Titel: Ueber zwei elektromagnetische Kraftmaschinen auf der Pariser allgemeinen Industrie-Ausstellung im Jahre 1867.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. I., S. 1
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I. Ueber zwei elektromagnetische Kraftmaschinen auf der Pariser allgemeinen Industrie-Ausstellung im Jahre 1867. Im Auszuge aus dem Berichte von Militzer in dem österreichischen Ausstellungs-Berichte, 2te Lieferung, S. 248. Mit Abbildungen auf Tab. II. Ueber elektromagnetische Kraftmaschinen auf der letzten Welt-Ausstellung zu Paris. Die eigenthümliche Unordnung des von dem Universitätsmechaniker Johann Kravogl in Innsbruck construirten Motors mag hier um so mehr erwähnt werden, als schon bei einer früheren Gelegenheit in diesem Journale (Bd. CLXXXIII S. 417) die günstigen Anordnungen dieses Apparates eine eingehende Untersuchung gefunden haben; nach unserer vorliegenden Quelle scheint auch die Kravogl'sche Construction von keiner der übrigen auf der Pariser Ausstellung vorgekommenen erreicht worden zu seyn. Kravogl benutzt zur Erzeugung einer drehenden Bewegung die gegenseitige Anziehung einer elektrodynamischen Spirale und eines Eisenkernes unter gleichzeitiger Wirkung der Schwerkraft, jedoch in einer Weise, die von den Constructionsprincipien, welche Page seinerseits benutzt hat, wesentlich verschieden ist. Fig. 1 ist eine schematische Abbildung der elektromagnetischen Kraftmaschine von Kravogl. Die Oberfläche eines um eine horizontale Achse drehbaren hohlen Messingringes mit kreisförmigem Querschnitte trägt 18 Spiralen, von welchen bei der Thätigkeit der Maschine immer sechs in unmittelbarer Aufeinanderfolge hinter einander in eine Volta'sche Batterie mittelst des Commutators b eingeschaltet werden; letzterer nimmt dabei nicht an der hierdurch erfolgenden Drehung um die gemeinschaftliche Achse c Antheil, sondern vollführt, unabhängig von letzterer, seine drehende Bewegung. Innerhalb des Messingringes befindet sich ein gekrümmter Eisencylinder a, a, dessen Länge ⅓ der Peripherie einnimmt, und der auf Frictionsrollen leicht beweglich ist. Dieser Cylinder liegt, so lange der Apparat sich nicht in Thätigkeit befindet, an der tiefsten Stelle des Messingringes, und zwar so, daß er von der durch die Drehungsachse gedachten Verticalebene halbirt wird. Wird dem Commutator z. B. eine solche Stellung gegeben, daß der Strom der Batterie P zunächst durch die sechs, dem linken Ende des Eisenkernes a, a angrenzenden Spiralen gehen muß, so beginnt der Ring mit den Spiralen, in Folge der gegenseitigen Anziehung der letzteren und des Eisenkernes, sich von rechts nach links zu bewegen, während gleichzeitig der Eisenkern im Inneren des Ringes die entgegengesetzte Bewegung annimmt. Während der Drehung des Ringes wird durch die am Commutatorrande vorbeischleifenden Enden der Spiralen immer die vorderste im Sinne der Bewegung ausgeschaltet, und von rückwärts durch eine andere in den Stromkreis neu eintretende ersetzt. Die Drehung des Ringes dauert so in demselben Sinne fort, und während der Drehung verharrt der Eisenkern in einer Gleichgewichtslage, welche von dem Verhältnisse der Intensität der Schwerkraft zur elektromagnetischen Anziehung abhängig ist. Die Umdrehung des Ringes würde im entgegengesetzten Sinne wie vorher erfolgen, wenn der Strom durch die sechs Drahtspiralen zunächst hergestellt würde, die dem rechten Ende des Eisenkernes a, a angrenzen u. s. w. Als wesentlich muß hervorgehoben werden, daß Kravogl es nicht übersehen hat, das Auftreten von Unterbrechungsfunken zu vermeiden; er hat nämlich den bekannten Vortheil benutzt, jede der nächstfolgenden Spiralen schon etwas vorher in die Kette eintreten zu lassen, ehe die aus letzterer austretende Spirale den Strom unterbrechen kann. „Der Einfluß der magnetischen Trägheit des Eisens ist dabei ebenfalls eliminirt, weil der Eisenkern während der ganzen Dauer seiner Bewegung weder seine Polarität wechselt, noch in den neutralen Zustand zurückzukehren hat.“ Das ausgestellte Modell — auf dessen Leistungsfähigkeit Prof. v. Waltenhofen schon vor der Ausstellung aufmerksam machte (s. a. a. O.) — hat einen Ringdurchmesser von etwa 25 Centimeter, und der Apparat vollführte 150 Umdrehungen in der Minute, wenn die Batterie aus sechs Kohlenzinkelementen bestand. Eine andere in unserer Quelle hervorgehobene elektromagnetische Kraftmaschine ist der Motor, welchen J. H. Cazal und Comp. in Paris zur Bewegung ihrer Nähmaschinen verwenden; dieser Apparat soll der Einfachheit seiner Construction wegen bemerkenswerth seyn, im Uebrigen aber der vorher beschriebenen Anordnung nachstehen. Eine gezahnte dicke eiserne Scheibe B, Fig. 2, ist gleichzeitig mit einem als Stromunterbrecher dienenden isolirten Zahnrädchen d um die horizontale Achse C drehbar. Der Rand der Scheibe B enthält eine eingedrehte Nuth, in welche die Drahtwindungen der Spirale des Elektromagnetes eingelegt sind. Das eine Ende dieses Drahtes steht mit der Achse C, das andere mit dem gezahnten Rädchen d in Verbindung. Die Scheibe dreht sich in einem feststehenden, an seinem inneren Umfange mit zahnartigen Erhöhungen versehenen Eisenringe A, welche letztere als Anker für den inneren Radmagneten dienen. Für das Modell wurde eine Batterie von vier Kohlenzinkelementen zum Betriebe verwendet. Wenn wir in dem Vorhergehenden zwei Objecte des in Rede stehenden Gebietes hier vorgeführt haben, welche nach den Mittheilungen unserer Quelle unter den Producten ihrer Art das günstigste Urtheil sich verschafften, so wollen wir damit durchaus nicht zugestehen, daß durch jene allerdings sinnreich angeordneten Apparate die Aussichten für die elektromagnetischen Kraftmaschinen einer günstigeren Zukunft entgegengeführt worden seyen. Die vorliegenden Constructionen sind nämlich, ebenso wie die meisten der älteren, nur als Modelle im kleinen Maaßstabe ausgeführt worden. Daß sie in diesem Zustande den Bedingungen eines weiteren Fortschrittes im Allgemeinen nicht genügen, abgesehen davon, daß die von ihnen geleistete Arbeit viel zu kostspielig wäre, ist nunmehr schon von vielen Seiten dargelegt worden. Es dürfte daher wohl zu bezweifeln seyn, ob es überhaupt möglich seyn werde, elektromagnetische Kraftmotoren nach den besten Modellen im großen Maaßstabe auszuführen, deren Leistungsfähigkeit den Erwartungen einigermaßen entspricht, da gerade in dieser Beziehung die experimentellen Unter suchungen über Elektromagnetismus die Hoffnungen für die in Rede stehenden Fragen nach unserem Dafürhalten gegenwärtig noch nicht begünstigen. C. K.

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