Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 187, Jahrgang 1868, Nr. , S. 82
Download: XML
Miscellen. Miscellen. Die Hängebrücke zu Kiew. Eines der werthvollsten und unersetzlichsten Objecte, welche im vorigen Winter bei dem Brande des Krystallpalastes in Sydenham verloren giengen, ist das Modell der Hängebrücke in Kiew über den Dniepr, welche vor 14 Jahren nach dem Entwurfe des englischen Ingenieurs Vignoles errichtet wurde. Die Großartigkeit des Bauwerkes verdient wohl eine kurze Beschreibung, die wir nach dem Mechanics' Magazine folgen lassen. Obwohl die Brücke über den engsten Theil des Dniepr in dieser Gegend geworfen ist, so ist ihre Länge doch noch über eine halbe englische Meile; die Wassertiefe ist an dieser Stelle 40 Fuß in trockener Herbstzeit, aber 60 Fuß nach dem Schmelzen des Schnee's im Frühjahr. Hauptschwierigkeiten bei dem Bau der Brücke waren erstens der Umstand, daß der Boden des Flußbettes ganz aus Sand besteht, und dazu der Stromlauf sich fortwährend ändert, und zweitens, daß der Eisgang und die Frühjahrsfluthen eine im westlichen Europa kaum begreifliche Gewalt haben. Es war also an sich nothwendig, die Anzahl der Strompfeiler so sehr als möglich zu beschränken, wodurch sich das Princip der Hängebrücke von selbst darbot. Da die russische Regierung die Anwendung von Drahtseilen nicht erlaubte, so griff man zu der von schmiedeeisernen Ketten mit breiten und flachen Gliedern. Ganz nach demselben System sind auch die berühmten Hängebrücken über den Menai-sund und den Conway in Wales und über die Donau bei Pesth gebaut; aber alle diese Brücken haben nur eine centrale Oeffnung, während diejenige zu Kiew eine Hauptöffnung von je 440 Fuß Weite und zwei Seitenöffnungen von je 255 Fuß hat; außerdem auch eine Passage von 50 Fuß Weite, mit einer Drehbrücke zum Durchlaß von Dampfbooten und anderen Flußschiffen. Es sind also vorhanden: fünf Suspensionspfeiler im Fluße, ein Widerlagspfeiler am linken Ufer, ein anderer am rechten (wo Kiew liegt), welcher aber eine Insel von Mauerwerk im Strome darstellt, weil hinter ihm noch die Passage mit der Drehbrücke liegt, und endlich ein Widerlagspfeiler für die letztere am rechten Ufer. Die Breite der Brückenbahn ist 53 Fuß, wovon 35 Fuß auf den Fahrdamm kommen. Diese Brückenbahn ist an vier, in einer Horizontalebene liegenden Ketten aufgehängt, zwei auf jeder Seite des Weges; die Fußpfade ragen über die Ketten hinaus und sind auf Consolen auswendig um die Pfeiler herumgeführt, so daß die Fußgänger von den Reitern und Wagen vollständig abgesondert sind. Die Ketten bestehen aus Gliedern von 12 Fuß Länge und 4 1/4 Centner Schwere; je 8 Glieder bilden die Breite einer Kette, und ihre Totallänge, den Curven entlang gemessen, ist nahezu zwei englische Meilen. Das Totalgewicht des zur Construction der Brücke verwendeten Eisenwerkes, einschließlich der beim Bau benutzten Maschinen, betrug etwa 70,000 Centner. Es wurde von zwei Firmen in England geliefert, und beanspruchte zu seinem Transport 21 Schiffe, welche es bis Odessa brachten; von da bis Kiew (etwa 100 deutsche Meilen) mußte es auf Ochsenkarren durch so gut wie pfadlose Steppen transportirt werden. Eine große Menge von Maschinen aller Art wurde beim Bau erfordert, dabei allein 9 Dampfmaschinen, nämlich zwei stationäre von je 50 Pferdestärken und sieben Locomobilen von 4 bis 8 Pferdestärken. Sie dienten zum Pumpen von Wasser, Einrammen von Pfählen, Mahlen von Mörtel, Heben von Holz, Eisen, Stein, Ziegel u. dgl. Eine temporäre Brücke von großer Stärke wurde vorher über den Dniepr geworfen; sie hatte eine Eisenbahn zu tragen. Es mußte eine ganze kleine Stadt für die Arbeiter am linken Ufer gebaut und ein vollständiges Verpflegungssystem eingerichtet werden. Eine Menge von Ziegeleien und Steinbrüchen wurden eigens für diesen Bau eröffnet; der Granit kam z.B. über 100 englische Meilen weit auf Ochsenkarren. Es wurde sogar eine eigene Cementfabrik im großartigsten Maaßstabe errichtet. Die Arbeiter fiengen im April 1848 an; der Grundstein wurde am 9. September desselben Jahres gelegt, und die Eröffnung für den Verkehr geschah am 10. October 1853. Vorher war sie mit einem Gewicht gleich dem von 50,000 Infanteriesoldaten probirt worden. Die Kosten betrugen 432,000 Pfd. Sterl. = 2 7/8 Millionen preuß. Thaler. Das in Sydenham aufgestellte Modell, von Jabez James angefertigt, reproducirte den Bau im Maaßstabe von 1/96 so treu, daß jedes Stück Holz und Eisen, jeder Bolzen, jede Schraube, jedes Bret im Verhältniß der Größe nachgebildet war; selbst die architektonischen Details des Mauerwerkes, die inneren Einrichtungen der Widerlager, der Mechanismus der Drehbänke u.s.w. waren genau wiedergegeben. Eine Copie dieses, leider verbrannten Modelles befindet sich im Museum zu St. Petersburg. Dr. Lunge. (Breslauer Gewerbeblatt, December 1867, Nr. 19.) Ueber das Fell'sche Locomotiven-SystemBeschrieben im polytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXX S. 180. auf der Mont-Cenis-Bahn. Nach Engineering, vol. IV p. 233, bewähren sich die Bahn mit den Mittelschienen und die Locomotive mit den Horizontalrädern nicht, hauptsächlich aus dem Grunde, weil sich die Laufräder, welche stets das Gewicht der Maschine tragen, weitaus mehr abnutzen als die Mittelräder. Nachdem aber alle den gleichen Schienenweg rollen, so müssen die abgenutzten Tragräder mehr Umdrehungen als die mit ihnen gekuppelten Horizontalräder machen, wodurch ein gefährliches Zerren und Gleiten entsteht. Abgesehen davon, bringt jede Unregelmäßigkeit in der Mittelschiene, unsymmetrische Lage etc., das Bestreben mit sich, die Maschine an eine Schiene zu pressen und von der anderen zu entfernen. Unsere Quelle sagt weiter: Nachdem eine Maschine, deren ganzes Gewicht adhärirt, eine Steigung von 1 : 4 überwindet, wenn sie leer läuft, und daher ihr dreifaches Gewicht noch über eine Steigung von 1 : 12 bringen kann, so dürfte dieß die Maschinen mit der 24 Tonnen-Pressung auf die Mittelschiene nach wenige Monate langem Experiment wieder wegfallen machen. Die Anfertigung einer fünfzehnzölligen Panzerplatte zu Sheffield. Vor Kurzem wurde auf den unter Sir John Brown's Leitung stehenden Hüttenwerken (den Atlas Works zu Sheffield) die größte und dickste Panzerplatte angefertigt, welche bis jetzt existirt. Dieses Anfangs September 1867 vollendete Riesenstück hatte im Ofen 20 Fuß Länge und 4 Fuß Breite bei 21 Zoll Stärke oder Dicke, und einem Gewichte von 21 Tonnen. Nach dem Fertigwalzen war diese Platte noch 15 Zoll stark. Bereits im Jahre 1862 wurden auf den Atlas Works 4 1/2 zöllige Platten fabricirt; später erreichte man daselbst die Stärke von 5, 7, 8 und zuletzt von 12 Zoll. Diese letztere Stärke ist nunmehr noch um 3 Zoll übertroffen und eine Platte von bisher noch unerreichter Dicke mit Leichtigkeit hergestellt worden. Einige von den 12 zölligen Platten sind allerdings wirklich benutzt; allein die Anfertigung von 15 zölligen Platten wurde erst dann angestrebt, als man sich zur Einführung des Systems der eisengepanzerten Forts entschloß. Diese Forts sollen mit 5 Zoll starken Panzerplatten belegt werden, welche ein Futter von einer Lage 5 Zoll starker, horizontal liegender und von einer zweiten Lage oder Schicht 5 Zoll starker vertical stehender Balken erhalten. Dieses Constructionssystem steht, wie allgemein anerkannt worden, dem Systeme der massiven Platten weit nach, insofern 8 Zoll starke, aus einzelnen schwächeren Platten zusammengesetzte Panzer eine viel geringere Widerstandsfähigkeit zeigen als 4 1/2 zöllige massive Platten. Jener Beschluß ist indessen der bisherigen Annahme zuzuschreiben, daß es unmöglich sey Platten zu fabriciren, welche eine Stärke von 15 Zoll haben. Das auf den Atlas Works zur Herstellung der fünfzehnzölligen Platten befolgte Verfahren ist sehr interessant. Ein eigenthümlicher Charakter der von John Brown und Comp. fabricirten Panzerplatten besteht darin, daß dieselben die Härte des Eisens mit der Zähigkeit des Kupfers vereinigen und in Folge dieser Eigenschaft haben sie einen weltberühmten Ruf gewonnen. Die zur Darstellung eines Metalles von dieser Qualität angewendeten Rohmaterialien werden geheim gehalten, doch ist soviel bekannt geworden, daß die Grundlage der Composition das beste kalt erblasene Roheisen von verschiedenen Districten ist, welches in bestimmten Verhältnissen gemischt wird. Zunächst werden diese verschiedenen Roheisensorten zu Luppen von je drei bis vier Centner gepuddelt, dann unter dem Dampfhammer gezängt, geschweißt und daraus zwischen kleinen Walzen ausgewalzt. Drei oder mehr von den auf diese Weise erhaltenen Platten werden hernach zusammengeschweißt und zwischen stärkeren Kalibern bearbeitet; diese Platten bilden nun das Material für die schließliche Anfertigung der Panzerplatte, indem die Anzahl der zu diesem Zwecke zusammenzuschweißenden Platten durch die verlangte Stärke der fertigen Panzerplatte bedingt wird. In dem hier vorliegenden Falle wurden eine sechszöllige und fünf dreizöllige Platten verwendet. Bei der Darstellung solcher starken Platten zeigt sich eine Schwierigkeit bei dem Schweißprocesse, insofern es durchaus nöthig ist, die ganze Metallmasse durch und durch gleichförmig zu erhitzen, so daß die in der Mitte liegenden Theile oder der Kern genügende Hitze erhalten, ohne daß die äußeren Schichten überhitzt werden. Diese Schwierigkeit wird auf den Atlas Works in sehr sinnreicher Weise dadurch vermieden, daß man zwischen jede Plattenschicht Würfel von stark gekohltem Eisen bringt, so daß die einzelnen Platten durch freie Räume von einander getrennt werden, in denen die Flamme und die heißen Gase ungehindert circuliren können, wodurch jede Platte fast zu derselben Zeit auf denselben Hitzegrad gebracht wird. Dieses Verfahren entspricht auch noch einem anderen Zwecke; die Eisenwürfel geben, sobald sie schmelzen, dem Platteneisen eine gewisse Kohlenstoffmenge zurück, welche letzteres bei den vorhergehenden Processen verloren hatte. Die Platten fallen allmählich auf einander zusammen und das geschmolzene Würfeleisen bildet einen Kitt zwischen ihnen, der das möglichst vollständige Schweißen in hohem Grade befördert. Die auf diese Weise fabricirte Riesenplatte wurde aus dem Ofen entfernt und zu der Walzenstraße transportirt, durch, welche sie zu wiederholten Malen hindurchgeführt ward, indem die Walzen immer enger gestellt wurden, bis nach Verlauf einer Viertelstunde eine fertige Panzerplatte von 15 Zoll Stärke vollendet war. Während des Auswalzens wurde die Platte mit Sand bestreut, so daß sich eine Decke von Kieselsäure oder Schlacke auf ihr bildete; ebenso wurde nach dem Sande Wasser aufgegossen, und ihre Oberfläche auf diese Weise von allen Oxydtheilchen befreit. Zur Erzeugung dieses gewaltigen Eisenstückes war die Arbeit von beinahe zweihundert Mann und ein Kohlenaufwand von ungefähr 250 Tonnen erforderlich. Wenn die Productionskosten einer einzelnen Platte von den angegebenen Dimensionen natürlicher Weise weit bedeutender sind, als die Kosten der Anfertigung von schwächeren Stücken, so glauben wir doch, daß, wenn so starke Panzer in größeren Quantitäten erzeugt werden, dieselben beinahe ebenso billig zu stehen kommen werden wie gewöhnliche Panzerplatten. Wenn demnach die vom Kriegsministerium und der Admiralität anzustellenden Proben zu günstigen Resultaten führen, so dürfte für die Nichteinführung derartiger dicker Panzerplatten bei unseren zukünftigen Fortificationen keine Entschuldigung übrig bleiben. (Mechanics' Magazine, September 1867, S. 193.) Zur Verwendung des Wasserglases bei Bauten; von Bühler. Die Anwendung von Wasserglas zum Schutze von Stein und Mauerwerk gegen die Einflüsse der Witterung ist nicht neu, und wurde dasselbe auch namentlich in neuer Zeit häufig in Anwendung gebracht. Der ausgebreiteteren Verwendung steht jedoch bis jetzt noch der verhältnißmäßig hohe Preis dieses Materials entgegen. In einem gegebenen Falle habe ich ein ganz vorzügliches Resultat durch die Anwendung von Wasserglas zum Imprägniren von frischem Mauerwerk erzielt. An einem Hause, das, nebenbei gesagt, ganz frei auf dem Felde steht, und jeder Witterung preisgegeben ist (Station Prerau), sielen am ebenerdigen Stock jedes Frühjahr die Sohlbänke an den Fenstern ab, weil sie aus Putzmörtel hergestellt, vom Schwitzwasser des Fensters durchdrungen und durch das Gefrieren und Wiederaufthauen desselben zerrissen wurden. Ich ließ nun die Sohlbänke am kommenden Herbste bei guter Witterung wieder aus Kalk gut herstellen, tränkte die Hälfte davon, 4 Stück Sohlbänke, mit Natronwasserglas bis zur Sättigung und wartete die Wirkungen des Winters ab. Beim Eintritte des Frühjahres zeigten die nicht mit Wasserglas behandelten Sohlbänke dieselben Erscheinungen wie früher; jene aber, welche mit Wasserglas getränkt waren, hatten vollkommen gut gehalten und zeigten selbst an den scharfen Kanten nicht die geringste Einwirkung der Witterung. Auf diese Erfahrung gestützt, wurde auch die zweite Hälfte der Sohlbänke der Imprägnirung mit Wasserglas unterzogen, und seit dieser Zeit, es mögen neun Jahre verflossen seyn, kommt das Abfallen des Putzmörtels nicht mehr vor. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, 1867 S. 104.) Ueber die zum Decoriren von Glas, Fayence und Porzellan dienenden, vom Decorateur Brianchon in Paris erfundenen Metalllüstres oder Irisfarben. Bereits vor acht JahrenPolytechn. Journal Bd. CLVII S. 65. machte Salvetat auf die perlmutterglänzenden oder irisirenden Farben (Metalllüstres) aufmerksam, welche Brianchon in Paris (rue Lafayette, No. 222) zwei Jahre früher erfundenPolytechn. Journal Bd. CL S. 216. und auf die er damals ein Patent genommen hatte. Im Jahre 1860 wurde der Erfinder dieser Art von Decoration seitens der Société d'Encouragement durch eine silberne Medaille belohnt und ihm für die Zukunft ein größerer Beweis von Anerkennung zugesichert, sobald seine Producte in Frankreich, wie im Auslande, eine größere Verbreitung gefunden haben würden. In einem der genannten Gesellschaft in ihrer Sitzung vom 2. August 1867 abgestatteten Berichte macht Salvetat darauf aufmerksam, daß die Brianchon'schen Producte sich eines ungewöhnlich bedeutenden Absatzes erfreuen, indem der Verkauf des mit perlmutterartig schillernder (Iris) Glasur versehenen Porzellans über eine Million Francs repräsentirt. Die in der gedachten Versammlung vorgelegten Proben stellen nicht nur die Vollendung dieser Decorationen in Helles Licht, sondern dieselben illustriren auch gleichzeitig ihre ganz neue Verwendungsweise zur Anfertigung irisirender Knöpfe und künstlicher Perlen, welche wir dem bekannten Fabrikanten Bapterosse verdanken. Die dießjährige Ausstellung auf dem Marsfelde spricht unwiderleglich für die große Gunst, welche diese neuen Producte bei dem Publicum finden. Nicht allein die Hrn. Brianchon von den Zulassungscommissionen bewilligten Räumlichkeiten sind von Gegenständen aus Porzellan mit schillernder oder irisirender Lüftreglasur vollständig ausgefüllt: man findet dieselben auch in den Glasschränken und auf den Tischen vieler anderer Aussteller, für welche der Erfinder arbeitet. Ja noch mehr: wirft man einen Blick auf die von Ausländern ausgestellten Gegenstände, so bemerkt man jene Producte auch unter diesen, so bei Porzellan und Fayence aus Preußen, Oesterreich, Italien, Spanien, Schweden und Rußland. Zum Nachtheil für den Erfinder gilt sein Patent für diese Länder nicht, so daß ihm dasselbe einen angemessenen Lohn für die in seiner Patentbeschreibung mit so großer Aufrichtigkeit über seine Processe gemachten Mittheilungen zu sichern nicht vermag. Salvetat schließt seinen Bericht mit der Bemerkung, daß diese Verwendungsweile des Wismuths zur Erzeugung der perlmutterartigen Lüstres rein französischen Ursprunges und daß es zu bedauern sey, daß nach dem Ermessen des Comité's ein großer Theil des Vortheils, den der von der Gesellschaft bereits im Anfange seiner Arbeiten belohnte Erfinder von denselben ziehen könnte, seiner höchst anerkennungswerthen Thätigkeit aus dem Grunde niemals zu Gute kommen wild, weil die bereits bedeutend vorgeschrittene Industrie des Auslandes den Export dieser Erzeugnisse sehr beschränkt. (Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, August 1867, S. 490.) Ueber die Nachtheile, denen die Gesundheit der Arbeiter in Stearinfabriken ausgesetzt ist; von L. Danckwerth. Während meines langjährigen Betriebes von Stearinfabriken habe ich die Beobachtung gemacht, daß die in den Räumen der Stearinsäureschmelzerei beschäftigten Arbeiter, so wie auch diejenigen, welche in den Localen wo die Verseifung mittelst Kalk und die nachherige Zersetzung durch Schwefelsäure vorgenommen wird, beschäftigt sind, trotz guter Gesundheit bald ein bleiches und kränkelndes Aeußere zeigen, während die in anderen Räumen derselben Fabrik, z.B. in der Lichtgießerei und Seifensiederei beschäftigten Arbeiter ihre Frische bewahren. Bei näherer Nachforschung ergab sich, daß der Grund dieser Erscheinung die beim Kochen mit Dampf mechanisch fortgerissene, höchst fein zertheilte Stearinsäure ist, welche sich überall auf den mit starkem Hanfbindfaden umwickelten Dampfröhren, so wie auch an den Stellen wo sich in diesen Räumen Balken oder sonst vorspringende Gegenstände befinden, in ziemlich starker Masse ablagert. Es ist erklärlich, daß die Stearinsäure in diesem höchst fein zertheilten Zustande beim Athmungsproceß in die Lungen der Arbeiter gelangt und so den Hauptgrund der auffallenden Benachtheiligung ihrer Gesundheit bildet. Da ich nirgends diese, vielleicht schon anderweitig beobachtete Thatsache erwähnt fand, hielt ich es für geeignet dieselbe zu veröffentlichen, um die Fabrikanten zu veranlassen, eine gute Luftventilation in den erwähnten Localitäten mit größerer Gewissenhaftigkeit als bisher zu überwachen. St. Petersburg, im December 1867. Die Bereitung von wasserdichten Papieren und Tapeten etc. Die in technischen Journalen dazu angegebenen Vorschriften, Mischungen von fettsaurer Thonerde mit Leim etc. geben nur höchst unvollkommene Fabricate und verdienen den Ausdruk: „wasserdicht“ nicht. Weit besser bewährt sich ein dünner Wachsüberzug, wovon uns auch die Natur Beispiele in der gereiften Zwetschge, in dem Blatt der Capuciner-Kresse etc. gibt. Das japanische Pflanzenwachs, welches eigentlich kein Wachs, sondern eine Fettart ist und der Hauptmasse nach aus palmitinsaurem Glyceryloxyd besteht, daher auch zur Lichter- und Nachtlichterfabrication nicht verwendbar ist, eignet sich, weil es in 5–6 Theilen heißen Alkohols löslich ist, welche Eigenschaft das Bienenwachs nicht besitzt, am besten dazu. Man füllt eine Flasche ungefähr bis zur Hälfte mit 1 Theil japanischem Wachs und 6 Theilen Spiritus, und setzt dieselbe in ein Gefäß mit heißem Wasser. Ist das Wachs geschmolzen, so verschließt man die Flasche und schüttelt dieselbe so lange unter kaltem Wasser, bis die Lösung wieder erkaltet ist, wobei sich der größte Theil des gelösten Wachses als ein feines weißes Pulver abscheidet. Mit dieser, einer dicken Milch gleichenden Flüssigkeit überstreiche man mittelst eines Pinsels die zuerst mit Kleister, der aus gleichen Theilen Stärke und Glycerin bereitet ist, und dem man die erforderliche Menge Ruß oder einen anderen Farbkörper zugesetzt hat, grundirten Bögen und reibt dieselben mit einer Bürste, bis ein gleichmäßiger, dünner, glänzender, nicht klebender Wachsüberzug erscheint, was man erforderlichen Falles nochmals wiederholen muß. Der sechste Theil eines Quentchens genügt, um einem gewöhnlichen Bogen Papier einen wasserdichten Ueberzug zu geben. Für Tapeten hat dieser Wachsüberzug nicht nur den Vortheil, daß er sie glänzend und frischer macht, sondern er schützt auch gewisse Farben vor dem schnellen Bleichen und bindet die giftigen Schweinfurter Farben, wodurch sie nicht abstäuben können, und macht sie dadurch ganz unschädlich. Aber auch zum Ueberziehen von Holzschnitzarbeiten wäre diese alkoholische Wachslösung der Wachslösung in Terpenthinöl vorzuziehen, da sie nicht wie letztere stark klebend und riechend ist. Auch kann sie zum Auffrischen von Parquett-Fußböden dienen. (Hamburger Gewerbeblatt, 1867, Nr. 48.) Ueber natürliche Anilinfarbstoffe; von Martin Ziegler. Es dürfte jetzt, wo die Anilinfarben in der Technik eine so bedeutende Rolle spielen, nicht ohne Interesse seyn zu vernehmen, daß einige dieser Farben – das Violett und das Roth – auch in der Natur vorkommen. Im Mittelmeere und im atlantischen Ocean, an Portugals Küsten, kommt eine zur Gruppe der Rückenkiemer (Notobranchiata) gehörende Gasteropodenspecies der Familie Aplysiacea, Aplysia depilans L., Seehase, vor, welche aus einem unter ihrem Mantellappen gelegenen blasenartigen Organe ein flüssiges Anilinroth und Anilinviolett von hohem Concentrationsgrade absondert. Dieser Anilinfarbstoff ist für die Thiere eine zweifache Vertheidigungswaffe, insofern sie durch das Ausspritzen desselben das Wasser trüben und dadurch sich vor ihren Feinden zu verbergen im Stande sind; dann weil diese Farbe die giftigen Eigenschaften des Anilins besitzt und einen dem Mollusk eigenthümlichen, widrigen Geruch entwickelt. Schon im Alterthume war dieses Thier den Naturforschern bekannt. Im Jahre 1828 machte Baron Férussae darauf aufmerksam, wie rasch sich der gedachte Farbstoff zersetzt, sobald er von dem Thiere ausgespritzt worden ist. Er bemerkte, daß sich diese Zersetzung verzögern und selbst gänzlich verhindern läßt, wenn man der Flüssigkeit etwas Schwefelsäure zusetzt. Cuvier war der Ansicht, daß dieser Farbstoff der ächte Purpur der Alten sey. Und wirklich, die Geschichte von dem Hunde, welcher sich beim Zerbeißen eines solchen Thieres die Schnauze roth färbte, hat in Bezug auf ein großes fleischiges Mollusk mehr Wahrscheinlichkeit für sich, als in Bezug auf eine Schnecke (Murex seu Phyllonotus trunculus), in welcher der Farbstoff nicht einmal vollständig entwickelt ist. Der vorn in einen Hals verschmälerte Körper der Aplysia depilans endet hinten spitz; zwei seitliche Mantelfortsätze schlagen sich vom Fuße zum Rücken aufwärts; zwischen diesen liegen rechts, auf der Mitte des Rückens, die Kiemen, von einem am rechten Rande freien Mantellappen und einer in diesem letzteren enthaltenen hornigen Schalenplatte bedeckt; zwei Fühler (Tentakeln) stehen am Munde neben der Unterlippe, zwei dergleichen geschlitzte, wie Ohren, im Nacken (woher die Bezeichnung Seehase), und vor denselben befinden sich die Augen. Die Farbe des Thieres ist schwarz, mit grauen Flecken. Seine Breite beträgt im ausgewachsenen Zustande sechs bis acht Zoll. Die Italiener nennen es cesto di mare, die Catalonier „das Gehörnte;“ die Franzosen lièvre de mer.“ Es nährt sich von Meeresalgen und existirt an der portugiesischen Küste in so großen Mengen, daß, wenn die Thiere durch einen Sturm an das Gestade geworfen werden, durch ihre Fäulniß die Luft so verpestet wird, daß die Umwohner die Entstehung epidemischer Krankheiten befürchten. Demnach würde es leicht seyn, den Farbstoff im großen Maaßstabe zu gewinnen, denn es gibt Exemplare des „Seehasen,“ welche bis zu 2 Grammen reiner, trockener Farbe geben. Ungeachtet aller Sorgfalt beim Ausdrücken des blasenförmigen Organs ist der Farbstoff stets von anderen organischen Stoffen begleitet, welche nach Verlauf einiger Stunden in Zersetzung übergehen, wodurch das Roth erst in Capucinerbraun, dann in Gelb und das Violett in Braun verwandelt wird. Indessen gelang es mir, Férussac's Angabe zufolge, nach Zusatz von einigen Tropfen Schwefelsäure den Farbstoff in folgender Weise zu isoliren. Ich sammelte den durch die Säure niedergeschlagenen Farbstoff auf einem Filter, behandelte den teigartigen Niederschlag mit Alkohol, filtrirte die weingeistige Lösung und fällte sie nochmals durch Chlornatrium. Der dadurch entstandene Niederschlag ist sehr reines Anilinviolett, welches alle Reactionen des käuflichen Anilinfarbstoffes gibt. So z.B. wird es durch concentrirte Schwefelsäure in ein schönes Blau verwandelt, welches durch Zusatz von destillirtem Wasser wieder zu Violett wird. – Die von dem durch Chlornatrium erzeugten Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit enthält eine schöne rothe Farbe, welche sich durch Zusatz von ein wenig Tannin abscheiden läßt. Gleich dem Fuchsin wird dieses Roth durch Ammoniak entfärbt, erscheint aber nach Zusatz von Essigsäure wiederum. Diese Reactionen, welche auch der käufliche Anilinfarbstoff zeigt, berechtigen zu der Annahme, daß diese thierischen Farben wirkliche Anilinfarbstoffe sind, zumal die typischen Wirkungen beider mit einander übereinstimmen. Der Preis dieses natürlichen Anilinfarbstoffes stellt sich meiner Berechnung zufolge, mit Inbegriff aller Kosten für Fang und Gewinnung, auf 60 Frcs. per Kilogramm, und es würde dieß für die Industrie ein Punkt von großer Bedeutung seyn, wenn es nicht gelungen wäre, das aus Benzol künstlich bereitete Anilin für die Fabrication der Farbstoffe zu einem so mäßigen Preise darzustellen. (Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1867, XXXVII p. 293.) Spiritus auf seine Abstammung zu prüfen. Bekanntlich hängt der charakteristische Geruch und Geschmack der verschiedenen spirituösen Flüssigkeiten von den beigemengten verschiedenen Fuselölen ab; so ist das Fuselöl des Arrac, des Rum. des Weinspiritus ein anderes als das des Kartoffel-, des Korn- und des Rübenspiritus, denn während das der drei erst genannten Flüssigkeiten ein angenehm riechendes ist, gilt dieß nicht von dem Kartoffel- und Kornspiritus. Alle alkoholischen Destillate, welche sich durch angenehmen Geschmack auszeichnen, welche also ein angenehm riechendes Fuselöl, „Aroma“, enthalten, werden als Getränke benutzt und haben deßhalb einen höheren Handelswerth. Nicht so ist es mit dem Spiritus aus Kartoffeln und Roggen, welcher von dem betäubend wirkenden unangenehm riechenden Fuselöl befreit seyn muß, wenn er zu Liqueuren, zum Verschneiden der Weine, zu Eau de Cologne verwendet werden soll. Zur Erkennung von Fuselöl in Spiritus ist man nun fast ausschließlich auf den Geruch angewiesen und gründet sich diese Probe darauf, daß der Alkohol flüchtiger ist als das Fuselöl. Das Verfahren etwas Spiritus in die hohle Hand zu gießen und den Alkohol abdunsten zu lassen, worauf der Geruch des Fuselöles hervortritt, führt zu keinem sicheren Resultat, indem der Alkohol oft Fett aus der Hand auflöst, wodurch sich ein eigenthümlicher Geruch zeigt. Zweckmäßiger wird ein Becherglas mit dem zu prüfenden Spiritus ausgeschwenkt und bis zum Verdunsten des Alkohols stehen gelassen. Folgendes Verfahren führt daher sicher zu einem günstigen Resultat. Man vermischt den Spiritus mit dem gleichen Volumen Aether und setzt ein dem Volumen des Gemisches gleiches Volumen Wasser zu. Der Aether löst das Fuselöl auf und scheidet sich mit diesem ab; läßt man nun den Aether in einem Porzellanschälchen verdunsten, so bleibt ein Rückstand, der den charakteristischen Geruch des Fuselöles unverkennbar angibt. Nach diesem Verfahren kann man aus Arrac, Rum, Cognac, Getreide- und Kartoffelspiritus etc. die Fuselöle abscheiden und durch den Geruch derselben die Abstammung eines Spiritus feststellen. Diese Prüfung ist in wenig Minuten auszuführen, und ist nur noch zu bemerken, daß der Aether rectificirt seyn muß, da gewöhnlicher Aether beim Verdunsten ebenfalls einen riechenden Rückstand hinterläßt. (Neue Gewerbeblätter aus Kurhessen.)