Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. , S. 159
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Miscellen. Miscellen. Ueber die geographische Ausbreitung und die Fortschritte des Telegraphenverkehres der Erde. Herr Fr. X. Neumann gibt im dritten Abschnitte seines Berichtes „über das Verkehrswesen der Welt“ (officieller Ausstellungs-Bericht des k. k. österreichischen Central-Comité's im J. 1867, 2te Lieferung S. 27) eine ausführliche und gründliche Untersuchung über die geographische Ausbreitung und die Fortschritte des Telegraphenverkehres nebst Uebersicht des Telegraphennetzes der Erde. Unter Benutzung von mannichfachen Quellen gibt der Verfasser im ersten Theile seiner Telegraphen-Statistik ein übersichtliches Bild über die Entwickelung des telegraphischen Verkehres unseres Erdtheiles mit Asien, Afrika und Amerika, und den inneren Verkehr der einzelnen fünf Welttheile selbst. Schon im Jahre 1859 wurde in Persien eine Linie eröffnet, welche sich an die russischen im Kaukasus anschließen sollte, die dauernde Verbindung mit Asien aber rührt aus dem Jahre 1865, sie ist durch die Linie, welche über Konstantinopel durch Kleinasien, den Kurdistan, Irak-Arabi und über Fao an der Mündung des Euphrat und Tigris durch den persischen Golf direct nach Indien (Karatschi) führt, hergestellt. Der Anschluß der russischen Telegraphen an die persischen Linien bietet einen zweiten Weg, um bis nach Bombay, Calcutta, Ceylon und sogar nach einigen im nördlichen und östlichen Theile des Hindostan liegenden Handelsplätzen den Verkehr zu vermitteln. Die Verbindung mit dem Nordosten Asiens ist der großartigen Thätigkeit Rußlands auf diesem Gebiete zu verdanken; im Jahre 1862 war die russisch-chinesische Linie, über Moskau bis Omsk, im Jahre 1864 bis Irkutsk und Kiachta an der Grenze des chinesischen Reiches vollendet, und demnächst wird auf diesem Wege das japanische Meer erreicht seyn. In Peking hat Rußland schon eine telegraphische Agentur, und diese zum Theile noch unvollendete Linie stellt die Correspondenz zwischen den Küsten des Atlantischen und jenen des Stillen Oceans her. Von russischer Seite wird an der Fortsetzung dieser Linie über Ochotsk, Gishiginsk zu den Mündungen des Anadyr und an die Behringsstraße gearbeitet, und es kann daher zu erwarten seyn, daß, wenn durch die früheren russischen Besitzungen in Amerika von Seite der Vereinigten Staaten der Anschluß bewerkstelligt wird, der Telegraphengürtel um die ganze Erde geschlossen werden könne. — Die Verbindung mit Afrika ist durch mehrere unterseeische Kabel von Sicilien, Spanien. Malta, dem griechischen Archipel nach Algier und Aegypten hergestellt. Im Inneren findet man selbst in den Barbaresken-Staaten Tunis, Tripolis und Marocco, sowie in den europäischen Colonien am Senegal und am Cap Telegraphenanlagen. — Die Verbindung mit Amerika ist bekanntlich jünger, sie ist seit dem Jahre 1866 durch zwei Kabel, von welchen das eine 436, das andere 454 geographische Meilen lang ist, hergestellt, während in den Vereinigten Staaten, in den englischen Colonien, in Mexico, Chili, Brasilien etc. ein Telegraphennetz besteht, das unter Anderem den äußersten Westen, San Francisco, mit dem äußersten Osten, Sanct John auf Newfoundland, zwei Orte, deren Zeitdifferenz 4½ Stunden beträgt, durch einen fast 900 Meilen langen Draht verbindet. Die Länge der Telegraphenlinien auf der ganzen Erde kann (insbesondere) nach den statistischen Angaben der beiden Vorjahre (1866 und 1867), beiläufig wie folgt sich herausstellen: Europa 25340,6 geographische Meilen. Amerika (Vereinigte Staaten u. Süd-Amerika etc.) 14239 geographische Meilen. Asien (englische Colonien, asiatische Türkei, Rußland, Persien etc.) 4736,6 geographische Meilen. Australien (englische Colonien) 1842,3 geographische Meilen. Afrika 1504 geographische Meilen. Submarine Kabel 1593 geographische Meilen. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Länge der Telegraphen-Linien der Welt: 49255,5 geographische Meilen. Nach einer den bestehenden in- und außer-europäischen Telegraphenanlagen entsprechenden Schätzung stellen sich die Drahtlängen der sämmtlichen Linien wie solgt heraus, wobei die Angaben kaum die wirtlichen Längen erreichen dürften: Europa 69685,5 geographische Meilen Drahtlänge Amerika 35078,8 geographische Meilen Drahtlänge Asien 5404,2 geographische Meilen Drahtlänge Australien 2101,5 geographische Meilen Drahtlänge Afrika 2264,1 geographische Meilen Drahtlänge Submarine Kabel 2250,2 geographische Meilen Drahtlänge ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Länge der Telegraphendrähte der Welt: 116784,3 geographische Meilen. Um sich von der ungeheuren Länge der (jedenfalls bestehenden) Drahtleitungen beiläufig eine Vorstellung machen zu können, mag bemerkt werden, daß man mit der gesammten Länge der Drähte eine zweiundzwanzigfache Leitung um die ganze Erde legen könnte; sie würde sogar ausreichen, um eine doppelte Drahtleitung zwischen der Erde und dem Monde herzustellen, und hierbei könnte noch ein Stück übrig bleiben, das ausreichen würde, um die Erde fast dreimal mit einem Telegraphengürtel zu umspannen. Nicht minder interessant sind die Betrachtungen des Verfassers bezüglich des Aufwandes der Mittel, welche der Telegraphenverkehr schon gegenwärtig in Anspruch nimmt. Die Zahl der Stationen in Europa kann zu etwa 8000 und die auf der ganzen Erde zu 12000 angenommen werden; der Verkehr ist ein so lebhafter, daß schon im Jahre 1865 in Europa allein nicht weniger als 58000 telegraphische Depeschen auf sämmtlichen Linien täglich versendet wurden; hierfür dürften 30000 Apparate und kaum weniger als 36000 bis 38000 Personen zur Besorguug der Geschäfte erforderlich seyn. Um eine annäherungsweise richtige Anschauung von der Menge des zur Herstellung und Erhaltung erforderlichen Materiales zu gewinnen, geht der Verfasser — unter Ausschluß der Apparate und Batterien — bloß auf die Hauptbestandtheile der Linien selbst ein. Unter der den thatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Annahme, daß für 1 Kilometer Leitung durchschnittlich 1,5 Centner Eisendraht nöthig ist, sind gegenwärtig — wenn alle oberirdischen Leitungen der Erde aus Eisendraht bestehen würden — beiläufig 1300000 Ctr. Eisen als Telegraphendraht in Verwendung. — Wenn sämmtliche Linien durch Luftleitungen hergestellt wären, und je 20 Säulen auf 1 Kilometer gerechnet werden, so würde das Telegraphennetz der ganzen Erde ungefähr 7½ Millionen Säulen erfordern; nach den in Oesterreich gemachten Erfahrungen sind die dazu dienenden Nadelholzstämme nach 4 bis 5 Jahren wegen Fäulniß nicht weiter verwendbar, es wäre also eine jährliche Nachschaffung von mindestens 1½ Millionen solcher Stämme zur Instandhaltung aller Telegraphenlinien der Erde nöthig und bei einem Preise von nur 4 Frcs. per Stamm setzt dieser Bedarf allein eine jährliche Ausgabe von 6 Millionen Francs für Holz voraus, während die Production der Stämme eine Fläche von etwa 17280 Hektaren (50717 bayerische Tagwerk) Wald in regelmäßigem Forstbetriebe erfordern würde. — Unter der Annahme, daß je 20 Isolatoren für 1 Kilometer Draht ausreichen, sind für alle gegenwärtigen Telegraphen 17330000 Stücke nöthig. — Den gesammten Capitalaufwand für alle Telegraphen-Leitungen der Erde kann man auf etwa 416 Millionen Frcs. schätzen. Ueber Dampfkesselproben; von S. W. Robinson, Professor der Bergmaschinenkunde an der Universität des Staates Michigan. Der allgemeinen Annahme nach verlieren Dampfkessel nach längerem Gebrauche an Widerstandsfähigkeit gegen inneren Druck in Folge der Einwirkung verschiedenartiger bekannter und unbekannter Ursachen, so daß der Ingenieur nicht im Stande ist zu beurtheilen, bei welchem Drucke sein Kessel ohne Gefahr arbeiten kann. Dieß vermag er indessen mittelst eines sehr einfachen Verfahrens, und zwar in folgender Weise: Der Kessel wird mit kaltem Wasser vollständig gefüllt, selbst bis zum Drossel- und Sicherheitsventile, und allenthalben dicht verschlossen, so daß nichts entweichen kann. Hierauf wird geheizt; das Wasser dehnt sich allmählich aus und erzeugt einen Druck, welcher hinreicht sogar das Eisenblech zum Bersten zu bringen, bevor die Temperatur des Wassers den Siedepunkt erreicht. Während der Druck steigt, lasse man das Manometer genau beobachten, und sobald der Probedruck, welcher zwei- bis dreimal so hoch seyn kann als der Druck bei welchem der Kessel arbeiten soll, erreicht ist, läßt man einen Theil des Wassers ablaufen, so daß der Druck sinkt. Der Druck entsteht dadurch, daß das Wasser durch die Wärme stärker ausgedehnt wird als das Eisen. — Dieses Verfahren ist eben so zuverlässig als die hydrostatische Druckprobe, wenn das Wasser nicht über 100° C. erhitzt wird, was nur in dem Falle erforderlich ist, wo der Kessel undicht ist. Unterhalb dieser Temperatur können keine nachtheiligen Folgen eintreten, selbst wenn der Kessel berstet, weil Explosionen nur durch plötzliche Ausdehnung von Gasen oder Dämpfen entstehen. (Journal of the Franklin Institute, vol. LV p. 34; Januar 1868.) Elektrische Bremse von Achard. Diese Bremse ist an einem Wagen der französischen Ostbahn angebracht. Auf ihre BeschreibungPolytechn. Journal Bd. CLXXX S. 415 und Bd. CLXXXII S. 366, Jahrgang 1866. hier näher einzugehen, ist unnöthig, da sie bekannt und bereits Gegenstand vielfacher Discussionen gewesen ist. Als technische Anwendung der Elektricität verdient die Erfindung Achard's jedenfalls volle Anerkennung; insofern sie eine Lösung des Problemes der Bremsung seyn soll, kann nicht unbedingt dasselbe gesagt werden. Diese Vorrichtung wirkt nicht immer mit derselben Sicherheit und Regelmäßigkeit, und theilt so das Schicksal aller elektrischen Mechanismen. (Aus dem Berichte des Hrn. v. Goldschmidt über Eisenbahnwagen auf der Pariser Ausstellung im J. 1867, im officiellen österreich. Ausstellungs-Bericht, 2te Lieferung S. 196.) Zur Geschichte des Eisens. Seit Jahren ist in der Archäologie die Eintheilung in ein Stein-, Bronze- und Eisenalter hergebracht. Hiernach müßte das Eisenalter die jüngste Epoche der menschlischen Cultur, gewissermaßen den letzten Abschnitt in der Entwickelung der Urzeit bezeichnen. Allein die Forschungen über letztere bewegen sich noch ziemlich auf nebelhaftem Boden, wie das Urtheil des Archäologen-Congresses in Paris über die Theorie des Schweden Nielsson beweist. Dieser Gelehrte wollte alle Bronze-Gegenstände, die in Europa in den alten Gräbern gefunden werden, von Scandinavien herleiten. Dr. Lindenschmit in Mainz stellte dieser Theorie eine andere gegenüber, der gemäß die Etrusker in vorhistorischer Zeit ganz Europa mit ihren Bronze-Gegenständen versorgt hätten. Gegen Nielsson ist der Archäologen-Congreß in Paris gründlich zu Felde gezogen; was Lindenschmit betrifft, so sehen wir noch der Bestätigung oder Widerlegung seiner Ansicht entgegen. Die Meinung aber, daß die Verarbeitung des Eisens einer verhältnißmäßig jungen Periode der menschlichen Cultur angehöre, ist in diesen Tagen gründlich von dem berühmten Kenner der ägyptischen Sprache und Alterthumskunde, Prof. Lepsius, widerlegt worden. Ihm war längst aufgefallen, daß die Pyramiden Aegyptens aus so glatt behauenen Steinen aufgeführt sind, daß die Annahme einer Verwendung des Eisens resp. eiserner Werkzeuge kaum abzuweisen seyn dürfte. Da brachte ihn ein glücklicher Gedanke, ein Geistesblitz, wie er genialen Menschen mitunter zu Theil wird, auf die Idee, das ägyptische Wort ba könne Eisen bedeuten. Er fand, daß dieser Bestandtheil schon in dem Namen des sechsten Königs der 1. Dynastie Mie-ba-ës auftrete, und schloß daraus, die Bekanntschaft der Aegypter mit dem Eisen müsse in's 4. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zurückreichen. Seitdem hat Lepsius mehrere Stellen gefunden, wo das Wort ba den Zusatz führt ne-pe, das ist: des Himmels, so daß den Aegyptern das Himmelseisen oder Meteoreisen bekannt gewesen seyn muß. Der berühmte Gelehrte folgert daraus, der spätere bergmännische Bau auf Eisenerz sey dadurch nicht ausgeschlossen, und es habe die Beobachtung des Verhaltens der noch glühenden Masse des Meteoreisens die Aegypter von selbst auf das Schmelzen der Erze und die Bereitung des Eisens geführt. Der Glaube, daß die Aegypter erst spät das Eisen allgemein angewendet hätten, beruht auf einer Stelle in des Agatharchides Fragmenten, daß zu seiner Zeit in den Höhlungen von Goldbergwerken menschliche Gebeine in großer Menge und Sprenghämmer von Erz gefunden worden seyen, weil zur Zeit als diese Bergwerke eröffnet wurden, der Gebrauch des Eisens sehr beschränkt gewesen sey. Es wird damit aber doch die Kenntniß des Eisens zugegeben, ganz abgesehen davon, ob die Aegypter es selbst gewonnen, oder ob sie es durch Handel aus benachbarten Gegenden, etwa von der Sinai-Halbinsel bezogen. In den Büchern Mosis (Deuteronomium Cap. 4, V. 20) wird Aegypten mit einem eisernen Ofen verglichen. Thubalkain, der vor der großen Fluth unter Noa lebte, schmiedete schon Eisen, auch wird in der Bibel erzählt, daß Sisera, der Feldhauptmann Jabin's, 900 eiserne Streitwägen besaß. Bei der nahen Berührung der Aegypter mit den Juden ist es immerhin möglich, daß erstere von diesen Eisen bezogen. Selbst aus Indien kann Eisen und Stahl zu den Aegyptern gelangt seyn, wie auch Herodot II. 152 berichtet, daß die Waffen der Aegypter unter Psammetich (650 v. Chr.) aus Eisen bestanden. Die Entdeckung des Prof. Lepsius weist aber dem Eisen ein Alter an, das vor das Steinalter unserer Archäologen zurückgeht, und daher ihre Ansichten wesentlich modificiren dürfte. (Berggeist, 1868 Nr. 14.) Ueber das Vorkommen von Columbit (Niobit) im Wolfram; von Phipson. In einer aus der Auvergne stammenden Probe von Wolfram, welche ich vor einigen Jahren von Pisani erhalten hatte, habe ich einen Gehalt von Columbit (niobsaurem oder vielmehr unterniobsaurem Manganoxydul-Eisenoxydul) entdeckt. Schon vor mehreren Jahren hatte ich bemerkt, daß Wolfram von verschiedenen Fundorten bald Niobsäure, bald Tantalsäure enthält, welche sich durch die Löthrohruntersuchung des nach Abscheidung des größeren Theiles von Eisen, Mangan und der Wolframsäure bleibenden Rückstandes ziemlich deutlich nachweisen lassen.Im Wolfram von Chanteloube bei Limoges und von Zinnwalde hat Dr. Bernoullie bereits im Jahre 1861 einen Niobgehalt nachgewiesen.H. H. Bei dem in Rede stehenden Exemplare gelang es mir, von etwa 20 Grm. Material eine Quantität Columbit abzutrennen, welche hinreichend war, um ein kleines Fläschchen damit zu füllen, und die Eigenschaften dieses Minerals bequem zu studiren. Die Trennung dieser immer noch so seltenen Substanz vom Wolfram ist auf die einfache Thatsache gegründet, daß das letztgenannte Erz von Königswasser angegriffen wird, was dagegen beim Columbit nicht der Fall ist. Demnach verwandelt man 15 bis 20 Grm. Columbit in feines Pulver und behandelt dasselbe in der Wärme mit Königswasser. Nach möglichst vollständig erfolgtem Aufschließen sammelt man den Rückstand, entfernt aus demselben die gebildete Wolframsäure mit Aetzammoniak und behandelt das darnach Zurückbleibende wiederum mit Königswasser. Dieses Verfahren wiederholt man fünf bis sechs Mal, überhaupt so lange sich noch Wolframsäure mittelst Ammoniaks aus dem Rückstande ausziehen läßt. Dieser wird zuletzt ganz schwarz und besteht dann fast gänzlich aus Columbit (Niobit, Gröulandit, Bodenmais-Tantalit), mit einer geringen Menge mehr oder weniger durchsichtiger Quarzkörner gemengt. Nachdem ich mich durch die Analyse von der chemischen Beschaffenheit dieses Rückstandes überzeugt hatte, untersuchte ich denselben unter dem Mikroskope und erkannte das Mineral sofort an seinem gewöhnlichen, charakteristischen Aeußern. Es bildete eckige, unregelmäßige Bruchstücke, von dunkelschwarzer Farbe und mehr oder weniger metallähnlichem Glanze und beinahe glasähnlichem Aussehen, ohne Einwirkung auf die Magnetnadel, mancher Schwarzkohle einigermaßen ähnlich, jedoch von sehr bedeutendem specifischem Gewichte und gegen Königswasser vollkommen indifferent. Vor dem Löthrohre gaben diese Körner alle Reactionen des Columbits. (Comptes rendus, t. LXV S. 419; September 1867.) Glas für chemische Geräthschaften, von Prof. J. S. Stas. Prof. Stas hat bei seinen Untersuchungen über die Atomgewichte gefunden, daß das Glas, ans welchem die chemischen Geräthschaften in der Regel angefertigt sind, bei gewöhnlicher Temperatur von Salpetersäure und Salzsäure angegriffen wird, daß hingegen die harten böhmischen und überhaupt alle thonerdefreien und sehr kieselsäurereichen Gläser der Einwirkung heißer concentrirter Säuren fast unbegrenzt lange widerstehen. Da aber letztere Glasarten sehr schwer schmelzbar und daher schwierig zu verarbeiten sind, so bemühte er sich, ein von Säuren nicht angreifbares und zugleich nicht allzustrengflüssiges Glas herzustellen und stellte in dieser Beziehung Versuche in einer Glashütte an. Dabei ergab sich, daß ein genügend kieselsäurereiches Glas mit Kalk- und Natronbasis obigen Anforderungen eben so gut wie das Kali-Kalkglas entspricht, und da ein Gemisch gleicher Aequivalentgewichte von kohlensaurem Kali und kohlensaurem Natron bekanntlich weit leichter schmelzbar ist als das leichtflüssigste beider kohlensaurer Salze, so versuchte Stas, die Schmelzbarkeit obiger Glassorten dadurch in etwas zu mindern, daß er in ihnen das Kali oder Natron durch gleiche Aequivalentverhältnisse von Kali und Natron ersetzte. Er bestimmte daher den Glassatz so, daß das resultirende Glas bestand aus: Kieselsäure 77,00 Kali 7,70 Natron 5,00 Kalk 10,30 ––––––– 100,00 also gleiche Aequivalente Kali, Kalk und Natron enthielt. Das so erhaltene etwas gelbliche, sehr harte Glas entsprach den Anforderungen; es war nicht allzuschwierig zu verarbeiten und widerstand der Einwirkung der Säuren auf das Vollkommenste. (Chemical News, vol. XVII p. 1; Januar 1868.) Ueber den Schutz der hölzernen Horden, welche in den Bleichkammern der Einwirkung des Chlors ausgesetzt sind. Solche Horden können vor der zerstörenden Wirkung des Chlors, nach einer Mittheilung des Dr. Clemens Winkler, am besten geschützt werden, durch Tränken oder Bestreichen mit geschmolzenem Paraffin, nachdem man sie zuvor gehörig getrocknet und angewärmt hatte. Paraf's Anilinschwarz zum Färben und Bedrucken sowohl thierischer als pflanzlicher Gewebe. A. Paraf wendet bei seinem Verfahren, welches ihm in Frankreich patentirt wurde, zur Oxydation des Anilins Chromsuperoxyd (CrO2) an, ein brauner Körper, welcher sich auch als chromsaures Chromoxydul (CrO, CrO3) betrachten läßt. Dasselbe gibt bei Gegenwart gewisser Säuren oder Alkalien, oder heißer Luft, Chromsäure ab, welche nun ihre bekannten oxydirenden Eigenschaften äußert. Paraf's Verfahren ist im Wesentlichen folgendes: Er stellt zwei verschiedene Mischungen her, welche zusammen das Schwarz bilden. Die Mischung Nr. 1 erzeugt er, indem 340 Gramme chlorwasserstoffsaures Anilin in einem Kleister gelöst werden, welcher aus 135 Grammen Wasser und 45 Grammen Stärke bereitet ist. Die Mischung Nr. 2 besteht aus 500 Grammen nassem Chromsuperoxyd und etwa 200 Grammen chlorsaurem Kali, welches letztere vorher in einem warmen Stärkekleister aufgelöst wurde. Nr. 2 bildet also einen Kleister, in welchem chlorsaures Kali aufgelöst und Chromsuperoxyd fein zertheilt enthalten ist. Die eigentliche Druckfarbe besteht aus 1 Theil der Mischung Nr. 1 und 1 Theil der Mischung Nr. 2, welche beide ganz kalt zusammengerührt werden. Nach dem Aufdrucken dieser Mischung oxydirt man in den gewöhnlichen Oxydationskammern, bis die Farbe ein Dunkelgrün oder fast ein Schwarz darstellt, worauf man die Farbe dadurch vollkommen hervorruft, daß man durch die Lösung eines Chromsalzes passirt. Um dasselbe Verfahren auf die Färberei anzuwenden, verfährt man folgendermaßen: Man präparirt die Stoffe in einem Bade, das ein Chromsalz aufgelöst enthält, z. B. in der Lösung des Chromchlorids, und geht dann, ohne vorher zu spülen, in eine Auflösung von Natron oder irgend einem anderen caustischen Alkali ein. Hernach nimmt man dieselben Zeuge, auf denen durch die Einwirkung des Alkalis aus dem Chromchlorid Chromoxyd niedergeschlagen ist, durch eine Auflösung von neutralem (gelbem) chromsaurem Kali, worauf man wäscht. In dem letzten Bade hat sich auf der Faser aus dem Chromoxyd Chromsuperoxyd gebildet. Man hat also das oxydirende Agens in dem Stoff selbst niedergeschlagen und braucht nun bloß noch Anilinsalz und Chlorsäure hinzuzubringen, um das Schwarz hervorzurufen. Zu diesem Zweck färbt man den behandelten Stoff in der Auflösung eines Anilinsalzes aus, welchem man 2½ Procent chlorsauren Kalis zusetzte. Nach dem Durchnehmen durch die Flüssigkeit windet man ab und läßt oxydiren, worauf man die Stoffe ebenso behandelt, als wenn das Schwarz auf gedruckter Waare hervorzurufen wäre. (Moniteur de la teinture, December 1867, S. 275.) Das Glaubersalz in der Färberei; nach Emil Saloschin. In England wendet man das schwefelsaure Natron oder Glaubersalz schon allgemein, auch in Deutschland hier und da wohl als Hülfsmittel an, besonders in der Wollfärberei. In welcher Weise aber dieses Salz wirkt, ist nur erst wenig untersucht worden, und es sind daher einige Mittheilungen von Interesse, welche E. Saloschin darüber in der Musterzeitung, 1868 S. 3 gibt. Zunächst erhöht das Glaubersalz natürlich, wie alle löslichen festen Körper, das spec. Gewicht und den Siedepunkt des Lösungsmittels. Diese Eigenschaft allein schon ist für manche Färbeprocesse wichtig. Man kann z. B. die Nüance von Anilinviolett in's Bläuliche oder Röthliche ändern, je nach der Höhe der Temperatur, auf welche man die Flotte erhitzt. Hat man nun mit saurer Flotte zu arbeiten, so verbindet sich das Glaubersalz mit der freien Schwefelsäure zu dem sauren schwefelsauren Natron, einem gleichfalls krystallisirbaren festen Salz, und die Flotte behält die saure Reaction, ohne gerade freie Säure zu enthalten. Man wird also beim Färben, z. B. halbwollener Zeuge, die Baumwolle, welche von freien Säuren stark angegriffen wird, außerordentlich schonen. — Durch seine Löslichkeit in Wasser vermindert das schwefelsaure Natron auch das Vermögen der Flotte, die zugeführten Farbstoffe so reichlich aufzulösen, wie sie es ohne Gegenwart dieses Salzes thun würde, und gerade diese Eigenschaft ist für den Verlauf mancher Färbeprocesse von der größten Wichtigkeit. Die rothen Farbstoffe, wie Persio oder Orseille, ganz besonders aber das Fuchsin und die rothen Farbhölzer, besitzen bekanntlich die Eigenschaft, bei Gegenwart freier Säure nur wenig auf die Faser aufzugehen. Wo man sich derselben also in saurer Flotte bedient, geht beim Einschlagen des gebräuchlichen Weges gewöhnlich der größere Theil der Farbstoffe unbenutzt fort. Dasselbe gilt auch für das Gelbholz. Benutzt man die angeführten Pigmente in saurer Flotte, so kann man gerade hier durch Anwendung von Glaubersalz einen doppelten Zweck erreichen. Man kann zunächst dadurch, daß man die freie Schwefelsäure bindet, das Färbevermögen der genannten Materialien in Thätigkeit setzen, und hat es durch die Quantität des angewendeten Glaubersalzes in der Hand, das Aufgehen dieser Farbstoffe zu beherrschen; somit kann man also mittelst Glaubersalz wirklich nüanciren. Der letztgenannte Umstand ist für manche Branchen der Färberei von großer Wichtigkeit. Viele Garnarten besitzen die Eigenschaft, sich in Folge häufigen Temperaturwechsels leicht zu verfilzen. Diesem Temperaturwechsel muß man die Wolle jedoch aussetzen, wenn man beim Nüanciren nöthig hat, sie mehrere Male aus der heißen Flotte zu nehmen, um dieser neuen Farbstoff zuzusetzen. Statt so zu verfahren, kann man von vorn herein eine etwas größere Menge Säure und Farbstoff zusetzen und dann durch allmähliches Hineinwerfen von Glaubersalz, ohne die Waare herauszuheben, in vielen Fällen ganz gut nüanciren. Nebenbei erspart dieses Verfahren sehr viel an Arbeit und setzt den mit der Benutzung des Glaubersalzes erst einigermaßen vertrauten Färber in den Stand, bei sorgfältiger Ueberwachung mit größerer Bequemlichkeit und Sicherheit zu arbeiten. Ist einmal wirklich zu viel Farbstoff aufgegangen, so hilft man sich leicht wieder durch Hinzufügen kleiner Quantitäten von Säure. Die genannten Erscheinungen treten bei Anwendung von Fuchsin ganz besonders auffällig hervor. — Ein anderes Beispiel bietet das Färben einiger Nüancen, für welche die Wolle zunächst in einer Chromverbindung, also am häufigsten in rothem chromsauren Kali, angesotten wird. Dieß geschieht vielfach für Roth, Braun und Grau, welche mittelst Blauholz, Rothholz und Gelbholz neben genügender Festigkeit recht billig hergestellt werden sollen. Nach dem Ansieden in der Chromflotte, besonders wenn in derselben, wie dieß häufig geschieht, etwas Schwefelsäure benutzt wurde, gehen Blauholz und Rothholz, wenn sie nur in kleinen Quantitäten angewendet werden, sehr schnell und deßhalb leicht unegal auf; man ist deßhalb bei dem gewöhnlichen Verfahren genöthigt, bei ziemlich niedriger Temperatur in die Flotte einzugehen und allmählich zu erhitzen. Bedient man sich aber einer verhältnißmäßig nur kleinen Quantität von Säure als Zusatz zu einer solchen Farbflotte, so verhindert diese nahezu ganz das Aufgehen der genannten Farbstoffe; man kann also siedend in die Flotte eingehen, ohne ein unegales Färben zu befürchten. Fügt man dann allmählich, während man die Wolle, das Garn oder die Stücke bewegt, Glaubersalz hinzu, so gehen die Pigmente in dem Maaße auf, als dieses die freie Säure bindet, und man kann, ohne die Waaren herauszunehmen, nüanciren, wenn nur die zuerst gegebene Menge der Farbstoffe nicht zu klein war. Einen ähnlichen Effect erhält man in diesem Fall, wenn man der Flotte gleich von vorn herein Glaubersalz zufügt, welches hier auch sehr gut durch gewöhnliches Salz, wie es für Fabrikzwecke verwendet wird, ersetzt werden kann. In diesem Falle bewirkt die Löslichkeit der angewendeten Salze ein Fällen der gelösten Farbstoffe, welche dann in sehr fein vertheiltem Zustand in der Flotte schwimmen, oder dieselben verhindern theilweile die Lösung der Farbstoffe, je nachdem man die letzteren oder das Salz zuerst der Flotte zugeführt hat. Beides ist für den Erfolg ganz gleich; die Pigmente gehen nur in dem Maaße auf, als sie gelöst werden: es löst sich aber neuer Farbstoff nur in dem Verhältniß, in welchem die Faser den schon gelösten aufnimmt. Daß man gleichmäßiger färbt, wenn die Farbstoffe sich nicht in Lösung, sondern in feiner Vertheilung in der Flotte befinden, weiß jeder Färber, der sich einmal des wasserlöslichen Anilinblaues bedient hat. Dasselbe geht nämlich, weil es in schwachen Säuren so leicht löslich ist, häufig zu schnell auf, wenn man in saurer Flotte färbt, und färbt daher leicht unegal. Deßwegen thut man am besten, in neutraler oder schwach alkalischer Flüssigkeit zu färben und das Blau durch eine Säure nachher hervorzurufen. Der entsprechende spirituslösliche Farbstoff hingegen, welcher, sobald man die Lösung in die Flotte gießt, präcipitirt wird, kocht langsamer und egaler an. — Die Benutzung von Glaubersalz bietet außerdem noch in den Fällen große Vortheile, wo man sich zum Nüanciren kleiner Quantitäten von Indigocarmin vedienen muß. — Da die Affinität dieses Farbstoffes zur Wolle bei Gegenwart einer freien Säure bekanntlich sehr groß ist, so gehen geringe Quantitäten desselben häufig sehr unegal auf die Waare, und es bedarf zum Egalisiren eines anhaltenden Kochens. Stumpft man in diesem Falle die freie Säure durch Glaubersalz ab, so geht auch der Indigocarmin langsamer auf und kocht sich vor Allem leichter egal. Es liegt nun die Frage nahe, ob gerade nur das Glaubersalz specifisch die erwähnten Wirkungen besitze oder ob dasselbe, vielleicht sogar zweckmäßiger, auch durch andere Salze oder Verbindungen ersetzt werden könne. Es wurde vorher schon das Kochsalz erwähnt, welches, wenn nur die Erzielung eines höheren specifischen Gewichtes oder Fällung gelöster Farbstoffe beabsichtigt wird, mit Vortheil benutzt werden kann. In saurer Flotte ist bei Anwendung von Kochsalz anstatt des Glaubersalzes das Freiwerden der Salzsäure sehr störend; falls solche zugegen ist, greift sie Baumwolle sehr bedeutend an. Auch Bittersalz (schwefelsaure Magnesia) und andere Salze, welche nicht, wie die Thonerde-, Zinn- und Eisenverbindungen, chemisch auf viele Farbstoffe einwirken, kann man, wenn solche billig genug zu beschaffen sind, zu demselben Zwecke benutzen, wie das Kochsalz. Ganz und gar wird sich das Glaubersalz durch die entsprechende Kaliverbindung, das schwefelsaure Kali, ersetzen lassen, welches die Verbindung mit Schwefelsäure sogar energischer als das schwefelsaure Natron eingeht, sich in den meisten Fällen aber wahrscheinlich doch theurer als dieses stellen dürfte. Jedenfalls würden Versuche mit dem schwefelsauren Kali von Werth und Interesse für die Färberei seyn. Auch das saure schwefelsaure Natron, welches als Rohproduct bezogen werden kann, wird sich häufig mit Vortheil benutzen lassen und vielfach das Hinzufügen freier Säure zur Farbflotte ersparen. Zur Vergleichung des Kostenpunktes sey noch bemerkt, daß das schwefelsaure Kali wasserfrei ist, daß man mit dem krystallisirten Glaubersalze 55,9 Proc., mit dem Bittersalze 51,22 Proc. Wasser mitkauft, welche natürlich ohne Einfluß in der Farbflotte sind. Schließlich sey noch bemerkt, daß 100 Theile krystallisirtes Glaubersalz im Stande sind, 30½ Theile zugesetzte Schwefelsäure von 60° Baumé zu binden und sich damit zu saurem schwefelsaurem Salz zu vereinigen oder mit anderen Worten: für jedes Pfund der Flotte zugesetzter concentrirter Schwefelsäure von 66° Baumé sind 3 Pfd. krystallisirtes Glaubersalz erforderlich. Dextrin als Klebemittel für Photographien. Das Dextrin wird als Klebemittel schon seit einiger Zeit von den Buchbindern mit gutem Erfolg benutzt. Auch für Photographien ist es wohl geeignet. Es streicht sich leichter auf als Kleister und trocknet sehr schnell, so daß die Bilder bald satinirt und ohne Nachtheil eingepackt werden können. Man benutzt eine Lösung von 50 Theilen Dextrin in 100 Theilen warmen Wassers. Die Lösung ist viel dünnflüssiger als Kleister oder Gummi, klebt aber sehr gut. Man streiche dünn, hüte sich vor Benetzung der Vorderseite, und lasse den Druck dann etwa fünf Minuten liegen, ehe man ihn aufzieht. Vortrefflich ist das Dextrin zum Aufziehen der Pigmentbilder. (Berliner photographische Mittheilungen, Februar 1868, S. 295.) Das australische Verfahren zum Conserviren von frischem Fleische. Der in den Anstalten der „australischen Eis-Compagnie“ — einer Gesellschaft, deren Zweck die Conservirung von Fleisch mittelst Eis ist — angewendete Apparat genügt zur Erhaltung von 100 Tonnen frischen Fleisches. Er läßt sich sehr bequem an Bord von Schiffen anbringen, da sämmtliche Stücke, aus denen er besteht, aus einander genommen und so gestaut werden können, daß sie einen verhältnißmäßig sehr geringen Raum einnehmen. Ist der gedachte Apparat für Schiffe bestimmt, so werden die seinen hauptsächlichsten Theil bildenden Stücke im Zwischendecke aufgestellt und in dem letzteren wird ununterbrochen ein Strom frischer Luft zugeführt. Die großen, zur Aufnahme des zu conservirenden Fleisches bestimmten Behälter stehen unterhalb dieser Theile. Das angewendete chemische Mittel ist käufliche, rectificirte Ammoniakflüssigkeit von bestimmtem Concentrationsgrade; dieselbe wird in besondere Cylinder, die sogen. Separatoren, gefüllt. In jeden Separator tritt aus einem kleinen Dampfkessel Wasserdampf, der das Ammoniak erhitzt und rasch verflüchtigt; das auf diese Weise entwickelte Ammoniakgas wird durch eine Reihe von Röhren und Kühlschlangen in ein Bad von kaltem Wasser geleitet; der ihm beigemischte Wasserdampf wird durch die Abkühlung condensirt und das Gas somit ausgetrocknet. In diesem trockenen Zustande tritt es in einen eisernen Cylinder und wird in demselben durch einen genügend starken Druck in tropfbar flüssige Form gebracht, da es bekanntlich kein permanentes Gas ist. Schließlich wird das auf diese Weise verflüssigte Ammoniak durch den Druck in einen der Fleischbehälter hineingepreßt. Jedes dieser Reservoirs besteht aus zwei großen Kästen, deren einer den anderen, den sogen. Keller, mantelförmig so umgibt, daß zwischen den Wandungen beider Kästen ein leerer Raum bleibt. Der „Keller“ ist mit einer so großen Oeffnung versehen, daß ein Mann, der Fleischempfänger hineingelangen kann. Der zwischen beiden Kästen befindliche Raum hingegen steht mit der äußeren Luft nicht in Verbindung, indem derselbe zur Aufnahme des in flüssige Form gebrachten Ammoniakgases dient. Sobald der „Keller“ mit Fleisch gefüllt ist, wird das Mannloch mit einem getheerten Holzdeckel zugedeckt und hermetisch verschlossen, und dann wird der ganze doppelwandige Behälter mit Holzkohle oder mit einer Hülle von Gutta-percha umgeben. Das Verfahren ist im Wesentlichen das folgende: Das Ammoniak nimmt in seiner flüssigen Form nur einen sehr kleinen Theil des zwischen den Kästen befindlichen Zwischenraumes ein. Nachdem der „Keller “ vollständig gefüllt und verschlossen ist, setzt man den geschlossenen Zwischenraum durch Drehen eines Hahnes plötzlich mit einem Wasserbehälter in Verbindung. In Folge der großen Verwandtschaft des Ammoniaks zum Wasser wird nicht allein der Antheil des ersteren, welcher sich in Gasform in jenem Raume entwickelt hat, vom letzteren sofort absorbirt, sondern auch der flüssig gebliebene Antheil des Ammoniaks verflüchtigt sich ebenso rasch, und in Folge dieses Verflüchtigungsprocesses wird eine so bedeutende Wärmemenge absorbirt, daß die Temperatur des „Kellers“ und seines ganzen Inhaltes beinahe bis zur Temperatur des schmelzenden Eises oder zu einem noch niedrigeren Grade sinkt. Bei einer solchen Temperatur hält sich das Fleisch unbegrenzt lange. (Les Mondes, t. XVI p. 94; Januar 1868.) Verfahren zum Conserviren von Fleisch, Geflügel, Fischen und anderen thierischen Nahrungsmitteln; von Medlock und Bailey. Dieses in einer zu London im Juli v. J. erschienenen Broschüre beschriebene und empfohlene, den Erfindern patentirte Verfahren beruht auf der Anwendung von zweifach-schwefligsaurem Kalk. Die fäulnißwidrigen Eigenschaften des neutralen schwefligsauren Kalkes sind schon seit längerer Zeit erkannt und benutzt worden, denn dieses Salz bildet einen der Hauptbestandtheile von Mac Dougall's antiseptischem Pulver.“ Bei dem hier in Rede stehenden Verfahren wird indessen das leichter lösliche saure Salz angewendet, welches zu dem in Rede stehenden Zwecke mehrere Vorzüge vor den übrigen Schwefligsäuresalzen besitzt. Es läßt sich leicht frei von Schwefelsäuresalzen darstellen, und wenn auch später durch Oxydation schwefelsaurer Kalk entsteht, so nimmt das mit diesem Mittel conservirte Fleisch etc. einen unangenehmen Geschmack nicht an. W. Bailey und Söhne liefern jede beliebige Menge von doppelt-schwefligsaurem Kalk unter Garantie der Reinheit. Die mit diesem Mittel erzielten Resultate sind, den Angaben der erwähnten Broschüre zufolge, auffallend günstig. Die zum Conserviren von Fleisch etc. angewendete Flüssigkeit wird auf folgende Weise bereitet. Man löst ungefähr 20 Unzen-Maaße Kochsalz in 40 Pfd. klaren, kalten Wassers, setzt dann 5 Pfd. doppelt-schwefligsauren Kalks zu und rührt tüchtig unter einander. Soll das Fleisch etc. auf sehr lange Zeit conservirt werden, so ist ein Zusatz von etwas Gelatinelösung zu empfehlen. In diese Flüssigkeit legt man die aufzubewahrenden Stücke, läßt sie zehn Minuten lang in derselben liegen und hängt sie hernach auf; man braucht sie dann nur täglich einmal mit der Lösung zu befeuchten. Nach Angabe unserer Quelle hielten sich Rindfleisch, Hammelfleisch, Hummern etc., welche auf diese Weise behandelt wurden, bei einer zwischen 26 und 34° C. wechselnden Temperatur zwölf Tage lang sehr gut, und hatten nach Verlauf dieser Zeit ihren ursprünglichen Geruch und Geschmack ganz unverändert beibehalten. Andere Portionen von denselben thierischen Nahrungsmitteln, welche nicht präparirt worden, waren nach Verlauf von sechsundzwanzig Stunden vollständig in Fäulniß übergegangen. (Chemical News, 1867, vol. XV p. 59). Verfahren, die Kleie durch Kochen mit Salzsäure und Soda als Futter verwerthbarer zu machen. Man rührt 100 Pfd. Kleie sorgfältig mit 800 Pfd. kaltem Wasser zusammen, setzt 2½ Pfd. Salzsäure von 1,18 spec. Gewicht zu, kocht die Masse 10 Minuten lang und läßt dann das Flüssige ablaufen, das man bei Seite setzt. Zu dem im Dampffasse zurückgebliebenen Kleienteige kommen nun 200 Pfd. Wasser und 1½ Pfund 90 grädige calcinirte Sodaauflösung, worauf die Mischung wieder 10 Minuten gekocht wird. Sodann vereinigt man dieselbe allmählich, damit kein Ueberschäumen stattfinde, mit der sauren Brühe der ersten Kochung und rührt endlich noch 2–3 Löffel Schlämmkreide darunter. Das Gemenge reicht man den Thieren als Trank oder im Gemenge mit Heu, Häcksel, Rüben u. s. w. Durch das vorgeschlagene Verfahren werden nach Stöckhardt 48 bis 54 Proc. der Kleie löslich und für das Hornvieh assimilirbar, während beim Weichen derselben mit lauem Wasser nur 20 Proc., beim Brühen mit siedendem Wasser 23–27 Procent, beim Kochen mit Wasser 34–35 Proc., beim Kochen mit Soda und Wasser 36 bis 48 Procent löslich werden.