Titel: Ueber die Unmöglichkeit einer vollkommenen Schweißung des Eisens mittelst des Hammers und des Walzwerkes. – Bemerkungen von Flachat.
Fundstelle: Band 185, Jahrgang 1867, Nr. CX., S. 376
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CX. Ueber die Unmöglichkeit einer vollkommenen Schweißung des Eisens mittelst des Hammers und des Walzwerkes. – Bemerkungen von Flachat. Aus Les Mondes, t. XIV p. 508; Juli 1867. Flachat, über Schweißung des Eisens mittelst des Walzwerkes etc. Die auf der internationalen Industrie Ausstellung zu Paris befindlichen, aus französischen und englischen Werkstätten herrührenden Schiffspanzerplatten sind sämmtlich unter dem Walzwerke aus übereinandergelegten Luppen, oder auch aus Packeten oder Bündeln von halbflachen Stäben angefertigt. Mehrere derselben sind vor dem Auswalzen erst unter dem Hammer bearbeitet worden. Alle diejenigen von diesen Platten, welche durchgeschnitten und auf der Schnittfläche polirt worden sind, scheinen eine homogene, vollkommen geschweißte Masse zu bilden; bei denen dagegen, welche von dem Geschosse ganz oder nur zum Theil durchgeschlagen oder durchdrungen worden sind, lassen sich auf dem Bruche die übereinander liegenden Eisenschichten ohne jedes Ansehen von Schweißung wahrnehmen, indem sie wie Blechtafeln kaum mit einander zusammenhängen. Die einzige durch die Wirkung des Hammers zerbrochene Platte, welche dort vorhanden ist, zeigt ebenfalls diese Beschaffenheit. Diese Erscheinung ist so allgemein und auffallend, daß sich behaupten läßt, daß die Wirkung des Walzwerkes bei diesem Zweige der Eisenfabrication zur vollständigen Schweißung nicht hinreicht, selbst wenn dem Auswalzen die Bearbeitung unter dem Hammer vorangeht. Jedenfalls verhält es sich mit den schmiedeeisernen Wellen der großen Seedampfschiffe eben so. Die auf der Ausstellung befindlichen Exemplare von solchen Wellen, welche abgedreht und polirt sind, zeigen Aschenflecke, ein Anzeichen von unvollkommener oder gar nicht eingetretener Schweißung der einzelne Packete oder Platinen, indem schlackige Substanzen zwischen den letzteren liegen, welche durch die Hitze in flüssigen oder teigartigen Zustand geriethen und ungeachtet der kräftigsten Pressung durch das Walzwerk oder den Hammer nicht ausgequetscht worden sind, was überhaupt niemals absolut vollständig geschieht. Noisette und Flachat haben Versuche abgeführt, bei denen Holzkohlenstabeisen bester Qualität zu Bündeln oder Packeten zusammengelegt, darauf mittelst Hammer und Walzwerk zusammengeschweißt, dann aber mit dem Hammer nochmals umgeschmiedet wurde: immer blieben noch Spuren von der Packetirung zurück. Allerdings zeigt sich auf dem Querbruche keine Lostrennung der einzelnen Stäbe und Packete, wie bei den Panzerplatten, bei welchen letzteren in Folge der Wirkung eines heftigen Anpralls oder eines gewaltsamen Stoßes, eine Zerstörung, eine unaufhaltbare Desorganisation eintritt, welche jede Spur von Adhäsion zwischen den einzelnen Packeten aufhebt. Die Spuren der einzelnen Packete, die Schweißnähte, treten um so deutlicher hervor, je besser das angewendete Eisen ist und je stärkere Hitzegrade es erträgt, ohne in Fluß zu gerathen. Somit ist durch die dießjährige Weltausstellung eine Thatsache von der größten Wichtigkeit an's Licht gestellt worden. Untersucht man nun die aus einem einzigen, aus Tiegeln oder aus dem Bessemerapparate gegossenen Blocke angefertigten Panzerplatten oder Wellen (oder Geschütze) sorgfältig, so findet man, daß die Eisen-, bezüglich die Stahlmasse ganz dicht, compact und homogen ist und keine Spur von Schlacke enthält. Diese Beobachtung ist keineswegs neu, erlangt aber, der im Vorstehenden mitgetheilten gegenüber, eine große Wichtigkeit. Allem Anscheine nach ist das Schmelzen eine Vorbereitung des Eisens, welche nothwendig ist, um seiner Masse vollständige Gleichartigkeit zu ertheilen; durch die darauf folgende Bearbeitung unter dem Hammer und im Walzwerke erhält dann der Guß Eigenschaften, welche er sonst nicht haben würde; diese Bearbeitung erhöht nämlich seine Dichtigkeit und bewirkt eine solche Lagerung seiner Molecüle, daß dieselben in stärkeren gegenseitigen Zusammenhang treten, denn es ist erwiesen, daß Stahl und Stabeisen, wenn sie nach dem Schmelzen ausgeschmiedet oder ausgewalzt werden, größere Festigkeit zeigen als nach bloßem Schmelzen. Die Construction der großen Seedampfer wird hauptsächlich durch die Schwierigkeit der Herstellung großer Wellen von genügender Festigkeit erschwert. Nach einem durchlaufenen Weg von 30- bis 50,000 Kilometern bemerkt man an solchen Wellen Anzeichen von Veränderungen, obgleich sie so construirt sind, daß sie dem gleichzeitigen Maximaldruck auf die beiden Kolben widerstehen können, ohne die Elasticitätsgrenzen zu erreichen. Diese Veränderungen zeigen sich zuerst stets an den Stellen, wo die einzelnen Packete zusammengeschweißt sind. Die Beispiele von vollkommener Verbindung einzelner Eisenstücke durch Zusammenschweißen, welche wir in gewöhnlichen Hufschmieden tagtäglich vor Augen haben, würden dagegen zu dem Schlusse führen, daß eine solche ganz vollkommene Schweißung mittelst kräftiger Stöße oder Schläge doch ausführbar ist; ebenso die bekannte Thatsache, daß bei großen Wellen die ersten Spuren einer Trennung der zusammengeschweißten Stücke, aus denen sie bestehen, zunächst an den Zapfen, also an solchen Stellen auftreten, an denen beim Schweißen die Schläge des Hammers nicht kräftig genug einwirken können. Allein die oben mitgetheilten Thatsachen gestatten zu bezweifeln, daß auch die besten Schweißungen ganz vollkommen sind. Wenn sich dieser Zweifel als gegründet erweisen sollte, so würde bei der Stabeisenfabrication das Gerben – wiederholtes Packetiren und Ausschweißen – den zweiten Rang, das Verfahren mit vorangehender Schmelzung dagegen den ersten Rang einnehmen, und da sich einerseits im Puddelofen nur verhältnißmäßig niedrige Temperaturen, somit auch reine Eisensorten nicht erzeugen lassen, andererseits aber im Bessemerapparate sich nur besondere Roheisensorten verarbeiten lassen, so würden wir die Wissenschaft um ausreichendere Mittel angehen müssen, welche gestatten aus Eisen, das bei hohen Temperaturen geschmolzen und durch Behandlung mit geeigneten Zuschlägen und Reagentien gereinigt worden ist, Stabeisen darzustellen.