Titel: Ueber einen neuen elektrischen Apparat oder ein continuirliches Elektrophor; von Bertsch.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. CXVIICXVIII., S. 454
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CXVIICXVIII. Ueber einen neuen elektrischen Apparat oder ein continuirliches Elektrophor; von Bertsch. Aus den Comptes rendus, t. LXIII p. 771; November 1866. Bertsch's continuirliches Elektrophor. Obgleich die Erklärung der Vorgänge an der neuen Holtz'schen ElektrisirmaschinePolytechn. Journal Bd. CLXXIX S. 134. ein ziemlich complicirtes Problem darbietet, so ist es mir dennoch gelungen, bei der Construction eines neuen Apparates dieser Art, über die Thätigkeit eines jeden seiner Organe Aufschluß zu geben, so daß kein Zweifel über den Ursprung der dabei auftretenden Erscheinungen mehr stattfinden kann. Obgleich der neue Apparat mit der Holtz'schen Elektrisirmaschine einige Aehnlichkeit hat, so unterscheidet sich derselbe dennoch, wie wir gleich sehen werden, in mehrfacher Beziehung von diesem. Der neue Apparat ist nicht aus zwei Scheiben zusammengesetzt, sondern besteht nur aus einer einzigen, und es muß sohin die problematische Rolle der zwischen beiden Scheiben befindlichen Luftschichte schon von vornherein wegfallen. Die sehr dünne Scheibe aus einer isolirenden Substanz ist an einer Welle von derselben Natur angebracht und kann mittelst einer Kurbel oder mittelst Vorrichtung zum Treten in Drehung versetzt werden, so daß sie 10 bis 15 Umgänge in der Secunde macht. Zwei Sauger (collecteurs) mit Metallspitzen, die unter sich nicht in Verbindung stehen, sind senkrecht zur Ebene der Scheibe an den Enden eines Durchmessers der letzteren angebracht und dienen zur Herstellung des Doppelstromes. Jeder dieser Sauger ist zirkelartig mit einem zweiten Arme verbunden, der an seinem Ende eine Kugel trägt, und diese letzteren Arme können bis zu einem rechten Winkel von einander entfernt und bis zur Berührung einander genähert werden. Mit einem dieser Organe ist ein Conductor mit großer Oberfläche verbunden, um die Spannung zu erhöhen. Hinter der Scheibe und parallel zu ihrer Ebene können nach Belieben einer oder mehrere Sectoren der isolirenden Substanz angebracht werden, ohne dieselbe zu berühren; jedoch müssen sie in sehr kleiner Entfernung von ihr sich befinden. Diese beweglichen Scheiben können entweder einzeln oder über einander geschichtet wirken; sie machen Theile einer Scheibe aus von beiläufig 60 Grad Oeffnung und bilden sogen, dreieckige Sectoren. Diese Sectoren dienen als influenzirende Elemente (éléments inducteurs). Um die Maschine zu laden, reicht es aus, einen dieser Sectoren mit der Hand zu reiben, so daß er auf beiden Seiten (les surfaces) elektrisirt wird, um ihn dann in die angezeigte Lage zu versetzen. Wird die Scheibe in Drehung versetzt, so entsteht eine ununterbrochene Reihe von Funken zwischen den beiden Elektroden. Mag man die Bewegung unterbrechen oder nicht, so bleibt der Apparat geladen, wie ein gewöhnliches Elektrophor. In einer trockenen Atmosphäre kann der elektrische Strom, ohne merklich abzunehmen, mehrere Stunden andauern und man ist berechtigt anzunehmen, daß der Apparat immer geladen bleiben würde, wenn die Luft einen absoluten Isolator abgeben könnte. Bringt man hinter dem ersten einen zweiten gleichfalls durch Reibung elektrisirten Sector an, so wird die Quantität der inducirten Elektricität fast verdoppelt, ohne daß dabei die Spannung zunimmt, da die Oberfläche des Conductors dieselbe bleibt. Ein dritter, ein vierter Sector dem ersteren hinzugefügt, bilden wieder neue Elemente zur weiteren Vermehrung der Quantität, deren weitere Vergrößerung nur begrenzt wird durch die Distanz der elektrisirten Oberflächen, den Durchmesser, die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe und die Schnelligkeit, mit welcher das Gleichgewicht zwischen den Elektroden hergestellt wird. Mit einer Hartkautschuk-Scheibe von 50 Centimeter Durchmesser, einer Drehungsgeschwindigkeit von 10 Umläufen per Secunde und unter Anwendung von zwei Sectoren kann man einen fast ununterbrochenen Funkenstrom, nämlich 5 bis 10 Funken per Secunde von 10 bis 15 Centimeter Länge erhalten, deren Spannung ausreicht, um Spiegelglas (?) von 1 Centimeter Dicke (?) zu durchbohren, um einen continuirlichen Lichtstrom in einer einen Meter langen luftverdünnten Röhre zu erhalten, und um in der Entfernung explodirbare Substanzen zu entzünden. Mit dieser Scheibe kann man in 30 bis 40 Secunden eine Leydner Batterie von 2 Quadratmeter innerer Oberfläche laden, welche ein Goldblatt schmilzt und einen 1 Meter langen Eisendraht zum Glühen bringt, wie solcher für die Telegraphenblitzableiter verwendet wird. Ueberhaupt scheint es mir, durch Vereinfachung der Construction einen Apparat erhalten zu haben, durch welchen die Idee für die Ausführung eines continuirlichen Elektrophors realisirt worden ist, und der als bequeme und permanente Elektricitätsquelle angesehen werden kann. Der relativ beträchtlichen Effecte halber, welche der Apparat liefert, und wegen der noch zweifelhaften Fragen über die elektrostatische Induction, welche man vielleicht mit demselben zu lösen im Stande ist, erschien es mir interessant genug, denselben hier vorzuführen. Nachschrift, die Holtz'sche Influentz-Elektrisirmaschine betreffend. Mit Abbildungen auf Tab. IX. Der vorstehende Aufsatz gibt uns Veranlassung, derjenigen Verbesserungen zu gedenken, welche W. Holtz schon am Anfange des vergangenen Jahres an der von ihm erfundenen Influenz-Elektrisirmaschine vorgenommen hat. Wir theilen daher nach der uns vorliegenden Quelle (Poggendorff's Annalen, 1866, Bd. CXXVII S. 320) das Wesentlichste hierüber mit. Die Einrichtung der neuen Construction, welche für kleinere und größere Maschinen dieselbe bleibt, ist aus Fig. 21 ersichtlich; in dieser bedeutet s, s die rotirende, S, S die feste Scheibe; C, C sind die an ihren Enden mit Saugern versehenen Conductoren, B, B die mit diesen metallisch verbundenen Elektroden und D, D die in verticaler Beziehung verstellbaren Fortleitungsorgane, innerhalb deren die Objecte einzuschalten sind, welche den Wirkungen des Entladungsstromes ausgesetzt werden. Die horizontalen Stäbe A, A sind aus Glas und ruhen selbst auf Glasstäben N, N; mittelst der an denselben angebrachten Ringe R, R, R, R aus Kammmasse wird die feste Scheibe 8,6 gehalten und kann parallel zur letzteren so nahe als man will, an diese verstellt werden. An der Maschine bestehen die Hefte, dann das vordere Stück mit den Stützen der Conductoren, die Fassung der rotirenden Scheibe, sämmtliche Schnurräder und die Ueberzüge der Wellen aus Kammmasse. Von den letzteren, welche aus Stahl bestehen, ruht die mittlere in gehärteten Lagern, die übrigen Lagertheile sind von Rothguß und sämmtliche nothwendig leitende Theile von Messing. Das Verhältniß der Schnurräder T, t ist so gewählt, daß in zwei bis drei Umdrehungen der Kurbel eine 12zöllige Scheibe 14mal und eine 24zöllige 6mal rotirt. Zu jeder Maschine gehören zwei Condensatoren, welche die Stelle eines größeren Conductors vertreten. Den kleinen, eine belegte Glasröhre, legt man mit seinen Contactpunkten auf die betreffenden Pole der Saugerarme C, C; der größere besteht in zwei kleinen Leydner Flaschen, welche man links und rechts von dem Fußgestelle F, F stellt, um die äußeren Belegungen unter sich und die inneren mit den ihnen zunächst liegenden Conductoren zu verbinden. Außer der festen Scheibe mit zwei Belegungen kann dem Apparate noch eine andere feste Scheibe mit vier Belegungen (und ebenso vielen Durchbrechungen) beigegeben werden, welche statt jener leicht eingesetzt werden kann. In Fig. 22 und 23 sind einige von den mehrfachen Kombinationen angegeben, welche man unter Benutzung von 4 Elementen (Conductoren mit Saugern) herstellen kann, um die Quantität der zur Entladung kommenden Elektricitätsmengen zu verstärken oder abzuändern. Bei Scheiben bis 11 Zoll Durchmesser seyen nur zwei Elemente zu empfehlen; bei Scheiben von 12 bis 20 Zoll können schon vier, von 21 bis 29 Zoll schon sechs, und bei einer rotirenden Scheibe von 30 Zoll Durchmesser noch acht Elemente verwerthet werden und zwar so, daß man bei letzteren nach Belieben 1, 2 oder 3 Paar von Elementen verwenden kann, ohne daß andere Stücke hinzuzufügen sind, als die nöthigen festen Scheiben. – Bezüglich der Wirkungen mag hervorgehoben werden, daß im Allgemeinen die Schlagweite mit dem Durchmesser der Scheiben die Quantität aber in geringerem Grade wächst; daß die Quantität zunimmt wie die Zahl der Elemente, während sich die Schlagweite in demselben Verhältnisse vermindert. Eine Maschine mit 12zölliger rotirender Scheibe gibt bei Anwendung von 2 Elementen 3zöllige Funken und Büschel. Eine Flasche von 1 Quadratfuß Belegung und 1 Linie Dicke wird bei Anwendung von 4 Elementen und 1/2zölligen Kugeln bis zu einer Schlagweite von 1/2 Zoll in einer Secunde geladen, u.s.w. Aus diesen kurzen Erörterungen mag hervorgehen, daß die Holtz'sche Maschine bei ihrer gegenwärtigen Anordnung einen hohen Grad von Einfachheit erlangt hat; bezüglich der Leistungsfähigkeit aber können wir hier nur beifügen, daß dieselbe nicht bloß die bestconstruirten Reibungs-Elektrisirmaschinen übertrifft, sondern daß die Leistung sich sogar als eine höhere herausstellt, als sie von Holtz selbst angegeben worden ist; eine Maschine dieser Art, deren Wirkungen wir seit October verflossenen Jahres mehrfach wahrzunehmen in Stand gesetzt waren, und die – nebenbei gesagt – in trefflicher Weise ausgestattet ist,Die Holtz'schen Influenz-Elektrisirmaschinen werden unter der Leitung des Erfinders von dem Mechaniker E. Borchhard in Berlin (Markgrafenstraße 18) angefertigt. Ein vollständiger Apparat kostet (loco Berlin) mit 12zölliger Scheibe 34, mit 21zölliger 66, mit 30zölliger 100 Thaler; für alle dazwischen liegenden Größen aber werden die Preise in gleichem Verhältnisse mit dem Durchmesser der Scheiben wachsen. – Eine umfassende Beschreibung des Apparates und seiner Wirkungen ist von Hrn. Holtz in Aussicht gestellt worden. hat dieß in genügender Weise dargethan. Der einzige Uebelstand, den derartige Maschinen zeigen, und der von Holtz selbst bei mehreren Gelegenheiten schon hervorgehoben worden ist, besteht darin, daß die Isolationsfähigkeit ihrer Organe von dem Zustande der umgebenden Atmosphäre vielleicht etwas abhängiger ist, als bei den gewöhnlichen Elektrisirmaschinen. Durch Anwendung der von Holtz angegebenen Vorsichtsmaßregeln, durch eine geeignete Behandlung des Apparates überhaupt, ist man übrigens auch im Stande, diese Uebelstände zu vermindern. Bringt man unterhalb des Apparates in geeigneter Weise einen kleinen Ofen an, durch welchen die beiden Scheiben, sowie die zwischen denselben befindliche Luftschichte erwärmt werden kann, so kann man selbst bei ungünstigem Zustande der umgebenden Atmosphäre den Apparat in Thätigkeit versetzen und erhalten. Bei gehöriger Trockenheit der Luft des Experimentirraumes hat jene Maschine nicht etwa bloß 2 Stunden, sondern sogar durch einen ganzen Tag ihre volle Thätigkeit gezeigt. Dieselbe konnte durch 2 bis 3 Tage (während einer Dauer von etwa 20 Stunden) benutzt werden, bis endlich ein Reinigen der rotirenden Scheibe nothwendig wurde. Jedenfalls hat sich herausgestellt, daß der neue Holtz'sche Apparat nicht bloß die Reibungs-Elektrisirmaschinen zu ersetzen vermag, sondern auch, daß die Lebensfähigkeit der letzteren für alle physikalischen Zwecke, bei welchen diese bis jetzt angewendet worden sind, ihrem Ende entgegengehen und dem Holtz'schen Apparate Platz machen werden. – Daß für kleinere Apparate bei der Holtz'schen Elektrisirmaschine auch Scheiben aus Kammmasse angewendet werden können, geht aus einer von Holtz hierüber gegebenen Notiz hervor und mag daher hier noch angeführt werden. In wie weit nun der von Bertsch construirte neue elektrische Generator von der Holtz'schen Maschine verschieden ist, läßt sich, obgleich Bertsch hierüber keine detaillirte Erörterung gibt, aus dem Vorstehenden entnehmen. Daß dabei die feste Scheibe, streng genommen, nicht überflüssig geworden ist, geht daraus hervor, daß Bertsch statt derselben bloß einen oder mehrere Sectoren benutzt. In wie weit durch Anbringung der letzteren in der Weise, wie Bertsch dieß angibt, die Wirkungen des Apparates verstärkt und die Erscheinungen abgeändert werden, bedarf erst einer näheren Untersuchung, und es kann daher jetzt noch nicht darüber entschieden werden. Jedenfalls bleibt unter den von Bertsch aufgeführten Wirkungen seines Apparates, jene auffallend, nach welcher er durch die Entladungsfunken des Apparates ein Stück Spiegelglas von 1 Centimeter Dicke durchbohren ließ.

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