Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 187, Jahrgang 1868, Nr. , S. 431
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Miscellen. Miscellen. Zerstörung eines Dampfkessels durch den Fettgehalt des Speisewassers. Im Jahrgang 1366 des polytechn. Journals, Bd. CLXXX S. 254, wurde über eigenthümliche Erscheinungen, deren Ursache in dem Fettgehalte des Speisewassers lag, an neun Dampfkesseln des Hohofenwerkes Borsigwerk in Oberschlesien berichtet und die zur Beseitigung der Uebelstände angewendeten Mittel beschrieben. Ein ähnlicher Fall wird in Armengaud's Génie industriel, November 1867, S. 246 beschrieben. Im Juni 1866 stellten die HHrn. Farcot in Pont-Rémy einen Röhrenkessel von 160 Quadratmeter Heizfläche auf, dessen Construction genau dieselbe, wie die vieler anderer von verschiedenen Dimensionen war. Bei der Inbetriebsetzung ergab sich kein erheblicher Uebelstand; nur zeigten sich oberhalb der Feuerung einige Undichtheilen, die man aber nicht beachtete, man reparirte die undichten Nietstellen gut und hielt den Kessel über zwei Monate lang in ununterbrochenem Betrieb. Dann aber, gegen den 15. September, stellten sich plötzlich bedeutende Undichtheiten an allen Vernietungen der Feuerkistendecke, welche kreisrunden Querschnitt hat, heraus. Nach der Reparatur, die einen Zeitraum von 14 Tagen in Anspruch nahm; setzte man den Kessel von Neuem in Betrieb; aber nur auf drei Tage, weil dieselben Undichtheiten Mieder zum Vorschein kamen. Darauf folgte wieder eine Reparatur, die 14 Tage andauerte, und 24 Stunden nach der wiederholten Inbetriebsetzung erschienen wieder dieselben Undichtheiten, aber noch in vermehrtem Maaße. Diese Vorgänge wiederholten sich in einem Zeitraume von einem halben Jahre sieben Mal. Farcot und die Ingenieure der Société linière, bei welcher der bezügliche Kessel aufgestellt war, gaben sich alle erdenkliche Mühe, um die Ursache dieser unaufhörlichen und stets in gleicher Weise sich wiederholenden Störungen zu erforschen. Man änderte den Feuerraum ab und gab ihm eine ganz andere Form, wodurch er vollständig erneuert wurde, man nahm Aenderungen an den Röhren vor, vermehrte die Zahl und den Gesammtquerschnitt der Verankerungen, suchte sogar in dem metallischen Zustand der Bleche, Röhren und Nieten den Fehler. Als alles dieß nichts fruchtete, kam man auf den Gedanken, daß die Beschaffenheit des Speisewassers die Schuld tragen möchte. Man hatte nämlich vom Beginn der Störungen an in den Wasserstandsgläsern einen dicken Schlamm, der leicht fest wurde, und über der Feuerkistendecke ein graues Pulver, das gebrannt erschien, als ob die Bleche nicht vom Wasser bedeckt gewesen wären, bemerkt. Dieses Pulver, welches an anderen Theilen des Kessels eine mehr in das Weiße spielende Farbe hatte, wurde gesammelt und in einem Gefäß mit frischem Wasser gemischt; dabei zeigte sich die eigenthümliche Erscheinung, daß das Wasser weder die Hände, noch die Gefäßwände benetzte. Auch brachte Farcot in Erfahrung, daß in den ersten Wochen, während welcher der Betrieb ein regelmäßiger war, aus Vorsicht täglich eine gewisse Menge Soda in den Kessel gegeben worden war und die Störungen des Betriebes in die Zeiten vor und nach Anwendung der Soda fielen. Farcot theilte der Gesellschaft von Pont-Rémy diese Beobachtungen mit; man antwortete aber mit allem Anschein der Glaubwürdigkeit, das Wasser könne keine Schuld an den Unfällen tragen, da es von derselben Beschaffenheit und demselben Ursprung sey, wie das, mit welchem seit einer Reihe von Jahren die übrigen Kessel gespeist würden. Dennoch verstand sich die Gesellschaft zu einer letzten Reparatur und einem letzten Versuch zu einem rein wissenschaftlichen Zweck, wobei jedoch zugleich die Abwerfung des Kessels im Princip beschlossen wurde, und für diesen Versuch änderte man provisorisch das Speisewasser. Von dieser Inbetriebsetzung an ist jedoch keine Störung wieder vorgekommen; der Kessel arbeitet vielmehr jetzt noch zur vollen Zufriedenheit der Gesellschaft. Da man diesen letzten Versuch auf Grund der Mittheilungen über die Vorfälle in Borsighütte anstellte, so ließ Farcot auch das Wasser von Pont-Rémy in der kaiserlichen Bergschule analysiren. Dabei ergab sich ein Rückstand von 0,33 Kilogr. aus einem Kubikmeter Wasser, und die Zusammensetzung der im Kessel angesammelten Salze war analog der des in den Kesseln in Borsighütte gefundenen Pulvers. Der vorherrschende Bestandtheil war kohlensaurer Kalk, welcher in Gemeinschaft mit dem aus dem Cylinder und mit dem Condensationswasser übergerissenen Fett ein fettsaures Kalksalz gebildet hatte. Der Zutritt von Fett kam daher, daß die Speisepumpe ihr Wasser aus dem Condensator entnahm. Seitdem man aber Speisewasser anwendet, welches frei von Fett ist, kam keine Störung mehr vor und man hat die Meinung, den Kessel durch einen neuen zu ersetzen, vollständig aufgegeben. Eine dem Golde ähnliche Legirung. Eine den Namen „künstliches Gold“ tragende Legirung hat kürzlich einige Aufmerksamkeit in England erregt, weil man vermuthere, daß die Verwendung derselben den Zinn- und Kupferarbeitern wahrscheinlich von Nutzen seyn könne. Ein Sachkundiger gibt nun folgenden Bericht darüber: Sie besteht aus reinem Kupfer (100 Thln.), reinem Zinn (17 Thln.), Magnesia (6 Thln.), Handelsweinstein – tartar of commerce – (9 Thln), Ammoniaksalz (3,6 Thln.) und ungelöschtem Kalk (1,6 Theil). Das Kupfer wird zuerst geschmolzen, dann werden der Kalk, die Magnesia, das Ammoniaksalz und der Weinstein beigefügt, aber nur wenig auf einmal, und hierauf wird das Ganze ungefähr eine halbe Stunde lang lebhaft umgerührt, so daß eine vollständige Mischung entsteht, worauf man das Zinn in kleinen Körnern auf die Oberfläche wirft und umrührt, bis es gänzlich geschmolzen ist. Der Schmelztiegel wird nun zugedeckt und die Schmelzung etwa 25 Minuten lang unterhalten, worauf der Auswurf abgeschäumt wird und die Legirung zum Gebrauch fertig ist. Sie ist ganz schmiedbar und dehnbar, und kann gezogen, gestanzt, getrieben, in Pulver oder in Blätter geschlagen werden, wie Goldblatt. In allen diesen Zuständen ist sie selbst durch gute Kenner vom Golde nicht zu unterscheiden, außer durch ihre geringere Schwere. Diese Legirung wird in den Vereinigten Staaten bereits vielfach angewendet. (Engineer.) Verfahren zur Entsilberung von Schwarzkupfer. Die in neuerer Zeit angewandte Methode, Kupfergranalien mit verdünnter Schwefelsäure zu behandeln, hat den Uebelstand, daß als Hauptproduct Kupfervitriol erfolgt, welcher häufig nicht so gut verwerthet werden kann, wie metallisches Kupfer. Man hat deßhalb auf manchen Hüttenwerken zur Erzielung metallischen Kupfers den Proceß so ausgeführt, daß man die Kupfergranalien in einem Flammofen möglichst vollständig calcinirt, daß entstandene Kupferoxyd mahlt und siebt, das Mehl mit Eisenvitriol oder Schwefelkies so stark röstet, daß nur Silbervitriol unzersetzt bleibt, dagegen aller Kupfervitriol zerlegt wird. Da bei diesem Verfahren leicht auch etwas schwefelsaures Silberoxyd sich zerlegt und die nach dem Auslaugen des schwefelsauren Silberoxydes nach Ziervogel gebliebenen Rückstände silberhaltig ausfallen, so werden dieselben, wenn ihr Silbergehalt eine gewisse Grenze übersteigt, noch feucht mit Kochsalz chlorirend geröstet und nach Augustin's Verfahren mit heißer Kochsalzlauge extrahirt. Aus den silberhaltigen Laugen wird das Silber durch Kupfer niedergeschlagen. Die ausgelaugten Rückstände gehen in die trockene Kupferarbeit zurück. – Goldhaltige Schwarzkupfer lassen sich dadurch entgolden, daß man sie granulirt, calcinirt und feinmahlt, siebt und nach Plattner's Methode das Gold durch Chlorgas extrahirt. (Berg- und hüttenmännische Zeitung.) Kalium-Aluminiumfluorid als Flußmittel. Dieses Doppelsalz, welches bei der Darstellung von Soda aus Kryolith in großer Menge als Abfall erhalten wird, so daß ihm bloß etwas ätzender und kohlensaurer Kalk, Kieselerde und Eisenoxyd als Verunreinigungen beigemengt sind, wird seit einiger Zeit in den Neu-Englandstaaten zur Verschmelzung von silber- und goldhaltigen Erzen mit Erfolg angewendet. Professor A. L. Fleury von der Lisbon Gold-Compagnie theilt darüber mit, daß dasselbe die Schmelzung der Erze mehr befördere als irgend ein ihm bekannter Zuschlag und daß dabei ein reineres Metall erhalten werde. Schwefelhaltige Erze bedürfen zuvor der Abrüstung. A. O. Eine Verbindung von Thalliumchlorür mit Eisenchlorid; von Professor Wöhler. Diese Verbindung, welche aus 3 Aeq. Thalliumchlorür und 1 Aeq. Eisenchlorid besteht, bildet sich am sichersten, wenn man frisch gefälltes, noch feuchtes Thalliumchlorür in eine mit einem großen Ueberschuß von rauchender Salzsäure vermischte concentrirte Lösung von Eisenchlorid einträgt. Auch entsteht sie, wenn man Thalliumchlorür in dem Dampf von Eisenchlorid bis zum Schmelzen erhitzt. Diese Verbindung ist durch ihre lebhaft zinnoberrothe Farbe ausgezeichnet. In heißer concentrirter Salzsäure ist sie löslich und krystallisirt daraus beim Erkalten in kleinen, durchscheinenden rothen Prismen, an denen gewisse Flächen einen lebhaft grünen Schiller reflectiren. Im trockenen Zustande ist sie luftbeständig, aber mit Wasser zerfällt sie augenblicklich in weißes Thalliumchlorür und in Eisenchlorid. Trocken kann sie nur dadurch erhalten werden, daß man sie mit concentrirter Salzsäure auswäscht, dann unter einer Glocke über Kalkhydrat liegen läßt, und die letzten Reste von Säure durch Erwärmen in getrocknetem Kohlensäuregas entfernt. (Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CLXLIV S. 250.) Ueber die Flüchtigkeit des Schwefelcyaneisens; von William Skey. Wenn man eine Lösung von Eisenchlorid und einem Schwefelcyanalkali mit einem großen Ueberschuß von Salzsäure behandelt, wird schon bei gewöhnlicher Temperatur eine große Menge einer rothgefärbten Verbindung entwickelt, welche durch poröse Körper oder rauhe Oberflächen aufgefangen werden kann und die Reactionen von Eisen und Schwefelcyan gibt. Die Bildung dieser Verbindung läßt sich am leichtesten beobachten, wenn man das obige Gemisch in eine flache Schale gießt, auf dieselbe ein Stück Papier legt und über dieses eine andere etwas größere Schale deckt Nach kurzer Zeit bildet sich auf dem Papier ein rother Ring, und selbst fünf Schichten von dickem Schreibpapier werden auf diese Weise von der Verbindung nach kurzer Zeit durchdrungen. Wenn die Verbindung einmal auf dem Papier haftet, so verflüchtigt sie sich selbst dann nicht wieder, wenn man dieses auf 93 bis 94° Cels. erhitzt, aber die Farbe verschwindet, sobald man das Papier mit Wasser befeuchtet. In Aether dagegen ist sie ohne Farbenveränderung löslich. (Aus Chemical News, durch die Zeitschrift für Chemie, 1867 S. 735.) Portland-Cement von Powunden. Schon seit mehreren Jahren wird in Powunden bei Elbing (Westpreußen) aus Mergeln ein Cement dargestellt, dem man nachrühmt, daß er sich bei der Anwendung als vortrefflich bewährt habe. Ich ließ eine Probe desselben, von einer größeren Sendung frisch dargestellten Productes genommen, von Hrn. Olszewsky analysiren, welcher folgende Zusammensetzung in 100 Theilen fand: Kalk 57,72 Magnesia 1,08 Manganoxyduloxyd, Eisenoxyd und Thonerde 14,01 Kieselerde 22,70 Schwefelsäure 0,83 Saud 1,86 Alkalien (durch Differenz) 1,80 –––––– 100,00 Bei Behandlung mit Salzsäure entwickelt sich in Folge des Gehaltes an Manganoxyduloxyd beträchtlich Chlor. – Es stimmt diese Zusammensetzung mit derjenigen anderer guter Portland Cemente überein. Prof. Dr. Ritthausen. (Journal für praktische Chemie, 1867, Bd. CII S. 376.) Ueber das Anzünden von Holzkohlen. Wie sich hinsichtlich der Entzündlichkeit zwischen Kohks und Holzkohlen ein großer Unterschied zu erkennen gibt, so zeigen auch wieder die Holzkohlen unter einander, je nach Abstammung von einem mehr oder weniger harten Holze, die größten Verschiedenheiten. Die lockere Nadelholzkohle entzündet sich weit leichter als die harte Buchenholzkohle. Der klingende Charakter der Kohle dient im Allgemeinen als Kennzeichen ihrer Härte und Schwerentzündlichkeit. Die sogenannte Bäckerkohle ist bekanntlich am leichtesten entzündlich; nächstdem daß sie immer von Nadelholz stammt, trägt dazu noch der Umstand wesentlich bei, daß sie in sehr kurzer Zeit bei einer hohen Temperatur entstand, wodurch sie ausnehmend locker wird; auch die beim gewöhnlichen Holzfeuer des Ofens oder Küchenherdes zurückbleibende Kohle zeichnet sich aus ähnlichen Gründen durch leichte Brennbarkeit aus. Ein Stückchen Bäckerkohle an eine brennende Kerze gehalten, kommt sofort in's Glimmen und entzündet schnell eine größere Menge Kohlen. In Ermangelung von Bäckerkohlen zum Anzünden bringt man ein Feuer mit schwer brennenden Buchenholzkohlen in der gewöhnlichen Kohlenpfanne sehr schnell zu Wege, wenn man die untersten Kohlenstücke vorher mit Spiritus begießt und durchtränkt; man reicht mit ganz wenig davon aus. Im Zeitraum einer Minute, zumal wenn ein etwa 1 Fuß hohes Blechrohr auf der Kohlenpfanne steht, gelangt deren ganzer Inhalt in's Glühen. (Badische Gewerbezeitung, 1867 S. 197.) Chemische Untersuchung des v. d. Porten'schen Tabakpapieres. Hr. J. v. d. Porten in Hamburg kam bekanntlich zuerst auf die Idee, aus den Stengeln des Tabaks ein Papier (künstliches Blatt) anzufertigen, welches man statt der theuren Deckblätter zur Umhüllung der Cigarren verwenden kannMan sehe die bezügliche Mittheilung im polytechn. Journal, 1857, Bd. CXLVI S. 435., und er war auch bemüht, sein Fabricat fortwährend zu verbessern. Herr G. L. Ulex hat im Juli v. J. eine Probe Tabakpapier aus der Fabrik der HHrn. v. d. Porten und Comp. in Hamburg untersucht und darin die Bestandtheile der natürlichen Tabakblätter, ohne anderweitige fremde Beimischung, gefunden. Das Papier aus Tabak enthielt nämlich in 100 Theilen: 0,31 Nicotin, 0,32 in Aether lösliches Chlorophyll und Nicotianin, 0,05 in Alkohol lösliches Harz, 7,63 bitteren Extractivstoff, Eiweiß, Gummi und pflanzensaure Salze    (sämmtlich in Wasser löslich), 91,69 Holzfaser und Feuchtigkeit. –––––– 100,00 Ueber die Anwendung der Schwefelsäure in der Kartoffelstärke-Fabrication; von Albert Fesca. In der Versammlung der Stärke- und Syrup-Fabrikanten, welche im März 1867 in Berlin stattfand, wurde die Frage aufgeworfen, inwiefern die Anwendung der Schwefelsäure bei der Fabrication der Kartoffelstärke von Nutzen sey. Die Antwort lautete: „ein Zusatz von Schwefelsäure zu dem Wasser, mit welchem man die Rohstärke wasche, bedinge unter Umständen ein schnelleres und vollkommeneres Absetzen der Stärke, und werde der Schwefelsäure-Zusatz namentlich bei Verarbeitung nicht mehr ganz gesunder Kartoffeln angewandt, bei welchen die Trennung von Stärke- und Faserstoff besonders schwierig von statten gehe, ein Zusatz von Schwefelsäure aber diese Trennung erleichtere. Es sey indessen nicht anzurathen, andere als solche Stärke, die zum Verkochen auf Syrup oder Zucker bestimmt sey, der Behandlung mit Schwefelsäure zu unterziehen, weil so behandelte Stärke weder zur Appretur, noch in der Papierfabrication gebraucht werden könne.“ Mir erschien dieser Gegenstand interessant genug, um etwas näher darauf einzugehen; ich benutzte deßhalb die nächste Gelegenheit, um einen mir befreundeten Kattunfabrikanten darüber zu befragen, warum mit Schwefelsäure behandelte Stärke zur Appretur unbrauchbar sey. Die Antwort lautete: „die Appretur des Kattuns müsse nothwendiger Weise derart seyn, daß der dazu angewendete Stärkekleister die Waare steif, aber nicht brüchig mache, – mit Stärke, die mit Schwefelsäure behandelt sey, erziele man aber nur brüchige Appretur.“ Auf meine weitere Frage, woran es denn zu erkennen gewesen sey, daß die angewandte Stärke mit Schwefelsäure behandelt worden, erhielt ich zur Antwort: „die Stärke hätte säuerlich geschmeckt.“ – Diese letztere Bemerkung gab mir die Vermuthung, daß wohl nur in der Anwendung einer zu großen Quantität Schwefelsäure und nach heriger zu mangelhafter Wäsche der Stärke der Grund liegen möge, weßhalb Stärke, die mit Schwefelsäure behandelt worden, bis jetzt nicht für alle Zwecke brauchbar befunden wird, – und es schien mir der Mühe werth, die Einwirkung einer sehr geringen Menge Schwefelsäure auf aus alten Kartoffeln dargestellte Stärke näher zu beobachten. Ich that dieß wie folgt: Ich rieb mittelmäßige Kartoffeln im April (1867) möglichst fein, zog die Auswaschung des Reibsels absichtlich in die Länge und bürstete dasselbe auch sehr scharf, um recht viel des ganz feinen Faserstoffes zu erzeugen, welcher voraussichtlich die feinsten Siebe durchdringen, also die Stärke begleiten und verunreinigen mußte. Das Resultat war, wie ich vermuthete; ich erhielt viel Stärke, dieselbe war aber von grauweißer Farbe und behielt diese Farbe nach wiederholter starker Waschung unverändert bei. Augenscheinlich hatten die Kartoffeln einen durch die Jahreszeit bereits erweichten Zellstoff, und der letztere war geneigt, sich leicht Zu außerordentlich feinen Fasern zerreißen zu lassen. Weniger fein zerrissener Zellstoff findet, im Wasser fein zertheilt, wahrscheinlich durch seine Gestaltung sowohl, wie durch seine Dimensionen bei dem Niedersinken im Wasser mehr Widerstand als die glatten Stärkekügelchen, und dieß mag wohl die Ursache seyn, weßhalb die Stärke von gesunden und normalen Kartoffeln sich schneller im Wasser zu Boden setzt, als der sie begleitende Faserstoff von gewöhnlicher Feinheit, obgleich Cellulose und Stärke ziemlich das gleiche specifische Gewicht haben, – bei dem vorliegenden Experiment schien indessen der außerordentlich feine Zellstoff durch seine Gestaltung und Dimensionen die Eigenschaft zu haben, im Wasser wenig Widerstand zu finden und sich deßhalb in demselben ebenso schnell zu Boden zu setzen als die Stärke; aus diesem Grunde begleitete er vermuthlich die letztere in so großer Quantität und war durch wiederholtes Waschen nicht abzuscheiden. Ich glaubte sonach in der gewonnenen Stärke von grauweißer Farbe, als einer innigen Vermischung von weißer Stärke und sehr feinem Faserstoff, dasjenige Material vor mir zu haben, welches gewöhnlich der Behandlung mit Schwefelsäure unterzogen wird, um weiße Stärke daraus darzustellen. Ich behandelte diese grauweiße Stärke nun folgendermaßen mit Schwefelsäure: ich versetzte Wasser mit so viel Schwefelsäure, daß ich ein Sauerwasser erhielt von so schwacher Reaction, daß Lackmuspapier erst nach einigen Secunden davon roth gefärbt wurde; – in dieses Sauerwasser warf ich die grauweiße Stärke, welche den Feuchtigkeitsgrad der grünen Stärke hatte ein, und rührte sie in demselben wie bei dem gewöhnlichen Waschproceß bis zur vollständigen Vertheilung auf; alsdann überließ ich die Stärkemilch der Ruhe. Augenblicklich gieng nun in der letzteren eine scharfe und vollkommene Trennung der Stärke vom Faserstoff in der Weise vor sich, daß erstere sich schnell und rein absetzte, letzterer hingegen in dem Sauerwasser noch längere Zeit schwimmend sich erhielt und sich dann allmählich als dunkelgraubraune Schmutzschicht auf der Stärkeschicht ablagerte. Nach dem Festwerden der letzteren ließ sich die Schmutzschicht welche deutlich als feiner Faserstoff zu erkennen war, leicht und vollkommen von der Stärke abspülen, und es war mithin durch den Einfluß der außerordentlich geringen Menge Schwefelsäure eine Reinigung der Stärke erzielt, wie man solche nicht besser wünschen kann. Worin dieser eigenthümliche Einfluß der Schwefelsäure besteht, dieß wird wohl noch durch chemische Untersuchung festzustellen seyn; wahrscheinlich ist indessen, daß in dem Faserstoff oder dem Fruchtsaft der Kartoffeln mit ihrem zunehmenden Alter eine Zersetzung beginnt, welche entweder durch irgend einen erzeugten schleimigen Stoff eine ungewöhnliche Adhäsion zwischen der Stärke und den feinen Fasern zur Folge hat, und daß dieser schleimige Stoff durch Schwefelsäure zerstört wird; – oder aber eine begonnene Zersetzung in den Kartoffeln gibt durch etwa gebildete kohlensaure Salze Gelegenheit, daß durch Zugabe von Schwefelsäure Kohlensäure entwickelt wird, die sich dann im Augenblick des Freiwerdens an den feinen Faserstoff anhängt und letzteren dadurch schwimmend erhält. Auch könnte wohl der Zellstoff alter Kartoffeln die Eigenschaft besitzen, sich unter Einwirkung der Schwefelsäure aufzublähen. Dieß Alles sind nur Vermuthungen, und es wäre sehr wünschenswerth statt derselben eine bestimmte wissenschaftliche Erklärung zu finden. Einstweilen wird indessen dem Stärkefabrikanten die Thatsache genügen, daß ein Minimum von Schwefelsäure im Stande ist, feinen Faserstoff von der Stärke zu trennen und letztere dadurch zu reinigen. Ich würde mir zur Anwendung der Schwefelsäure den Vorschlag erlauben, bei der ersten oder zweiten Wäsche der Stärke dieselbe zunächst mit dem reinen Waschwasser aufzurühren und nun ein so kleines, vorher durch Experiment bestimmtes Quantum stark verdünnter Schwefelsäure während des Ganges des Waschquirls der Stärkemilch zuzusetzen als eben hinreicht, um das gegebene Quantum Wasser so schwach sauer zu machen, daß Lackmus langsam und schwach die saure Reaction anzeigt. Nach vollständiger Untermischung der Schwefelsäure wäre der Quirl anzuhalten, das einigermaßen feste Absetzen der Stärke abzuwarten, dann sofort das Sauerwasser und die Schmutzschicht zu entfernen und nun der Stärke unter mindestens eine Stunde anhaltendem Rühren mit möglichst viel reinem Wasser die letzte Wäsche zu geben. Das Wasser dieser letzten Wäsche zeigt dann, wie ich durch Experiment erfahren habe, nicht mehr die mindeste saure Reaction, und dürfte man von der Stärke wohl das Gleiche voraussetzen. Sollte indessen salzsaurer Baryt noch eine Spur von Schwefelsäure in der Stärke nachweisen, so würde ebengenanntes Verfahren noch dadurch zu vervollkommnen seyn, daß man dem letzten Waschwasser der Stärke ein wenig krystallisirte Soda zusetzt, nicht aber etwa so viel, daß dadurch eine alkalische Reaction entsteht. Möchte die Praxis bald den Beweis liefern, daß in dieser Weise mit Schwefelsäure gereinigte Stärke ohne Anstand in Kattun- und Papierfabriken Verwendung finden kann. (Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1867, Nr. 48.) Anwendung der Centrifugalmaschine zum Auslassen des Honigs. Die bedeutenden Vortheile, welche die Centrifugalmaschine dem rationellen Bienenzüchter gewährt, der mit beweglichem Wabenbau (sey es nun mit Stäbchen oder mit Rähmchen) wirtschaftet, sind folgende: 1) Der Honig, welcher mit dieser Maschine gewonnen wird, ist durchaus ganz rein und krystallhell, aus alten wie aus neuen Waben, – aus solchen, die nebst Honig auch noch viel Blumenstand enthalten, wie aus solchen, welche nur mit Honig gefüllt sind, denn nur der Honig fliegt aus den Zellen, der Blumenstand aber bleibt sitzen. 2) Die auf diese Weise vom Honig entleerten Waben können sogleich den Bienen zum Füllen wieder eingehängt werden, was zur Zeit reichlicher Honigernte gewiß vom größten Vortheil ist. 3) Solche Waben, die nebst Honig auch theilweise mit Blumenstand gefüllt waren und die nach Nr. 1 diesen behalten, werden an das Brutnest eingehängt, nachdem sie von ihrem Honig befreit worden sind, wodurch die Bienen angewiesen werden, weniger Blumenstaub und mehr Honig einzutragen, – ebenfalls ein nicht zu übersehender großer Vortheil. 4) Man kommt mit dieser Maschine zu einem großen Wabenreichthum und in Folge dessen ist man im Staude, die Wohnungen der jungen Schwärme ganz oder doch zum Theil mit fertigen Waben zu versehen, an welchen sie nur kleine Reparaturen auszuführen haben. Der junge Schwarm, kaum in seine Wohnung gebracht, fängt sogleich an zu arbeiten und die Königin hat Zellen genug, um alsbald ihre Eier in Menge abzusetzen, anstatt dieselben, wie in leeren Stöcken, nutzlos auf den Boden fallen zu lassen. Solche Stöcke sind also anderen gegenüber in größtmöglichem Vortheil. Da nun die Waben aus dem Dzierzonstock mit Leichtigkeit und nach Belieben herauszunehmen und wieder ebenso einzuhängen sind, während der Strohstülper ganz unzugänglich ist, so ist klar, daß nur derjenige Bienenzüchter, welcher mit Dzierzonstöcken wirthschaftet, von der trefflichen Centrifugalmaschine Gebrauch machen kann. Da die Bienen jede Honigzelle, wenn sie mit Honig gefüllt ist, mit Wachs zudeckeln, so müssen solche Waben, um sie mittelst der Centrifuge entleeren zu können, zuvor mittelst eines eigenen, zu diesem Zwecke sehr bequem construirten kleinen Messers entdecket werden. Solche Messer können von mir das Stück zu 36 kr. bezogen werden. Dieses Entdecken der Waben ist zwar etwas langweilig, aber im Hinblick auf den herrlichen Honig, den man erhält, und in Rücksicht auf das schöne Wachs, welches diese Wachsdeckel liefern, unterzieht man sich der Arbeit gerne. Man kann jedoch dieselbe auch umgehen, wenn man die Waben aus dem Stocke nimmt, ehe die Zellen durch die Bienen mit Wachs zugedeckelt werden. – Seminar-Oberlehrer Gößler in Nürtingen. (Württembergisches Wochenblatt für Land- und Forstwirthschaft, 1867, Nr. 49.) Empfehlenswerthes Reinigungsmittel für Uhren. Vor Kurzem ist eine Flüssigkeit unter dem Namen Essence Lemoine von Paris aus in den Handel gebracht worden, welche nach der Untersuchung des Hrn. Apotheker Menzner in Bautzen nichts anderes als Benzin ist, dem man höchstens noch etwas Wohlriechenderes beigemengt hat. Das Pfund dieser Essence Lemoine kostet aber ungefähr 2 1/2 Thaler, ist also beiläufig 12 Mal theurer als das reinste Benzin. Allen Uhrmachern, denen das Benzin als Reinigungsmittel noch nicht bekannt seyn sollte, wird dasselbe von Hrn. Rathsuhrmacher Müller in Bautzen angelegentlichst zur Anschaffung empfohlen. Es schlägt sofort alle Fettbestandtheile und den Schmutz nieder, greift die Vergoldung nicht an und löst den bei eingekitteten Steinhebeln benutzten Schellack nicht auf. (Oberlausitzer Gewerbeblatt, 1866, Nr. 3.) Verfahren, um hölzerne Fässer luftdicht und für flüchtige Flüssigkeiten undurchdringlich Zu machen. Der in Titusville (Pennsylvanien) erscheinende Herald beschreibt ein Verfahren, um hölzerne Fässer ganz luftdicht und für Oele, Spiritus, Terpenthinöl und alle flüchtigen Flüssigkeiten undurchdringlich zu machen. Dieses in der Nähe der gedachten Stadt seit länger als einem Jahre mit dem besten Erfolge angewendete Verfahren besteht im Folgenden. In das aus der Hand des Böttchers kommende Faß wird durch Röhren 24 Stunden lang ein Strom von heißer Luft eingeleitet, so daß das Holz durch und durch erhitzt wird und seine Poren sich öffnen. Jeder Holzarbeiter weiß, daß Leim auf einer kalten Fläche weniger gut bindet, als auf einer warmen; daraus sind auch die Uebelstände des gewöhnlichen Verfahrens zur Behandlung des Fasses mit Leim erklärlich. Nachdem das Gefäß aus die angegebene Weise erhitzt worden, wird es mit seinem oberen Theile in einen Rahmen gespannt, welcher die Umdrehung des Fasses nach jeder Richtung hin zuläßt; dann wird heißer Leim in dasselbe gegossen und über seine ganze innere Oberfläche möglichst gleichförmig vertheilt. Hierauf wird durch das Spundloch eine Röhre eingeführt und mittelst derselben so viel Luft eingepreßt, daß ein Druck von etwa 20 Pfund per Quadratzoll erzeugt wird; dadurch wird der Leim in jeden Riß und in jede Spalte, selbst in die Poren des Holzes, hineingetrieben; ja der Druck ist sogar so bedeutend, daß öfters der Leim durch die Poren hindurchdringt und auf der Außenfläche des Fasses hervortritt. Nach dieser Behandlung sind die Holzfässer vollkommen dicht und undurchdringlich. (Chemical News, vol. XVI p. 221; October 1867.) Die Süvern'sche Desinfectionsmasse zum Reinigen und Geruchlosmachen des Schmutzwassers. Das Princip der Süvern'schen Wasserreinigung besteht in einer chemischen Fällung und Ausscheidung der das Wasser verunreinigenden organischen und mineralischen Materien, und ist als solches neu. Der bauliche Theil der Anlage ist ebenfalls eigenthümlich, besonders in so weit er zwei wichtige Forderungen schon erfüllt, nämlich: a) das Wasser von seinen chemisch ausgeschiedenen Schmutzstoffen zu trennen, so daß dasselbe klar und farblos wie Quellwasser abfließt; b) die aus dem Schmutzwasser geschiedene Masse kostenlos in eine mit dem Spaten stechbare Düngermasse überzuführen. Dem Schmutzwasser werden nicht allein seine Senkstoffe und alle darin suspendirten Materien vollständig entzogen, sondern auch ein großer Theil der chemisch in ihm aufgelösten mineralischen und fäulnißfähigen organischen Materien. Nach mehrfachen Analysen von Dr. Grouven verliert es in Summa je nach seiner Unreinheit und der Vollkommenheit der Procedur: 50–75 Proc. seiner stickstoffhaltigen organischen Materien, 55–75 Proc. seiner stickstofflosen organischen Materien, 40–65 Proc. seiner mineralischen Antheile (außer Sand und Thon). Diese Ausscheidungen gewähren eine so große Menge Compostdünger, daß eine auf dessen Gehalt an Stickstoff, Phosphorsäure und Kali basirte agriculturchemische Werthberechnung zu einem mehr als genügenden Ersatz der täglichen Material- und Betriebskosten hinführt. Die Süvern'sche Desinfectionsmasse besteht aus drei Stoffen, theils mineralischer, theils organischer Natur. Die Mischung richtet sich nach der Natur und Unreinheit des Wassers und vermag der Erfinder dieselbe für jeden speciellen Fall auf Grund kleiner, vorheriger Proben bestimmt vorzuschreiben. Der Reinigungs-Apparat ist der Art construirt, daß er seine Function jahrelang ohne Unterlaß erfüllen kann; Betriebsstörungen sind daher kaum zu fürchten; eben so wenig ein erheblicher Verschleiß der Anlage. Außer einer Reinigung erzielt diese Methode gleichzeitig eine Desinfection (Geruchlosmachung) des Schmutzwassers. Diese Desinfection ist in der Art durchgreifend, daß das abfließende Wasser unter keinen Verhältnissen mehr belästigend auf die Geruchsorgane wirkt. Das abfließende Wasser hat seine Fäulnißfähigkeit absolut verloren, denn es kann wochenlang in offenen Kübeln und in warmen Stuben stehen, ohne übelriechend zu werden. In reinen Canälen und Gräben stundenweit fließend, wird es in fortwährender Berührung mit der Luft auch fortwährend besser, so daß man an schließlicher Tauglichkeit zur Viehtränke nicht zweifelt. Zuckerfabriken, die an Wassermangel leiden, könnten dasselbe, nach Anlage geeigneter, großer Sammelbassins wieder zur Stubenwäsche und Condensation benutzen. Die bekannten grauweißen Pilz-Vegetationen, welche sonst den Boden der Abzugsgräben auf lange Strecken hin schwammartig überziehen, und denen man die üblen Ausdünstungen indirect zuschreibt, verschwinden gänzlich in dem gereinigten Wasser. Die Anwendung der Süvern'schen Methode auf die Desinfection der städtischen Canäle, behufs Gewinnung von 60–70 Proc. der in den Canalwässern befindlichen Düngstoffe scheint Angesichts der dazu von Süvern entworfenen Dispositionen wohl ausführbar und rentabel. Ob es sich dabei um tägliche Reinigung von 1 Mill. oder 20 Mill. Kubikfuß Schmutzwasser handelt, ist bei der Methode gewiß gleichgültig. Sie reinigt die größten Wassermassen eben so sicher, wie die kleinsten. Eben so wenig scheint es sie zu erschweren, wenn die Latrinen der Stadt in das Canalwasser münden, denn solch ein mit Latrine verunreinigtes Wasser führt doch höchstens, wie die Canalwässer von Paris und London maßgebend zeigen, 2 Tausendtheile Trockensubstanz, ist also reiner und nicht so schlimm, als die Effluvien der meisten Zuckerfabriken. Versuche, solche mit Latrine extra vermischte Canalwässer nach dieser Vorschrift zu desinficiren und zu reinigen, lieferten ein überraschendes Resultat. Ohne damit einer ruhigen und allseitigen Berathung der jetzt in vielen großen Städten lebhaft ventilirten Alternative: ob „Canalisation,“ ob „Abfuhr,“ vorgreifen zu wollen, sprechen wir bloß unsere Ansicht dahin aus, daß diese wichtige Frage durch diese Erfindung leicht möglich eine ganz andere Gestalt gewonnen hat. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1868, Nr. 6.) Die Zubereitung der Süvern'schen Desinfectionsmasse; von Dr. Grouven. Ich setze zunächst den Fall, daß ein Chemiker sich eine kleine Menge jener Masse zu Versuchsproben und analytischen Prüfungen ihrer Wirksamkeit auf latrinenhaltige Cloakenwässer darstellen will. Man nehme alsdann 100 Gramme gebrannten Marmor oder sonst einen guten, wenig unreinen und sich gut löschenden gebrannten Kalk. Diese 100 Gramme Kalk kommen in eine geräumige, etwa 8 zöllige Porzellanschale und werden mit ungefähr 300 Grammen erwärmten Wassers übergossen. Der Kalk löscht sich dann rasch und bildet, die angegebene Wassermenge ganz aufsaugend, einen heißen, gleichmäßig beschaffenen Teig. Auf letzteren tropft man alsdann 7–8 Gramme Steinkohlentheer, welche in einem kleinen Schälchen abgewogen worden sind. Es ist dabei förderlich, den Theer vorher etwas zu erwärmen, wodurch er dünnflüssiger wird. Theer und Kalkhydrat werden nun mit dem Spatel, ohne weiteren Wasserzusatz auf's Innigste durcheinander gerührt. Ist der Kalkteig, was entschieden nothwendig bleibt, währenddem noch 80–90° C. heiß, dann verbindet sich der Theer mit dem Kalk in einer Weise, daß sich das kleinste Theerpünktchen nicht mehr wahrnehmen läßt. Wäre dagegen bei dieser Operation das Kalkhydrat schon erkaltet gewesen, dann zeigt sich eine ganz unvollkommene Verbindung der beiden Stoffe, nämlich ein Uebergang des Theeres in harte feste Klümpchen, welche nachher sich nicht zertheilen lassen und Anlaß geben, daß beim Gebrauche solcher Desinfections-Masse sich eine Theerhaut auf der desinficirten Flüssigkeit bildet. Diese Theerhaut darf nirgends sich zeigen und wäre ein Zeichen dafür, daß die Masse den erwarteten Dienst nicht erfüllen wird. Ist soweit Alles gut, dann verdünne man den Theerkalkbrei noch mit weiteren 300 Grammen Wasser und setze darauf schließlich hinzu die noch erforderlichen 33 Gramme entwässertes Chlormagnesium, welche vorher in etwas Wasser gelöst wurden. Anstatt des entwässerten Chlormagnesiums läßt sich auch die äquivalente Menge (circa 70 Gramme) krystallisirtes Chlormagnesium (Mg Cl + 6 aq) benutzen. In dem noch ziemlich warmen Medium zersetzt sich das Chlormagnesium sogleich und vollständig mit dem Kalkhydrat, es entsteht einerseits Chlorcalcium, andererseits Magnesiahydrat, einer der voluminösesten und leichtesten mineralischen Körper, die es gibt. Man merkt diese Eigenthümlichkeit des Magnesiahydrates an der großen Ausdehnung und Volumvermehrung, welche die Masse plötzlich gewinnt. Die dabei eintretende dunklere, in's Blaue neigende Färbung ist ebenfalls auffällig und zwar um so mehr, als das Magnesiahydrat an sich schneeweiß ist. Nach gutem Durchrühren der ganzen Masse spüle ich letztere aus der Porzellanschale in eine Literflasche und verdünne bis zur Marke. Die Flüssigkeit ist damit fertig. Selbst nach mehrwöchentlichem ruhigem Stehen nimmt ihr Bodensatz immerhin einen Raum von über 600 Kubikcentimeter ein, während bloßes Kalkhydrat, unter sonst gleichen Verhältnissen, auf etwa 300 Kubikcentimeter Volum zusammensinkt. In verstopfter Flasche hält sie sich monatelang in gleicher Wirksamkeit. Wird sie vor jedesmaligem Gebrauche in der Flasche gut umgeschüttelt, dann lassen sich mittelst einer unten etwas weiten Pipette bequem 10 oder 30 Kubikcentimeter herausheben, welche 1 resp. 2 Gramme Kalk genau repräsentiren. Für analytische Zwecke, bei welchen man mit Cloakenwasserquantitäten von 5–10 Liter zu experimentiren pflegt, hat diese Art der Probenahme ihre Vortheile. Bei der Anwendung im Großen bleiben die hiermit angedeuteten Regeln maßgebend. Was oben Gramme sind, mögen Pfunde oder Centner seyn. Zum Löschen des Kalkes ist jedes kalte Wasser, mag es Fluß- oder Cloakenwasser sehn, brauchbar; nur gebe man die bis zum Einbringen des Theeres nöthigen 300 Proc. Wasser nicht auf einmal zum Kalke, sondern in Portionen. Auch braucht man nicht zu besorgen, daß größere Massen von Kalkteig ihre 80–90° C., die zur Lösung des Theeres nöthig sind, so rasch an die Umgebung verlieren, wie dieß bei Experimenten mit bloß 100 Grammen Kalk der Fall ist. Welche Verwendung man schließlich der Desinfectionsmasse gibt, darauf kommt es nicht wesentlich an. Die Masse muß jedoch ziemlich flüssig seyn, und unseren Erfahrungen gemäß scheint die zweckmäßigste Verdünnung erreicht zu seyn bei einem Gehalte von 9 Proc. Trockensubstanz. (Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1868, Nr. 9.)