Titel: Woolf'sche Dampfmaschine mit Benutzung der Wärme der abgehenden Verbrennungsgase, vom Mechaniker A. Lemoine in Lissabon.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LII., S. 182
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LII. Woolf'sche Dampfmaschine mit Benutzung der Wärme der abgehenden Verbrennungsgase, vom Mechaniker A. Lemoine in Lissabon. Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1868, S. 1. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Lemoine's Dampfmaschine. Bei gewöhnlichen Dampfmaschinen varürt das Verhältniß zwischen der theoretischen und der effectiven Leistung in den meisten Fällen zwischen 40–60 Proc. Dieser große Verlust an nützlicher Arbeit rührt hauptsächlich daher, daß der Dampf, sobald er in dem Dampfraume angelangt ist, das Bestreben hat, sich zu condensiren. Dieses Bestreben desselben wächst bei dem Durchströmen der Dampfrohre und erreicht seinen Höhepunkt während der Arbeit im Cylinder, besonders während der Wirkung der Expansion. Man würde sonach eine beträchtliche Erhöhung des Nutzeffectes erzielen, wenn man den Dampf stets in Berührung mit Oberflächen arbeiten ließe, welche eine höhere Temperatur als die des Dampfes im Kessel haben, denn dann würde dem Dampfe fortwährend Gelegenheit geboten Wärme zu absorbiren, und dadurch sein Bestreben sich zu condensiren, neutralisirt werden, so daß im Gegentheile eine Erhöhung der Dampfspannung und damit des Nutzeffectes entstünde. Bei allen Dampfkessel-Feuerungen nimmt die Temperatur vom Roste bis zum Eintritt der Verbrennungsgase in den Rauchfang allmählich ab. Diese Gase entweichen aber immer noch mit einer Temperatur, welche weit höher als die des Dampfes im Kessel ist. Es wäre deßhalb nach der Ansicht des Hrn. Lemoine von sehr großem Vortheile, einen Theil der mit diesen Gasen nutzlos entweichenden Wärme zu verwenden, um eine Ausdehnung des Dampfes zu bewirken, und auf diesem Princip beruht die Construction seiner Maschine. Der Erfinder wendet das Woolf'sche System an, bei welchem bekanntlich der Dampf in einen kleinen Cylinder einströmt, um dann, nachdem er in diesem gewirkt hat, nach einem zweiten größeren Cylinder zu strömen und daselbst einen Kolben durch seine Expansionskraft in Bewegung zu setzen. Fig. 25 zeigt in der Ansicht die allgemeinen Anordnungen der neuen Maschine, und die Verbindung derselben mit dem Kessel, welcher im Durchschnitte dargestellt ist. Fig. 26 ist eine Horizontalprojection der Maschine nebst Kessel, die beiden Dampfcylinder im Durchschnitt darstellend. Fig. 27 ist ein Schnitt nach der Linie 1–2 der Fig. 26, durch die beiden Dampfschieberkästen, um die Anordnung der Canäle und den Ein- und Austritt des Dampfes zu veranschaulichen. Fig. 29 zeigt den Ueberhitzungsapparat im Durchschnitt nach den Linien 5–6, 7–8 der Figuren 25 und 28. Der Ueberhitzungsapparat ist folgendermaßen construirt. Ueber dem Langkessel g, Fig. 25, und in directer Verbindung mit dessen Rauchkammer g′ liegt ein cylindrisches Blechrohr F, an dessen vorderem Ende ein Rohr G′ angebracht ist, welches nach dem Rauchfang führt. Dieses Blechrohr F ist in seinem Inneren in der Längenrichtung mit flachen Blechkästen D′ (Fig. 28) ausgefüllt, deren Zweck wir später erläutern werden. Die bei der Verbrennung entstehenden Heizgase umkreisen also bei ihrem Abgange nach dem Rauchfang diese Blechkästen D′ und geben einen Theil ihrer Wärme an dieselben respective an deren Inhalt ab. Der Dampf zieht aus dem Kessel G durch die Röhre O in einen Behälter, welcher von dem äußeren Umfange des Blechrohres F und dem concentrisch um dieses gelegten Blechmantel D′ gebildet wird, nimmt hier ebenfalls einen Theil der das Rohr F durchströmenden Wärme in sich auf, und tritt durch die Röhre O′ wieder aus. Durch eine Verlängerung der Kolbenstange a des kleinen Cylinders A (Fig. 26) wird der Kolben einer Luftpumpe E in Bewegung gesetzt; die von dieser aufgesaugte Luft tritt durch das Rohr L in die Blechkästen D′ durchströmt diese und verläßt dieselben wieder durch die Röhre M (Fig. 28). Der im Kessel erzeugte Dampf gelangt also bei der getroffenen Anordnung durch O′ in den Raum zwischen F und D (Fig. 28), erhitzt sich hier und zieht durch das Rohr O′ in den Schieberkasten des kleinen Cylinders A. Der kleine Dampfcylinder A (Fig. 27) ist mit einem Mantel versehen und der Zwischenraum beider steht mit der in dem Ueberhitzungsapparat erzeugten heißen Luft durch die Röhre M und das selbstthätige Ventil s in Verbindung. Dieses Ventil ist so construirt, daß es der heißen Luft den Zutritt gestattet oder verweigert, je nachdem der Druck des expandirten Dampfes niedrig oder hoch ist. Die Dampfausströmung des kleinen Cylinders steht mit jenem Zwischenraume gleichfalls in Verbindung und der ausströmende Dampf muß daher seinen Weg durch diesen Raum nehmen, um durch die Röhr c (Fig. 27) nach dem Schieberkasten des großen Cylinders B zu gelangen. Wenn der Druck des aus dem Cylinder A ausströmenden Dampfes sehr hoch ist, so schließt sich das Ventil s, und es öffnet sich von selbst, wenn derselbe eine niedere Spannung (und Temperatur) hat, wodurch der heißen Luft der Zutritt gestattet wird. Diese mischt sich dann mit dem Dampfe, erwärmt denselben und ertheilt ihm hierdurch eine höhere Spannung. Die durch die Luftpumpe absorbirte Kraft wird somit durch die erhöhte Leistungsfähigkeit des Dampfes in dem Expansionscylinder wieder gewonnen. Der Schieber des Expansionscylinders ist so zu reguliren, daß er erst abschließt, wenn der Kolben beinahe seinen Hub vollendet hat, damit die Expansivkraft des Gemisches von Dampf und Luft so vollständig als möglich ausgenutzt wird. Es ist nicht nöthig, daß die Luft einen eben so hohen Druck erhält, als der Dampf besitzt, mit dem sie sich mischt; denn dieselbe soll lediglich die Temperatur des Dampfes auf einer gewissen Höhe erhalten. Das Oberflächenverhältniß der beiden Cylinder ist wesentlich größer als es gewöhnlich bei den Woolf'schen Dampfmaschinen angenommen wird. — Die beiden Cylinder sind mit einer Blechhülle umgeben, welche äußerlich noch mit Holz verkleidet ist und in diesen Hüllen circulirt ein erhitzter schwacher Luftstrom, welcher durch die vom Rohr M abgezweigte Röhre t, Fig. 26, zugeführt wird, um die Temperatur außerhalb der Cylinder auf einem Grade zu unterhalten, welcher diejenige des Dampfes innerhalb derselben übersteigt.

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Tafel Tab.
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