft erstatteter Bericht von Combes. Aus dem Journal des Fabricants de sucre vom 3. Januar 1867. Mit einer Abbildung. Combes, über die neue Champonois'sche Reibe für Kartoffeln und Rüben. Die neue von Champonnois construirte Reibe, welche die Prüfungscommission in der Kartoffelstärkefabrik des Hrn. Pasquier in Trou-Guyencourt in Thätigkeit gesehen hat, ist auffallend von den gewöhnlichen cylindrischen Reiben verschieden, aber nicht sowohl in der äußeren Form der Organe, welche vielmehr scheinbar sehr ähnlich sind, als vielmehr in deren gegenseitiger Bewegung, welche ziemlich in umgekehrter Weise als bei den bisher üblichen Reibmaschinen stattfindet. Bei letzteren werden die Rüben, Kartoffeln oder andere Wurzeln mit einer gewissen Menge Wasser auf einer geneigten Fläche gegen eine cylindrische Trommel geführt, welche sich mit großer Geschwindigkeit um ihre horizontale Achse dreht und mit stählernen Sägeblättern besetzt ist. Diese Blätter sind in gleichen Zwischenräumen parallel der Achse angeordnet und haben eine 1 1/2–2 Millimeter hohe, zum Theil über die Cylinderfläche vorspringende Zahnung. Die Wurzeln kommen nun zwischen die sich drehende Trommel und die gekrümmte Gegenschiene, welche, eine Fortsetzung der geneigten Fläche, die Trommel umfaßt und einen schmalen ringförmigen Raum frei läßt, der vergrößert oder verkleinert werden kann, und in welchem die Wurzeln durch die Zähne der Blätter zu Brei zerrissen werden, der sich unten in einem Behälter sammelt. Auch bei der Champonnois'schen Reibe ist der Haupttheil eine cylindrische, mit Stahlblättern versehene Trommel, welche ebenfalls in gleichen Zwischenräumen parallel der Achse angebracht sind. Die Zahnung springt aber hier nach Innen in die Trommel vor, welche unbeweglich mit ihrem unteren Boden an dem Fundamente befestigt ist, das auch die Lager für eine von dem Motor in Bewegung gesetzte horizontale Welle trägt. Diese Welle ist etwas über das dem Trommelboden zunächst befindliche Lager hinaus verlängert, so daß sie um 6–8 Centimeter in die Trommel hineinragt, deren Achse in der Verlängerung der Welle liegt. An das betreffende Ende dieser Welle ist ein Eisenstück fest aufgezogen, welches in seinem Durchschnitte (nach der Richtung der Horizontalebenen der Trommel) die Form einer rechteckigen Schaufel darstellt, die mit hinreichendem Spiel zur Verhinderung von Reibung und Anstoßen, mit zwei Seiten die parallelen Böden der Trommel, mit den beiden anderen Seiten deren innere Fläche bestreicht. Diese Schaufel ist jedoch keine vollständige; es ist nur der Theil derselben vorhanden, welcher dem festen, von der Welle durchdrungenen Boden der Trommel und deren cylindrischer Fläche am nächsten liegt, alles Uebrige ist durch einen Schnitt weggenommen, welcher von der von dem festen Boden entferntesten rechtwinkeligen Seite ausgeht und bis zur Welle selbst reicht, auf welche die Schaufel aufgekeilt ist. Es bleibt also nur eine zweiarmige U förmige Gabel übrig, welche auf dem Ende der Welle aufsitzt und sich in der festen Trommel umdreht. Diese Schaufel ist aus einer mehrere Centimeter dicken Platte hergestellt, deren der Trommelfläche zugekehrter Außenrand entsprechend abgedreht und polirt ist, und einem Cylinder von etwas geringerem Durchmesser entspricht. Die Trommel wird an den festen Boden angesetzt und dann der zweite, dem ersten parallele Boden an ihr angebracht. Letzterer ist aber nur eine ringförmige Platte, deren Breite nahezu gleich ist der Höhe der beiden Schenkel der an die Welle angesteckten Gabel. Die offene Mitte dieses Bodens nimmt den gekrümmten Fülltrichter auf, durch welchen die Wurzeln continuirlich dem Inneren der Trommel zugeführt werden. Textabbildung Bd. 183, S. 353 Die vorstehende Zeichnung stellt die Reibe in perspectivischer Ansicht dar. Wenn nun die Welle mit den daran befestigten Gabelschenkeln in Drehung versetzt wird, so nehmen diese die einfallenden Wurzeln mit, welche dann in Folge der Centrifugalkraft gegen die innere Oberfläche der festen Trommel gedrückt, hierbei durch die vorspringenden Zähne der Blätter zerrissen werden und durch die Zwischenräume zwischen den Reibblättern in Form von Brei herausfließen. Eine Kappe umgibt in gewisser Entfernung die Trommel, und läßt unten durch ein Rohr den Brei in einen Behälter oder Canal gelangen, der denselben nach dem Orte der weiteren Verarbeitung leitet. Bei den alten Reiben ist es also die Reibtrommel, welche sich dreht und die Wurzeln mit ihrer gezahnten äußeren Fläche zerkleinert; dabei äußert die Centrifugalkraft das Bestreben, das Wasser und den Brei, ja sogar die nicht zerkleinerten Wurzeln von der Trommel zu entfernen, daher nur der Druck der Gegenschiene, welche während der Operation fest bleibt, ihr Abschleudern verhindert. Bei der Champonnois'schen Reibe hingegen dreht sich die gabelförmige Schaufel und die Reibtrommel ist unbeweglich; diese Schaufel reiht die Wurzeln mit sich herum, welche aber nur durch die Centrifugalkraft gegen die reibende Fläche gedrückt werden; diese Fläche wird gleichzeitig von Wasser benetzt, welches mit der ihm von den Gabelschenkeln ertheilten Geschwindigkeit darüber fließt und dann mit dem Stärkemehl (beim Reiben von Kartoffeln) durch die mit den gezahnten Blättern abwechselnden leeren Zwischenräume austritt. Wir wollen nun die Vortheile und Nachtheile der Champonnois'schen Construction besprechen, wobei das umgekehrte Princip der gewöhnlichen Reiben zur Geltung gebracht ist. Bei der Arbeit der älteren Reiben strebt die Centrifugalkraft das Wasser, die Stärke und die unzerriebenen Wurzeln abzuschleudern, welche nur durch die Gegenschiene zurückgehalten werden. Diese kann aber nicht absolut fest seyn, da man sie der sich drehenden Trommel näher oder ferner stellen muß, je nachdem die Zähne derselben beschaffen sind; überdieß muß, wenn ein harter Körper, wie Steine oder dergl., zufällig mit den Wurzeln in die Reibe kommt, oder wenn ein Sägeblatt losgehen sollte, die Gegenschiene nachgeben können, um diese Körper hindurchzulassen. Diese Schiene muß also gegen feste Halter stoßen, welche sie verhindern, mit den Blättern völlig in Berührung zu kommen, und sie muß gegen diese Halter durch irgend eine äußere Kraft (wie eine Feder oder ein Gegengewicht) angedrückt werden, welche groß genug ist, um die Centrifugalkraft und das Gewicht der Wurzeln zu überwinden und die letzteren in Berührung mit der Reibe zu erhalten. Es ist aber ziemlich schwierig, diesen Bedingungen zu entsprechen und eine passende und gleichförmige Entfernung zwischen Trommel und Schiene herzustellen. Selbst wenn eine solche vorgenommen wurde, kann das Wasser, welches mit den Wurzeln eintritt und die Stärke fortwaschen soll, nicht an der Oberfläche der sich drehenden Trommel verbleiben, sondern wird davon stets abgeschleudert; es fließt auf die Schiene, von welcher es nicht in einer gleichmäßigen Schicht, sondern in einzelnen und verschiedenen Strahlen abfließt, so daß ein ungleichmäßiges Gemisch entstehen kann. Außerdem werden, wenn die Schiene sich zum Durchlassen fremder Körper etwas entfernt, unzerriebene Wurzelstücke mit durchgerissen werden. Alle diese Uebelstände fallen bei der Champonnois'schen Construction weg. Das Andrücken der Wurzeln gegen die Reibfläche ist nicht mehr von Gegengewichten u.s.w. oder von der genauen Einstellung der Maschine abhängig, sondern erfolgt einzig durch die Centrifugalkraft. Bei der in Trou-Guyencourt aufgestellten Reibe (für Kartoffeln) beträgt der innere Durchmesser der Trommel beiläufig 26 Centimeter und die Geschwindigkeit der gabelförmigen Schaufel 800 Umdrehungen in der Minute. Hieraus berechnet sich die Centrifugalkraft für die materiellen Theilchen an der Reibfläche auf mehr als das 90fache des Gewichtes derselben, und noch auf mehr als das 45fache ihres Gew. für diejenigen TheilchenTheichen, welche von dieser Fläche um 65 Millim. entfernt sind. Man kann also annehmen, daß ein Kartoffelstück von 100 Grammen gegen die Reibe mit einer Kraft von etwa 80mal 100 Grammen oder 8 Kilogram., auf die Berührungsfläche vertheilt, angedrückt wird. Diese Kraft ist immer dasselbe Vielfache vom Gewicht der Substanz, sie mag ein harter Körper oder ein Wurzelstück seyn; ein kleiner in die Reibe gelangender Stein wird also wohl die Klingen beschädigen, niemals aber größere Unfälle herbeiführen können, wie dieß bei den gewöhnlichen Reiben geschieht, wenn zwischen die Trommel und Gegenschiene ein fremder Körper gelangt. Das Wasser und der Brei fließen bei der neuen Reibe durch die Zwischenräume zwischen den einzelnen Blättern oder Klingen aus und man muß bedenken, daß, wenn ein solcher Zwischenraum sich mit Stärke oder kleinen Wurzelstücken verstopft, die Centrifugalkraft nicht auf das Freiwerden derselben wirken kann, wie es bei einer sich drehenden Trommel der Fall seyn würde, und es bildet dieß ohne Zweifel einen Uebelstand der festen Trommel. Die Erfahrung beweist in der That, daß derselbe bei zu engen Zwischenräumen der Blätter auftritt, zugleich aber auch, daß, wenn die Breite derselben der Geschwindigkeit der Welle entsprechend regulirt ist und der Natur der Wurzeln sowie der Wassermenge angepaßt wird, man einen gleichmäßigen Brei ohne jede Verstopfung der Zwischenräume erhält. Ich kann in dieser Beziehung nichts Besseres sagen, als was Hr. Pasquier in einem Briefe an mich äußert: „Nach vielen Versuchen hat man für diese Zwischenräume eine Weite von 1 1/2 Millimeter angenommen; wir haben zwar solche von 1/2 Millimeter, sowie von 2 und 3 Millimetern angewandt, allein in jenem Falle wurde das Reiben fast zur Unmöglichkeit, weil sich die Trommel versetzte, in dem letzteren aber war die Arbeit unvollkommen, weil der Brei nicht fein genug wurde, so daß ich kaum glaube, daß von den angenommenen 1 1/2 Millimetern erheblich wird abgewichen werden dürfen.“ Dieß bezieht sich auf eine Trommel von weniger als 30 Centim. Durchmesser und eine Geschwindigkeit der gabelförmigen Schaufel von 800 Umdrehungen per Minute. Bei größerer Geschwindigkeit oder größerem Trommeldurchmesser würde man aller Wahrscheinlichkeit nach, unter sonst gleichen Umständen, besser einen geringeren Zwischenraum anwenden. In Bezug auf die bisher angewandte sich drehende Reibtrommel spricht sich Hr. Pasquier in demselben Briefe wie folgt aus: „Bei der alten Reibe wechselt die Feinheit des Kartoffelbreies mit dem Zwischenraum zwischen den Blättern und der Gegenschiene. Dieser Zwischenraum ist aber stets veränderlich, in Folge der Abnutzung theils der Schiene selbst, theils der Lager der Welle. Man muß also, um diesem Uebelstande zu begegnen, von Zeit zu Zeit (oft mehrmals an einem Tage) die Schiene der Trommel der Reibe nähern. Dieß ist zwar leicht, erfordert aber eine nicht immer vorhandene Aufmerksamkeit von Seite des Aufsehers. Dann aber ist es stets unmöglich, hierin Vollkommenes zu leisten, woraus sich die unzerriebenen Kartoffelstücke in dem Brei der sich drehenden Trommel erklären, welche bei der neuen Reibe nicht vorkommen. Da bei dieser im Gegentheil der Raum zwischen den gezahnten Blättern, durch welchen der Brei abzieht, unveränderlich ist, so muß letzterer immer die gleiche Feinheit haben und man braucht an dem einmal aufgestellten Apparat weiter nichts vorzunehmen, als daß man die etwa abgenutzten Blätter durch neue ersetzt.“ Der Vergleich zwischen der Arbeit der alten und der neuen Reibe ergab folgende Zahlen: 685 Kilogramme Kartoffeln lieferten bei der gewöhnlichen Reibe 110 Kilogr. grüne oder 70 Kilogr. trockene Stärke. Dasselbe Kartoffelgewicht gab mit der Champonnois'schen Reibe 137 Kilogr. grüne und 87 Kilogr. trockene Stärke. Die zum Reiben des gleichen Kartoffelgewichtes erforderliche Zeit und mechanische Arbeit ist für die alte und neue Reibe die gleiche oder doch so wenig verschieden, daß sie in laufender Arbeit unbemerklich bleibt. Die Dimensionen der beiden zu diesen Versuchen benutzten Reiben waren folgende: Für die ältere Reibe: Durchmesser 48 Centimeter Länge der Blätter 28 Centimeter. Für die Champonnois'sche Reibe: Durchmesser 29 Centimeter Länge der Blätter 23 Centimeter. Die Geschwindigkeit betrug in beiden Fällen 800 Umdrehungen per Minute. Bei den neuen Reiben geschieht das Zerreiben, wenn auch nicht stets auf der ganzen inneren Fläche der festen Trommel, so doch auf dem größeren Theile derselben, daher man die Länge der Trommel im Sinne ihrer Achse und mithin auch der sich drehenden gabelförmigen Schaufel beträchtlich vermindern kann, wobei die Reibfläche doch noch größer als bei der alten Reibe bleibt. Endlich will ich nicht unterlassen darauf aufmerksam zu machen, wie außerordentlich leicht und genau die Reibe bei dem Champonnois'schen Systeme montirt werden kann. Der Querschnitt der Reibtrommel, senkrecht auf deren Achse, stellt eine Reihenfolge von Paaren dar, deren jedes aus einem quadratischen Stabe (Halter) und einem dünnen stählernen Sägeblatte zusammengesetzt ist; letzteres liegt an der einen Seite des Stabes und die Zähne desselben stehen an jeder Seite um etwas über die Höhe des Stabes vor. Zwischen dem Sägeblatte eines Paares und der ihm zugekehrten Seite des benachbarten Stabes befindet sich ein leerer Zwischenraum von 1 1/2 Millimetern Breite zum Ausfließen des Breies. Diese Paare werden auf einen cylindrischen Muff von Gußeisen montirt, welcher so abgedreht ist, daß er bloß an einem seiner Enden einen Rand besitzt, welcher gegen die übrige Cylinderfläche genau um dieselbe Größe (1/2 Millimeter) vorspringt, um die man die Sägezähne im Inneren der Trommelfläche über die Stäbe vorspringen lassen will. Dieser Muff wird concentrisch, mit dem vorspringenden Rande entgegengesetzten Ende zuerst, in das Gehäuse eingeführt, welches die Montirung der Trommel bildet. Die Stäbe und Blätter werden um diesen Muff herum angebracht. Die regelmäßige Weite der erwähnten Zwischenräume wird durch zwei vorstehende Knöpfe an der Seitenfläche des dem Stahlblatt gegenüberstehenden Stabes sicher erzielt. Die Blätter werden durch einen leichten Hammerschlag eingetrieben, bis die Enden der Zähne den Umfang des Muffes berühren, und da die Stäbe mit ihrem einen Ende auf dem erwähnten vorspringenden Rand aufruhen, so ist der Vorsprung der Zähne genau regelmäßig und der Höhe dieses Randes gleich. Wenn so die Trommel auf ihrem ganzen Umfang besetzt und das Ganze mittelst Schließkeilen befestigt ist, so nimmt man den Muff weg, und die Trommelreibe ist fertig und zum Anschrauben an den mit der Grundplatte verbundenen Boden bereit, wozu einige Bolzen und wenige Minuten Zeit genügen. Eine Wechseltrommel ist stets in der Fabrik vorhanden und kann, wenn die Zähne der arbeitenden Trommel abgenutzt sind, rasch angesetzt werden, was in 2–3 Minuten geschehen ist. Die Prüfungscommission stellt in Folge der oben mitgetheilten Versuche etc. den Antrag, dem Hrn. Champonnois für seine Erfindung einer Reibe mit unbeweglicher Trommel die große goldene Medaille der Central-Ackerbau-Gesellschaft zu ertheilen.