Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 185, Jahrgang 1867, Nr. , S. 319
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Miscellen. Miscellen. Die modernen Verkehrsmittel, von E. Behm. E. Behm veröffentlicht in dem neunzehnten Heft von Petermann's geographischen Mittheilungen eine geographisch-statistische Uebersicht über die modernen Verkehrsmittel mit historischen und volkswirthschaftlichen Notizen, veranschaulicht durch eine Telegraphen- und Dampfschifffahrtskarte der Erde und durch eine Communicationskarte von Centraleuropa. „Das vergangene, für die politische Geschichte so bedeutungsvolle Jahr,“ heißt es in der Einleitung „bildet auch in culturgeschichtlicher Beziehung eine wichtige Epoche: in ihm wurde der Gürtel der Postdampfer-Linien um die Erde und die telegraphische Verbindung der alten mit der neuen Welt vollendet.“ 1) Dampferlinien für den Weltverkehr. – Die schon länger bestehenden sind: 1) die orientalische, jetzt Peninsular and Oriental Steam Navigation Company genannt, zwischen England und Indien-Australien (Southampton-Bombay 23 Tage; nach Ceylon, Point de Galle 26 Tage), und damit concurrirend die französischen Messageries Impériales; 2) die transatlantischen Linien zwischen Europa und Amerika; England, Deutschland und Frankreich concurriren hier. (Southampton, New-York 12 Tage, nach Panamá 19 Tage.) Von Liverpool giengen im Jahre 1865 308 Dampfer nach Nord- und Mittelamerika. In Panamá (Colon), dem nördlichsten Punkte der Panama-Eisenbahn, concentriren sich die Linien der englischen Royal Mail und der französischen Compagnie transatlantique, die von St. Nazaire aus zweimal monatlich Schifft nach Westindien schickt, sowie einige von New-York und New-Orleans auslaufende Linien. Eine Reise um die Erde würde, in möglichst kurzer Zeit gemacht, folgende Punkte berühren und die beigesetzte Zeit in Anspruch nehmen: Marseille-Alexandria 6 Tage. (Man kann noch etwas Zeit ersparen, wenn man auf der italienischen Eisenbahn bis Brindisi und von dort in 82 Stunden auf dem italienischen Dampfer nach Alexandria fährt.) Alexandria-Suez 10 Stunden, Aden 6 Tage; Point de Galle auf Ceylon 11 Tage; bis jetzt also 24 Tage. Ceylon-Calcutta 7 Tage. (Von Ceylon aus laufen die Linien: Ceylon-Singapur-Hongkong 15 Tage, Hongkong-Schanghai 5 Tage, Jedo 5 Tage.) Point de Galle-Melbourne 21 Tage, Sydney 3 Tage, Wellington 7 Tage. Bekanntlich befindet man sich in Neuseeland bei unseren Antipoden. Bis hieher also 55 Tage. Seit Juni 1866 unterhält die Panamá Australian Company zweimal monatlich den Verkehr in Amerika. Neuseeland-Panamá 28 Tage, Colon-St. Thomas 5 Tage, Southampton 14 Tage, Marseille 2 Tage. Somit im Ganzen 104 Tage. Auf der Route Ceylon-Schanghai-Jokohama und von da mit der Pacific Company nach St. Francisco (20 Tage), St. Francisco-Panamá (15 Tage) würde man nur 2 Tage länger brauchen als auf der ersten. Eine solche Eilfahrt würde etwa 1850 Thaler kosten. 2) Eisenbahnen. – Die Länge der Eisenbahnen betrug auf der ganzen Erde im Jahre 1866 nur erst 19,639 deutsche Meilen, wovon auf die nordamerikanische Union 7002, England 2882, die deutschen Staaten mit Einschluß von Oesterreich 2864, Frankreich 1955, Indien 733, Italien 697, Spanien 676, Rußland 602, Canada 421, Belgien 346, Schweden 222, Schweiz 170, Niederlande 152 entfallen. Von den 2864 Meilen deutscher Eisenbahnen kommen auf Preußen 1257, Oesterreich 819, Süddeutsche Staaten 551, Norddeutscher Bund 1493 Meilen. Die 2882 Meilen englische Eisenbahnen kosteten bis jetzt 455 Millionen Pfd. Sterl. (übrigens haben die Bahnen und Bahnhöfe in London allein schon 40 Mill. Pfd. Sterl. verschlungen, auch erforderten die Bahnhöfe in Manchester, Liverpool, Leeds, Sheffield und Birmingham sehr große Summen), während die preußischen 1257 Meilen 645 Mill. Thaler, d.h. etwa 96 Mill. Pfd. Sterl. kosteten. Eine leicht anzustellende Berechnung ergibt, daß die englischen Bahnen doppelte Herstellungskosten zu tragen hatten; die französischen 1955 Meilen kosteten etwa 280 Mill. Pfd. Sterl., woraus hervorgeht, daß die französischen Bahnen verhältnißmäßig beinahe ebenso theuer zu stehen kommen wie die englischen. Aus den Bahnen bezieht die französische Staatscasse jährlich 92 Mill. Fr., obgleich der Staat nur 980 Mill. beigesteuert hat; man steht, daß sich der Staatsaufwand dort etwa zu 9 bis 10 Proc. verzinst. Die Bedeutung der Eisenbahnen für den Handel ergibt sich daraus, daß (nach Baxter's statistischen Nachweisungen) z.B. das Wachsthum der Ein- und Ausfuhr in Belgien von 1842 bis 1860 nicht weniger als 272 Procent, in den Vereinigten Staaten 247, in England 237, in Frankreich 169 betragen hat. 3) Telegraphenlinien. – Von diesen gibt es jetzt etwa 45,000 deutsche Meilen mit der dreifachen Länge von Drahtleitungen. Es haben z.B. das deutschösterreichische Vereinsnetz (Anfang 1866) 6062,5 deutsche Meilen Linien und 15,378,8 Meilen Drahtleitungen; Rußland (Anfang 1866) 4916,7 Meilen Linien und 9517,4 M. Drahtleitungen; Frankreich (Anfang 1866) 3998,3 Meilen Linien und 13,418,9 M. Drahtleitungen; Großbritannien und Irland (Anfang 1866) 3484 Meilen Linien und 16,795 Meilen Drahtleitungen; das türkische Reich 1853 M. Linien; Italien (1863) 1757 Meilen; Schweden (1865) 750 Meilen; Belgien (1861) 233 M.; die Schweiz (1866) 462,5 Meilen; die Vereinigten Staaten (1865) 11,325 M.; Canada (1865) 1080 M. etc. Außerdem haben die beiden atlantischen Telegraphen zusammen eine Länge von 890 und die anderen submarinen Telegraphen eine solche von 1235 deutschen Meilen. Haben die Eisenbahnen in 37 Jahren eine Ausdehnung erlangt, die gleich 3 1/2 mal dem Umfange der Erde ist, so wurden sie doch von dem Telegraphen weit überholt, der vermöge seiner viel leichteren und billigeren Herstellung binnen 27 Jahren so gewachsen ist, daß die Linien an einander gesetzt 8 1/2 mal, die Drahtleitungen wohl 20mal die Erde umspannen würden. Angesichts solcher Resultate darf man schon vor dem Unternehmungsgeist und der Energie unserer Zeit den Hut abziehen. Von den 6062,5 deutschen Meilen des deutsch österreichischen Telegraphenvereins besitzen Oesterreich (aber incl. Venetien) 2573,4, Preußen 1846,5 (jetzt 2300), Bayern 423,6, Württemberg 251,6 (mit 392,9 Leitungsdraht), Sachsen 167,4, Baden 212,1 (mit 504,7 Leitungsdraht), die Niederlande 268,5 (mit 750,8 deutschen Meilen Draht). Ueber Dampferzeugung durch Gas. Bekanntlich sind bisher alle Versuche fehlgeschlagen, die Dampfmaschinen selbst auch nur für kleinere Betriebskräfte zu verdrängen. Die verschiedenen Luft- und Gasmaschinen haben zwar theilweise Erfolge gehabt, und werden wohl mit dem Fortschritte der Technik eine dauernde Einführung erreichen, aber vorläufig und für lange Zeit hinaus scheint doch die Oberherrschaft der Dampfmaschine gesichert. Es handelt sich also darum, die mit ihrer Anwendung verknüpften Nachtheile zu beseitigen oder zu vermindern, namentlich da, wo sie ihrer Einführung überhaupt im Wege stehen würden. Die Hauptunannehmlichkeit bleibt die Nothwendigkeit eines Kessels mit Feuerung, Schornstein und Heizer. Aus diesem Grunde, um ein Beispiel aus unendlich vielen hervorzuheben, werden die Waarenballen, Fässer u. dgl. in den Londoner Güterspeichern auch allgemein durch von Menschenkraft bewegte Winden gehoben, trotz der in England ganz allgemeinen Anwendung von Dampfkrahnen bei Bauten aller Art. Aber der Einführung von Dampfmaschinen in den Speichern stand theils der mit der Kohlenfeuerung verbundene Schmutz, theils die Kostspieligkeit und Umständlichkeit des oft zu wiederholenden Anheizens entgegen. Diese Uebelstände scheinen jedoch durch eine Gasfeuerung beseitigt zu seyn, welche von Artur Jackson für England patentirt ist, und in einem der größten Speicher in Cannon-Street (Hrn. Cowan's) schon seit einiger Zeit mit bestem Erfolge praktisch angewendet wird. Dort ist ein stehender Röhrenkessel von zwei Pferdekräften in dem obersten Stockwerke errichtet, fundamentirt auf einer Steinplatte. Unter dem Kessel ist eine geschlossene Kammer, in welcher sich die Gasbrenner befinden, welche von außen durch Hähne zu reguliren sind. Auch sind Lufteinlaß-Ventile darin angebracht und eine kleine Thür von Glas oder Glimmer gestattet eine Besichtigung der Flammen. Ueber jedem Brenner ist eine Scheibe von feuerfestem Thon angebracht, deren Zweck es ist, die Hitze der Flamme auszubreiten, und vermuthlich auch den Kessel vor der directen Wirkung der Stichflammen zu schützen, da die Brenner bis dicht unter den Kesselboden reichen. Die erhitzten Ofengase werden durch einen vermuthlich eisernen Schornstein entfernt, dessen innerer Theil mit einem Mantel umgeben ist, in welchem das Speisewasser für den Kessel vorgewärmt wird. Bei dieser Feuerung gibt es also weder Heizer, noch Mauerwerk noch Kamin (im gewöhnlichen Sinne), noch Roste und selbstverständlich keinen Rauch. Der Dampf wird auf 50 Pfund Ueberdruck gebracht, wobei natürlich, während die Maschine steht, sehr wenig Gas verbraucht wird; bei voller Arbeit beträgt die Consumtion von Gas 200 Kubikfuß per Stunde. Das Anzünden des Feuers dauert nur einige Secunden, das Auslöschen ist augenblicklich. Wenn der Kessel ganz kalt ist, so dauert das Anheizen bis 50 Pfd. Druck eine halbe Stunde, aber nur 25 Minuten, wenn der Kessel Tags zuvor gebraucht war. mit einer Consumtion von 100 Kubikfuß Gas. Die Maschine ist (nach Angaben im Mechanics' Magazine) kürzlich von Hrn. Carr, dem Ingenieur des St. Katharine Docks, untersucht und obige Resultate bestätigt worden. Sie hat einen Cylinder von 6 Zoll, und 10 Zoll Hub und 3 Pferdestärken (der Kessel nur zwei); die Anzahl von Hüben ist regelmäßig 150 per Minute. Beim Anfange des Versuches war die Dampfspannung 60 Pfd., und es wurden 1250 Pfd. in 30 Secunden 50 Fuß gehoben; die Hebung, zusammen mit dem Herunterlassen der Kette, wurde achtmal mit derselben Last in 6 Minuten wiederholt, wobei die Spannung auf 40 Pfund zurückgieng, aber in 2 Minuten wieder auf 50 Pferdekräfte stieg. Dann wurden 4 Hebungen und Senkungen in 4 Minuten gemacht; nach jeder Hebung sank die Spannung um 3 Pfund, stieg aber während der (ohne Dampf vor sich gehenden) Senkung immer wieder auf die ursprüngliche Höhe, so daß kein Aufenthalt stattfand. Der Gasverbrauch war 50 Kubikfuß in 15 Minuten. Was Verdampfungsfähigkeit betrifft, so wurden durchschnittlich 8 Gallons ( à 4 preuß. Quart) in 43 Minuten verdampft, mit einer Gasconsumtion von 100 Kubikfuß, einer Spannung von 55 bis 65 Pfund und einer Schornsteintemperatur von etwa 140° C. – G. Lunge. (Breslauer Gewerbeblatt, 1867, Nr. 9.) Anwendung der Bandsäge zum Durchschneiden dicker Schmiedeeisen-Platten. In der Ausstellung des englischen Kriegsministeriums im Ausstellungsparke zu Paris findet sich neben vielem höchst Interessantem ein verhältnißmäßig unscheinbarer Gegenstand, der aber gewiß alle Aufmerksamkeit verdient. In einer der Werkstätten des Arsenals in Woolwich kam man nämlich darauf, daß sich mehrere Zoll dicke Platten Schmiedeeisen ohne große Mühe mittelst einer kaum gezahnten Bandsäge sowohl gerade als nach beliebigen krummen Linien durchschneiden lassen. Zur Veranschaulichung dieses sind Stücke von schmiedeeisernen Panzerplatten für Schiffsbekleidung bekanntlich 3–4'' dick ausgestellt, aus denen Namenszüge, sowie beliebige Curven mit ziemlicher Genauigkeit ausgesägt sind, und wobei sowohl das ausgeschnittene Stück als der Abfall zur genauen Ansicht vorliegen. Nach einer Notiz, welche den Proben beiliegt, hat man gefunden, daß nach angestellten Versuchen die vortheilhafteste Geschwindigkeit, welche man einer Bandsäge zu diesem Zwecke zu geben hat, ungefähr 250 engl. Fuß per Minute beträgt. Um sich ein Bild von der Arbeitsleistung zu machen, ist ferner gesagt, daß in einer 1 Zoll dicken Platte eine Schnittlänge von 1 1/2 Zoll per Minute erzielt werden kann. Es ist selbstverständlich, daß die Platte kalt gesägt wird und daß der Schnittfläche stets etwas Oel oder Seifenwasser zuzufließen hat. Diese ganze Arbeitsweise der Bandsäge in dem Eisen ist unseres Wissens neu und überraschend; unter gewissen Verhältnissen dürfte sie allgemeinere Anwendung finden können. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1867, Nr. 32.) Ueber die Verminderung des Glanzrußes in engen Schornsteinröhren. In einem Circularerlaß des königl. preußischen Handelsministers an sämmtliche Regierungen vom 4. Januar 1867 wird die Frage, ob die feuergefährliche Anhäufung von Glanzruß in engen Schornsteinröhren durch gehörige Aufmerksamkeit des Schornsteinfegers rechtzeitig wahrgenommen und dem Ausbruche von Schornsteinbränden durch Anwendung der üblichen Reinigungsmittel, eventuell des absichtlichen Ausbrennens, vorgebeugt werden könne, bejaht. Der Glanzruß bilde sich in einem gefahrbringenden Maaße nicht in wenigen Tagen, sondern sey das Product eines längeren Zeitraumes von mehreren Wochen. Eine Ansetzung in jenem Umfange lasse sich unter Benutzung der jetzt allgemein gebräuchlichen Reinigungsvorrichtungen, selbst bei mäßig geschleiften Röhren, durch rechtzeitiges, sorgfältiges, je nach der Gebrauchsweise der Feuerung und des verwendeten Brennmaterials in kurzen Perioden zu wiederholendes Fegen vermeiden. Ob und in welchem Grade sich etwa Glanzruß in einem Rohre angesetzt habe, davon trage der Kehricht des letzten Fegens so weit stets Merkmale an sich, daß der mit der Gebrauchsweise und der constructiven Beschaffenheit des Rohres vertraute Schornsteinfeger beurtheilen könne, ob zur Verhütung der Bildung von Glanzruß ein häufigeres Kehren, oder, zur Beseitigung der bereits in größerem Maaße vorhandenen, ein Ausbrennen erforderlich werde. Das Selbstentzünden der engen Schornsteine entstehe erfahrungsmäßig nur dann, wenn sich der Glanzruß bereits in hohem Grade angesetzt habe, und dieser Gefahr könne durch wiederholtes Fegen vorgebeugt werden. Dagegen sey nicht zu verkennen, daß die Construction der Schornsteine, deren Form und Richtung auf das schwächere oder stärkere Ansetzen von Glanzruß und auf die leichtere oder mühsamere Beseitigung desselben von Einfluß sey. Zur Verminderung des Glanzrußes in engen Schornsteinröhren erscheinen folgende bauliche Einrichtungen geeignet: 1) Quadratische und kreisrunde Querschnitte der Schornsteine müssen auf die ganze Länge der Röhre gleiche Weite haben. Oblonge Querschnitte sind im Allgemeinen auszuschließen. Ausnahmsweise können dieselben gestattet werden, wenn der Hausbesitzer die zu ihrer Reinigung geeigneten Gerüche vorräthig hält. 2) Kreisrunde Querschnitte sind nur mit entsprechenden Formsteinen auszuführen oder mit Röhren von gebranntem Thon auszufüttern. Die Thonröhren dürfen nur in ganz senkrechten Schornsteinen angewendet werden; es empfiehlt sich, dieselben im Inneren mit einer Glasur zu versehen. 3) Geschleifte Röhren, welche nur in ganz massiven Wänden vorkommen dürfen, müssen entweder an den Stellen, wo ihre Richtung sich ändert, mit Reinigungsthüren versehen, oder sie müssen um mindestens 60° gegen den Horizont geneigt seyn. An den Brechpunkten sind die Ecken abzurunden. 4) Röhren in äußeren Wänden müssen an der Außenseite Wangenmauern von wenigstens einem Stein Stärke erhalten. 5) Schornsteine für Küchenherde mit offener Feuerung müssen besteigbar seyn. 6) In Küchen mit geschlossener Feuerung und engen Schornsteinen ist ein besonderes Rohr zum Abzug der Wasserdämpfe einzurichten. Schließlich werden folgende bauliche Einrichtungen, welche zwar nicht vorzuschreiben, aber in geeigneter Weise zu berücksichtigen sind, empfohlen: a) Anbringung von Luftthüren in den Rauchröhren für Oefen mit luftdichtem Verschluß, um zu verhindern, daß bei zu frühem Verschluß des Ofens Wasserdämpfe im Schornstein sich ansammeln und condensiren; b) Hinabführung enger Röhren bis in den Keller; c) Anbringung von Schiebern in den Röhren, um deren Ausbrennen etagenweise, von oben nach unten, ausführen zu können; d) Vermeidung der Einführung von Feuerungen aus verschiedenen Stockwerken in ein und dasselbe Schornsteinrohr. Ueber ein neues, sehr empfindliches Reagens auf Alkalien und alkalische Erden; von Prof. Dr. Böttger. An Reagentien auf Alkalien und alkalische Erden haben wir bekanntlich keinen Mangel, die meisten lassen aber immer noch bezüglich ihrer Empfindlichkeit zu wünschen übrig. Ein außerordentlich empfindliches Reagens der Art, insbesondere geeignet, die allergeringsten Spuren von z.B. in Wasser gelöstem kohlensauren Kalk, deßgleichen kaum nachweisbare Spuren freien Ammoniaks, z.B. im Steinkohlen-Leuchtgase u.s.w. zu entdecken, habe ich vor Kurzem in dem prachtvollen Farbstoffe der Blätter einer von dem niederländischen Kunstgärtner Verschaffelt zuerst eingeführten und nach ihm benannten Zierpflanze, nämlich in dem Pigmente der Blätter von Coleus Verschaffelti , kennen gelernt. Ueberschüttet man in einem wohl zu verschließenden weitmündigen Glase die gut entwickelten frischen Blätter dieser ziemlich verbreiteten strauchartigen Zierpflanze mit durch einige Tropfen Schwefelsäure angesäuertem absolutem Alkohol, ersetzt nach circa 24stündiger gegenseitiger Einwirkung die dann zum großen Theil ihres Farbstoffes beraubten Blätter durch eine neue Portion Blätter, filtrirt den mit Farbstoff beladenen Alkohol ab und imprägnirt damit schmale Streifen schwedischen Filtrirpapiers, die man schließlich einige Minuten zum Trocknen an die freie Luft hängt, so erhält man ein prachtvoll roth gefärbtes, durch Alkalien und alkalische Erden sich mehr oder weniger schön grün färbendes Reagenspapier, das in wohl verschlossenen Gläsern aufbewahrt, an Empfindlichkeit und Schärfe das schwach geröthete Lackmuspapier, das Curcumapapier u.s.w. bei weitem übertrifft. Da diese schön roth gefärbten Papiere von freier Kohlensäure nicht afficirt werden, so lassen sich damit selbst die geringsten Spuren in Wasser gelöster kohlensaurer alkalischer Erden nachweisen. Hält man einen Streifen solchen ganz schwach mit Wasser befeuchteten Papiers über die Brennmündung einer Gasröhre, so sieht man auch hier in ganz kurzer Zeit von dem ausströmenden Gase, in Folge seines Ammoniakgehaltes, den Papierstreifen sich grün färben. (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für 1865–1866.) Verhalten von Zink und Zinkoxyd gegen Kochsalz; von A. Siersch. Bei den meisten Sudsalinen in Deutschland, wo man durch einen langsamen Sud Grobsalz erzeugt, pflegt man die aus Eisenblech gefertigten Sudpfannen gegen Oxydation dadurch zu schützen, daß man in die blank gescheuerten Ecken der Pfanne Zink eingießt, oder dasselbe als Streifen in die Nietfugen der Pfannbleche einlegt, um letztere mit dem Zink in metallische Verbindung zu bringen. Durch den hierdurch bewirkten Contact suchte man auf Kosten der beschleunigten Bildung von Zinkoxyd das Rosten der Pfanne zu verhüten. Da aber alle löslichen Zinkverbindungen dem menschlichen Organismus schädlich sind, ja sogar das unlösliche Zinkoxyd in Beziehung auf Schädlichkeit für den Menschen sehr in Frage steht, so hat A. Siersch (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Januar 1867) Versuche zur Entscheidung der Frage angestellt, ob durch das angegebene Verfahren Zink in das Kochsalz gelangen kann. Diese Versuche haben zu dem Resultate geführt, daß sich bei der Einwirkung von Zink auf Kochsalzlösung Chlorzinknatrium bildet und daß beim Kochen der klaren zinkhaltigen Lösung sich mit Zink verunreinigtes Kochsalz ausscheidet. Der Zinkschutz der Sudpfannen ist demnach zu verwerfen. Zuverlässigste Methode, die trocknenden Oele zu entfärben. Vor allen Mitteln, die trocknenden Oele, wie Leinöl, Nußöl u.s.w. zu entfärben, empfiehlt Prof. Mulder das Filtriren derselben durch thierische Kohle und das Aussetzen an's Sonnenlicht. Zuerst muß man dieselben filtriren und dann erst das Sonnenlicht darauf einwirken lassen, dadurch erhält man wasserhelle Oele. Verfahren, Obst zu conserviren. Am russischen Hofe wird behufs der Conservirung des Obstes mit Kreosotwasser besprengter Kalk angewendet. Der gebrannte Kalk (Aetzkalk) wird zu dem Ende mit Wasser besprengt, in welchem ein wenig Kreosot aufgelöst ist, worauf man ihn in Staub zerfallen läßt. Die Verpackung des Obstes geschieht in Holzkisten, deren Boden 1 Zoll hoch mit solch zubereitetem Kalk bedeckt wird; diese Schicht wird mit einem Bogen Papier überdeckt, und auf diesen kommen die ausgesuchten Früchte, jedes Stück einzeln, so daß keines das andere berührt, zu liegen. Auf die Obstschicht wird wieder ein Bogen Papier gelegt, und darauf wird die zweite Schicht Kalk geschüttet. In dieser Weise wechseln Kalk, Papier und Obstschichten so oft ab, bis die Kiste gefüllt ist. Die Ecken werden mit feingepulverter Holzkohle ausgefüllt. Unter Verschluß eines gut passenden Deckels soll sich das Obst mindestens ein Jahr lang frisch erhalten. (Hamburger Gewerbeblatt, 1867 S. 183.) Verfahren, um die Reife der Obstfrüchte für den Genuß zu befördern. Einer meiner Freunde schickte mir voriges Jahr eine Kiste voll Colmarbirnen, welche, jede besonders in Papier eingewickelt, in Papierschnitzel verpackt waren. Die Reise dauert ungefähr acht Tage. Doch konnten diese Früchte nicht ausgepackt werden, weil ich nicht zu Hause war; erst nach weiteren acht Tagen kamen sie wieder an das Tageslicht. Schon beim Auspacken fand ich viele, besonders wurmige, etwas reif von geldlichem Ansehen, so daß ich darüber erstaunte, weil der Absender geschrieben hatte: „erst zu genießen nach Neujahr bis Ostern.“ Nach weiteren 14 Tagen, nachdem sie in einer luftigen Obstkammer gelegen, war der größte Theil genießbar und vollkommen reif, und am 12. November mußte ich schon überreife ausscheiden; bis zum December waren alle passirt! Als ich gegen Fastnacht zu meinem Freunde gekommen, fand ich mit dem größten Erstaunen alle seine Colmarbirnen noch grasgrün und hart auf dem Stroh liegen; es hat sich herausgestellt, daß das Einpacken in Papier diese merkwürdige schnelle Reife bewirkt haben muß. Diesen Wink durch Erfahrung benutzen wir nun in der ausgedehntesten Weise. Schon im Juli v. J. hatten wir Besuch zu erwarten, und da die Pfirsiche bis dahin noch nicht reif seyn konnten, pflückten wir die größten ab, packten sie in Papier, jede Frucht allein, und legten sie in die Schublade eines Commodes. In der festgesetzten Zeit von zehn Tagen waren alle vollkommen reif, weich und besser als die später am Baume reifgewordenen. – Die St. Germainbirnen werden wir jetzt von November bis Ostern essen, indem wir von vierzehn zu vierzehn Tagen eine Anzahl auf angegebene Weise behandeln. Dieser Vortheil wird um so größer, weil diese Früchte, wenn sie einmal weich, alle auf einmal verwendet oder genossen werden müssen, was nicht immer mit Vortheil geschehen kann. So dauert die Reife oder der Genuß kaum drei Wochen, während derselbe, wie angegeben, auf zwölf und mehr Wochen verlängert werden kann. (Nach der Monatsschrift für Pomologie.) Ueber die Bereitung eines schmackhaften Brodes aus Mischungen von Roggenmehl und Hülsenfrüchten. In dem Bezirke eines landwirthschaftlichen Vereines war im vorigen Jahre in Folge später Planüberweisung bei der Separation, namentlich aber durch späte Nachtsröste im Sommer, die Roggenernte so gering ausgefallen, daß vielen kleineren und mittleren Landwirthen nicht eine genügende Menge Brodfrucht zur Verfügung stand. Die Ernte von Hülsenfrüchten war dagegen als eine mittlere und gute zu bezeichnen. Unter diesen Umständen wurden, um den Ankauf des theuren Roggens zu ersparen, Gerste, Bohnen und Erbsen mit dem Roggenmehle verbacken, wie es in manchen Gegenden, namentlich in Schlesien und Sachsen üblich ist. Der Vorstand des betreffenden Vereines wandte sich an Unterzeichneten, um über die zweckmäßigste Mischung dieser Bestandtheile Auskunft zu erhalten. Vom diätischen Standpunkte konnte ein Zusatz von Hülsenfruchtmehl nur empfohlen werden, da dieses reicher an Eiweißstoffen oder blutbildenden Bestandtheilen ist, wie Getreidemehl, und man könnte a priori folgern, daß ein solches Brod nahrhafter wie ein aus Getreidemehl bereitetes seyn müsse. Ein Bedenken nur stand dieser Brodbereitung entgegen, die bekannte Erfahrung, daß solches Brod dicht und schwer, mithin nicht leicht verdaulich sey und nach sehr kurzer Zeit altbacken, trocken und spröde werde. Es handelte sich also darum, dieß zu vermeiden und ein Brod herzustellen, welches Nahrhaftigkeit, Verdaulichkeit und Wohlgeschmack vereint. Ein Fingerzeig in der einzuschlagenden Richtung war durch die Beobachtung Lehmann's gegeben, nach welcher ein reichlicher Zusatz von Kochsalz es verhindert, daß Brod. welches aus Mehl von ausgewachsenem Getreide bereitet ist, dicht und wäßrig werde.Polytechn. Journal Bd. CLI S. 309. Darauf hin wurde empfohlen, ein Brod zu backen aus einer Mischung von 2/3 Roggenmehl und 1/3 Bohnen- oder Erbsenmehl und dabei auf 100 Pfd. solchen Mehles etwa 3 Pfd. Salz anzuwenden. Der Erfolg des Verfahrens ergibt sich aus dem gedruckt vorliegenden Protokoll des betreffenden Vereines. Es heißt darin: „Der Vorsitzende hatte bereits einen Versuch in dieser Richtung angestellt (das Quantum Mehl nach obiger Mischung 2/3 Roggen und 1/3 Bohnen betrug 173 Pfd. und der Zusatz von Salz 4 Pfd.) und übergab eine Probe des so gewonnenen Brodes der Versammlung zur Begutachtung. Das allgemeine Urtheil konnte ein höchst günstiges genannt werden. Das Brod war porös und locker, wozu wohl hauptsächlich der Zusatz von Salz beigetragen haben mochte.“ In einer weiteren Zuschrift des Vereinsvorstandes wird gesagt: „Es sind in unserem Vereine mindestens von 20 Mitgliedern Versuche angestellt, in denen meistens ein Drittel bis ein Viertel des Gewichts von Erbsen- oder Bohnenmehl dem Roggenmehl zugesetzt wurde. Auf 100 Pfd. Mehl wurden 1–3 Pfd. Salz angewendet. „Die Resultate gehen nun dahin, daß durchschnittlich das Brod von 2/3 Roggen- und 1/3 Hülsenfrucht mit Zusatz von 2 Pfd. Salz auf 100 Pfd. Mehl als das beste anerkannt wurde. Während früher das Brod bei einem solchen Verhältniß von Roggen- und Hülsenfrucht ohne Zusatz von Salz schon nach wenigen Tagen spröde und hart wurde, hält sich das gesalzene Brod längere Zeit saftig und mild, und ist die Lockerheit desselben vom reinen Roggenbrod nicht zu unterscheiden. Bei einem Zusatz von mehr als 2 Pfd. Salz wollte der an gesalzenes Brod leider nicht gewöhnte Geschmack sich verletzt fühlen, obgleich ich persönlich das Brod sehr wohlschmeckend gefunden habe. Gez. Prof. Stohmann. (Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1867, Nr. 32.) Zeichentinte für Wäsche. Apotheker Kuhr hat mehrere Vorschriften zu Zeichentinten für Wäsche gegeben, von welchen folgende sich schön schwarz und dauernd gezeigt. Zu derselben gehört eine Präparirflüssigkeit, bestehend aus 1 Theil unterphosphorigsaurem Natron, 2 Th. arabischem Gummi, 16 Th. destill. Wasser. Die Leinwand wird mit dieser Präparirflüssigkeit getränkt und nach dem Trocknen geglättet, dann mit einer Tinte aus 1 Th. salpetersaurem Silberoxyd, 6 Th. Gummischleim und 6 Th. destill. Wasser mittelst Gänsekiel beschrieben. (Hager's pharmaceutische Centralhalle, 1867 S. 176.) Wollenvließgewebe für Teppiche und Schuhe. Die Wollenvließgewebe, welche von Gebrüder Imbs hergestellt werden, bestehen aus einem mehr oder weniger dicken Gewebe und einer Anzahl Streichgarnvließe. Die Vereinigung des Gewebes und der Vließe geschieht durch eine Naht, welche rechtwinklig gegen die beiden Stoffrichtungen liegt, so daß die hierzu dienenden Wollenfäden gewissermaßen die Functionen der Kette und des Einschusses in einem gewöhnlichen Stoffe erfüllen. Das. so erzeugte Product hat so viel Consistenz, daß es in einer Walke der Filzbildung unterworfen werden kann. Durch Walken entsteht ein Stoff, welcher bedruckt werden kann und sich vorzugsweise zu Teppichen und Schuhen eignet; er erlangt dadurch Eigenschaften, welche weder dem Filz, noch den gewöhnlichen Geweben zukommen. Der erstere kann die wünschenswerthe Consistenz nur auf Kosten der Haltbarkeit und Biegsamkeit des Stoffes wie der Reinheit und Dauerhaftigkeit des Drucks erhalten, und die letzeren erfordern eine Gleichmäßigkeit und vorzügliche Qualität der Wolle, durch welche der Preis bedeutend erhöht wird. Der Fabricationsproceß der Gebrüder Imbs dagegen gestattet, in das Innere des Stoffes alle möglichen Materialien geringerer Qualität einzuarbeiten. Die ordinärsten und kürzesten Abfälle der Wolle, die zum Verspinnen ganz ungeeignet ist, kurze Haare und Kämmlinge von grober Beschaffenheit können dabei verwendet werden, ohne daß dem Ansehen des Products geschadet wird. Der Werth des Rohmaterials wird auf diese Weise auf den möglich geringsten Kostenbetrag zurückgeführt. Der Preis des fertigen Stoffes wird aber auch noch durch die Billigkeit der Anfertigung niedrig erhalten, indem die Gebrüder Imbs zur Vereinigung des Gewebes mit den Vließen sich einer mit einer größeren Anzahl von Nadeln versehenen Maschine bedienen, die bereits in 20 Exemplaren in ihren Etablissements zu Brumath und zu Puteaux thätig ist. Das Princip dieser Maschine ist folgendes: Das über dem Wollenvließ liegende Gewebe wird, unter den nöthigen Vorsichtsmaßregeln gegen die Verwirrung der Fasern, über eine Reihe verticaler Nadeln geführt, welche an einer gemeinschaftlichen Traverse befestigt sind, und mit derselben sich auf und nieder bewegen, wobei sie den Stoff durchstechen. Jede Nadel enthält einen Wollenfaden, der ihr von einer Spule zugeführt wird, und ist mit zwei Oehren versehen, von denen das eine an der Spitze, das andere nahe dem entgegengesetzten Ende liegt; zwischen den beiden Oehren ist die Nadel rinnenförmig gebogen. Nachdem die Nadeln den Stoff von unten nach oben durchdrungen haben, bildet jeder Faden eine Schleife über der Fläche des Stoffes und zwischen den sämmtlichen Schleifen wird vermittelst eines selbstthätig bewegten Stabes ein Querfaden durchgezogen, welcher als Schlußfaden dient. Bei dem Rückgang der Nadeln von oben nach unten befestigen die Nadelfäden den Querfaden, indem die Schleifen zusammengezogen werden. Die Maschinen zu Puteaux stellen auf diese Weise mit 300 Nadeln Stoffe von 2,1 Met. Breite her, und was den Preis betrifft, so ist derselbe erheblich niedriger, als der der gewöhnlichen Stoffe dieser Art. Der durchschnittliche Preis 0,7 Met. breiter Teppiche, wie sie gewöhnlich im Handel vorkommen, ist für Filzteppiche 3,9 Frcs. der Meter, für Brüsseler Teppiche 4,6 Frcs. und für Plüschteppiche 7 Frcs. Der Preis der neuen Teppiche von Imbs dagegen schwankt bei gleicher Breite des Stoffes zwischen 2,9 und 3,23 Frcs., je nach der Zusammensetzung und dem Reichthum der Zeichnung, und das Gewicht beträgt durchschnittlich 1 Kilogramm per Meter, ist also bedeutend größer als das der gewöhnlichen Teppiche. Auch hat man bei der Fabrication der neuen Teppiche den Vortheil, daß man sie in den größten vorkommenden Breiten herstellen kann. Was die Production anlangt, so ist dieselbe von 1000 Paar Schuhen mit einem Werthe von 2750 Frcs. im Jahre 1856 bis auf 313,000 Paar Schuhe mit einem Werthe von 234,000 Frcs. im Jahre 1865 gestiegen. Von Teppichen, deren Fabrication erst seit drei Jahren betrieben wird, sind im vorigen Jahre 61,000 Met. im Werthe von 219,000 Frcs. hergestellt worden. Die erste Idee zu diesem Fabricationszweige hat F. Durand im Jahre 1856 gegeben, indem er durch Zusammennähen vereinigte wollene Vließe durch Walken in Filz umwandelte. Gebrüder Imbs erwarben Durand's Patent und stellten Versuche mit seinem Verfahren an, erkannten aber die Nothwendigkeit, einen dünnen Stoff mit den Vließen zu verbinden und eine Maschine einzuführen, durch welche das Zusammennähen möglichst billig bewirkt wird. (Musterzeitung für Färberei, Druckerei u.s.w.) Ueber öffentliche Badeanstalten in England; von Dr. G. Lunge. In Folge einer Aufforderung gebe ich im Folgenden einige Notizen über die Einrichtung von englischen Badeanstalten für das Volk, so weit sie mir bekannt geworden sind. In England sind öffentliche Flußbäder so gut wie unbekannt, wenigstens in den größeren Fabrikstädten, in welchen der Zustand des Flußwassers in der Regel ohnehin nicht sehr viel Einladendes hat. Um so mehr ist man auf Badeanstalten in geschlossenen Räumen angewiesen, welche denn auch in allen größeren Städten entweder von den städtischen Behörden oder von Actiengesellschaften errichtet worden sind. In allen mir bekannten Fällen sind die Badeanstalten (welche sehr häufig mit Waschanstalten verbunden sind) einem Unternehmer in Entreprise gegeben, welcher die Bäder nach einem öffentlich angeschlagenen Tarife zu liefern verpflichtet ist. Ohne Zweifel überzeugen sich die Behörden durch geeignete Inspectionen, daß den Vorschriften in Bezug auf Reinlichkeit u. dgl. Genüge geleistet wird. Es ist unfraglich, daß diese Einrichtung, mindestens unter englischen Verhältnissen, weit weniger kostspielig und eben so wirksam ist, als es bei directer Verwaltung durch die Behörden seyn würde. Die Badeeinrichtungen umfassen Wannenbäder verschiedener Classen, Douchebäder und Schwimmbäder, sämmtlich unter Dach. Das Schwimmbad, welches eine viel umfangreichere Anlage erfordert, ist nicht immer vorhanden. Die verschiedenen Classen der Wannenbäder unterscheiden sich nur durch mehr oder weniger elegante Ausstattung der Badezimmer, Qualität der Badewäsche, Kämme, Bürsten u. dgl.; in den wesentlichen Einrichtungen ist aber kein Unterschied. Ueberall sind dieselben gußeisernen emaillirten Badewannen und reichliche Speisung mit kaltem und warmem Wasser vorhanden. Der wirkliche Nutzen und die Annehmlichkeit des Bades wird in der letzten Classe genau ebenso wie in der ersten erreicht. Der Preis eines warmen Wannenbades ist in verschiedenen Orten sehr verschieden, jedoch habe ich die erste Classe nur selten mit 1 Sh. (= 10 Sgr.) bezeichnet gefunden. In South-Shields kosten warme Wannenbäder erster, zweiter und dritter Classe resp. 6 Pence (= 5 Sgr.), 4 Pence (= 3 Sgr. 4 Pf.) und 2 Pence (= 1 Sgr. 8 Pf.), inclusive zweier Handtücher; der Unterschied zwischen den Classen bezieht sich, wie oben bemerkt, nur auf geringfügige Bequemlichkeiten. In Shields ist kein Schwimmbad vorhanden; in Liverpool und Wolverhampton kostet der Gebrauch desselben 2 Pence (= 1 Sgr. 8 Pf.); Badehosen werden nicht geliefert, da der Gebrauch solcher selbst in Seebädern in England erst neuerlichst hin und wieder eingeführt wird, und in geschlossenen Schwimmbädern ganz unbekannt ist. Von der Einführung dieser merkwürdigen Sitte oder vielmehr Unsitte, gegen welche auch in England die Tagespresse immer mehr ankämpft, ist wohl bei uns ganz und gar abzusehen. Das Schwimmbad in Wolverhampton ist auch im Winter im Gebrauche, indem es einen beständigen Zufluß lauwarmen Wassers erhält, wodurch zugleich die Wassermenge in angemessener Weise allmählich erneuert wird. Die Erhitzung des Wassers geschieht durch einen Dampfkessel, welcher auch Dampf für die Waschanstalt abgibt; aus dem Dampfkessel führt ein Dampfrohr in einen hochgelegenen Wasserbehälter, in welchen es offen ausmündet, so daß die ganze Wärme der Dämpfe benutzt wird. Von diesem Behälter leiten Röhren das warme Wasser nach allen Theilen der Anstalt. Da sich auch aus diesem Behälter reichliche Dämpfe entwickeln werden, so könnte man dieselben, meiner Ansicht nach, zur Erwärmung des Schwimmbades verwenden, welches dann ganz kostenlos seyn würde; natürlich müßte dann der Wasserbehälter geschlossen seyn. Die Badezimmer für Frauen befinden sich meist in einer ganz getrennten Abtheilung des Gebäudes, auch wohl mit besonderem Eingange. In Liverpool sind auch Schwimmbäder (plunge baths) für Frauen vorhanden, in welchen Badekleidung u. dgl. geliefert werden; die Charge ist 6 Pence (= 5 Sgr.). (Breslauer Gewerbeblatt, Juli 1867, Nr. 8.) Ueber die Tiefe der Meere. Der Courier des Etats-Unis berichtet, daß die Versuche, das unterseeische Kabel zu repariren, Gelegenheit gegeben haben, Beobachtungen über die Tiefe verschiedener Meere anzustellen. Die am wenigsten tiefen Meere sind in der Nähe der Continente; so hat das Baltische Meer oder die Ostsee zwischen Deutschland und Schweden nur eine Tiefe von 120 Fuß, das Adriatische Meer zwischen Venedig und Triest nur eine Tiefe von 130 Fuß; die größte Tiefe des Canals zwischen Frankreich und England ist nicht über 300 Fuß, während der südwestliche Theil des Irländischen Meeres mehr als 2000 Fuß tief ist. Die äußeren Meere am Südende Europas sind viel tiefer als die inneren. Der engste Theil der Straße von Gibraltar erreicht eine Tiefe von 3000 Fuß, während das Mittelmeer etwa 2000 Fuß tief ist; an den Küsten Spaniens hat das Meer bis 6000 Fuß Tiefe. Die größten Tiefen finden sich in südlichen Meeren; im Westen des Caps der guten Hoffnung hat das Senkblei bei 56,000 Fuß, im Westen der Insel St. Helena bei 27,000 Fuß Grund. Dr. Jung hat die mittlere Tiefe des Atlantischen Oceans auf 25,000 Fuß, die des Stillen Oceans auf 20,000 Fuß berechnet. (Archiv der Pharmacie, 1867 S. 119.)